Der Torjäger des FC Bayern München, Robert Lewandowski, ist auf dem Zenit seiner Karriere: 2020 räumt er Fußball-Titel und -Ehrungen in Serie ab – und straft damit seine Jugendtrainer in Polen Lüge.
Seine Bachelor-Arbeit hat er über sich selbst geschrieben. “RL9. Der Weg zum Ruhm”, hieß das Werk, das Robert Lewandowski vor drei Jahren an der Sporthochschule Warschau vorlegte. Der Titel klingt ein bisschen nach CR7, Cristiano Ronaldo. Und obwohl der zurückhaltende Pole Lewandowski und der extrovertierte portugiesische Superstar Ronaldo charakterlich kaum unterschiedlicher sein könnten, verbindet sie einiges. Beide sind Torjäger, um nicht zu sagen Tormaschinen. Beide sind bereits jenseits der 30 und immer noch erfolgreich. Und beide ernten dafür Ruhm. In diesem Punkt liegt der fünfmalige Weltfußballer Ronaldo allerdings noch deutlich vor Lewandowski. Dessen Leistungen wurden außerhalb seines Heimatlands Polen erst 2020 so richtig gewürdigt. Zunächst wurde Lewandowski in Deutschland zum “Fußballer des Jahres” gekürt, jetzt in Europa – und, wer weiß, vielleicht folgt am Ende des Jahres ja auch noch der FIFA-Titel des Weltfußballers.
Schnell, schuss- und kopfballstark
Verdient hätte er ihn. Lewandowski war in der Saison 2019/20 schlicht Weltklasse und auf dem Zenit seiner Karriere. “Je älter Robert wird, desto besser wird er. Das ist unglaublich”, sagte unlängst Nationalspieler Leroy Sané, seit Beginn der aktuellen Saison Teamkollege des Polen beim FC Bayern. Lewandowski ist extrem schnell und laufstark. In seiner Jugend versuchten deshalb Leichtathletik-Trainer, ihn davon zu überzeugen, die Sportart zu wechseln.
Auf Robert Lewandowskis Torinstinkt ist Verlass
Glücklicherweise – so muss man heute sagen – folgte er ihrem Ratschlag nicht. Denn zur Schnelligkeit gesellten sich ziemlich bald ein sicherer Torinstinkt und die für einen Stürmer nötigen fußballerischen Qualitäten: Lewandowski ist kopfballstark und kann beidfüßig schießen.
Torschützenkönig in Champions League und Bundesliga
Er hatte entscheidenden Anteil daran, dass der FC Bayern in diesem Jahr alles gewann, was bisher zu gewinnen war: deutsche Meisterschaft und DFB-Pokal, Champions League, den deutschen und den europäischen Supercup. In der Champions League wurde Lewandowski mit 15 Treffern Torschützenkönig, mit Ausnahme des gewonnenen Finals gegen Paris St. Germain traf der Bayern-Stürmer in jedem Spiel.
In der Bundesliga holte sich Lewandowski zum fünften Mal die Torjäger-Krone, zum dritten Mal in Serie: Lewandowski erzielte 34 Tore. Nur der legendäre Bayern-Stürmer Gerd Müller hat in drei Saisons häufiger getroffen: 40-mal (1971/72), 38-mal (1969/70) und 36-mal (1972/73). Aber das waren auch noch andere Fußballzeiten, in denen weniger konsequent verteidigt wurde als heute. In der “ewigen” Bundesliga-Torschützenliste liegt Lewandowski mit inzwischen 237 Treffern (in 323 Liga-Spielen) als bester ausländischer Torjäger aller Zeiten auf Rang drei hinter Müller (365 in 427 Spielen) und Klaus Fischer (268 in 535 Spielen).
Von Bobek zu LR9
Geboren wurde Lewandowski 1988 in Warschau. Bei Vereinen in der polnischen Hauptstadt begann auch seine Fußballkarriere – mit zunächst eher mäßigem Erfolg. Für Legia Warschau war der damals 18-Jährige nach Ansicht des Trainers nicht gut genug für die erste Mannschaft. Der Vereinsarzt riet dem schmächtigen “Bobek” (Kleiner), wie Lewandowski trotz seiner 1,85 Meter damals gerufen wurde, sogar davon ab, Profi zu werden. Lewandowski ließ sich nicht beirren, wechselte zunächst zum Drittligisten Znicz Pruszkow und schoss fortan Tore wie am Fließband. Das änderte sich auch nicht, als er zwei Jahre später beim Erstligisten Lech Posen anheuerte.
68-mal traf er bisher in der Champions League – unter anderem 2013 für den BVB viermal in einem Spiel gegen Real Madrid
Mit 20 Jahren trug Lewandowski im WM-Qualifikationsspiel gegen San Marino erstmals das polnische Nationaltrikot und erzielte bei seinem Einstand gleich ein Tor. Inzwischen hat er 112 Länderspiele auf dem Buckel, ist mit 61 Treffern polnischer Rekordtorschütze und seit sechs Jahren auch Kapitän des Nationalteams. 2010 wechselte “RL9”, wie Robert Lewandowski wegen seiner Rückennummer 9 auch genannt wird, in die Bundesliga, vier Jahre später dann zum FC Bayern. Achtmal war er deutscher Meister (zweimal mit dem BVB/sechsmal mit den Bayern), viermal DFB-Pokalsieger (1/3) – und jetzt auch noch Champions-League-Sieger. Nach dem Abpfiff des Endspiels in Lissabon vergoss Lewandowski Freudentränen.
Zurückhaltend und geerdet
“Früher habe ich meine Gefühle oft versteckt, ich konnte oder wollte sie nicht zeigen”, sagte der 32-Jährige. “Aber der Lewandowski von vor zehn Jahren und der von heute sind nicht dieselben.” Privat gilt der Torjäger dennoch immer noch als eher schüchtern und zurückhaltend. Und als Familienmensch. Mit seiner Ehefrau Anna, die er 2013 heiratete, hat er zwei Töchter: dreieinhalb Jahre und fünf Monate alt.
Der fromme Wunsch eines Fans – die Bayern-Anhänger wissen, was sie an Robert Lewandowski haben
Die Bodenhaftung hat Lewandowski nie verloren, obwohl er allerorten gefeiert wird – weit über seine Heimat Polen hinaus, wo es sogar eine Briefmarke mit seinem Konterfei gibt. Übrigens schloss Lewandowski sein Studium an der Sporthochschule Warschau, das sich wegen seiner Fußballkarriere über zehn Jahre zog, 2017 mit Auszeichnung ab. Zum Kolloquium, der “Verteidigungsrede” seiner Bachelor-Arbeit, erschien Lewandowski dem Anlass entsprechend im Anzug. Seine Prüfer dagegen trugen rot-weiße polnische Nationaltrikots – und ließen sich hinterher von Lewandowski Autogramme geben.