Was lange liegt, wird endlich gut: Whisky aus Deutschland

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Die teuerste Flasche Whisky wurde für 1,7 Millionen Euro verkauft. Deutscher Whisky kann da nicht mithalten, schon deswegen, weil das Brennen von Whisky hier erst seit einigen Jahren erlaubt ist.

Ob Schottland oder Irland – in nebeligen, rauen Landschaften ragen schroffe Felsen aus sattem Grün hervor. Die Wellen des Meeres schlagen gegen die Klippen der Küste. Es ist kühl und unbehaglich. Ein Bild voller Tradition, in der Männer noch Männer sind, harte Arbeiter, raue Burschen, Kämpfer. Und solche Männer mit windgegerbten Gesichtern, halten dann ein Glas voll bernsteinfarbenem “Wasser des Lebens”, in der Hand, als könnte es gar nicht anders sein. Schon beim Anblick spürt man das Brennen des Whiskys in der Kehle… 

So sehen die gängigen Whisky-Klischees aus, die in der Werbung oft gefeiert werden. Ganz klar. Whisky steht für Schottland, Irland oder die USA. Das glauben viele Menschen. Einige aber wissen es besser, denn Whisky wird inzwischen auch in Deutschland gebrannt. Es klingt unglaublich, aber mit rund 200 Whisky-Brennereien gibt es in Deutschland mehr als in Schottland.

Michaela und ihr Vater Michael Habbel führen zusammen die Destillerie & Brennerei Heinrich Habbel in Sprockhövel

Einer der ersten deutschen Whisky-Brenner

Aber die Deutschen produzieren eher kleine Mengen und so liegt ihr Weltmarktanteil auch bei gerade einmal 0,4 Prozent. Einer der deutschen Whisky-Brenner ist Michael Habbel. “Die kleinste Brennerei in Schottland macht um die 250.000 Liter”, erzählt er, “da sind wir mit 30.000 Liter reinem Alkohol schon vergleichsweise klein.”

Er selbst habe 1977 seinen ersten Whisky gebrannt mit Hilfe einer ganz normalen Korn-Brenn-Anlage, so Habbel. “Damit gehöre ich in der deutschen Whisky-Geschichte zu den Pionieren.” Whisky sei ja schließlich auch ein Korn. “Wenn man ganz normalen Korn drei Jahre im Holzfass lagert, kann er als Whisky verkauft werden,” so Habbel. 

Damals hatte Habbel gerade eine Korn-Brennerei von seinem Vater geerbt. Da zu der Zeit das deutsche Branntweinmonopolgesetz noch galt, durfte er aber keinen richtigen Malt-Whisky brennen, sondern nur Korn aus Getreide mit einem maximal 15-prozentigen Malzanteil. Heute ist das anders. In Europa hat die EU den Markt harmonisiert. Was man in Schottland, in England und in Irland machen darf, sollte man auch in Deutschland, Italien oder in Frankreich dürfen.

Was der Vater sät, ernten die Kinder

Seit vier Generationen in Familienhand: die Destillerie & Brennerei Heinrich Habbel

Seit mehr als 140 Jahren findet sich die Habbel-Brennerei am Rande des Ruhrgebietes in einem denkmalgeschützten gelben Backsteingebäude mit weißen Sprossenfenstern. Neben dem Eingang prangt ein Schild von Heinrich Habbel, der 1878 die Brennerei gekauft hatte. Ursprünglich wurde hier Korn hergestellt, heute entstehen hier auch Obstbrände, Kräuter-Liköre und Gin. Wer durch die schön geschnitzte Holztür eintritt, steht schon mitten in der Produktion. Das Licht von Kronleuchtern spiegelt sich in den zwei alten, kupfernen Brennanlagen, die seit vier Generationen bis heute in Gebrauch sind. Die Wände sind gepflastert mit Auszeichnungen und Preisen.

Auch der Whisky würde bereits mehrmals auf internationalen Messen ausgezeichnet. Trotzdem muss er noch über die anderen Produkte finanziert werden. Das liegt auch daran, dass die Habbels 2013 rund 1,3 Millionen Euro in eine Whisky-Brennerei investiert haben. Eine Investition die sich erst nach etlichen Jahren tragen wird. “Ich sehe das wie ein Waldbauer”, erklärt Michael Habbel. “Der Baum, den man heute fällen kann, wurde vom Vater oder Großvater gepflanzt und so ähnlich ist das beim Whisky.” Das sei eben auch ein Generationen-Geschichte. Da sein Vater noch keinen Whiskey gebrannt habe, könne er auch keinen alten Whisky verkaufen. “Meine Tochter wird von den Fässern, die wir jetzt produzieren, irgendwann mal profitieren”. Ihm mache das Whisky-Brennen “einfach nur Spaß”.

Michaela Habbel vor der Maische, die zu Alkohl verkocht wird

Bei Habbels ist alles noch Handarbeit

Seine Tochter Michaela Habbel ist nach dem Studium 2011 in das Familienunternehmen eingestiegen und leitet nun gemeinsam mit ihrem Vater die Brennerei. Mittlerweile sei das Unternehmen so groß geworden, dass sie sich gar nicht mehr um die reine Destillation kümmern könne, erzählt Michaela Habbel. Das mache ein Mitarbeiter oder ihr Vater. “Meine Aufgaben sind die Produktentwicklung im Gin und Likör-Bereich und die strategische Planung und das Fass-Management für den Whisky”, so Habbel. “Das heißt, ich wähle die Fässer aus, in denen bestimmte Destillate gelagert werden – wir verarbeiten ja nicht nur reines Gerstenmalz, sondern auch Roggen oder Dinkel hier aus der Region,” erzählt Michaela Hubbel, die im Nebenjob noch Präsidentin des Verbands Deutscher Whiskybrenner ist.

Auch die Brennanlagen für Korn und andere Spiritousen haben schon eine lange Tradition

Bei den Habbels führt der Weg zum Whisky durch eine Art Laborküche voller Flaschen und bauchigen Glasballons durch einen weiteren Produktionsraum mit alten Brennanlagen. An den Wänden sind Regale voller Ingredienzien wie Ingwer, Zitrone, Rhababer, Pomeranzenschalen oder Pfefferminze. Sie werden zum Aromatisieren von Kräuterlikören oder Gin gebraucht.

Nur eine kleine Auswahl der Essenzen, die für die Aromatisierung von Alkohl gebraucht werden

In einem weiteren Raum werden Flaschen abgefüllt und etikettiert – alles per Hand. Es geht weiter nach draußen über den Hof und dann in das neue Gebäude, extra für den Whisky gebaut.

Die Flaschen werden per Hand ettiketiert

Das Fass entscheidet über Qualität des Whiskys

In große viereckigen Stahlbehältern lagern Maische und Rohbrände, am Kopf des Saales steht eine große Kupfer-Anlage, in der aus der Maische Alkohol destilliert wird. Der intensive Geruch beißt in der Nase. “Es riecht nach getorfter Gerste”, erklärt Michael Habbel. “Im Moment verarbeiten wir getorftes Getreide beziehungsweise Gerstenmalz. Das gibt einen Whisky, der so richtig rauchig, torfig schmecken wird.”

Hier wird Hillock-Whisky gebrannt

Der eigentliche typische Geschmack eines Whiskys entstehe allerdings erst später, erklärt Michael Habbel. “Das Wichtigste ist das Fass. Zu einem Drittel ergibt sich die Qualität eines Whiskys bei der Destillation und zu zwei Dritteln ist das Fass entscheidend.” Wir benutzen beispielsweise gebrauchte Bourbon-Fässer aus amerikanischer Weißeiche, Cherry-Fässer aus Spanien, Portweinfässer, Chardonnay- oder Rotweinfässer. “Unser Gewürz sind die Fässer und die Zeit, die wir uns lassen, das zu reifen.”

Whisky aus dem Bergbau-Stollen

Dafür braucht es natürlich auch Lagerfläche. Im Moment sei aber einfach kein Platz mehr da, sagt Michael Habbel. Jedes Jahr würden mindestens 100 neue Fässer dazukommen. Ein neues Lager muss her. Gelagert wird dabei nicht nur am Stammsitz der Habbels: “Wir haben ein Lager unter Tage im Deutschen Bergbaumuseum Bochum errichtet,” erzählt Michaela Habbel. Dort würden aktuell Whiskys in verschiedenen Süßweinfässern gelagert.

Habbel ist das sauerländisch Wort für “kleiner Hügel” – übersetzt man das ins Englisch, wird Habbel zu Hillock

“Wir waren früher Zulieferer für Zechen unter Tage,” so Michaela Habbel. Die Bergarbeiter haben damals einen Teil ihres Lohnes in Naturalien erhalten. Weil Untertage nicht geraucht werden durfte, wurde den Arbeitern Kautabak und Korn für Untertage mitgegeben. “Wir wollten einfach so eine Hommage an den Bergbau auf den Markt bringen, weil wir dem Bergbau dankbar sind. Das sind unsere Wurzeln”, so Michaela Habbel. Das Ergebnis, der neun Jahre alte Hillock Single Malt Bergbau-Edition, ist verkauft sich gut. Auch die anderen Hillock-Whiskys haben genügend Fans. 

“Das Geschäft läuft gut”, sagt Michael Habbel zufrieden. “Nur haben wir noch das Problem, dass wir zu wenig zum Verkaufen haben. Der Whisky, den wir jetzt hier in größeren Mengen herstellen, den haben wir erst seit 2014 und er muss natürlich eine gewisse Zeit liegen.” So werde Habbel erst in drei bis fünf Jahren aus einer Charge mehrere tausend Flaschen verkaufen können. “Im Moment haben wir nur Chargen zwischen 800 bis 1500 Flaschen und die sind immer sehr schnell weg”, so Michael Habbel.