Die Wilden Zwanziger Jahre – ein illustrierter Ritt durch ein bewegendes Jahrzehnt

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Ein Buch als Kunstwerk: Robert Nippoldts Berlin-Buch ist kultverdächtig. Und fügt sich damit ein in das aktuelle Interesse an Kunst und Kultur der Weimarer Republik – ein Thema des Jahres 2017.

  • Es wird Nacht im Berlin der Wilden Zwanziger Jahre

    Tanz und Laster auf großer Bühne

    Das großformatige Buch des Taschen Verlags setzt ganz auf die Strahlkraft der Illustrationen des vielfach ausgezeichneten Bilderkünstlers Robert Nippoldt. Es dominiert Schwarz und Weiß, einzig ein zarter Bronzeton ergänzt die Farbpalette. Gemeinsam mit den Texten des Autors Boris Pofalla ist der Band “Es wird Nacht im Berlin der Wilden Zwanziger” ein literarischer Augenschmaus.

  • Es wird Nacht im Berlin der Wilden Zwanziger Jahre

    Leben im nächtlichen Berlin

    Nach Ende des Ersten Weltkriegs hatten die Menschen in der Hauptstadt das drängende Bedürfnis, wieder etwas zu erleben. Vergnügen und Zerstreuung standen an erster Stelle. Und wann lässt sich besser etwas erleben, als im Verborgenen, im schützenden Dunkel der Nacht? So erzählen die Bilder und Texte des Buches vor allem etwas vom Lichterglanz im nächtlichen Berlin.

  • Es wird Nacht im Berlin der Wilden Zwanziger Jahre

    Berlin war sportbegeistert

    Zum Vergnügen gehörte unbedingt auch der Sport. Boxgrößen wie Max Schmeling begeisterten die Massen. Und für einige Jahre waren die Sechstagerennen im Sportpalast an der Potsdamer Straße ein absolutes Muss – für Jung und Alt, für Reich und Arm. Im riesigen Oval des Sportpalastes kamen alle zusammen, der Champagner floss in Strömen und Egon Erwin Kisch berichtete.

  • Es wird Nacht im Berlin der Wilden Zwanziger Jahre

    Spot an: die große Bühne

    Im Zentrum der 1920er Jahre standen die Auftritte der großen Stars und der Tanzcombos im Berliner “Wintergarten”. Boris Pofalla schreibt: “Es ist dunkel im Saal, dunkel bis auf den Strahl zweier riesiger Scheinwerfer. 3000 Menschen sind anwesend, aber Claire Waldoffs Stimme erreicht noch die hinterste Reihe. Die Sängerin, deren Repertoire 300 Stücke umfasst, ist auf dem Höhepunkt ihres Ruhms.”

  • Es wird Nacht im Berlin der Wilden Zwanziger Jahre

    Rotlichtstadt Berlin: Prostitution allerorten

    130.000 Frauen und Männer sollen im Berlin der 1920er Jahre angeschafft haben. Auch das ist ein Thema in dem Buch, das nicht nur mit großformatigen Illustrationen daherkommt, sondern auch grafisch aufgearbeitete Fakten präsentiert. “Die Hure Berlin” heißt diese Grafik, die akribisch aufzählt und erklärt, wie es zuging in den Straßen und Bars, den Hinterhöfen und Etablissements aller Art.

  • Es wird Nacht im Berlin der Wilden Zwanziger Jahre

    Im Fokus: politische Versammlungen

    Die Weimarer Republik stand auch für die harte politische und gesellschaftliche Konfrontation. Auf der Straße, aber auch in großen Hallen und Arenen wie dem “Sportpalast” warben die Redner der verschiedenen Parteien und Bewegungen um die Gunst der Massen. Diese Auseinandersetzungen verschärften sich im Laufe der Jahre – und steuerten unaufhaltsam auf die politische Katastrophe zu.

  • Es wird Nacht im Berlin der Wilden Zwanziger Jahre

    Verhängnisvoller politischer Pakt

    Das Buch von Nippoldt/Pofalla endet nicht am 31. Dezember 1929, sondern nimmt auch die Jahre bis 1933 ins Visier. Das wilde Jahrzehnt, in dem die Menschen feierten und sich vergnügten, endete mit einem bösen Erwachen. Kein anderes Bild symbolisiert das so wie der Handschlag von Reichspräsident Paul von Hindenburg und Adolf Hitler, dem künftigen Reichskanzler und Diktator.

  • Es wird Nacht im Berlin der Wilden Zwanziger Jahre

    Der verhängnisvolle Reichstagsbrand

    Eines der letzten Bilder stellt den Brand des Reichstags am 28. Februar 1933 dar. Mit Hitlers Machtergreifung und dem Aufstieg der Nazis endete eine Ära der Kunst und Kultur. Viele Menschen, die dafür standen, wurden verhaftet, ermordet oder vertrieben. “Es wird Nacht im Berlin der wilden Zwanziger” ist ein Buch, das tief eintaucht in die 1920er Jahre – und das mit dem Schrecken endet.

    Autorin/Autor: Jochen Kürten


  • Es wird Nacht im Berlin der Wilden Zwanziger Jahre

    Tanz und Laster auf großer Bühne

    Das großformatige Buch des Taschen Verlags setzt ganz auf die Strahlkraft der Illustrationen des vielfach ausgezeichneten Bilderkünstlers Robert Nippoldt. Es dominiert Schwarz und Weiß, einzig ein zarter Bronzeton ergänzt die Farbpalette. Gemeinsam mit den Texten des Autors Boris Pofalla ist der Band “Es wird Nacht im Berlin der Wilden Zwanziger” ein literarischer Augenschmaus.

  • Es wird Nacht im Berlin der Wilden Zwanziger Jahre

    Leben im nächtlichen Berlin

    Nach Ende des Ersten Weltkriegs hatten die Menschen in der Hauptstadt das drängende Bedürfnis, wieder etwas zu erleben. Vergnügen und Zerstreuung standen an erster Stelle. Und wann lässt sich besser etwas erleben, als im Verborgenen, im schützenden Dunkel der Nacht? So erzählen die Bilder und Texte des Buches vor allem etwas vom Lichterglanz im nächtlichen Berlin.

  • Es wird Nacht im Berlin der Wilden Zwanziger Jahre

    Berlin war sportbegeistert

    Zum Vergnügen gehörte unbedingt auch der Sport. Boxgrößen wie Max Schmeling begeisterten die Massen. Und für einige Jahre waren die Sechstagerennen im Sportpalast an der Potsdamer Straße ein absolutes Muss – für Jung und Alt, für Reich und Arm. Im riesigen Oval des Sportpalastes kamen alle zusammen, der Champagner floss in Strömen und Egon Erwin Kisch berichtete.

  • Es wird Nacht im Berlin der Wilden Zwanziger Jahre

    Spot an: die große Bühne

    Im Zentrum der 1920er Jahre standen die Auftritte der großen Stars und der Tanzcombos im Berliner “Wintergarten”. Boris Pofalla schreibt: “Es ist dunkel im Saal, dunkel bis auf den Strahl zweier riesiger Scheinwerfer. 3000 Menschen sind anwesend, aber Claire Waldoffs Stimme erreicht noch die hinterste Reihe. Die Sängerin, deren Repertoire 300 Stücke umfasst, ist auf dem Höhepunkt ihres Ruhms.”

  • Es wird Nacht im Berlin der Wilden Zwanziger Jahre

    Rotlichtstadt Berlin: Prostitution allerorten

    130.000 Frauen und Männer sollen im Berlin der 1920er Jahre angeschafft haben. Auch das ist ein Thema in dem Buch, das nicht nur mit großformatigen Illustrationen daherkommt, sondern auch grafisch aufgearbeitete Fakten präsentiert. “Die Hure Berlin” heißt diese Grafik, die akribisch aufzählt und erklärt, wie es zuging in den Straßen und Bars, den Hinterhöfen und Etablissements aller Art.

  • Es wird Nacht im Berlin der Wilden Zwanziger Jahre

    Im Fokus: politische Versammlungen

    Die Weimarer Republik stand auch für die harte politische und gesellschaftliche Konfrontation. Auf der Straße, aber auch in großen Hallen und Arenen wie dem “Sportpalast” warben die Redner der verschiedenen Parteien und Bewegungen um die Gunst der Massen. Diese Auseinandersetzungen verschärften sich im Laufe der Jahre – und steuerten unaufhaltsam auf die politische Katastrophe zu.

  • Es wird Nacht im Berlin der Wilden Zwanziger Jahre

    Verhängnisvoller politischer Pakt

    Das Buch von Nippoldt/Pofalla endet nicht am 31. Dezember 1929, sondern nimmt auch die Jahre bis 1933 ins Visier. Das wilde Jahrzehnt, in dem die Menschen feierten und sich vergnügten, endete mit einem bösen Erwachen. Kein anderes Bild symbolisiert das so wie der Handschlag von Reichspräsident Paul von Hindenburg und Adolf Hitler, dem künftigen Reichskanzler und Diktator.

  • Es wird Nacht im Berlin der Wilden Zwanziger Jahre

    Der verhängnisvolle Reichstagsbrand

    Eines der letzten Bilder stellt den Brand des Reichstags am 28. Februar 1933 dar. Mit Hitlers Machtergreifung und dem Aufstieg der Nazis endete eine Ära der Kunst und Kultur. Viele Menschen, die dafür standen, wurden verhaftet, ermordet oder vertrieben. “Es wird Nacht im Berlin der wilden Zwanziger” ist ein Buch, das tief eintaucht in die 1920er Jahre – und das mit dem Schrecken endet.

    Autorin/Autor: Jochen Kürten


Begonnen hat der 1977 am Niederrhein geborene Grafiker Robert Nippoldt sein Buch über das Berlin der Weimarer Republik natürlich schon vor ein paar Jahren. So ein prächtiger Band mit Zeichnungen und aufwendigen Grafiken lässt sich nicht im Handumdrehen realisieren. “Es wird Nacht im Berlin der Wilden Zwanziger” ist ein Gesamtkunstwerk.

Das Buch lässt sich auch hören…

Auf über 200 Seiten breitet sich das gezeichnete Berlin der 20er Jahre vor den Augen der Leser aus, in Schwarz-Weiß und hellem Bronzeton. Dazu gibt es Texte von Boris Pofalla und hinten im Buchumschlag des schönen, großformatigen Bandes findet sich auch noch eine CD. Auf der hört man dann den Sound der Zeit: Lieder, gesungen von Renate Müller und Ernst Busch, Lotte Lenya und Claire Waldoff, mit Musik von den berühmten Orchestern der Zeit.

Das prachtvolle Buch führt ins Herz der Stadt

Der Buchkünstler Nippoldt, der schon Bücher über das Hollywood der 1930er Jahre gezeichnet hat oder den Jazz im New York der 20er, hat also Erfahrung – als Gestalter einer Zeit, einer kulturellen Epoche. So ein Buch braucht Zeit. Dass es jetzt, im Spätherbst 2017, fertig geworden ist und in die Buchläden kommt, ist also einerseits Zufall, andererseits lag das Thema aber wohl auch in der Luft.

Die Weimarer Republik in aller Munde

Wie sonst ist es zu erklären, dass das Jahr 2017 in vielfacher Hinsicht zurückgeblickt hat auf die Kunst und Kultur der Weimarer Republik? Es soll hier nicht die Rede sein von Publizisten und Zeit-Diagnostikern, die angesichts der sich verschärfenden politischen Auseinandersetzungen in Deutschland und dem Wiedererstarken der politischen Ränder schon von einem “neuen Weimar” warnen. So weit ist die Republik (Gott sei Dank) noch nicht!  

Und man könnte ja auch ganz profan sagen: Wenn es etwas zu feiern und gedenken gibt in der deutschen Kultur des 20. Jahrhunderts, dann ist es eben der Mythos Berlin jener Jahre. Film und Musik, Tanz, Theater, Kabarett und Kunst, all das ist unvergessen und wurde auch in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder auf- und vorgeführt. Der Mythos der “Wilden Zwanziger Jahre”, der natürlich unbedingt im Zusammenhang mit der Stadt Berlin zu nennen ist, hat eine weltweite Ausstrahlung.

“Berlin glänzt in einer Pracht, wie Paris sie nicht kennt.”

Ein einziges Zitat (aus dem Buch von Nippoldt/Pofalla) als Beleg dafür: “Vom Kurfürstendamm aus gesehen, wirkt die Stadt auf mich wie ein funkelndes Kleinod; abends glänzt sie in einer Pracht, wie Paris sie nicht kennt. Ich bin hingerissen; die großen Cafés sind wie Ozeandampfer und die Orchester ihre Maschinen, die alles durchdröhnen und in Bewegung halten. Die Musik ist überall.” Das schrieb die große Josephine Baker, die lediglich für zwei Monate des Jahres 1926 in der Stadt weilte. Doch sie war nachhaltig beeindruckt. Und sie hinterließ beeindruckte Menschen.

Auch “Babylon Berlin” blickt in die 20er zurück

Musik durchzieht auch die Serie “Babylon Berlin”, die 2017 ein filmisches Serienereignis war, die zur Premiere auch in Kinos lief und beim Privatsender Sky auf kleinem Bildschirm startete. Erst im kommenden Jahr läuft “Babylon Berlin” auch vor großem Publikum im öffentlich-rechtlichen Sender ARD.

Die Frau als Entdeckerin und Verführerin in “Babylon Berlin”, hier Liv Lisa Fries

“Babylon Berlin” ist eine deutsche Serie mit großer internationaler Ausstrahlung. Natürlich gelang das Mammutprojekt gleich mehrerer Regisseure und Produzenten, weil Könner ihres Fachs am Werk waren. Doch die Serie wurde auch zu so einem großen Erfolg, vor allem international, weil sie eben einen deutschen Kulturmythos beschwor.

Die Schirn präsentiert “Glanz und Elend in der Weimarer Republik”

Und auch die Kunstwelt besann sich 2017 wieder einmal eines Jahrzehnts, das hierzulande so außerordentlich reich und vielfältig war – mit einer der schönsten und besten Ausstellungen des Jahres. Die Schirn Kunsthalle Frankfurt präsentiert seit November die Schau “Glanz und Elend in der Weimarer Republik”. Hier werden noch bis zum 25. Februar 2018 Künstlerinnen und Künstler präsentiert, die die Zeit in ihren großartigen Gemälden und Zeichnungen eingefangen haben. Bekannte Namen wie Georg Grosz, Otto Dix und Christian Schad sind dabei. Vor allem aber können die Besucher hier auf Entdeckungsreise gehen und Malerinnen kennenlernen, die bisher noch nicht so sehr im Fokus standen: Jeanne Mammen, Elfriede Lohse-Wächtler, Lea Grundig oder Alice Lex-Nerlinger.

Karl Hofer malte seine “Tiller Girls” 1927 – zu sehen in der Kunsthalle Schirn

Auf ein paar Namen stößt man auch in Robert Nippoldts Buch. Auf Jeanne Mammen etwa, auf Josephine Baker, die in Frankfurt auf Gemälden abgebildet ist, ebenso wie auf die wilde Ausdruckstänzerin Anita Berber. Die Kapitel des Buches decken sich mit den Kapiteln der Frankfurter Ausstellung zum Teil verblüffend: Laster und Sex, die neue Frau, Prostitution – all das sind Themen, aber natürlich auch die verheerenden Nachwirkungen des Ersten Weltkriegs in Deutschland, die Massenarmut und der politische Aufruhr.

Die Nazis setzten der kulturellen Blüte ein Ende

Und dann führt alles zum Jahr 1933. Das TV-Ereignis “Babylon Berlin” und die Ausstellung “Glanz und Elend der Weimarer Republik” sowie das Buch “Es wird Nacht im Berlin der Wilden Zwanziger”, sie führen die Leser, Zuschauer und Zuhörer zum bitteren Ende einer kulturell so reichen Epoche. Die Nationalsozialisten setzten dem wilden Leben ein Ende. Literatur, Film, Musik, Kunst, Tanz und Theater konnten sich mit Hitlers Machtergreifung nicht mehr entfalten.

Geblieben ist die Erinnerung an ein Jahrzehnt, in dem Deutschland während ein paar kulturell fruchtbaren Jahren sogar Paris, New York und Hollywood in den Schatten stellte.

“Es wird Nacht im Berlin der Zwanziger Jahre” ist im Taschen Verlag erschienen, die Illustrationen stammen von Robert Nippoldt, die Texte von Boris Pofalla, 224 Seiten, mit einer CD, ISBN 978-3-8365-6319-2.