Shure Aonic Free im Test: Memory-Foam statt ANC und Schwächen im Detail

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Die Shure Aonic Free setzen auf eine hohe passive Isolierung mit Memory-Foam-Aufsätzen und verzichten dafür auf ANC. Vor allem beim Klang will Shure auch kabellos punkten, verzichtet aber auf HD-Codecs und zeigt Schwächen bei den Höhen. Anpassbarkeit und Equalizer sind hingegen echte Stärken.

Inhaltsverzeichnis

  1. 1 Memory-Foam statt ANC und Schwächen im Detail
    1. Technische Daten und Funktionen der Shure Aonic Free
    2. Je eine Taste zur Steuerung
    3. Einzelnutzung mit Aussetzern
    4. Optionale ShurePlus-Play-App
    5. Sicherer Halt mit Comply-Aufsätzen
  2. 2 Klang, Transparenz, Telefonie, Latenz und Fazit
    1. Der Klang der Aonic Free
    2. Analyse des Frequenzverlaufs
    3. Transparenzmodus rauscht
    4. Telefonie
    5. Latenz der Aonic Free
    6. Fazit

Shure hat sich mit den Aonic Free an kabellose In-Ear-Kopfhörer gewagt, will die eigenen Ansprüche durch die Bluetooth-Übertragung aber nicht geschmälert wissen und verspricht einmal mehr einen „unübertroffenen Klang in Studioqualität“. Die Aonic Free setzen dabei auf eine hohe passive Isolierung, wofür Shure Schaumstoff-Ohrpassstücke von Comply in drei Größen beilegt, statt auf herkömmliche Silikon-Aufsätze zurückzugreifen. So soll auch ANC überflüssig werden, das die Aonic Free nicht bieten.

Die unverbindliche Preisempfehlung der Shure Aonic Free liegt bei 199 Euro, die im Handel vor allem für die rote Variante mit rund 171 Euro und 187 Euro für die schwarze Version unterboten wird. Neben den Ohrhörern mit Comply-Aufsätzen umfasst der Lieferumfang das Ladecase und ein USB-C-auf-USB-A-Ladekabel.

Technische Daten und Funktionen der Shure Aonic Free

AAC und aptX mit Bluetooth 5.0

Für die Funkverbindung setzen die Shure Aonic Free auf Bluetooth 5.0. Als Audio-Codecs stehen SBC, AAC und Qualcomms aptX bereit. Einen echten HD-Codec nutzen die In-Ears trotz des eigenen Anspruchs nicht. Auch auf Extras wie Fast Pair oder Multipoint verzichtet Shure gänzlich. Die Aonic Free können also immer nur zu einem Endgerät gleichzeitig verbunden sein und die aktuelle Verbindung muss getrennt werden, wenn ein anderes Endgerät als das zuletzt verwendete für die Wiedergabe genutzt werden soll.

Shure Aonic Free

Für den Klang sorgen dynamische Treiber („Single Dynamic MicroDriver“) mit einer Impedanz von 20 Ohm. Ihr Frequenzgang beträgt 21 Hz bis 17,5 kHz. Die Empfindlichkeit gibt Shure mit 107 dB SPL/mW bei 1 kHz an.

Passive Isolierung statt ANC

Umgebungsgeräusche werden von den Shure Aonic Free wie erwähnt rein durch ihre passive Isolierung ausgeblendet, eine aktive Geräuschunterdrückung (ANC) kommt nicht zum Einsatz. Durch die Schaumstoff-Passstücke soll dennoch eine Dämpfung der Umgebung von bis zu 37 dB erzielt werden. Wie bei Comply-Aufsätzen üblich, kann die hohe Abschirmung im Test bestätigt werden.

Shure Aonic Free

Anpassbarer Transparenzmodus

Wer dennoch etwas von seiner Umgebung mitbekommen möchte, kann auf den integrierten Transparenzmodus zurückgreifen, der die Umgebungsgeräusche über die Mikrofone einfängt und an das Ohr des Trägers weiterleitet. Die Intensität des Transparenzmodus lässt sich in der App ShurePlus Play, die für Android und iOS angeboten wird, einstellen. Bei der Telefonie verspricht der Hersteller klare Gespräche über zwei Mikrofone je Ohrhörer. ComputerBase wird beides wie üblich noch näher beleuchten.

Großes, schweres Ladecase für große Ohrhörer

Das Ladecase der Aonic Free ist mit Maßen von 52,7 × 89,1 × 32,2 mm (B × H × T) und einem Gewicht von rund 71 g vergleichsweise groß und schwer und nichts für normale Hosentaschen. Zu einem Teil resultiert die Größe auch aus der Größe der Ohrhörer, die mit einem Zweikammersystem ausladend ausfallen. Mit je rund 7 g gehören auch die Ohrhörer zu den aktuell eher schweren Modellen.

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Shure Aonic Free

Shure Aonic Free

Shure Aonic Free

Shure Aonic Free

Fast 8 Stunden Musik mit einer Akkuladung

Wer angesichts der Größe des Ladecases mit einer hohen Akkureserve rechnet, wird jedoch enttäuscht, denn das Ladecase lädt die beiden Ohrhörer lediglich zwei Mal vollständig auf. So addieren sich zu den bis zu 7 Stunden, die Shure für die Akkulaufzeit der Ohrhörer angibt, noch einmal 14 Stunden durch das Ladecase hinzu. Die Gesamtwiedergabedauer beträgt somit 21 Stunden, bevor das Ladecase wieder an den Strom muss. Im Test halten die Shure Aonic Free mit einer Akkuladung bei mittlerer Lautstärke, ohne Transparenzmodus und mit buntem Musikmix 7:55 Stunden durch, also länger als beworben.

Ein Schnelllademodus sorgt nach 15 Minuten Laden über USB-C für eine Wiedergabezeit von einer weiteren Stunde. Um die Ohrhörer im Case vollständig zu laden, braucht es rund 2,5 Stunden. Das Ladecase war im Test nach rund 70 Minuten wieder voll aufgeladen.

Wireless Charging wird trotz der Größe des Ladecases ebenfalls nicht geboten. Das Aufladen muss immer über den USB-C-Anschluss an der Unterseite des Ladecases erfolgen.

Shure Aonic Free
Jabra Elite 3
Apple AirPods Pro

Bluetooth-Standard:
5.0
5.2
5.0

Audio-Codecs:
SBC, AAC, aptX
SBC, aptX
SBC, AAC

Bedienung:
Tasten
Touch

Akkulaufzeit der Ohrhörer:
7,0 h
5,0/4,5 (ANC) h

Akkulaufzeit mit Ladecase:
21,0 h
28,0 h
24,0 h

Wireless Charging:

Ja

ANC:

Ja

Einzelnutzung:
Ja

IP-Zertifizierung:
Keine
IP55
IPX4

Gewicht je Ohrhörer / nur Ladecase:
6,7/71,0 g
5,0/33,0 g
5,5/46,0 g

USB-Ladeanschluss:
USB-C
Lightning

Abmessungen Ladecase:
52,7 × 89,1 × 32,2 mm
34,6 × 63,9 × 28,2 mm
45,2 × 60,6 × 21,7 mm

Preis:
ab 178 €
79 €
ab 208 €

Kein Schutz vor Wasser und Schweiß

Etwas überraschend tragen die Shure Aonic Free keinerlei IP-Zertifizierung, die ihnen einen Schutz etwa vor Spritzwasser bescheinigen würde. Wie viel Regen oder Schweiß die Kopfhörer somit aushalten, lässt sich nicht beantworten. Träger sollten jedoch eher vorsichtig sein.

Je eine Taste zur Steuerung

Die Steuerung der Wiedergabe und von Anrufen erfolgt über eine Taste an jedem Ohrhörer, die an der Oberseite platziert ist und sich am besten bedienen lässt, indem der Ohrhörer zwischen Zeigefinger und Daumen gedrückt wird. Fehleingaben treten so nicht auf, allerdings werden die In-Ears beim Bedienen immer leicht im Ohr bewegt.

Shure Aonic Free

Ab Werk startet ein einfaches Drücken der Taste an einem der Ohrhörer die Musikwiedergabe oder pausiert sie. So lassen sich auch Anrufe annehmen und beenden. Ein doppeltes Drücken aktiviert hingegen den Transparenzmodus und deaktiviert ihn auch wieder. Wird die Taste drei Mal gedrückt, wird der Sprachassistent des verbundenen Geräts gestartet. Um die Lautstärke zu erhöhen, muss die Taste am rechten Ohrhörer ein Mal gedrückt und dann ein weiteres Mal gedrückt und gehalten werden. Am linken Ohrhörer reduziert dies die Lautstärke.

Wird die Taste lange gedrückt, schalten sich die Ohrhörer aus und können so auch eingeschaltet werden. Wird sie beim Einschalten gedrückt gehalten, wird der Kopplungsmodus manuell gestartet.

Umfangreiche Anpassung per App

Ab Werk ist es somit nicht möglich, durch Titel vor und zurück zu springen. Doch über die ShurePlus-Play-App lassen sich die Tastenfunktionen den eigenen Bedürfnissen entsprechend anpassen. So lässt sich etwa die Belegung des Sprachassistenten gegen die Titelwahl ersetzen. Darüber hinaus kann die Aktivierung/Deaktivierung des ausgewählten Equalizer-Presets auf eine Taste gelegt werden, wenn man es nur in bestimmten Situationen nutzen möchte – eine seltene Belegung. Die Wahl der Belegung des rechten und linken Ohrhörers kann dabei vollständig unabhängig voneinander erfolgen und muss insbesondere nicht identisch sein wie im Auslieferungszustand. Auf Wunsch lässt sich die Belegung jederzeit zurücksetzen. Die Anpassung der Steuerung über die App ist sehr gut gelungen.

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ShurePlus-Play-App mit Shure Aonic Free

ShurePlus-Play-App mit Shure Aonic Free

ShurePlus-Play-App mit Shure Aonic Free

ShurePlus-Play-App mit Shure Aonic Free

ShurePlus-Play-App mit Shure Aonic Free

ShurePlus-Play-App mit Shure Aonic Free

ShurePlus-Play-App mit Shure Aonic Free

Kein Auto-Pause/Auto-Play

Über eine Trageerkennung, über die die Wiedergabe automatisch pausiert und fortgesetzt wird, wenn ein Ohrhörer aus dem Ohr genommen beziehungsweise wieder eingesetzt wird, verfügen die Shure Aonic Free nicht.

Einzelnutzung mit Aussetzern

Jeder Ohrhörer der Aonic Free kann auch einzeln genutzt werden. Der Wechsel zwischen Stereo und Mono erfolgt dabei nicht immer nahtlos. Wird von Mono auf Stereo gewechselt, gibt der hinzugeschaltete Ohrhörer immer ein kurzes Einschaltgeräusch ab, ohne die Wiedergabe zu pausieren. Beim Wechsel von Stereo auf Mono ist es hingegen entscheidend, ob der Ohrhörer weggelegt wird, der aktuell die Verbindung zum Smartphone aufgebaut hat, denn diese wird immer nur von einem In-Ear gehalten. Wird dieser weggelegt, pausiert die Wiedergabe und der andere In-Ear muss sich erst wieder mit dem Smartphone verbinden, bevor die Wiedergabe wiederum manuell fortgesetzt werden kann.

An der Belegung der Bedienung ändert sich nichts, jeder Ohrhörer behält auch bei Einzelnutzung die ihm im Zweifel exklusiv zugeordneten Funktionen.

Optionale ShurePlus-Play-App

Die App „ShurePlus Play“ für Android und iOS bietet nicht nur die eben genannten Funktionen zur umfangreichen Anpassung der Bedienung, sondern insbesondere auch einen Equalizer und die Möglichkeit, Firmware-Updates zu installieren. Zudem kann der Transparenzmodus sowohl ein- und ausgeschaltet als auch in seiner Intensität in elf Stufen angepasst werden. Darüber hinaus können Signaltöne, die Ansagensprache und das automatische Ausschalten der Ohrhörer außerhalb des Ladecases konfiguriert werden.

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ShurePlus-Play-App mit Shure Aonic Free

ShurePlus-Play-App mit Shure Aonic Free

ShurePlus-Play-App mit Shure Aonic Free

ShurePlus-Play-App mit Shure Aonic Free

ShurePlus-Play-App mit Shure Aonic Free

ShurePlus-Play-App mit Shure Aonic Free

ShurePlus-Play-App mit Shure Aonic Free

ShurePlus-Play-App mit Shure Aonic Free

Der Equalizer ist erneut ein Highlight

Wie bei den Over-Ear-Kopfhörern Shure Aonic 40 ist der Equalizer der Aonic Free hervorzuheben, da er nicht nur viele Voreinstellungen bietet, sondern auch umfassende Möglichkeiten zur eigenen Anpassung der Frequenzen. Wie bei den Kopfhörern kann hierfür ein parametrischer Vierband-Equalizer genutzt werden, bei dem sich die Breite der Bänder von voreingestellten zwei auf maximal vier Oktaven ändern lässt. Die vier Punkte, über die die Anpassung erfolgt, lassen sich in alle vier Richtungen verschieben. Wer gerne viele Einstellungsmöglichkeiten hat, wird hier glücklich. Das erstellte Profil wird auf den In-Ears gespeichert, so dass es auch auf anderen Geräten aktiv ist.

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ShurePlus-Play-App mit Shure Aonic Free

ShurePlus-Play-App mit Shure Aonic Free

Darüber hinaus bietet die App wieder einen eigenen Musikplayer, der unter dem Reiter „Musik“ zur Verfügung steht und in dem neben der Ansicht nach Künstler, Album oder Titel auch individuelle Wiedergabelisten erstellt werden können.

Sicherer Halt mit Comply-Aufsätzen

Die Schaumstoff-Passstücke von Comply sorgen nicht nur für eine gute Abdichtung der Ohrhörer, sondern auch für einen festen Halt der ausladenden und vergleichsweise schweren Ohrhörer. Wie bei Memory-Foam üblich, entsteht durch das Material ein leichter Druck im Gehörgang, der den Hörer stark abschirmt, da kein Druckausgleich erfolgt, und Körpergeräusche auf die Ohren überträgt. Insgesamt tragen sich die Shure Aonic Free aber angenehm und weder ihr Gewicht noch ihre Größe fallen negativ ins Gewicht, wenn sie nicht unter einer Mütze getragen werden sollen.

Shure Aonic Free: Ausladende Ohrhörer
Shure Aonic Free: Ausladende Ohrhörer

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