iOS 15: Das iPhone wird zum Kino, Hausschlüssel und Ausweis

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Apple hat die WWDC mit iOS 15 eröffnet. Das neue iPhone-Betriebssystem legt in beinahe allen Bereichen nach, darunter FaceTime, Nachrichten, Benachrichtigungen, Suche, Fotos, Apple Wallet, Wetter und Apple Maps. So vollgestopft mit Funktionen das neue iOS 15 auch ist, der Anwender soll sich davon nicht überwältigt fühlen.

Den Anfang macht FaceTime, das vor allem in Zeiten der Pandemie, wenn sich Freunde und Familien nicht treffen können, für viele Anwender wichtiger geworden ist. Apple unterstützt jetzt auch in FaceTime Spatial Audio, um den Ton aus Richtung des Teilnehmers wiederzugeben, als würden sich alle Teilnehmer im selben Raum befinden. Befindet sich ein Nutzer in geräuschvoller Umgebung, sorgt die neue Voice-Isolation-Funktion dafür, dass Störgeräusche wie Staubsauger mit Machine Learning gefiltert werden und nur die Stimme hörbar ist. Im Aufnahmemodus mit hoher Bandbreite wird hingegen wieder alles übertragen. Neu hinzukommen ist der Porträtmodus, der für einen Bokeh-Effekt im Hintergrund sorgt, um nur den FaceTime-Teilnehmer scharf zu sehen.

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FaceTime mit Porträtmodus

FaceTime in iOS 15

FaceTime per Einladung für Android und Windows

FaceTime ist mit iOS 15 nicht mehr nur für spontane Anrufe ausgelegt, sondern unterstützt auch geplante Konversationen, die sich zum Beispiel im Kalender mit Uhrzeit hinterlegen lassen. So weitet Apple die Anwendung vom privaten Umfeld auch ein wenig in das geschäftliche aus. Links zu FaceTime-Anrufen können über die Nachrichten-App, per E-Mail oder Drittanbieter-Apps wie WhatsApp verschickt werden. Erstmals ist FaceTime nicht mehr auf Nutzer im Apple-Ökosystem beschränkt, sondern wird für von einem Apple-Gerät aus eingeladene Personen auch in einem Browser unter Android und Windows unterstützt.

Filme voneinander getrennt gemeinsam gucken

Die Pandemie hat bei vielen Personen eine Phase des Alleinseins ausgelöst, dem Apple mit SharePlay entgegenwirken will. Damit lassen sich Filme, Serien und Musik gemeinsam auf unterschiedlichen Geräten synchronisiert gucken und hören. Dabei wird zum Beispiel ein Film über die Apple-TV-App auf beiden Geräten abgespielt, während ein kleines FaceTime-Fenster die beiden Zuschauer zeigt, die weiterhin miteinander reden und so „gemeinsam“ ohne physischen Kontakt einen Film schauen können – fast so, als würde man zusammen auf der Couch abhängen oder ins Kino gehen. Das funktioniert auch bei Musik, außerdem können alle Teilnehmer einen Inhalt pausieren und wieder starten. Und vergeht die Lust an FaceTime, lässt sich die Konversation zum Film in der Nachrichten-App fortsetzen. SharePlay funktioniert zum Start mit Apple TV+ und Apple Music, aber auch Disney+, Hulu, HBO Max, der NBA-App, Paramount+, Twitch, Tik Tok, MasterClass und Pluto TV. Apple stellt eine neue SharePlay API für Entwickler bereit, sodass alle Streaming-Apps die neue Funktion unterstützen können.

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FaceTime in Apple TV+

Apple TV+ mit Messages-App

Neuer Shared-with-you-Bereich in Apps

Auch die Messages/Nachrichten-App wird mit iOS 15 überarbeitet, wenngleich die mancherorts vermutete oder gar erhoffte Portierung auf Android oder Windows zur WWDC ausblieb. Stattdessen gibt es neue Möglichkeiten zum Teilen von Fotos, die jetzt als Kartenstapel verschickt, von dort aus im Detail betrachtet und dann mit einem Like versehen werden können. In der Nachrichten-App lassen sich jetzt auch Inhalte wie Playlisten aus Apple Music teilen. Darüber hinaus erscheinen geteilte Inhalte mittels „Shared with you“ in der Fotos-Apps, wo sie mit einem kleinen Messages-Icon auf dem Foto markiert werden. „Shared with you“-Inhalte werden der jeweiligen App zugewiesen, aus der sie stammen. Geteilte Fotos erscheinen in der Fotos-App, Musik in der Musik-App, Nachrichten in der News-App, Podcasts in der Podcasts-App und Webseiten in Safari. In diesen Apps gibt es in iOS 15 jeweils einen neuen „Share with you“-Bereich.

Apple Music Shared with you (Bild: Apple)

Apple Music zieht in Fotos-App ein

Im Bereich Fotos sind erweiterte Rückblicke im Bereich „Für dich“ neu. Diese werden jetzt automatisch um Musik aus Apple Music ergänzt, wobei die Musik passend zur Historie in Apple Music ausgewählt wird. Passt ein Song nicht zum Rückblick, lässt sich aus einer Vorauswahl wahrscheinlich passender Tracks ein anderer wählen. Werden Rückblicke abgespielt, können diese jetzt über Halten des Displays pausiert werden, während die Musik im Hintergrund fortgesetzt wird. Sobald das Display losgelassen wird, wird die Wiedergabe beschleunigt, um wieder zum Beat der Musik zu passen.

iOS 15 fasst Benachrichtigungen zusammen

Überarbeitet hat Apple die Benachrichtigungen. Von Kontakten werden diese jetzt mit einem Foto der Person dargestellt, außerdem stellt iOS 15 das App-Icon einer Benachrichtigung größer dar, um schneller erkennen zu können, welche App für die Benachrichtigungen verantwortlich ist. Benachrichtigungen lassen sich jetzt auf Wunsch auch zusammenfassen, um nicht mit einer Flut einzelner Hinweise und den Tag über gestört und überfordert zu werden. Wichtige Benachrichtigungen wie die von Kontakten kommen weiterhin durch, eher unwichtige Hinweise von Apps fasst iOS 15 zusammen und präsentiert sie am Abend oder zu einer eingestellten Zeit. Dabei lernt das Betriebssystem auch vom Verhalten des Anwenders, um ein passendes Zeitfenster zu finden. Ein neuer Nicht-stören-Modus kann auf Wunsch auch alle Benachrichtigungen deaktivieren. Der Nicht-stören-Modus wird jetzt zudem in der Messages-Apps angezeigt. Für besonders wichtige Kontakte wie Familienmitglieder und Partner lassen sich wie bei Anrufen Ausnahmen einrichten.

Neue Benachrichtigungen in iOS 15 (Bild: Apple)

Fokusprofile für Zuhause und die Arbeit

Mit iOS 15 führt Apple außerdem einen Fokusmodus ein, quasi Profile, die definieren, welche Benachrichtigungen, Apps und Homescreen-Anordnungen dem Anwender zu gegebener Tageszeit präsentiert werden, um weniger abzulenken. Zum Beispiel lässt sich für die Arbeit definieren, dass nur Benachrichtigungen von Arbeitskollegen, nur Apps aus dem direkten Umfeld der Arbeit oder nur Widgets mit Bezug zur Arbeit auf dem Homescreen dargestellt werden. Diese Einstellungen lassen sich auf für Zuhause, andere definierte Standorte oder die Zeit im Bett kurz vor dem Schlafengehen festlegen.

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Fokusprofile

Fokusprofile

Text auf Fotos wird ausgelesen

Kleinere Anpassungen bringt das neue Betriebssystem mit Live Text mit. Damit kann mit der Kamera eingefangener Text auf Unterlagen schon im Sucher erfasst, markiert und via Copy and Paste in andere Apps übertragen werden. Apple erkennt dabei auch Telefonnummern, Adressen und ähnliche Informationen und gibt Schnellzugriff auf die Telefon-App oder Apple Maps. Mit Visual Look Up funktioniert das auch auf zuvor aufgenommenen Fotos, für Bilder im Web und auf Screenshots. Visual Look Up kann zudem Dinge wie Tiere und Sehenswürdigkeiten identifizieren und dazu weitere Informationen liefern, etwa für Hunderassen oder besonders bekannte Bauwerke. Überarbeitet wurde für iOS 15 die Spotlight-Suche, die jetzt auch Fotos umfasst, für Kontakte deutlich mehr Informationen darstellt und Informationen für Filme, Serien, Schauspieler und Musik liefert.

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Live Text

Visual Look Up

Spotlight

Apple Wallet wird zum Haus- und Hotelschlüssel und Ausweis

Größere Veränderungen gibt es für die Apple Wallet, die stetig mehr physische Gegenstände des Alltags ablösen soll. Waren es mit iOS 14 vor einem Jahr Autoschlüssel, unterstützt iOS 15 auch Hausschlüssel smarter Schlösser. Bekannte Hersteller solcher Lösungen sind bereits an Bord für das neue System. Auch Zugangskarten in Unternehmen und Schlüsselkarten für Hotelzimmer will Apple mit der Wallet zu Grabe tragen. Bei den Hotelketten gibt es von Hyatt eine Zusage, zum Herbst mehr als 1.000 Hotels mit entsprechender Technologie auszustatten.

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Apple Wallet Hausschlüssel

Apple Wallet Hotel Zimmerschlüssel

Apple Wallet Führerschein

Darüber hinaus lassen sich zumindest in den USA auch deren Umsetzung eines Personalausweises (Identitiy Cards) und Führerscheine hinterlegen, sofern dies vom jeweiligen US-Bundesstaat erlaubt ist und unterstützt wird. Das wiederum macht es möglich, beim Fliegen innerhalb der USA an TSA-Checkpoints nur noch das iPhone vorzeigen zu müssen.

Vollständig neues Rendering in Apple Maps

Ein sehr großes Update gibt es für Apple Maps, das zum Ende dieses Jahres ein vollständiges neues Rendering einer ersten Handvoll US-Städte einführen wird, bevor die neue Ansicht stetig auf immer mehr Städte, Regionen und Länder ausgeweitet werden soll. Die neue Ansicht weicht deutlich von der bisherigen Darstellung ab, auch wie man sie in konkurrierenden Lösungen wie Google Maps kennt. Bei Apple gibt es künftig eine dreidimensional gerenderte Welt, die fast ein wenig an eine Spielwelt erinnert und mit vielen kleinen Details angereichert wurde. Dazu zählen Erhöhungen, Gebäude, Bäume, neue Farben, neue Labels, ein neuer Nachtmodus mit Mondlicht, neue Straßendetails, Zebrastreifen, Fahrradwege und Highways mit mehreren Ebenen. Die neue Ansicht soll im Laufe des Jahres auch für Apple CarPlay verfügbar gemacht werden. Neu sind auch Navigations-Hinweise auf Smartphone und Apple Watch für den ÖPNV, Hinweise zum Aussteigen aus der Bahn und zum Umsteigen sowie eine AR-Ansicht bei der Navigation zu Fuß.

Das neue Apple Maps (Bild: Apple)

Wetterkarten und neue Animationen

Zu guter Letzt erhält auch die Wetter-App Anpassungen, darunter vollständig neu gestaltete Animationen für das aktuelle Wetter im Hintergrund der Rohdaten und den aktuellen Sonnenstand. Erstmals gibt es zudem Wetterkarten in der App, um in Vollbildansicht das Wettergeschehen der näheren Umgebung einschätzen zu können.

Für Entwickler heute, für Consumer im Herbst

iOS 15 wird zum Start der WWDC ab sofort in einer ersten Betaversion für Entwickler angeboten. Im Laufe des kommenden Monats will Apple eine erste Public Beta zur Verfügung stellen. Zum Herbst ist dann die Veröffentlichungen der finalen Version für alle Anwender geplant. iOS 15 wird auf allen iPhones ab dem iPhone 6s und ab dem iPhone SE der 1. Generation sowie auf dem iPod touch der 7. Generation unterstützt.