Intel Core i7-11370H im Test: Tiger Lake-H35 mit vier Kernen im RTX-Gaming-Notebook

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Intels Tiger Lake-H35 soll die Wartezeit zum 8-Kerner überbrücken. Doch so richtig funktioniert das nicht, wie der Core i7-11370H im Test zeigt. Ein Unterschied zu den U-Prozessoren ist in der Praxis nahezu nicht vorhanden und eine schnelle GeForce RTX 3000 wird von der vermeintlich flinken Gaming-CPU sogar ausgebremst.

Inhaltsverzeichnis

  1. 1 Tiger Lake-H35 ist Tiger Lake-U plus mehr Watt
  2. Eine neue Notebook-Kategorie muss her
  3. Testergebnisse und Benchmarks
    1. Takt und Leistungsaufnahme
    2. Benchmarks in Anwendungen
    3. Benchmarks in Spielen
  4. Fazit

Tiger Lake-H35 ist Tiger Lake-U plus mehr Watt

Zur CES 2021 enthüllte Intel drei neue Prozessoren auf Basis der 10-nm-Fertigung, die als Grundlage die Tiger-Lake-Architektur nutzen. Tiger Lake-H35 lautet der genaue Codename, er steht für die TDP-Klassifizierung von 35 Watt. Bisherige U-Prozessoren sind offiziell bis 28 Watt abgesegnet.

Das Problem: Tiger Lake-H35 ist weiterhin nur ein Quad-Core-Prozessor, der sich gegen viele AMD-Modelle mit sechs und acht Kernen beweisen müssen wird – und gegen die Comet-Lake-H-Vorgänger, auf die viele OEMs in Gaming-Notebooks auch weiterhin setzen. Am einfachsten gesagt ist es ein Tiger Lake-U auf Steroiden, außer eventuell etwas mehr Takt gibt es keine Änderungen bei der Architektur oder sonstigen Eigenschaften des Ökosystems. Das heißt auch, dass die lediglich vier PCIe-4.0-Lanes nun nicht mehr für die SSD genutzt werden können, sondern der diskreten Grafikkarte zugutekommen müssen. Weil viele OEMs auch die U-Modelle mit mehr als 28 Watt betreiben, zumindest über kurze Zeit, schrumpft der potentielle Leistungsgewinn weiter zusammen.

Tiger Lake-H35 (28 bis 35 Watt TDP)

Modell
Kerne/
Threads
Takt: cTDP down / max. TDP / max. Turbo
L3-Cache
Grafik
EUs
max. GPU-Takt
DDR4
TDP

Core i7-11375H SE
4/8
3,0 (28 W) / 3,3 (35 W) / 5,0 GHz
12 MByte
Iris Xe
96
1,35 GHz
3200 / LP-4266
28–35 Watt

Core i7-11370H
4/8
3,0 (28 W) / 3,3 (35 W) / 4,8 GHz
12 MByte
Iris Xe
96
1,35 GHz
3200 / LP-4266
28–35 Watt

Core i7-11300H
4/8
2,6 (28 W) / 3,1 (35 W) / 4,4 GHz
8 MByte
Iris Xe
80
1,30 GHz
3200 / LP-4266
28–35 Watt

Vergleichsmodell: Schnellste U-Serien-CPU

Core i7-1185G7
4/8
1,2 (12 W) / 3,0 (28 W) / 4,8 GHz
12 MByte
Iris Xe
96
1,35 GHz
3200 / LP-4266
12–28 Watt

Eine neue Notebook-Kategorie muss her

Wie macht Intel die Serie also seinen Kunden schmackhaft? Indem eine neue Notebook-Kategorie erfunden wird: Das „Ultraportable“ soll leichte Notebooks mit „Enthusiast Level of Gaming“ kombinieren. So etwas gibt es aber eigentlich bereits: Maximal 18 mm dicke Notebooks in der Größe von 15 Zoll wie beispielsweise das vielfach prämierte Asus ROG Zephyrus G14 mit AMD Renoir und RTX 2060 (Test) aus dem letzten Jahr – und das bekommt in diesen Wochen den passenden Refresh mit Ryzen 5000 und RTX 3000. Und auch mit Comet-Lake-H-CPUs gibt es kompakte Modelle dieser Art.

Eine neue Sub-Klasse an dünnen Gaming-Notebook für TGL-H35 (Bild: Intel)

Eingeschränkte Kerne, eingeschränkte PCIe-Lanes – die Hersteller von Notebooks wissen auch nicht so richtig, was sie damit machen sollen. Große Partner wie Acer, Asus, Dell und HP bringen natürlich Lösungen mit Tiger Lake-H35 auf den Markt. Doch im Kleingedruckten zeigt sich bereits, dass sie sich der Möglichkeiten respektive der Unmöglichkeiten bewusst sind.

Acer zum Beispiel sagt: Mehr als eine GeForce RTX 3060 Laptop GPU hat keinen Sinn. In der Tat, wer wer hätte vor einem Jahr eine 15 Watt starke U-CPU mit einer RTX 2080 gepaart? Das ergibt keinen Sinn – und Tiger Lake-H35 ändert daran nichts, wie der Test zeigt.

Testergebnisse und Benchmarks

Zur Verfügung für die Tests stand das Asus TUF Dash F15, das den Intel Core i7-11370H mit einer GeForce RTX 3070 Laptop GPU kombiniert. Interessanterweise ist das erste Tiger-Lake-H35-Notebook in der Redaktion damit gar kein Ultraportable laut Intels neuer Definition, denn es ist 20 mm und damit zu dick.

Details zu Nvidias neuer Generation mobiler GPUs und ausführliche Spiele-Benchmarks zum TUF Dash F15 liefert der Test zu den GeForce RTX 3000 Laptop GPUs.

Asus TUF Dash F15 Gaming (Bild: Asus)

Takt und Leistungsaufnahme

Im Notebook muss der erste Blick immer in die Energieeinstellungen gehen, denn diese entscheiden nahezu alles, was aussagekräftige Ergebnisse betrifft. Insbesondere, da die Vergleichswerte im eigenen Haus zu den besten gehören: Das Intel Whitebook mit auf Tiger-Lake-U basierendem Core i7-1185G7 durfte nicht nur auf bis zu 28 Watt Dauerlast takten, sondern dank dynamischem Boost dauerhaft mit bis zu 36 Watt. PL2, also der Verbrauch für kurze Zeit, ist mit 64 Watt bei Tiger Lake-H35 und Tiger Lake-U ohnehin identisch. Mit diesem Wissen im Hinterkopf überraschen die Ergebnisse nicht, vor allem nicht im Single-Core-Betrieb.

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Takt (CB R20 SC)Package-Power (CB R20 SC)

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Core i7-1185G7 und Core i7-11370H sind nahezu gleich schnell, so wie es die Single-Core-Turbo-Taktraten auch vorhersagen. Es ist am Ende die Notebook-Konfiguration, die für kleine Abweichungen von 2 oder 3 Prozent sorgt.

Bild 1 von 2

64 Watt TDP werden ausgeschöpft

Intel Core i7-11370H im Asus TUF Dash 15

Bei Dauerlast auf allen Threads sollte sich der zusätzliche Spielraum hingegen deutlich bemerkbar machen, erklärte Intel zur Vorstellung. Dass das stimmt, zeigt das Verlaufsdiagramm von Blender: Dauerhaft über 50 Watt kann der Core i7-11370H nutzen, während das schnelle Intel-Notebook mit Core i7-1185G7 nach einer Spitzenlast von über 50 Watt stetig und ziemlich gleichmäßig bis auf 36 Watt abfällt – seine fest definierte PL1-Angabe. Das schlägt sich dann deutlich auf den Takt nieder: Während der neue Core i7-11370H die 4,3 GHz laut Spezifikation als All-Core-Turbo halten kann, wird das U-Modell auf 3,7 GHz heruntergefahren.

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Package Power (Blender 2.90, Pavillion)Takt (Blender 2.90, Pavillion)

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Benchmarks in Anwendungen

Und so sind es am Ende die „Heavy Workloads“, in denen sich die H-CPU im Durchschnitt minimal vor den stärksten U-Modellen platzieren kann. Abstände wie in Blender mit ca. 15 Prozent bleiben allerdings auch dort die Ausnahme, weil viele Benchmarks nur wenige Minuten benötigen – und beide CPUs zu Anfang bis 64 Watt abrufen dürfen. Im Mittel sind es vier Prozent Vorsprung für Tiger Lake-H35.

Aber ist ein Quad-Core-Prozessor im Jahr 2021 überhaupt die erste Wahl für „Heavy Workloads“ und Rendering-Aufgaben wie Blender? Mitnichten, weshalb die 8-Kerner von AMD Intel deutlich in die Schranken verweisen – bei geringerem Verbrauch.

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Leistungsrating Heavy WorkloadBlender Benchmark 1.0 Beta 2Cinebench R15 – Multi-CoreCinebench R15 – Single-CoreCinebench R20 – Multi-CoreCinebench R20 – Single-CoreCinebench R23 – Multi-CoreCinebench R23 – Single-CoreCorona Benchmark 1.3DigiCortex 1.35.0.0POV-Ray 3.7 – Multi-CorePOV-Ray 3.7 – Single-Core

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Leichte Alltagslasten sehen, weil sie vor allem Single-Core-Leistung abrufen, keinen echten Unterschied. Das Referenz-Notebook mit der besten Leistung in der U-Serie zeigt problemlos, dass es mit Tiger Lake-H35 fertig werden kann. Denn hier greifen exakt die gleichen Boost-Szenarien und Power-Grenzen, weshalb das Intel-Referenz-Notebook durch seine nahezu perfekte Abstimmung auf Leistung am Ende sogar minimal in Front liegt. Bis zum gleichen PL2-Wert von 64 Watt darf nämlich auch die U-Serie boosten, weshalb Anwendungen mit kurzen Lastspitzen das gleiche Powerbudget erhalten und so die gleiche Leistung liefern können. Die Thematik rund um die Power-States in jedem Notebook ist und bleibt extrem relevant.

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Leistungsrating Alltagslasten7-Zip 19.00Agisoft PhotoScan Pro 1.4.5Geekbench 5.1 – Multi-Core TotalGeekbench 5.1 – Single-Core TotalHandBrake 1.2.2JetStream 2Kraken 1.1PCMark 10 1.0WebXPRT 3 v2.93WinRAR 5.70

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Die Anwendungsergebnisse machen aber wie schon bei der U-Serie eines deutlich: Tiger Lake ist eine sehr starke CPU-Architektur. Die Special Edition des Core i7-11375H wird dank 200 MHz mehr für einen Kern auch in Single-Thread-Tests leicht vor der U-Serie liegen können, aber das Gesamtbild verbessert sich so nur bedingt. Das Quad-Core-Modell liegt schon heute immer nahezu auf Augenhöhe eines 6-Kerners aus selbem Haus und aus einer der Vorgängergenerationen. Der kommende 8-Kern-Prozessor Tiger Lake-H45 wird für Intel deshalb ein sehr großer Sprung in dem Bereich.

Benchmarks in Spielen

Tiger Lake-H35 soll die schnellsten Grafikchips zur Seite gestellt bekommen, laut Intel gibt es keine künstlichen Limitierungen. Doch Limitierungen sind in Form von vier Kernen und vier PCIe-Lanes vorhanden, wie Spiele-Benchmarks mit dem Asus TUF Dash F15 zeigen.

Eine gewagte Kombination – Tiger Lake-H35 mit 4 Kernen und GeForce RTX 3070 Laptop GPU

Die neue GeForce RTX 3070 Laptop GPU rechent im Asus TUF mitunter nicht schneller rechnet als eine Vorgängerkarte, bei den Frametimes liegt es sogar teils zurück. Mit einem „alten“ 6-Kern-Prozessor aus selbem Haus ist mehr Leistung drin.

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Leistungsrating Full HDLeistungsrating Ultra HD

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Extrem wird es, wenn aktuelle Blockbuster die neuesten Technologien in der Spielebranche nutzen. Cyberpunk 2077 (Test) ist seit einem Monat in aller Munde, darin inbegriffen Raytracing mit hoher CPU-Anforderung. Tiger Lake-H35 mit vier – wenn auch top-aktuellen – Kernen wird hier zur echten Bremse.

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Cyberpunk 2077 – 1.920 × 1.080 RT/DLSSCyberpunk 2077 – 1.920 × 1.080

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Am Ende kann man mit Tiger Lake-H35 spielen, doch das Gesamtpaket limitiert an vielen Stellen, die Frametimes brechen mitunter massiv ein. In fordernden Spielen und dem stetig größer werdenden Gebrauch von mehr CPU-Kernen steht man mit dem Quad-Core-Prozessor schneller im Abseits als selbst mit einem älteren Comet Lake-H, der aber zumindest sechs Kerne und zwölf Threads aufbietet.

Weitere Details liefert der parallel erschienene Test der GeForce RTX 3000 Laptop GPUs.

Fazit

Tiger Lake-H35 in Form des Core i7-11370H ist Intels erste Antwort auf AMDs neue Notebook-Modelle auf Basis von Cezanne. Technisch gesehen ist sie zu 100 Prozent bereits als Core i-11000 im Notebook verfügbar, jetzt nur mit minimaler Anpassung am TDP-Muster. Um den theoretischen Vorteil in Aktion zu sehen, braucht es jedoch die exakt passende Anwendung, oder ein Vergleichssystem mit U-CPU im engen Korsett. In aktuellen Spielen in Kombination mit einer GeForce RTX 3070 Laptop GPU geht die Rechnung gar nicht auf.

Die Zeiten, in denen Quad-Core-Prozessoren für „Enthusiast-Gaming“, wie es Intel beschreibt, ausreichend waren, sind quasi vorbei. In nahezu allen ComputerBase-Analysen zu Spielen und deren Leistung auf GPUs und CPUs lautet die Empfehlung, zu einem 6-Kerner zu greifen. Daran kommen Gaming-Notebooks im Jahr 2021 ebenfalls nicht vorbei.

Doch der 8-Kerner ist noch nicht fertig, deshalb muss ein Lückenfüller als Nebelkerze her, um AMD Ryzen 5000 nicht vollends das Feld bis zum Sommer zu überlassen. Denn diese werden ab Februar mit RTX 3070 und 3080 die Krone in Gaming-Notebooks erobern – und Intel kann mit den alten Comet-Lake-H-CPUs voraussichtlich nichts dagegen tun.

Am Ende hatte Acer mit seiner überraschend ehrlichen Aussage zur CES 2021 wohl Recht: Bis zu einer GeForce RTX 3060 Laptop GPU mit geringer TDP wird das Spiel eventuell funktionieren können, der Markt ist in dieser Preisregion ein andere und die CPU-Gegenspieler sind kleinere Modelle, die entsprechend auch ähnliche Probleme haben werden. Mit einer GeForce RTX 3070 Laptop GPU ergibt die Kombination hingegen keinen Sinn.

Das Asus TUF Dash F15 mit Core i7-11370H und GeForce RTX 3070 Laptop GPU (85 W)

Am Ende bleibt es, wie es ist: Auf Tiger Lake-H35 hat der Markt nicht gewartet, er dürfte schnell im Abseits verschwinden. Vielmehr lautet nun die klare Botschaft: Wenn es hohe Leistung in einem Intel-Notebook und nicht in einem AMD-Notebook sein soll, dann gilt es auf Tiger Lake-H45 zu warten: Alle jetzt erkannten Probleme werden dort nicht anzutreffen sein.

ComputerBase hat das TUF Dash F15 leihweise von Asus unter NDA erhalten. Einzige Vorgabe war der frühestmögliche Veröffentlichungstermin. Eine Einflussnahme des Herstellers auf den Testbericht fand nicht statt, eine Verpflichtung zur Veröffentlichung bestand nicht.

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