In der Pandemie sind wieder Brettspiele angesagt, die teilweise schon seit Jahrtausenden gespielt werden. Davon profitierten auch Netflix und Onlinehändler.
Wenn man im Lockdown keine Freunde treffen kann und für die beliebten “Gesellschaftsspiele” schlicht die “Gesellschaft” fehlt, bleiben noch die klassischen Brettspiele, für die es nur einen Mitspieler braucht. Brettspiele machen nicht nur Spaß, sondern trainieren auch unsere strategischen Fähigkeiten. Und das bereits seit Jahrtausenden.
Hier ein Überblick über die Geschichte der beliebsten Brettspiele. Fangen wir mit dem jüngsten, aber derzeit besonders populären Spiel an:
Schach
Während der Corona-Pandemie erlebte das mehr als 1500 Jahre alte Schach-Spiel eine wahre Renaissance. Davon profitierte auch die Netflix-Miniserie “The Queen’s Gambit”, die Ende Oktober erschien und mit 62 Millionen Zuschauern während der ersten 28 Tage gleich einen neuen Zuschauerrekord aufstellte.
Die fiktive Geschichte der hochtalentierten Schachspielerin Beth Harmon lag in 63 Ländern auf Platz 1 der Netflix-Charts
Durch den Schachboom verdoppelte sich auch die Google-Anfragen zu Schach, bei den Onlinehändlern verdreifachten sich die Schachbrettverkäufe und die Anzahl der Mitglieder bei chess.com, einem der weltweit größten Schachserver, hat sich gar verfünffacht.
Seinen Ursprung hat Schach vermutlich in Ostindien: Im 6. Jahrhundert wurde dort eine frühere Form des Spiels namens Chaturanga gespielt. Die ältesten gefundenen Figuren stammen aus dem Jahr 760 n. Chr., das älteste erhaltene Theorie-Buch wurde 1497 veröffentlicht.
Das”Buch der Könige” aus dem 11. Jahrhundert zeigt das Schachspiel von Shahnama
Ziel des Spiels ist es, den gegnerischen König zu schlagen oder ihn “schachmatt” zu setzen. Dieser Begriff soll vom Persischen “shāh māt” stammen, was “der König (Shah) ist gefallen/geschlagen“ bedeutet.
Mühle
Viel älter als das beliebte Schach ist das Mühlespiel. Der älteste bekannte Mühlespielplan von 1400 v. Chr. wurde auf einer Dachplatte des Tempels im ägyptischen Kurna entdeckt.
Auch die Römer liebten das Spiel in zwei Varianten: die “Mola“ (Große Mühle) und die “Mola rotunda“ (Kreismühle). Aus römischer Zeit sind zahlreiche Spielbretter aus Holz, Elfenbein, Marmor oder Ton erhalten.
Eine Mühlespiel war das ideale Geschenk für römische Kinder zu Neujahr
Wenn aber gerade kein Spielbrett zur Hand war, dann ritzten die Römer die Linien einfach in den Boden. Solche Zeugnisse finden sich etwa auf den Treppenstufen der Basilica Iulia am Forum Romanum in Rom. Die Linien eines antiken Mühlespiels finden sich auch auf einer Marmorplatte, aus der der Thron Karls des Großen in der Aachener Pfalzkapelle errichtet wurde.
Die rechte Marmorplatte des Throns mit dem Mühlespiel soll aus der Grabeskirche in Jerusalem stammen
Jahrhunderte lang gehörte Mühle zu den beliebtesten Brettspielen. Erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurde Mühle vom Schachspiel weitgehend abgelöst.
Dame
Deutlich älter noch ist das Damespiel, dass etwa 3000 v. Chr. entstanden ist. Ein Spielbrett aus dieser Zeit wurde in den Königsgräbern der antiken mesopotamischen Stadt Ur im heutigen Irak gefunden.
Die heutigen Regeln entstanden vermutlich im 12. Jahrhundert im heutigen Spanien oder in Südfrankreich. Als Vorläufer gilt das Spiel Alquerque, das noch heute in Spanien und Portugal, aber auch in der Türkei und Italien beliebt ist.
Die Herren, schön den Überblick behalten! Beim Damespiel ca. 1920 im Park
Das Spielbrett besteht aus 8×8 oder 10×10 Feldern, wobei nur die schwarzen Felder des Spielbretts genutzt werden. Ziel des Spiels ist es, die gegnerischen Figuren zu schlagen, indem man sie diagonal überspringt.
Backgammon
Aus der gleichen Zeit stammen auch die ältesten gefundenen Backgammom-Spielbretter, wie das im Iran gefundene Brett aus Ebenholz mit Türkis- und Achatstücken.
Im “Buch der Könige” von ca. 1300 n.Chr. erklärt Buzurjmihr das Backgammon-Spiel
Die Römer machten Backgammon dann im ihrem gesamten Einflussbereich bekannt. Zwar geriet es danach in Europa in Vergessenheit, aber mit den Kreuzzügen wurde auch Backgammon wiederentdeckt. Zuerst war es nur ein beliebter Zeitvertreib der Adeligen, aber mit der Zeit begeisterte sich auch das einfache Volk für das Spiel.
Im mittelalterlichen Frankreich war Backgammon dann so beliebt, dass König Ludwig IX. seinen Hofbeamten und Untertanen das Spiel 1254 verbot. Not macht aber bekanntlich erfinderisch, und so wurde auf kleinen, als Bücher getarnten Spielbrettern heimlich weitergespielt.
Beim Backgammon vergießt man schnell die Welt um einen herum
Gewonnen hat dieses mit Würfeln gespielte Strategiespiel, wer als Erster alle seine 15 Steine vom Brett gezogen hat.
Senet
Zahlreiche Grabmalereien in Ägypten belegen, dass Senet seit mindestens 3000 v. Chr. gespielt wurde. Und nicht nur Pharaonen, sondern alle Bevölkerungsschichten liebten offenbar dieses Strategiespiel.
Zahlreiche Grabmalereien und Reliefe belegen, wie beliebt Senet im alten Ägypten war
Senet erinnert was an das sogenannte “Königliche Spiel von Ur“, ein Rennspiel für zwei Spieler, dessen ursprüngliche Regeln heute unbekannt sind. Der Name bedeutet “das Spiel des Vorbeigehens”, und viele der Felder zeigen mögliche Gefahren auf der Reise ins Jenseits. Denn Senet diente nicht nur der Zerstreuung, sondern hatte auch eine mythologische Bedeutung mit zahlreichen Bezügen zum Lauf der Sonne.
Für das jenseitige Leben wurden auch Pharao Tutenchamun vorsorglich gleich fünf Spielbretter mit ins Grab gegeben.
Wie Senet auf einem 30 Felder zählenden Raster mit Bauern und Wurfstöcken gespielt wurde, ist nicht überliefert. Vermutlich hat derjenige gewonnen, der zuerst alle seine Spielfiguren vom Brett nehmen konnte.
Das Mehen-Spiel bezieht sich auf einen mythischen Weg ins Jenseits – hier auf einem Sarg dargestellt.
Mehen
Neben Senet stand offenbar auch Mehen, das Schlangenspiel, sehr hoch in der Gunst der Ägypter. Entstanden ist es ca. 3000 v. Chr., ein Spielbrett wurde unter anderem im Grab des Pharaos Seth-Peribsen entdeckt.
Mehen war ein Jenseitsgott, der in der Unterwelt den verstorbenen König in Empfang nahm und ihn dann auf seiner Reise durch die Unterwelt begleitete, indem er dessen Kopf oder den ganzen Körper umwickelte.
Bei Mehen wurde auf einem spiralförmigen Kreislauf gespielt, der wie eine Schlange geformt ist. Die Spielsteine waren Murmeln oder Spielsteine in Form eines Löwen.
Wie aber diese Spielsteine gesetzt wurden und was die Regeln waren, ist bis heute unklar.
Go
In China war das bis heute sehr beliebte Go-Spiel nicht nur willkommene Unterhaltung, sondern gar oberste Pflicht der Aristokratie. So galt das bereits im vierten Jahrhundert vor Christus entstandene Spiel neben der Kaligraphie, der Malerei und dem Spielen des Saiteninstruments Guin als eine der vier Künste, die ein Adeliger beherrschen musste.
Go fasziniert vor allem in China, Japan und Korea bis heute, und nicht nur die Alten.
Früh übt sich: An dieser Meisterschaft im chinesischen Rizhao nahmen mehr als 10.000 Go-Fans teil.
Das Ziel von Go ist, mit seinen Spielsteinen mehr Felder als der Gegner zu umschließen.
Xiangqi
Auch Xiangqi, das sogenannte chinesische Schach, entstand im vierten Jahrhundert v. Chr. und ist bis heute auch in Taiwan und Vietnam sehr beliebt. Bei diesem sogenannten “Elefantenspiel” wird eine Schlacht zwischen zwei Armeen darstellt.
Bei Xiangqi stehen sich zwei verfeindete Truppen gegenüber, getrennt durch den Gelben Fluss.
Mit Schach hat Xianqi allerdings nicht wirklich etwas zu tun, auch wenn man mit seinen 16 Spielfiguren ebenfalls den gegnerischen König schlagen muss.
Gespielt wird auf den Schnittpunkten der zehn waagerechten Reihen und neun senkrechten Linien – ähnlich wie bei Go. In der Mitte des Spielfeldes liegt der “Gelbe Fluss“, der das Spielfeld in zwei Reiche, in den roten Norden und den schwarzen Süden teilt.