Brettspiele faszinieren schon seit Jahrtausenden

0
323

In der Pandemie sind wieder Brettspiele angesagt, die teilweise schon seit Jahrtausenden gespielt werden. Davon profitierten auch Netflix und Onlinehändler.

Wenn man im Lockdown keine Freunde treffen kann und für die beliebten “Gesellschaftsspiele” schlicht die “Gesellschaft” fehlt, bleiben noch die klassischen Brettspiele, für die es nur einen Mitspieler braucht. Brettspiele machen nicht nur Spaß, sondern trainieren auch unsere strategischen Fähigkeiten. Und das bereits seit Jahrtausenden.

Hier ein Überblick über die Geschichte der beliebsten Brettspiele. Fangen wir mit dem jüngsten, aber derzeit besonders populären Spiel an:

Schach

Während der Corona-Pandemie erlebte das mehr als 1500 Jahre alte Schach-Spiel eine wahre Renaissance. Davon profitierte auch die Netflix-Miniserie “The Queen’s Gambit”, die Ende Oktober erschien und mit 62 Millionen Zuschauern während der ersten 28 Tage gleich einen neuen Zuschauerrekord aufstellte.

Die fiktive Geschichte der hochtalentierten Schachspielerin Beth Harmon lag in 63 Ländern auf Platz 1 der Netflix-Charts

Durch den Schachboom verdoppelte sich auch die Google-Anfragen zu Schach, bei den Onlinehändlern verdreifachten sich die Schachbrettverkäufe und die Anzahl der Mitglieder bei chess.com, einem der weltweit größten Schachserver, hat sich gar verfünffacht.

Seinen Ursprung hat Schach vermutlich in Ostindien: Im 6. Jahrhundert wurde dort eine frühere Form des Spiels namens Chaturanga gespielt. Die ältesten gefundenen Figuren stammen aus dem Jahr 760 n. Chr., das älteste erhaltene Theorie-Buch wurde 1497 veröffentlicht.

Das”Buch der Könige” aus dem 11. Jahrhundert zeigt das Schachspiel von Shahnama

Ziel des Spiels ist es, den gegnerischen König zu schlagen oder ihn “schachmatt” zu setzen. Dieser Begriff soll vom Persischen “shāh māt” stammen, was “der König (Shah) ist gefallen/geschlagen“ bedeutet.

Mühle

Viel älter als das beliebte Schach ist das Mühlespiel. Der älteste bekannte Mühlespielplan von 1400 v. Chr. wurde auf einer Dachplatte des Tempels im ägyptischen Kurna entdeckt.

Auch die Römer liebten das Spiel in zwei Varianten: die “Mola“ (Große Mühle) und die “Mola rotunda“ (Kreismühle). Aus römischer Zeit sind zahlreiche Spielbretter aus Holz, Elfenbein, Marmor oder Ton erhalten.

Eine Mühlespiel war das ideale Geschenk für römische Kinder zu Neujahr

Wenn aber gerade kein Spielbrett zur Hand war, dann ritzten die Römer die Linien einfach in den Boden. Solche Zeugnisse finden sich etwa auf den Treppenstufen der Basilica Iulia am Forum Romanum in Rom. Die Linien eines antiken Mühlespiels finden sich auch auf einer Marmorplatte, aus der der Thron Karls des Großen in der Aachener Pfalzkapelle errichtet wurde.

Die rechte Marmorplatte des Throns mit dem Mühlespiel soll aus der Grabeskirche in Jerusalem stammen

Jahrhunderte lang gehörte Mühle zu den beliebtesten Brettspielen. Erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurde Mühle vom Schachspiel weitgehend abgelöst.

Dame

Deutlich älter noch ist das Damespiel, dass etwa 3000 v. Chr. entstanden ist. Ein Spielbrett aus dieser Zeit wurde in den Königsgräbern der antiken mesopotamischen Stadt Ur im heutigen Irak gefunden.

Die heutigen Regeln entstanden vermutlich im 12. Jahrhundert im heutigen Spanien oder in Südfrankreich. Als Vorläufer gilt das Spiel Alquerque, das noch heute in Spanien und Portugal, aber auch in der Türkei und Italien beliebt ist.

Die Herren, schön den Überblick behalten! Beim Damespiel ca. 1920 im Park

Das Spielbrett besteht aus 8×8 oder 10×10 Feldern, wobei nur die schwarzen Felder des Spielbretts genutzt werden. Ziel des Spiels ist es, die gegnerischen Figuren zu schlagen, indem man sie diagonal überspringt.

Backgammon

Aus der gleichen Zeit stammen auch die ältesten gefundenen Backgammom-Spielbretter, wie das im Iran gefundene Brett aus Ebenholz mit Türkis- und Achatstücken.

Im “Buch der Könige” von ca. 1300 n.Chr. erklärt Buzurjmihr das Backgammon-Spiel

Die Römer machten Backgammon dann im ihrem gesamten Einflussbereich bekannt. Zwar geriet es danach in Europa in Vergessenheit, aber mit den Kreuzzügen wurde auch Backgammon wiederentdeckt. Zuerst war es nur ein beliebter Zeitvertreib der Adeligen, aber mit der Zeit begeisterte sich auch das einfache Volk für das Spiel.

Im mittelalterlichen Frankreich war Backgammon dann so beliebt, dass König Ludwig IX. seinen Hofbeamten und Untertanen das Spiel 1254 verbot. Not macht aber bekanntlich erfinderisch, und so wurde auf kleinen, als Bücher getarnten Spielbrettern heimlich weitergespielt.

Beim Backgammon vergießt man schnell die Welt um einen herum

Gewonnen hat dieses mit Würfeln gespielte Strategiespiel, wer als Erster alle seine 15 Steine vom Brett gezogen hat.

Senet

Zahlreiche Grabmalereien in Ägypten belegen, dass Senet seit mindestens 3000 v. Chr. gespielt wurde. Und nicht nur Pharaonen, sondern alle Bevölkerungsschichten liebten offenbar dieses Strategiespiel.

Zahlreiche Grabmalereien und Reliefe belegen, wie beliebt Senet im alten Ägypten war

Senet erinnert was an das sogenannte “Königliche Spiel von Ur“, ein Rennspiel für zwei Spieler, dessen ursprüngliche Regeln heute unbekannt sind. Der Name bedeutet “das Spiel des Vorbeigehens”, und viele der Felder zeigen mögliche Gefahren auf der Reise ins Jenseits. Denn Senet diente nicht nur der Zerstreuung, sondern hatte auch eine mythologische Bedeutung mit zahlreichen Bezügen zum Lauf der Sonne.

Für das jenseitige Leben wurden auch Pharao Tutenchamun vorsorglich gleich fünf Spielbretter mit ins Grab gegeben.

Wie Senet auf einem 30 Felder zählenden Raster mit Bauern und Wurfstöcken gespielt wurde, ist nicht überliefert. Vermutlich hat derjenige gewonnen, der zuerst alle seine Spielfiguren vom Brett nehmen konnte. 

Das Mehen-Spiel bezieht sich auf einen mythischen Weg ins Jenseits – hier auf einem Sarg dargestellt.

Mehen

Neben Senet stand offenbar auch Mehen, das Schlangenspiel, sehr hoch in der Gunst der Ägypter. Entstanden ist es ca. 3000 v. Chr., ein Spielbrett wurde unter anderem im Grab des  Pharaos Seth-Peribsen entdeckt.

Mehen war ein Jenseitsgott, der in der Unterwelt den verstorbenen König in Empfang nahm und ihn dann auf seiner Reise durch die Unterwelt begleitete, indem er dessen Kopf oder den ganzen Körper umwickelte.

Bei Mehen wurde auf einem spiralförmigen Kreislauf gespielt, der wie eine Schlange geformt ist. Die Spielsteine waren Murmeln oder Spielsteine in Form eines Löwen.

Wie aber diese Spielsteine gesetzt wurden und was die Regeln waren, ist bis heute unklar.

Go

In China war das bis heute sehr beliebte Go-Spiel nicht nur willkommene Unterhaltung, sondern gar oberste Pflicht der Aristokratie. So galt das bereits im vierten Jahrhundert vor Christus entstandene Spiel neben der Kaligraphie, der Malerei und dem Spielen des Saiteninstruments Guin als eine der vier Künste, die ein Adeliger beherrschen musste.

Go fasziniert vor allem in China, Japan und Korea bis heute, und nicht nur die Alten. 

Früh übt sich: An dieser Meisterschaft im chinesischen Rizhao nahmen mehr als 10.000 Go-Fans teil.

Das Ziel von Go ist, mit seinen Spielsteinen mehr Felder als der Gegner zu umschließen. 

Xiangqi

Auch Xiangqi, das sogenannte chinesische Schach, entstand im vierten Jahrhundert v. Chr. und ist bis heute auch in Taiwan und Vietnam sehr beliebt. Bei diesem sogenannten “Elefantenspiel” wird eine Schlacht zwischen zwei Armeen darstellt.

Bei Xiangqi stehen sich zwei verfeindete Truppen gegenüber, getrennt durch den Gelben Fluss.

Mit Schach hat Xianqi allerdings nicht wirklich etwas zu tun, auch wenn man mit seinen 16 Spielfiguren ebenfalls den gegnerischen König schlagen muss. 

Gespielt wird auf den Schnittpunkten der zehn waagerechten Reihen und neun senkrechten Linien – ähnlich wie bei Go. In der Mitte des Spielfeldes liegt der “Gelbe Fluss“, der das Spielfeld in zwei Reiche, in den roten Norden und den schwarzen Süden teilt. 


  • Land der Spiele

    Würfeln ist Teufelszeug

    In welcher Kultur das Würfelspiel erfunden wurde, ist nicht bekannt. Sicher ist aber, dass schon die Germanen um die Wette würfelten. Im Mittelalter war dieses Glücksspiel verpönt. Es galt als Teufelszeug. Schließlich hatten Soldaten um die Kleidung des gekreuzigten Jesus geknobelt. Trotzdem wurde selbst hinter Klostermauern heimlich dem Würfelspiel gefrönt.


  • Land der Spiele

    Entspannung für Körper und Geist

    Thomas von Aquin (1225-1274) hingegen befürwortete das Spielen ausdrücklich. Als Philosoph und Theologe war der Dominikaner davon überzeugt, dass es den Geist entspanne. Spielen sei ein menschliches Grundbedürfnis, glaubte er. Deshalb empfahl er auch Mönchen und Nonnen, sich häufiger dem Spiel zu widmen.


  • Land der Spiele

    Öffentliche Spielverbrennung

    Für den Franziskanermönch Johannes Capistran (1386-1456) kam das Spielen einer Sünde gleich. Deshalb sprach er sich offen gegen den geselligen Zeitvertreib aus. Eine Nürnberger Chronik belegt, dass im Jahr 1452 Spielbretter, Würfel und Kartenspiele öffentlich verbrannt wurden, nachdem Capistran in einer Predigt gegen das Spielen gewettert hatte.


  • Land der Spiele

    Mittelalterliches Backgammon

    Dennoch wurde viel gespielt: Wurfzabel war im Mittelalter unter deutschen Adligen sehr beliebt. Es war zur gleichen Zeit in Europa, in den arabischen Ländern, in Indien und in Ostasien populär und trug schon damals viele Namen: Tavla in der Türkei, Tavli in Griechenland, Trictrac in Frankreich. Bis heute findet sich Backgammon in vielen Spielesammlungen.


  • Land der Spiele

    Eicheln, Schellen und Co.

    Gegen Ende des Mittelalters kamen die Spielkarten nach Europa. Inzwischen sind vor allem die französischen Farben bekannt, Pik, Karo, Herz und Kreuz. Früher aber spielten die Deutschen mit Eicheln, Schellen, Blatt und Herz. Das deutsche Blatt kommt noch heute in bayerischen Gaststuben zum Zug: beim Schafkopf.


  • Land der Spiele

    Spiele verbreiten sich schnell

    Im 15. Jahrhundert entstand der Beruf des Kartenmachers, der Spielkarten produzierte. Die Kartenmotive wurden in Holz geschnitzt und im Hochdruckverfahren gedruckt. Da das französische Blatt weniger Details aufweist, war es günstiger herzustellen – deshalb versorgte Frankreich den Kontinent im 16. und 17. Jahrhundert mit Spielkarten und verdrängte das traditionelle deutsche Blatt.


  • Land der Spiele

    Dem Volk die Würfel, den Reichen ein Brett

    Kunstvoll gefertigte und reich verzierte Spielbretter gehörten im 18. Jahrhundert zur Ausstattung eines jeden gut Betuchten. Auch Kartenspiele waren weiterhin in Mode. Nur vom Würfelspiel distanzierte sich, wer etwas auf sich hielt. Das Glücksspiel galt als vulgär und wurde dem einfachen Volk überlassen.


  • Land der Spiele

    Erfindung des Skatspiels

    Der 4. September 1813 ist der Geburtstag des Skatspiels. Entstanden ist es im thüringischen Altenburg aus den Spielen Schafkopf, L’Hombre, Solo und Tarock. Das neue Spiel verbreitete sich schnell unter Studenten und Soldaten. Noch heute ist Altenburg die Skat-Hauptstadt, hier wacht das “Internationale Skatgericht” über die Regeln und entscheidet bei Streitfällen.


  • Land der Spiele

    Mensch ärgere Dich nicht

    Gegen Ende des 19. Jahrhunderts brach die Zeit der deutschen Spieleverlage an. Einige bestehen unter anderem Namen bis heute. Viele neue Spiele wurden erfunden – allerdings oft auf Basis eines bereits bestehenden Spiels. “Mensch ärgere Dich nicht” ist beispielsweise eine Abwandlung des indischen Spiels Pachisi aus dem 6. Jahrhundert.


  • Land der Spiele

    Exportschlager “German games”

    Das Gesellschaftsspiel diente nicht nur der Unterhaltung, sondern sollte den Horizont des Spielers erweitern. Lern-, Geschichts- und Reisespiele kamen auf den Markt. Im 20. Jahrhundert begann der Export deutscher Spiele. Bis heute sind “German games” im Ausland beliebt.

    Autorin/Autor: Kristina Reymann-Schneider