Mick Schumacher: Auf dem Sprung ins Rampenlicht der Formel 1

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Staffelübergabe am Nürburgring? Lewis Hamilton jagt Michael Schumachers Siegrekord in der Königsklasse des Automobilsports. Und Schumachers Sohn Mick schnuppert erstmals Formel-1-Luft.

Der Name Schumacher schwebt über dem Rennwochenende der Formel 1 am Nürburgring. Zum einen hat Lewis Hamilton erneut die Chance, mit einem Sieg zu Michael Schumachers “ewigem” Rekord von 91 Grand-Prix-Erfolgen aufzuschließen. Die erste Gelegenheit dazu hatte der 35 Jahre alte Brite Ende September beim Rennen in Sotschi in Russland nicht nutzen können – wegen einer Zeitstrafe, die den Mercedes-Fahrer zurückgeworfen hatte. Dennoch führt Hamilton die WM-Gesamtwertung souverän an, und kaum einer zweifelt daran, dass der sechsmalige Weltmeister am Ende der Saison auch Michael Schumachers Bestmarke von sieben WM-Titeln einstellen wird.

Für noch mehr Aufsehen als Hamiltons Rekordjagd dürfte am Nürburgring jedoch ein anderes Ereignis sorgen, das ebenfalls im Zusammenhang mit dem Namen Schumacher steht: Mehr als sieben Jahre nach dem schweren Skiunfall Michael Schumachers, der ihn zum Pflegefall machte, wird Sohn Mick sein Debüt in der Königsklasse des Automobilsports geben. Beim ersten freien Training an diesem Freitag wird der 21-Jährige das Cockpit von Alfa-Romeo-Pilot Antonio Giovinazzi übernehmen. Schumacher gehört zur Nachwuchs-Akademie des Ferrari-Konzerns, der Alfa Romeo mit Motoren beliefert.

Noch hat der Rennstall seine Pläne für die Saison 2021 nicht bekanntgegeben. Doch sagen wir es mal so: Die Ingenieure bei Alfa Romeo müssen die Maße Mick Schumachers für die Sitz-Positionierung im Cockpit nach dem Rennen am Nürburgring wohl nicht in die Tonne werfen. Der Aufstieg des Formel-2-Spitzenreiters in die Formel 1 scheint unmittelbar bevorzustehen. 

Von Betsche zu Mick Junior

Trotz seiner im Vergleich zu Michael Schumacher deutlich helleren blonden Haarfarbe, die Mick von seiner Mutter Corinna geerbt hat, ist die Ähnlichkeit mit seinem Vater frappierend – vor allem, wenn er im Renn-Overall sein breites Schumacher-Lächeln aufsetzt. Mick wurde 1999 am Genfer See in der Schweiz geboren und wuchs auch dort auf. Schon als kleiner Junge fuhr er als Mick Betsche Kartrennen – unter dem Geburtsnamen seiner Mutter, um dem Rampenlicht zu entgehen. “Das hat mir sehr gutgetan”, sagte Schumacher Ende vergangenen Jahres in einem Podcast der Formel 2. “Da ich nicht zu viel Aufmerksamkeit in den Medien bekam und damit nicht zu viele Leute auf mich schauten, konnte ich mich voll und ganz auf das konzentrieren, was ich tat. Ich denke, das hat mir wirklich geholfen, das zu werden, was ich jetzt bin.”

Mick Schumacher im Mai 2019 bei Testfahrten für den Formel-1-Rennstall Alfa Romeo in Bahrain

Lange hielt der Schutzmantel der Anonymität allerdings nicht. Seine Tarnung sei häufig aufgeflogen, erinnerte sich Mick Schumacher. Er habe dann diese Leute gebeten, ihre Kameras wegzupacken und für sich zu behalten, dass der Spross des Formel-1-Rekordweltmeisters Michael Schumacher bereits Rennen fährt. Als er als Jugendlicher 2014 bei internationalen Junioren-Kartrennen startete, legte er sich den Spitznamen “Mick Junior” zu. 2015 wechselte er mit 16 Jahren in den Automobilsport, die Formel 4. Ganz offiziell begann nun die Rennkarriere von “Mick Schumacher”. Seitdem steht er im Fokus der Medien. Jeder Schritt seiner Juniorenkarriere wurde mit Argusaugen verfolgt. 

Es bleibt in der Familie

Dass Söhne berühmter Rennfahrer eines Tages selbst im Cockpit sitzen, hat in der Formel 1 inzwischen durchaus Tradition. Zwei von Michael Schumachers ersten Titelrivalen, Damon Hill und Jacques Villeneuve, waren Söhne von Formel-1-Legenden: Graham Hill und Gilles Villeneuve. Der aktuelle Red-Bull-Fahrer Max Verstappen hat die Leistungen seines Vaters Jo, einer von Schumachers frühen Teamkollegen bei Benetton, längst übertroffen. Und Michael Schumachers letzter Teamkollege bei Mercedes, Nico Rosberg, wurde 2016 gar Weltmeister – wie sein Vater Keke Rosberg 1982.

Alles eine Frage der Gene? Vielleicht, doch zwei Dinge dürften mindestens genauso entscheidend sein: das Interesse am Rennsport, das durch das Familienerlebnis quasi in die Wiege gelegt wird, und der einfachere Zugang zu einer Sportart, die teuer ist und deren Einstiegshürden hoch liegen. Da können die persönlichen Kontakte von “Rennsport-Vätern” etwa zu Teams und Sponsoren sehr hilfreich sein. Außerdem verfügen Formel-1-Fahrer in aller Regel über das nötige Kleingeld, um auch ihren Kindern eine Rennsportkarriere zu ermöglichen.

Talentiert und engagiert wie sein Vater

Vor seinem schweren Skiunfall im Dezember 2013 unterstützte Michael Schumacher die Rennfahrer-Ambitionen seines Sohns mit Rat und Tat. “Er verriet mir einige Tipps und Tricks. Aber er ließ mich auch meine eigenen Fehler machen”, erinnerte sich Mick Schumacher in dem Podcast Ende 2019. “Ich denke, durch Fehler lernt man am meisten. Und das wusste er.”

Michael Schumacher nach seinem letzten Formel-1-Rennen im November 2012 in Sao Paulo

Sein geschliffenes, aber freundliches Auftreten, sein fließendes Englisch, sein Talent, seine Fitness, seine totale Hingabe an den Rennsport – in vielem erinnert Mick an seinen Vater. Doch der 21-Jährige muss seinen eigenen Weg finden, um nicht ständig in die Schublade “der Sohn von” gesteckt zu werden. “Natürlich habe ich vor der ganzen Sache Respekt”, sagte Mick Schumacher vor seinem ersten Einsatz in einem Formel-1-Rennauto. “Ich werde versuchen, das zu machen, was ich kann – und mich auf mich konzentrieren.”

Adaption: Stefan Nestler


  • Michael Schumacher: Vom Kart-Talent zur Formel-1-Legende

    Alles beginnt beim Kartrennen

    Michael Schumacher (2.v.l.), geboren am 3. Januar 1969, startet wie viele F1-Fahrer im Kartsport. Mit 12 Jahren macht er den Kartführerschein. Er gewinnt zahlreiche deutsche und europäische Kartmeisterschaften, bevor er 1987 in den Autorennsport einsteigt. Dem Kart bleibt er stets treu. Auf der heimischen Bahn fungiert er als Mentor für Bruder Ralf, der es später auch in die Königsklasse schafft.


  • Michael Schumacher: Vom Kart-Talent zur Formel-1-Legende

    Das Formel-1-Debüt

    Es mag einige überraschen, dass Michael Schumacher sein Formel-1-Debüt nicht bei Benetton, sondern bei Jordan gab. 1991 startete er jedoch nur in einem einzigen Rennen für das von Eddie Jordan (l.) gegründete Team, beim Großen Preis von Belgien in Spa-Francochamps. Allerdings zwangen Kupplungsprobleme den damals 22-Jährigen bereits in der ersten Runde zur Aufgabe.


  • Michael Schumacher: Vom Kart-Talent zur Formel-1-Legende

    Der Schritt zu Benetton

    Entmutigen lässt er sich dadurch nicht. Fünf weitere Formel-1-Rennen absolviert Michael Schumacher noch im gleichen Jahr, nachdem er von Benetton unter Vertrag genommen wird. In der Fahrerwertung holt er sich in seinem ersten Jahr vier Punkte und wird damit 14. in der Gesamtwertung 1991.


  • Michael Schumacher: Vom Kart-Talent zur Formel-1-Legende

    Der erste Grand-Prix-Sieg

    Ein Jahr nachdem er sein F1-Debüt gegeben hat, gewinnt er ausgerechnet in Spa-Francorchamps seinen ersten Grand-Prix-Titel – auf dem Kurs, den er später als seine Lieblingsstrecke bezeichnet. Hier hilft ihm der Brite Nigel Mansell (l.), der 1992 die Fahrerwertung gewinnt, die Trophäe hoch zu halten. Schumi beendet die Saison mit 53 Punkten auf dem dritten Platz in der Fahrerwertung.


  • Michael Schumacher: Vom Kart-Talent zur Formel-1-Legende

    Der erste WM-Titel

    Nur zwei Jahre später lässt Michael Schumacher zum ersten Mal alle Konkurrenten hinter sich. Doch die Saison 1994 steht unter keinem guten Stern: Der Tod von Ayrton Senna und Roland Ratzenberger in Imola überschattet alles. Dennoch feiert Schumi in Adelaide, Australien, mit seinem Benetton-Team seinen ersten Fahrertitel. 1995 gelingt ihm die Titel-Verteidigung.


  • Michael Schumacher: Vom Kart-Talent zur Formel-1-Legende

    Und weiter geht es zu Ferrari

    1996 wechselt Michael Schumacher zu Ferrari. Nach langer Durststrecke zu Beginn seiner Zeit in Italien, erlebt er seine erfolgreichsten Jahre in der Formel 1. Mit der Scuderia holt Schumi von 2000 bis 2004 fünf aufeinanderfolgende WM-Titel. In den Jahren zuvor hatte Schumacher das Team, dass seit Jody Scheckters WM-Erfolg im Jahr 1979 auf den Titel wartete, zu einer Spitzenmannschaft geformt.


  • Michael Schumacher: Vom Kart-Talent zur Formel-1-Legende

    Ein Engel ist Schumi nicht

    Michael Schumacher überschreitet manchmal auch Grenzen. Im letzten Rennen 1997 rammt er den Boliden von Jacques Villeneuve, als der Kanadier versucht, ihn zu überholen. Für Schumi und den beschädigten Ferrari ist das Rennen zu Ende. Villeneuve fährt als Dritter ins Ziel, bekommt vier Punkte und wird damit Weltmeister. Die FIA disqualifiziert Schumacher rückwirkend für die gesamte Saison 1997.


  • Michael Schumacher: Vom Kart-Talent zur Formel-1-Legende

    Der letzte Grand-Prix-Sieg

    Am 1. Oktober 2006 gewinnt Michael Schumacher in Shanghai das 91. Rennen seiner Formel-1-Karriere. Es sollte sein letzter Sieg bleiben. Am Ende der Saison scheidet der mittlerweile 37-Jährige aus dem Rennsport aus. In der Endabrechnung belegt er noch einmal Platz zwei der Fahrerwertung. Im Jahr 2007 nimmt Schumi eine beratende Tätigkeit bei Ferrari auf.


  • Michael Schumacher: Vom Kart-Talent zur Formel-1-Legende

    Begeisterter Fußballspieler

    Nicht nur am Gaspedal, sondern auch auf dem Fußballplatz beweist Michael Schumacher viel Gefühl im Fuß: Schumi, Anhänger des 1. FC Köln und begeisterter Fußballspieler, nimmt gerne an Prominenten-Spielen teil und macht dort stets eine gute Figur. Wenn er die Weihnachtszeit in seinem Haus in Trysil in Norwegen verbringt, trainiert und spielt er sogar mit dem dortigen Drittligisten Nybergsund IL.


  • Michael Schumacher: Vom Kart-Talent zur Formel-1-Legende

    Auch auf zwei Rädern immer am Limit

    Im Jahr 2008 fährt er als Hobbyfahrer in einer Rennserie mit. Immer mal wieder kommt es dabei zu Stürzen (Foto). Schwer erwischt es ihn Anfang 2009 in Cartagena. Er bricht sich einen Halswirbel und die Schädelbasis. Eine Arterie, die die linke Hirnhälfte mit Blut versorgt, reißt ab. Sein Formel-1-Comeback im August 2009 platzt deswegen. Er sollte den verletzten Felipe Massa ersetzen.


  • Michael Schumacher: Vom Kart-Talent zur Formel-1-Legende

    Das Comeback vor dem Ruhestand

    Im Jahr 2010 kehrt Michael Schumacher mit Mercedes auf die große Formel-1-Bühne zurück, allerdings mit nur mäßigem Erfolg. Beim Großen Preis von Europa 2012 in Valencia in Spanien wird Schumi dann doch noch einmal Dritter. Mit 43 Jahren und 173 Tagen ist er der älteste Fahrer, der das Podium erreicht. Nach der Saison 2012 geht es dann endgültig in den Ruhestand.


  • Michael Schumacher: Vom Kart-Talent zur Formel-1-Legende

    Der Skiunfall

    Am 29. Dezember 2013 verliert Michael Schumacher beim Skifahren in den französischen Alpen die Kontrolle und schlägt mit dem Kopf auf einen Felsen. Trotz seines Helms trägt er schwere Kopfverletzungen davon. Nach mehreren Operationen und künstlichem Koma gibt sein Management im Juni 2014 bekannt, dass Schumi bei Bewusstsein sei. Seitdem wird zu Hause in Gland in der Schweiz gepflegt.


  • Michael Schumacher: Vom Kart-Talent zur Formel-1-Legende

    Ein dritter Schumacher in der Formel 1?

    Michael ist nicht das einzige Mitglied der Familie Schumacher in der Formel 1. Sein jüngerer Bruder Ralf fährt zwischen 1997 und 2007 für Jordan, Williams und Toyota und gewinnt sechs Rennen. Michaels Sohn Mick (Foto) gewinnt 2018 die Formel-3-Europameisterschaft, 2019 steigt er in die Formel 2 auf. Sein erster Formel-1-Vertrag ist wohl nur noch eine Frage der Zeit.

    Autorin/Autor: Chuck Penfold