Goethes Gedicht “Wandrers Nachtlied”

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Vor 240 Jahren entstand eines der wohl bekanntesten Gedichte Goethes. Eines Abends schrieb er es mit einem Bleistift an eine einfache Hüttenwand im Wald.

  • Goethe: Dichter und vieles mehr

    Der Minister und Haushaltssanierer

    Mit 26 Jahren ging der junge Goethe an den Hof von Weimar. Er wurde Minister von Herzog Carl August. Goethes Beamtentätigkeit umfasste den Bergbau sowie den Vorsitz der Wegebau- und der Kriegskommission. Sein oberstes Ziel war es, den verschuldeten Haushalt zu sanieren. Dafür setzte er auf Radikal-Kuren wie die Halbierung der Streitkräfte.

  • Goethe: Dichter und vieles mehr

    Der treue Freund

    In dieses Gartenhaus im Park in Weimar zog Goethe sich gerne zurück. Herzog Carl August war mehr als sein Arbeitgeber, die Herren waren 53 Jahre lang Freunde. Nicht immer in Harmonie, denn Goethe hatte einen eigenen Kopf. So strapazierte er die Beziehung mit plötzlichen Fernreisen. Carl August war es, dem er sein “von” verdankte: Der Herzog adelte Goethe 1782.

  • Goethe: Dichter und vieles mehr

    Der Naturwissenschaftler

    Goethe war am Weimarer Hof durchaus ausgelastet. Doch diese Tätigkeit allein erfüllte ihn nicht. Und so suchte er in anderen Welten: Geologie, Botanik, Mineralogie und Osteologie. Später befasste er sich mit Pflanzen-Metamorphose und war Mitbegründer der Morphologie, also der Wissenschaft vom Bau und von der Organisation der Lebewesen und ihrer Bestandteile.

  • Goethe: Dichter und vieles mehr

    Der Aussteiger

    Als ihm auf dem Gipfel seiner Amtskarriere das Korsett als Minister zu eng wurde, reiste Goethe 1786 ohne Vorankündigung für zwei Jahre nach Italien. Er lernte die Antike und die Renaissance lieben. In Briefen schrieb er von “Wiedergeburt” und “neuer Jugend”. Italien inspirierte ihn, er arbeitete an den Stücken “Iphigenie auf Tauris”, “Egmont” und “Torquato Tasso”.

  • Goethe: Dichter und vieles mehr

    Der Gartenkünstler

    Goethe war ein Blumen-Liebhaber, mochte insbesondere Malven. Auch wenn er nie einen Fuß nach England setzte, war er von englischen Landschaftsgärten fasziniert. Manches davon setzte er im eigenen Garten aber auch im Weimarer Park an der Ilm um. Das “Römische Haus”, hier im Bild, hat Goethe übrigens, inspiriert durch seine Italienreise, noch maßgeblich angeregt und den Bau anfangs geleitet.

  • Goethe: Dichter und vieles mehr

    Der Verführer

    Das Bild zeigt Christiane Vulpius, Goethes Geliebte und spätere Frau aus einfachen Verhältnissen. Seine Mutter nannte sie “Bettschatz”. In der Tat inspirierte die junge Frau den Dichter zu den “Römischen Elegien”. 24 freizügig erotische Gedichte – viel zu anstößig für Weimar. Doch die Elegien waren mehr: Goethes Emanzipation als Autor, angeregt durch antike Dichter, streng in der Form.

  • Goethe: Dichter und vieles mehr

    Der Theaterdirektor

    Mehr als 20 Jahre betätigte sich Goethe als künstlerischer Leiter. Zuerst am Liebhabertheater am Weimarer Hof, später am neu gegründeten Weimarer Hoftheater. Anfangs war dieses Engagement laienhaft. In den ersten Stücken spielte er selbst mit – teilweise gemeinsam mit seinem Freund, dem Herzog Carl August. Später wurde das Hoftheater zu einer der führenden Bühnen im Land.

  • Goethe: Dichter und vieles mehr

    Der Klassiker

    Goethe und Schiller – zwei Freigeister. Der eine, Schiller, nannte Goethe anfangs “einen gefühlskalten Egoisten”. Der wiederum sprach von einer “misslungenen Begegnung”. Und doch konnten sie nicht ohne einander, entwickelten gemeinsam eine Literaturauffassung, heute bekannt als “Weimarer Klassik”. Ein wichtiger Austausch für beide. Schiller hätte ihn wieder “zum Dichter gemacht”, schrieb Goethe.

  • Goethe: Dichter und vieles mehr

    Der Farbenlehrer

    20 Jahre beschäftigte sich Goethe mit dem Wesen von Farben. 1810 veröffentlichte er eine eigene Farbenlehre – zwei Bände und Bildtafeln. Darin erfasste er Farben in ihrer Gesamtheit, nicht nur aus physikalischer Sicht. Doch nur ein Drittel aller Voten aus der Wissenschaft sprach sich für Goethe aus, fast die Hälfte dagegen. 20 Prozent äußerten sich ambivalent. Goethe war enttäuscht und getroffen.

  • Goethe: Dichter und vieles mehr

    Der Brückenbauer: Okzident und Orient

    Nicht nur Italien und die Antike inspirierten ihn. Johann Wolfgang von Goethe studierte Arabisch und Persisch, las den Koran und verschlang die Verse von Hafis, einem der bekanntesten persischen Dichter und Mystiker. Der neu entdeckte Kulturraum versetzte ihn in “schöpferische Hochstimmung”. Es entstand seine umfangreichste Gedichtsammlung “West-östlicher Divan”.

  • Goethe: Dichter und vieles mehr

    Der Suchende

    Welche autobiografischen Züge birgt Goethes Meisterwerk, die Tragödie “Faust”? Jedenfalls sind beide, der Autor und sein Protagonist, auf der Suche nach dem, was die Welt im Innersten zusammenhält. Der Gelehrte Faust wird konfrontiert mit Gier nach tieferer Erkenntnis und mehr Lust, gescheiterten Beziehungen, Magie, Schuld, Glaube, göttliche Vergebung, Erlösung und noch viel mehr. Und Goethe…?

    Autorin/Autor: Nadine Wojcik


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    Der Minister und Haushaltssanierer

    Mit 26 Jahren ging der junge Goethe an den Hof von Weimar. Er wurde Minister von Herzog Carl August. Goethes Beamtentätigkeit umfasste den Bergbau sowie den Vorsitz der Wegebau- und der Kriegskommission. Sein oberstes Ziel war es, den verschuldeten Haushalt zu sanieren. Dafür setzte er auf Radikal-Kuren wie die Halbierung der Streitkräfte.

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    Der treue Freund

    In dieses Gartenhaus im Park in Weimar zog Goethe sich gerne zurück. Herzog Carl August war mehr als sein Arbeitgeber, die Herren waren 53 Jahre lang Freunde. Nicht immer in Harmonie, denn Goethe hatte einen eigenen Kopf. So strapazierte er die Beziehung mit plötzlichen Fernreisen. Carl August war es, dem er sein “von” verdankte: Der Herzog adelte Goethe 1782.

  • Goethe: Dichter und vieles mehr

    Der Naturwissenschaftler

    Goethe war am Weimarer Hof durchaus ausgelastet. Doch diese Tätigkeit allein erfüllte ihn nicht. Und so suchte er in anderen Welten: Geologie, Botanik, Mineralogie und Osteologie. Später befasste er sich mit Pflanzen-Metamorphose und war Mitbegründer der Morphologie, also der Wissenschaft vom Bau und von der Organisation der Lebewesen und ihrer Bestandteile.

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    Der Aussteiger

    Als ihm auf dem Gipfel seiner Amtskarriere das Korsett als Minister zu eng wurde, reiste Goethe 1786 ohne Vorankündigung für zwei Jahre nach Italien. Er lernte die Antike und die Renaissance lieben. In Briefen schrieb er von “Wiedergeburt” und “neuer Jugend”. Italien inspirierte ihn, er arbeitete an den Stücken “Iphigenie auf Tauris”, “Egmont” und “Torquato Tasso”.

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    Der Gartenkünstler

    Goethe war ein Blumen-Liebhaber, mochte insbesondere Malven. Auch wenn er nie einen Fuß nach England setzte, war er von englischen Landschaftsgärten fasziniert. Manches davon setzte er im eigenen Garten aber auch im Weimarer Park an der Ilm um. Das “Römische Haus”, hier im Bild, hat Goethe übrigens, inspiriert durch seine Italienreise, noch maßgeblich angeregt und den Bau anfangs geleitet.

  • Goethe: Dichter und vieles mehr

    Der Verführer

    Das Bild zeigt Christiane Vulpius, Goethes Geliebte und spätere Frau aus einfachen Verhältnissen. Seine Mutter nannte sie “Bettschatz”. In der Tat inspirierte die junge Frau den Dichter zu den “Römischen Elegien”. 24 freizügig erotische Gedichte – viel zu anstößig für Weimar. Doch die Elegien waren mehr: Goethes Emanzipation als Autor, angeregt durch antike Dichter, streng in der Form.

  • Goethe: Dichter und vieles mehr

    Der Theaterdirektor

    Mehr als 20 Jahre betätigte sich Goethe als künstlerischer Leiter. Zuerst am Liebhabertheater am Weimarer Hof, später am neu gegründeten Weimarer Hoftheater. Anfangs war dieses Engagement laienhaft. In den ersten Stücken spielte er selbst mit – teilweise gemeinsam mit seinem Freund, dem Herzog Carl August. Später wurde das Hoftheater zu einer der führenden Bühnen im Land.

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    Der Klassiker

    Goethe und Schiller – zwei Freigeister. Der eine, Schiller, nannte Goethe anfangs “einen gefühlskalten Egoisten”. Der wiederum sprach von einer “misslungenen Begegnung”. Und doch konnten sie nicht ohne einander, entwickelten gemeinsam eine Literaturauffassung, heute bekannt als “Weimarer Klassik”. Ein wichtiger Austausch für beide. Schiller hätte ihn wieder “zum Dichter gemacht”, schrieb Goethe.

  • Goethe: Dichter und vieles mehr

    Der Farbenlehrer

    20 Jahre beschäftigte sich Goethe mit dem Wesen von Farben. 1810 veröffentlichte er eine eigene Farbenlehre – zwei Bände und Bildtafeln. Darin erfasste er Farben in ihrer Gesamtheit, nicht nur aus physikalischer Sicht. Doch nur ein Drittel aller Voten aus der Wissenschaft sprach sich für Goethe aus, fast die Hälfte dagegen. 20 Prozent äußerten sich ambivalent. Goethe war enttäuscht und getroffen.

  • Goethe: Dichter und vieles mehr

    Der Brückenbauer: Okzident und Orient

    Nicht nur Italien und die Antike inspirierten ihn. Johann Wolfgang von Goethe studierte Arabisch und Persisch, las den Koran und verschlang die Verse von Hafis, einem der bekanntesten persischen Dichter und Mystiker. Der neu entdeckte Kulturraum versetzte ihn in “schöpferische Hochstimmung”. Es entstand seine umfangreichste Gedichtsammlung “West-östlicher Divan”.

  • Goethe: Dichter und vieles mehr

    Der Suchende

    Welche autobiografischen Züge birgt Goethes Meisterwerk, die Tragödie “Faust”? Jedenfalls sind beide, der Autor und sein Protagonist, auf der Suche nach dem, was die Welt im Innersten zusammenhält. Der Gelehrte Faust wird konfrontiert mit Gier nach tieferer Erkenntnis und mehr Lust, gescheiterten Beziehungen, Magie, Schuld, Glaube, göttliche Vergebung, Erlösung und noch viel mehr. Und Goethe…?

    Autorin/Autor: Nadine Wojcik


Am Abend des 6. September 1780 saß Johann Wolfgang von Goethe gerade in einer kleinen Jagdhütte mitten im Thüringer Wald, als ihm die Hände zu kribbeln begannen. Kurzerhand schnappte er sich einen Bleistift und schrieb ein paar Zeilen an die Holzwand seiner Schlafstube. So sind – da ist sich die Wissenschaft heute einig – diese berühmten Verse entstanden:

Ueber allen Gipfeln
Ist Ruh’,
In allen Wipfeln
Spürest Du
Kaum einen Hauch;
Die Vögelein schweigen im Walde.
Warte nur! Balde
Ruhest du auch.

Johann Wolfgang von Goethe

Harmonie von Mensch und Natur

Zu dieser Zeit machte Goethe viele Wanderungen rund um den Kickelhahn, einem Berg unweit von Ilmenau in Thüringen. Wohl überwältigt von der Schönheit und Ruhe, die er während dieser Ausflüge erlebte, verewigte er seine Gefühle in dieser besonderen Inschrift. Damals war Goethe 31 Jahre alt und arbeitete in dem nicht weit entfernten Weimar, wo er einer Tätigkeit als Beamter nachging. In dieser Zeit entstanden einige seiner wichtigsten Werke. Ein typisches Merkmal seiner Dichtkunst: die Auseinandersetzung mit der Beziehung zwischen Mensch und Natur. Die Texte behandeln die Erkenntnis des Menschen, dass er einen natürlichen Platz innerhalb der Schöpfung hat – auch nach dem Tod.

Während Goethe seine ersten Gedichte noch formlos schrieb, so besann er sich in seinen Weimarer Jahren immer mehr auf die antiken Ideale der Harmonie und Schönheit. Sein humanistisches Drama “Iphigenie auf Tauris” gestalteet er nach allen Regeln des schönen Dichtens der Antike. Dazu gehörte auch ein festes Reimschema, wie in “Wanderers Nachtlied” und auch wie in seiner berühmten Ballade “Der Erlkönig”, die er kurz darauf im Jahr 1782 schreibt.

Wandrers Nachtlied: Nachzulesen auf einem historisches Schild bei Ilmneau

Vielfach vertont

Der Einfluss Goethes auf die deutsche Kultur und Literatur ist heute nicht mehr wegzudenken. In der Musik wurde “Wandrers Nachtlied” immer wieder neu vertont – die bekannteste Version ist die von Franz Schubert, der noch zu Goethes Lebzeiten eine passende Musik komponierte. Auch in den folgenden Jahrhunderten beriefen sich Künstler immer wieder auf Goethe – auf immer neue Weise. So wurde “Wandrers Nachtlied” zu einer beliebten Vorlage für Parodien. Beispielsweise schrieb Joachim Ringelnatz im Jahr 1920 in seinem Gedichtband Kuttel Daddeldu:

Drüben am Walde
Kängt ein Guruh –
Warte nur balde
Kängurst auch du.

Ob nun als Parodie oder Musikstück – der Goethekult in Deutschland und in der Welt hält an. Teil davon: die Jagdhütte im Thüringer Wald, zu der Goethe-Fans noch heute pilgern. Übrigens kehrte der 82-jährige Goethe im August 1831, ein halbes Jahr vor seinem Tod, genau zu dieser Hütte zurück. Wie sein Begleiter berichtete, flossen Goethe, als er die Verse las “Tränen über seine Wangen und er sprach in sanftem, wehmütigen Ton: Ja, warte nur, balde ruhest du auch”.