Corona: Licht an – Virus tot?

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Mit UV-C-Lampen gegen Keime – auf Oberflächen, im Wasser und sogar in der Luft. Das Geschäft der Lampenhersteller läuft auf Hochtouren, doch das Umweltbundesamt hat Bedenken, wo die Technik eingesetzt werden sollte.

Ein Roboter desinfiziert ein Büro mit UV-C-Strahlung

Mit ultravioletter Strahlung gegen Keime jeglicher Art. Das ist die Geschäftsidee von Unternehmen, die Desinfektionssysteme auf Basis von UV-C-Strahlung anbieten.

Anstatt mit Chemikalien herumzusprühen, bestrahlen sie Oberflächen, Wasser und Luft mit UV-C-Licht. Dieses Licht ist zwar unsichtbar, aber kraftvoll: Innerhalb von Sekunden gehen Viren, Bakterien und sonstige Keime kaputt, wenn sie damit bestrahlt werden.

Die Strahlung beschädigt das Erbgut und verhindert so, dass sich Krankheitserreger weiter vermehren können.

Dieses Wissen über UV-C ist eigentlich nichts Neues – seit Jahrzehnten wird die Strahlung eingesetzt, um beispielsweise Trink- und Badewasser zu desinfizieren. Auch die Oberflächen von Krankenwagen und Industrielaufbändern werden mithilfe von UV-C-Lampen gereinigt. Außerdem wird damit die Luft in Räumen von Keimen befreit.

Mit UV-C gegen Corona?

Seitdem mit SARS-CoV-2 ein neuartiger Krankheitserreger in der Welt ist, der auch durch Aerosole in der Luft übertragen werden kann, ist die UV-C-Desinfektion wieder von besonderem Interesse.

Außerdem steht der Herbst vor der Tür und die Frage im Raum, wie man die Luft in Klassenzimmern oder Büros auch in der kalten Jahreszeit am besten virenfrei halten kann.

Wenn man auf die Hersteller von UV-C-Desinfektionssystemen hört, dann natürlich mit ihren Produkten. Schon jetzt gehören sie betriebswirtschaftlich gesehen zu den Gewinnern der Coronakrise.

Weil die Nachfrage so gestiegen ist, produziert die niederländische Firma Signify beispielsweise acht Mal so viele Produkte wie noch vor der Pandemie.

Neue UV-C-Lampen auf dem Markt

Außerdem hat das Unternehmen im Frühjahr eine neue UV-C-Lampe auf den Markt gebracht.

Bislang waren Lampen, die in Betrieb sind, während sich Menschen zeitgleich im Raum aufhalten, durch ein dichtes Gehäuse abgeschirmt. Bei der Lampe von Signify hingegen wird die Strahlung mithilfe eines Reflektors nach oben gelenkt und bildet unter der Raumdecke einen UV-C-Schleier, durch den die Luft zirkuliert und so desinfiziert wird.

Signifys UV-C-Leuchten an der Decke eines Wartezimmers

Vor der Krise saßen die Abnehmer und Abnehmerinnen von UV-C-Desinfektionssystemen insbesondere zur Luftreinigung vor allem in Asien und Nordamerika. In Europa gebe es mehr Bedenken, einen sicheren Umgang mit der Technologie zu finden, sagt Christian Goebel, UV-C-Experte bei Signify.

Seit der Pandemie entwickle sich aber auch im westlichen Europa langsam ein Markt. Und das, obwohl es keine Empfehlung seitens des Robert Koch-Instituts oder des Bundesumweltministeriums gibt, UV-C-Systeme zu nutzen.

Verletzungsgefahr durch UV-C-Strahlung

Auch das Umweltbundesamt (UBA) ist eher zurückhaltend, was den Einsatz von UV-C-Licht in Räumen betrifft, in denen sich Menschen zeitgleich aufhalten.

Der Geschäftsführer der dort angegliederten Innenraumlufthygiene-Kommission, Heinz-Jörn Moriske, weist daraufhin, dass UV-Licht gesundheitsschädigend ist: “Wenn diese Geräte dann von anwesenden Personen im Raum aus welchen Gründen auch immer geöffnet werden und die Lampe ist noch an, kann das zu schweren Verbrennungen auf der Haut und auch zu Verätzungen am Auge führen.”

Die Hersteller sind sich der Risiken von UV-C zwar bewusst, können die Einschätzungen der verschiedenen Ämter und Institute aber trotzdem nicht nachvollziehen. “Die Technologie ist erprobt. Jeder weiß, dass sie hilft. Das ist dann nur eine Frage des sicheren Umgangs mit der Technologie”, sagt etwa Christian Goebel von Signify.

Der sichere Umgang sei gegeben, wenn die Desinfektionssysteme professionell eingebaut werden. Außerdem müssten die Menschen, die sich in den Räumen aufhalten, in denen UV-C-Technologie angewandt wird, entsprechend gebrieft werden, wie sie sich zu verhalten haben. So könne ausgeschlossen werden, dass Menschen versehentlich mit der Strahlung in Berührung kommen.

Anspruchsvolle wissenschaftliche Untersuchungen

Heinz-Jörn Moriske vom Umweltbundesamt sieht aber noch einen ganz anderen Punkt kritisch: Die Studienlage sei sehr dünn. Signify hat zwar kürzlich in Zusammenarbeit mit der Universität Boston nachgewiesen, dass UV-C-Strahlung auch das Coronavirus innerhalb von Sekunden auf Oberflächen abtötet.

In Bezug auf die Luftdesinfektion durch UV-C gibt es aber kaum Daten. Wie groß der Raum ist, wie häufig die Luft an den UV-C-Lampen vorbeiströmt und wie intensiv die Strahlung der jeweiligen Lampe ist, beeinflusst alles enorm, wie sehr die Keime im Raum geschädigt werden.

Da sich in Gebäuden die Luftzirkulation von Raum zu Raum und sogar von Raumecke zu Raumecke unterscheidet, ist es also eher schwierig, aus wissenschaftlichen Untersuchungen im Labor allgemeingültige Aussagen abzuleiten.

Der auf dem Bild blaugefärbte UV-C-Schleier ist in der Realität nicht sichtbar

Heinz-Jörn Moriske zufolge gibt es außerdem auch keine Untersuchungen dazu, ob UV-C-Systeme zuverlässiger funktionieren als beispielsweise Luftreiniger mit mechanischen Filtern.

Deshalb betont er immer wieder, dass der Einsatz von Luftreinigungsgeräten mit UV-C-Lampen oder sonstigen Filtern schlussendlich nur eine ergänzende Maßnahme zum Lüften über offene Fenster sei: “Das darf nicht dazu führen, dass man einfach sagt ‘Das ist mir jetzt zu kalt, ich lüfte nicht. Ich habe ja meinen Luftreiniger an und der schafft das.’ Das ist genau der Trugschluss, den wir vermeiden müssen.”

Unternehmen wünschen sich mehr Pragmatismus

Christian Goebel von Signify wünscht sich in Anbetracht der “Größe des Problems” trotzdem mehr Pragmatismus und Offenheit von den Behörden. Gerade in Schulen und Kindergarten sei es extrem schwer zu vermeiden, dass sich viele Menschen auf engem Raum befinden.

Deshalb seien an solchen Orten UV-C-Desinfektionssysteme eine absolut sinnvolle Investition, so Christian Goebel: “Wenn Sie mich jetzt fragen würden, ‘Würde ich das akzeptieren, wenn bei meinem Sohn im Kindergarten eine UV-C-Lampe hängt?’, würde ich sagen ‘Ja’.”


  • Coronavirus-AHA-Regeln: Wie viel Abstand darf es bitte sein?

    Aber bitte mit Abstand!

    Das sind die AHA-Regeln wie wir sie kennen: Abstand von 1,5 bis 2 Metern halten (in angelsächsischen Ländern: 6 Fuß), Hygiene beachten und Alltagsmaske tragen. Doch das werde der komplexen Realität, wie sich Aerosole ausbreiten, nicht gerecht, schreiben nun Forscher aus Oxford und London (UK) sowie aus Cambridge (USA) in einer Analyse, veröffentlicht im British Medical Journal.


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    Wie jetzt?

    Der britische Premierminister Johnson führt die Abstandsregeln in einem Klassenzimmer vor. Aber was heißt das jetzt genau? Müssen zwischen seinen Fingerspitzen und denen eines potentiellen weiteren Menschen auch nochmal 1,50 Meter liegen? Eigentlich wäre das logisch. Wenn ein Mensch aber schon mit zwei Armlängen 1,50 Meter misst, da kommen schnell mal Strecken von gut 4,50 Meter zusammen.


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    Oder doch besser in Schaflängen rechnen?

    Der isländische Verband der Schafzüchter hat eigene Regeln aufgestellt: Zwei Schafslängen sind sachgerecht zur Vermeidung einer Infektion. Ob die Alltagsmaske da wohl aus echter Schafswolle gestrickt ist? Dieser junge Schäfer im Senegal zieht dem Tier schon mal die Hammelbeine lang. Vielleicht will er herauszufinden, wie lang ein Schaf ist. Die Isländer wissen es schon: genau ein Meter.


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    Natürliche Abstandhalter

    So geht es natürlich auch. Die Standardlänge einer Hundeleine entspricht ziemlich genau den geltenden Corona-Regeln. Kann es da Zufall sein, dass in der englischsprachigen Welt für Orte an denen Leinenpflicht herrscht meist eine “sechs-Fuß-Leine” vorgeschrieben wird?


  • Coronavirus-AHA-Regeln: Wie viel Abstand darf es bitte sein?

    Woher stammt eigentlich die 2-Meter-Regel?

    Das Autorenteam um die Professorin für Strömungsdynamik Lydia Bourouiba schreibt, dass die Regel veraltet sei. Der deutsche Mediziner C. Flügge habe 1897 diesen Abstand empfohlen. Sichtbare Tröpfchen, die er in diesem Bereich aufgefangen hatte, waren noch ansteckend. Eine andere Studie von 1948 zeigte, dass 90 Prozent ausgehusteter Streptokokken in Tröpfchen nicht weiter flogen als 1,70 Meter.


  • Coronavirus-AHA-Regeln: Wie viel Abstand darf es bitte sein?

    Zwei Meter sind nicht genug

    Die Studie von 1948 war im American Medical Journal erschienen. Sie zeigte auch, dass immerhin 10 Prozent der Streptokokken viel weiter flogen: Bis zu 2,90 Meter. Unter solchen Umständen wären vielleicht die Menschen auf dieser Wiese am Düsseldorfer Rheinufer sicher – wenn jeder zweite Kreis frei bleibt. Aber Moment mal! Es geht uns doch dar nicht um Streptokokken (Bakterien) sondern um Viren.


  • Coronavirus-AHA-Regeln: Wie viel Abstand darf es bitte sein?

    Viren verbreiten sich über Aerosole

    Viren sind viel kleiner als Bakterien und können damit stundenlang herumschweben und sich auch besser in der Raumluft verbreiten. Deshalb empfehlen die Forscher, nicht nur den Abstand zwischen zwei Menschen zum Sicherheitskriterium zu machen sondern noch weitere Faktoren: die Belüftung des Raumes, ob die Menschen Masken tragen, ob sie schweigen, leise sprechen oder singen und rufen.


  • Coronavirus-AHA-Regeln: Wie viel Abstand darf es bitte sein?

    Bloß nicht singen oder husten

    Zahlreiche Studien jüngeren Datums zeigen zudem, dass beim Husten regelrechte Virenpakete bis zu acht Meter weit geschleudert werden können. Auch lautes Sprechen oder Singen wirbelt einiges an Aerosolen und Tröpfchen in den Raum. Wird indes nur leise gesprochen, wie in einer Bibliothek und sitzen die Menschen dazu noch an der frischen Luft, können die Abstände wieder geringer sein.


  • Coronavirus-AHA-Regeln: Wie viel Abstand darf es bitte sein?

    Wie lange bleibe ich in dem Raum?

    Entscheidend für die Gefahreneinschätzung ist auch die Dauer des Aufenthalts in dem kontaminierten Raum und wie viele Menschen sich darin aufhalten. Aus all diesen Faktoren haben die Forscher ein Ampelmodell entwickelt. Das klare Ergebnis: In Räumen mit vielen Menschen sollte man sich grundsätzlich nur kurz aufhalten, gut lüften, Alltagsmaske tragen und leise sprechen.


  • Coronavirus-AHA-Regeln: Wie viel Abstand darf es bitte sein?

    Hier geht es auch ohne Maske

    Hier zeigt die Ampel des britisch-amerikanischen Forscherteams indes grün: Ohne Maske ist es nämlich nur draußen auch über längere Zeit sicher, wenn wenige Menschen in der Nähe sind, alles gut belüftet ist und niemand viel spricht. Aber ob dann die 1,50 Meter reichen?

    Autorin/Autor: Fabian Schmidt