Hansi Flick: Zweiter Triple-Trainer beim FC Bayern, im ersten Anlauf?

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Bei Pep Guardiola war alles “supersuper”. Jürgen Klinsmann hatte Buddhas, Jupp Heynckes Erfolg ohne Ende. Bei Niko Kovac gab es schlechte Stimmung, und bei Hansi Flick wird motiviert gearbeitet. Ein verrückter Trick.

Sicher ist es ein gutes Zeichen, wenn der Trainer des FC Bayern einen Hund hat. Bei Jupp Heynckes war es ja so, dass Schäferhund Cando maßgeblichen Einfluss auf das Leben und die Entscheidungen des Fußball-Lehrers hatte, zum Beispiel zweifach bellend die Zustimmung zum Engagement in München und damit das legendäre Spätwerk Heynckes’ beim FC Bayern beeinflusste. So hat es Heynckes erzählt, als er in München anfing.

Labrador folgt Schäferhund

Zum Leben der Familie Flick gehört ein Labrador, der seinerseits auch schon seine Wirkung am Trainingsgelände an der Säbener Straße entfaltete. Denn so ein Labrador lädt naturgemäß zum Streicheln ein, gelegentlich sogar die Bayern-Profis. Bei Schäferhunden wäre man da im ersten Moment vielleicht vorsichtiger.

Das hat, zugegeben, erstmal nichts mit Fußball zu tun. Aber die Sache mit dem Hund fällt einem trotzdem sofort ein, weil ja in diesen Tagen vor dem Champions-League-Finale so viel über die Ähnlichkeiten zwischen Jupp Heynckes und Hansi Flick gesprochen, geschrieben und gesendet wird. Allerdings ist der Hund nicht die einzige Parallele, wenn man sich die Trainer-Karrieren der beiden Herren auf der Trainerbank des FCB so anschaut. Heynckes wurde zurückgeholt, als den Italiener Carlo Ancelotti in München nur noch der Italiener Carlo Ancelotti gut fand. Ancelotti, erinnert sich noch jemand? Flick wiederum bekam seine Chance, als das mit Niko Kovac nicht mehr ging.

Erfolg macht beliebt, wenn man es nicht ohnehin schon ist: Flick nach dem Gewinn des DFB-Pokals im Juli

Also, Flick folgt auf Kovac im November 2019. Mal sehen, wie es läuft mit dem Mann, den man zunächst als Co-Trainer geholt hatte. Schnell wurde er zur Interimslösung. Das war wie eine Wette auf die Zukunft. Die Bayern-Chefs wussten zwar um die menschlichen Qualitäten des vor 55 Jahren in Heidelberg geborenen Flicks. Und um die fachlichen sowieso.

Jemand, der als Jahrgangsbester den Fußballlehrer-Lehrgang an der DFB-Trainerakademie beendete, der Assistent von Joachim Löw bei der Nationalelf, dort Weltmeister 2014 und schließlich Sportdirektor beim DFB wurde, dem muss man nicht erklären, wie das Spiel funktioniert. Einerseits. Andererseits jedoch: Trainieren Sie einmal eine Mannschaft mit lauter Helden, in der sich – wie unter Kovac geschehen – auch schon mal eine Spielerfrau öffentlichkeitswirksam auf Instagram beschwert, wenn ihr persönlicher Held und Gute-Laune-Beauftragter nicht ausreichend Rasenzeit bekommt! Was für ein Skandal, also wirklich. Der FC Hollywood, die gruseligen Alt-Zeiten des FCB ließen grüßen.

Von vier auf eins

Flick – der mit Hollywood eher weniger am Hut hat – machte sich an die Arbeit. Sprach viel, kommunizierte mit Leistungs- wie Hoffnungsträgern und machte auch keinen Bogen um Problembären. Die Bayern waren auf Tabellenplatz vier, als er begann. Am 32. Spieltag waren sie dann Meister. Noch irgendwelche Fragen?

Hansi Flick (zweiter von rechts) als Spieler beim FC Bayern: Jubel über einen Treffer im Spiel gegen den VfB Stuttgart im November 1986

Wer schon einmal in einem Verein gearbeitet hat – und es muss gar nicht der FCB, der BVB oder eine andere dieser teuren Wundertüten sein – der weiß, dass es unter den Männern da mitunter heftigst menschelt. Es sind schließlich alles Männer im Topbereich, was die erwähnte Kommunikation nicht immer leichter macht. Einer, der sich nicht in den Vordergrund spielt, der nüchtern seine Arbeit macht und sich auch so – oder vor allem so – den Respekt der Mannschaft erarbeitet, so einer ist Hansi Flick.

Sein “alter ego” Heynckes hat im Fachmagazin “Kicker” über ihn gesagt: “Sein ehrlicher, empathischer Charakter befähigt ihn, in die Köpfe und Seelen der Menschen zu gelangen.” Ihm imponiere die Homogenität der Elf auf dem Platz und die Harmonie der Spieler außerhalb.

Lieber Hansi statt Hans-Dieter

Charakterfragen, also. Aber längst nicht nur. Wie gesagt, der Mann war Jahrgangsbester. “Unser Ziel ist es, möglichst Ballverluste zu vermeiden”, ist so ein klarer Flick-Satz vor dem Champions-League-Finale. Oder: “Wir fangen wieder bei Null an”, erklärte er nach dem 8:2-Kantersieg gegen den FC Barcelona. Bei Null? Naja. Klub-Vorstand Oliver Kahn lobte am Donnerstag den Coach, “der der Mannschaft wieder Struktur gegeben hat, der den wichtigen Spielern das Selbstvertrauen gegeben hat”. Die Mannschaft, so Kahn, spiele nach einer klaren Idee.

Diese klare Idee lautet: Nach Meistertitel und Pokalsieg in der ersten Champions-League-Saison als Trainer auch den Titel in der Königsklasse zu holen. Nach etwas mehr als neun Monaten als Chefcoach wäre das doch schon mal etwas. Genau genommen: überhaupt erst das zweite Triple in der Vereinsgeschichte nach Jupp Heynckes 2013. Man sollte übrigens auch dann weiter “Hansi” statt Hans-Dieter zu ihm sagen, auch wenn es respektvoller klingt. Die Anrede mit dem Bindestrich-Vornamen mag Flick aber, wie man hört, gar nicht gerne.


  • Der nächste Griff des FC Bayern nach Europas Fußball-Krone

    1974: Sieg gegen Atletico Madrid

    Sepp Maier reckt den Pokal in den Himmel über Brüssel, Franz Roth (2.v.r.) macht einen Freudensprung. Der FC Bayern gewinnt erstmals den Europapokal der Landesmeister. Allerdings mit Verzögerung: Das erste Finalspiel gegen Atletico endet mit einem für die Bayern glücklichen 1:1 nach Verlängerung. Zwei Tage später im Wiederholungsspiel setzen sich die Münchner souverän mit 4:0 durch.


  • Der nächste Griff des FC Bayern nach Europas Fußball-Krone

    1975: Sieg gegen Leeds United

    Die Emotionen kochen hoch im Prinzenpark in Paris. Der Schiedsrichter verweigert Leeds erst einen klaren von Franz Beckenbauer verschuldeten Elfmeter und erkennt dann auch noch ein reguläres Tor der Engländer ab. Die Bayern schlagen eiskalt zu und gewinnen durch zwei Tore wie aus dem Nichts von Franz Roth und Gerd Müller (r.) mit 2:0.


  • Der nächste Griff des FC Bayern nach Europas Fußball-Krone

    1976: Sieg gegen AS St. Etienne

    Der dritte Bayern-Sieg in Serie in der Königsklasse ist ebenfalls kein glorreicher. Gegner St. Etienne hat Pech, scheitert zweimal am damals noch eckigen Pfosten in Glasgow. Franz Roth gelingt per Freistoß (Bild) der entscheidende Treffer zum 1:0 für die Münchner.


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    1982: Niederlage gegen Aston Villa

    Lange Gesichter bei Karl-Heinz Rummenige, Dieter Hoeneß und Paul Breitner (v.l.) nach dem Finale in Rotterdam. Die Bayern verlieren gegen den englischen Meister Aston Villa mit 0:1. Diesmal fehlt den Münchnern nicht nur das Glück, sondern sie haben auch Pech: Sie dominieren das Spiel, ein regulärer Treffer von Hoeneß wird aberkannt. Peter Withe erzielt das Siegtor für die Engländer.


  • Der nächste Griff des FC Bayern nach Europas Fußball-Krone

    1987: Niederlage gegen den FC Porto

    Wieder ein bitterer Europapokal-Abend für die Bayern: In Wien verlieren die Münchner gegen den FC Porto trotz 1:0-Führung mit 1:2. Mit einem Doppelschlag in der Schlussviertelstunde dreht der Außenseiter aus Portugal innerhalb von vier Minuten das Spiel. Der Treffer des Algeriers Rabah Madjer (2.v.l.) mit der Hacke zum 1:1 ist Fußball-Geschichte.


  • Der nächste Griff des FC Bayern nach Europas Fußball-Krone

    1999: Niederlage gegen Manchester United

    Noch schlimmer kommt es für die Bayern in ihrem ersten Finale, nachdem die Champions League an die Stelle des Europapokals der Landesmeister getreten ist. Bis zur 90. Minute führen die Münchner in Barcelona gegen United mit 1:0 und verlieren doch noch durch zwei Treffer der Engländer mit 1:2. Kapitän Stefan Effenberg (r.) kann es nicht fassen, dass er den Henkelpott nicht ergreifen darf.


  • Der nächste Griff des FC Bayern nach Europas Fußball-Krone

    2001: Sieg gegen den FC Valencia

    Dem Trauma von Barcelona folgt zwei Jahre später der Triumph in Mailand. Nachdem es nach 90 und auch 120 Minuten gegen den FC Valencia 1:1 steht, geht es ins Elfmeterschießen. Torwart Oliver Kahn (im Bild mit dem Pokal) hält zweimal und brüllt: “Da ist das Ding!”


  • Der nächste Griff des FC Bayern nach Europas Fußball-Krone

    2010: Niederlage gegen Inter Mailand

    Diego Milito (r.) verdirbt den Bayern den Abend in Madrid. Gegen den quirligen Argentinier findet die Abwehr des deutschen Rekordmeisters kein Mittel. Milito erzielt beide Treffer zum verdienten 2:0-Erfolg von Inter, das damals vom Portugiesen José Mourinho trainiert wird.


  • Der nächste Griff des FC Bayern nach Europas Fußball-Krone

    2012: Niederlage gegen den FC Chelsea

    Bitterer geht es kaum: Ausgerechnet beim “Finale dahoam” in der Münchner Arena ziehen die Bayern gegen den FC Chelsea den Kürzeren. 1:1 steht es nach 90 und 120 Minuten. Im Elfmeterschießen hält Manuel Neuer zunächst. Doch dann scheitert erst Ivica Olic am Torwart der Engländer, Petr Cech. Und Bastian Schweinsteiger (Bild) trifft nur den Pfosten.


  • Der nächste Griff des FC Bayern nach Europas Fußball-Krone

    2013: Sieg gegen Borussia Dortmund

    Arjen Robben wird nach dem “deutschen” Finale im Wembleystadion in London zum “Player of the Match” gekürt. In der vorletzten Minute erzielt der Stürmer aus den Niederlanden den Siegtreffer zum 2:1 der Bayern gegen den von Jürgen Klopp trainierten BVB. Nach Meisterschaft und Champions League gewinnen die Münchener unter Jupp Heynckes danach auch den DFB-Pokal und machen das Triple perfekt.

    Autorin/Autor: Stefan Nestler