Frauen mit Neandertaler-Gen sind fruchtbarer

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Eine von drei Frauen in Europa trägt eine Genvariante des Neandertalers in sich, die laut Max-Planck-Institut mit erhöhter Fruchtbarkeit, weniger Fehlgeburten und weniger Blutungen in Verbindung steht.

Bei dem Neandertal-Gen handelt es sich um einen Rezeptor für das Hormon Progesteron, das im Menstruationszyklus und in der Schwangerschaft eine wichtige Rolle spielt.

Bei Frauen mit dieser Gen-Variante ist die Empfindlichkeit in den Zellen gegenüber Progesteron offenbar erhöht und dies wirkt sich positiv auf mögliche Schwangerschaften aus. Die Frauen mit dieser Gen-Variante haben eine erhöhte Fruchtbarkeit, weniger Fehlgeburten und weniger Blutungen zu Beginn der Schwangerschaft.

Dies geht aus einer Studie hervor, die von Forschenden des Max-Planck-Instituts für evolutionäre Anthropologie in Leipzig und des Karolinska Institutet in Schweden veröffentlicht wurde.

Für die aktuelle Untersuchung analysierten die Experten die Biobankdaten von mehr als 450.000 Menschen – darunter 244.000 Frauen. Die Analyse zeigte, dass fast jede dritte Frau in Europa den Progesteronrezeptor von Neandertalern geerbt hat.

Die Schädel eines Neandertalers (links) und eines neuzeitlichen Menschen im Vergleich

“Der Progesteronrezeptor ist ein Beispiel dafür, wie günstige genetische Varianten, die durch die Vermischung mit Neandertalern auf den modernen Menschen übertragen wurden, Auswirkungen auf heute lebende Menschen haben können”, sagt Hugo Zeberg, Forscher am Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie und am Karolinska Institutet, der die aktuelle Studie gemeinsam mit Janet Kelso und Svante Pääbo durchgeführt hat.

In den letzten Jahren konnte in zahlreichen Studien nachgewiesen werden, wie sich die verschiedene Menschenformen über Jahrtausende hinweg immer wieder miteinander vermischt haben.

Denn anders als früher angenommen verlief die Entwicklung des modernen Menschen nicht linear. Vielmehr existierten viele Abstammungslinien des Menschen über Jahrtausende gleichzeitig und immer wieder kam es zu Kreuzungen dieser Linien.

Die Neandertaler – benannt nach dem Fundort in der Nähe von Düsseldorf – sind die engsten Verwandten heute lebender Menschen. Ihr Schädel war etwa so groß wie der unsrige, hatte allerdings ausgeprägte Augenbrauenwülste und eine fliehende Stirn. 

Durchschnittlich stammen zwischen ein bis zwei Prozent des Erbguts eines heute lebenden Menschen vom Neandertaler

Die alten Verwandten siedelten vor rund 400.000 Jahre in Europa, im Nahen Osten, Zentralasien und im westlichen Sibirien. In Afrika hat der Neandertaler hingegen nie gelebt. Deshalb konnten sie sich laut Max-Planck-Institut auch nicht mit dem in Afrika entstandenen modernen Menschen vermischen. Erst als moderne Menschen den afrikanischen Kontinent verließen, liefen sie den Neandertalern in Europa oder im Nahen Osten über den Weg.

Bis heute sind die genetischen Spuren dieser Begegnungen unterschiedlich stark im Erbgut der Menschen außerhalb Afrikas auffindbar. Die Neandertaler-DNA in heute außerhalb Afrikas lebenden Menschen stammt demnach aus einer Vermischung vor rund 47.000 bis 65.000 Jahren.

Vor etwa 40.000 Jahren starben die Neandertaler aus. Durch die Vermischung hat aber rund 40 Prozent der gesamten Neandertaler-DNA bis heute im modernen Menschen überdauert. Durchschnittlich stammen zwischen ein bis zwei Prozent des Erbguts eines heute lebenden Menschen vom Neandertaler.


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    Autorin/Autor: Sabine Oelze