Hollywood-Legende Kirk Douglas ist tot

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Kirk Douglas war ein Kinoheld, eine Filmlegende. Gegen das System Hollywood rebellierte er und produzierte lieber seine eigenen Filme. Der Nachwelt hinterlässt er grandiose Kinokunst.

Er überlebte einen Hubschrauberabsturz und einen Schlaganfall, zudem unzählige Unfälle bei Dreharbeiten mit waghalsigen Szenen, bei denen er sich nicht doubeln ließ. Fast schien es, als sei Kirk Douglas unsterblich. Jetzt ist er doch gestorben – im hohen Alter von 103 Jahren. Das teilte sein Sohn Michael Douglas im Onlinenetzwerk Facebook mit.

Geschichte eines Aufsteigers

Geboren wurde Kirk Douglas am 9. Dezember 1916 in Amsterdam, einer amerikanischen Industriestadt im US-Bundesstaat New York. Als Issur Danielowitsch Demsky wuchs er als Spross einer jüdisch-russischen Familie auf. Seine Eltern waren aus Weißrussland in die USA eingewandert, konnten nicht lesen und nicht schreiben.

Der junge Kirk Douglas, wie er sich später als Schauspieler nannte, ist extrem ehrgeizig. Er will es zu etwas bringen. Seine Mutter hat ihm eingeschärft: “Als Jude wirst du immer doppelt so gut sein müssen, um im Leben voran zu kommen.” Dank eines Stipendiums kann er ans College gehen, aber das Chemie- und Literaturstudium bricht er ab. Ihn zieht es zum Schauspiel, zum Rezitieren von starken Texten, zur Theaterbühne.

Wie ein Besessener paukt er sich zwei Jahre lang durch das Schauspielstudium an der berühmten New Yorker Academy of Dramatic Arts. Mit Erfolg: Er bekommt seine erste Rolle am Broadway. Aber der Zufall will, dass er schon bald zum Film wechselt.

Schauspielerin Lauren Bacall, hier mit Humphrey Bogart in “Tote schlafen fest” (1946)

Per Zufall nach Hollywood

Der Zufall heißt Lauren Bacall, eine Studienfreundin von Kirk. “Einer der jungen Schauspieler gefiel mir ganz besonders: Er war ausgesprochen attraktiv, blond, blauäugig, Grübchen am Kinn und zu allem Überfluss noch sehr begabt”, schreibt sie später in ihren Erinnerungen.

An der Seite von Humphrey Bogart hat die junge Schauspielanfängerin bei den Studiobossen der Filmbranche gerade für Aufsehen gesorgt. Sie nutzt ihren Einfluss und vermittelt Kirk eine Rolle in dem Film “The Strange Love of Martha Ivers” (“Die seltsame Liebe der Martha Ivers”).

Es wird die erste herbe Enttäuschung seines Schauspielerlebens: Er bekommt nicht die Hauptrolle, sondern nur die des schwächlichen Ehemanns von Barbara Stanwyck, damals schon ein Hollywood-Star. Aber das harte Leben eines Alkoholikers kennt Douglas von seinem Vater. Er spielt die schwierige Rolle brillant und mit ungeheurer Intensität. Das ist der Start für seine Hollywood-Karriere.

Ausnahmetalent und Rebell
Der junge Schauspieler bekommt gute Kritiken. Hollywood-Produzent Hal B. Wallis, ständig auf der Suche nach vielversprechenden Talenten, bietet ihm einen Siebenjahresvertrag an. Aber Kirk Douglas lehnt ab, für ihn ist das ein “Sklavenvertrag”. 1947 dreht er trotzdem für Wallis das Gangsterdrama “I Walk Alone” (“Vierzehn Jahre Sing-Sing”), zusammen mit Burt Lancaster – später sein einziger Freund in Hollywood.

Filmplakat “I walk alone”

Getrieben von maßlosem Ehrgeiz und nervöser Ruhelosigkeit hält Douglas die Dreharbeiten mit ständigen Diskussionen auf. “Das war der Beginn meines Rufes, schwierig zu sein”, schreibt er in seiner Autobiografie. Kirk Douglas hat seinen eigenen Kopf. 1948 schlägt er ein lukratives Rollenangebot für Robert Siodmaks Dostojewsky-Adaption “Der Spieler” mit Stars wie Ava Gardner und Gregory Peck in den Hauptrollen aus.

Er dreht lieber mit dem unbekannten Regisseur Stanley Kramer den Film “Champion” (“Zwischen Frauen und Seilen”, 1949). Die Rolle des rücksichtslosen Berufsboxers, der mit sich und anderen keine Gnade kennt, ist sein endgültiger Durchbruch als Schauspieler.
Dass er aus bettelarmen Verhältnissen kommt, spornt ihn doppelt an. Er arbeitet hart, spielt in seinen Filmen mit Vorliebe Männer, die sich durchkämpfen müssen, sich behaupten und für ihre Ziele skrupellos zu jedem Mittel greifen, das Erfolg verspricht: Schurken, Idealisten, Wahnsinnige.


  • Kirk Douglas – Der alte Mann und das Kino

    Charakterkopf

    Kirk Douglas wollte immer Schauspieler werden. Aber zuerst studierte er doch ganz klassisch Philosophie, Chemie und englische Literatur. Ein Ringkampf-Stipendium finanzierte dem jungen Mann aus armen Verhältnissen das Studium. Die Kämpfernatur wurde zu seinem Markenzeichen, hier in einem seiner frühen Filme “Champion” (1949).


  • Kirk Douglas – Der alte Mann und das Kino

    Familienglück für die Fotografen

    1950 heiratete Douglas die Schauspielerin Diana Dill und posierte als Hollywoodstar gern und oft für die Fotografen – als “glückliche Familie”. Aber hinter den Kulissen des Glamour-Paares sah es anders aus, die Ehe hielt nicht lange. Die beiden Kinder Michael (2. v. l.) und Joel (unten sitzend) litten lange unter der Scheidung der Eltern und diesem Riss quer durch die Familie.


  • Kirk Douglas – Der alte Mann und das Kino

    “Reporter des Satans” (1951)

    Kirk Douglas spielt hier einen ehrgeizigen, egozentrischen Reporter, der für eine gute Story über Leichen geht. Mehrfach gefeuert wegen Trunksucht, Ehebruch und Beleidigung wittert er bei einem Unglücksfall eine Sensationsreportage – und behindert die Rettungsarbeiten aus Profitgier. Regie führte Billy Wilder, der den talentierten Schauspieler in diesem Kinodrama herausragend inszenierte.


  • Kirk Douglas – Der alte Mann und das Kino

    “Ulysses” (1955)

    Eine seiner starken Rollen ist die des Odysseus im Hollywoodfilm “Die Fahrten des Odysseus” (1955). Unterwürfigkeit fiel ihm enorm schwer. Als “Underdog” war Kirk Douglas immer ein Rebell gegen die Obrigkeit. Auch in dieser Rolle konnte er das nur kurze Zeit im Zaum halten, dann brach seine Kämpfernatur durch. Mit seinen ständigen Regieeinfällen drangsalierte er Regisseure und Filmteams.


  • Kirk Douglas – Der alte Mann und das Kino

    “Vincent von Gogh” (1956)

    Für die Rolle des Malers Vincent van Gogh wurde Douglas 1956 für einen Oscar nominiert, ging bei der Preisverleihung aber leer aus. Hochdramatisch und mit einer unbändigen Leidenschaft spielte der Schauspieler den verzweifelten Irrsinn des Malers, der sich am Ende seines Künstlerlebens im Wahn ein Ohr abgeschnitten haben soll. Den Schauspielprofi brachte das an die Grenze seiner Belastbarkeit.


  • Kirk Douglas – Der alte Mann und das Kino

    “Der letzte Zug von Gun Gill” (1959)

    Als raubeiniger Westernheld und Draufgänger wurde Douglas von den Hollywood-Regisseuren gern und häufig besetzt. Aber das war ihm zu wenig, da es nur einen Teil seiner Persönlichkeit widerspiegelt. Kirk Douglas hatte auch nachdenkliche Seiten: Er führte zuletzt ein bewusst religiöses Leben. Aber seine jüdischen Wurzeln entdeckte er erst spät – nach seinem Schlaganfall.


  • Kirk Douglas – Der alte Mann und das Kino

    “Spartacus” (1960)

    Der Film war für Douglas eine der größten physischen Herausforderungen seiner Filmkarriere. Die Hauptrolle in dem Historiendrama “Spartacus” verlangte dem durchtrainierten Kirk Douglas einiges ab. Dieser Hollywoodfilm über den größten Sklavenaufstand gegen das Römische Reich wurde einer seiner größten Erfolge und ist noch heute ein Klassiker der Filmgeschichte.


  • Kirk Douglas – Der alte Mann und das Kino

    “Einsam sind die Tapferen” (1961)

    Douglas nannte dies seinen wichtigsten Film. Obwohl er am Set viel im Team arbeitete, blieb Kirk Douglas doch Zeit seines Lebens Einzelkämpfer. Das Gesetz der Straße lernte er in seiner Kindheit hautnah und mit beiden Fäusten. Die Armut in seiner russisch-jüdischen Familie gab ihm später die gesunde Skepsis gegenüber der luxuriösen Glamourwelt Hollywoods, die für ihn verlogener schöner Schein war.


  • Kirk Douglas – Der alte Mann und das Kino

    Schauspielerisches Erbe

    Sein Sohn Michael Douglas ist nicht nur als ausgezeichneter Schauspieler in seine Fußstapfen getreten. Auch als Regisseur und Produzent hat Michael – sehr zur Freude seines Vaters Kirk – wichtige Filme gedreht. Alle vier Söhne von Kirk Douglas arbeiten in der Medien- und Filmbranche. 1975 spielte der Vater unter der Regie von Sohn Michael “Einer flog über das Kuckucksnest” auf der Theaterbühne.


  • Kirk Douglas – Der alte Mann und das Kino

    Liebevolles Paar bis zuletzt

    Seine Frau Anne Buydens stammt aus Deutschland und wanderte in die USA aus. Seit 1954 war Kirk Douglas in zweiter Ehe mit ihr verheiratet – und ging mit ihr gemeinsam durch alle Höhen und Tiefen. Nach seinem Schlaganfall 1995 trug sie maßgeblich und mit großer Energie dazu bei, dass er rasch wieder auf die Beine kam und genesen konnte. Aus dieser Ehe stammen die Söhne Peter und Eric Anthony.


  • Kirk Douglas – Der alte Mann und das Kino

    Starke Persönlichkeit

    Eigensinnig war Kirk Douglas bis ins hohe Alter. Ungern ließ er sich etwas vorschreiben. Er war stolz, es in Amerika vom namenlosen Sohn eines jüdischen Lumpensammlers zum hochbezahlten Hollywoodstar und Filmproduzenten gebracht zu haben, schrieb er in seinen zahlreichen Biografien. Und er bewahrte sich die Demut vor diesem Glück.

    Autorin/Autor: Heike Mund


Als Produzent ohne Geduld und Fingerspitzengefühl

Die Verfilmung der Lebensgeschichte des Malers Vincent van Gogh (“Lust for Life”, 1956) bringt Douglas als Vollblutschauspieler erstmals an seine Grenzen – beschert ihm aber auch seine erste Oscarnominierung. “Das war der quälendste und schmerzlichste Film, den ich je gemacht habe”, bekennt er später. Den Oscar bekommt in diesem Jahr Yul Brynner. Kirk Douglas wird diese Enttäuschung sein Leben lang nicht verwinden: Er hat nie einen Oscar für eine Filmrolle bekommen – allerdings 1996 für sein Lebenswerk.

Hollywood mag ihn nicht – trotz seiner Erfolge. Er ist eigensinnig, starrköpfig und ordnet sich nicht dem Regelwerk der allmächtigen Studio-Bosse unter. 1958 gründet er seine eigene Produktionsfirma “Bryna Productions”. Für die Rolle des Produzenten fehlen ihm allerdings Geduld und das nötige Fingerspitzengefühl. Seine Ehe mit der amerikanischen Schauspielerin Diana Dill ist längst zerbrochen, die zweite Frau an seiner Seite ist eine Deutsche: Anne Buydens, klug und versiert im Filmgeschäft und seine Stütze bis zuletzt.

Kirk Douglas und seine zweite Ehefrau Anne Buydens im Jahr 2013

Buchautor und UN-Botschafter

Sein Spektrum als Schauspieler ist enorm: Kirk Douglas dreht politisch engagierte Streifen wie “Wege zum Ruhm” (1957) – ein kritisches Antikriegsdrama über die Schlachten des Ersten Weltkriegs, das jahrzehntelang in Frankreich nicht gezeigt werden durfte. Aber auch populäre Kassenschlager wie “Die Wikinger” (1958) und “Spartacus” (1960). Er ist auch Produzent dieses Films und verpflichtet den in der Kommunistenhatz der McCarthy-Ära geächteten Autor Dalton Trumbo für das Drehbuch – ein Skandal in Hollywood.

1980 zieht sich Kirk Douglas schrittweise aus dem Filmgeschäft zurück. Er war leidenschaftlich Pionier und Rebell gegen das Studiosystem, jetzt schreibt er lieber Bücher. Neben seinen Memoiren (“The Ragman’s Son”) auch Romane und autobiografische Bücher, die reißenden Absatz beim Publikum finden. Zusammen mit seiner Frau ist er viel auf Reisen und als Botschafter der UNO weltweit unterwegs. Er genießt seine Popularität, wird überall mit höchsten Ehren empfangen.

1995 reißt ihn ein Schlaganfall aus diesem Leben. Nur mit Mühe findet er in jahrelangem Training seine Sprache wieder. Eine traumatische Erfahrung für jeden Schauspieler, aber Kirk Douglas ließ sich nicht unterkriegen. Der “Tough Guy” nahm es mit Humor, trat öffentlich in Talkshows und vor Studenten auf, um offen und ungeschminkt über seinen Schlaganfall zu reden.

Frieden im jüdischen Glauben

In dieser Zeit fand Douglas zu seinem jüdischen Glauben zurück. Sein millionenschweres Vermögen setzte er von da an für caritative Projekte in den USA und Israel ein. Seine Frau und er ließen Spielplätze an sozialen Brennpunkten bauen und gründeten multireligiöse Kindergärten und eine Alzheimer-Klinik.

Im Dezember 2016 wurde der weißhaarige Hollywoodstar – stolzes Oberhaupt des Douglas-Clans – 100 Jahre alt. Er hatte sogar noch die Kraft, die Kerzen auf seiner Geburtstagstorte auszublasen. Am Schluss konnte er sich nur noch im Rollstuhl fortbewegen. Seinen 102. Geburtstag feierte Douglas trotzdem mit einer großen Party, eingeladen waren gute Freunde und alle seine Enkel.

Kirk Douglas und sein Sohn Michael im Jahr 2012

Nun müssen sie Abschied nehmen. “Mit unendlicher Trauer teilen mein Bruder und ich mit, dass Kirk Douglas im Alter von 103 Jahren von uns gegangen ist”, schrieb Michael Douglas, selbst ein weltberühmter Schauspieler, auf seiner Facebook-Seite in der Nacht vom 5. auf den 6. Februar 2020. “Er war der Welt eine Legende, ein Schauspieler aus dem Goldenen Zeitalter des Films, der bis weit in seine Goldenen Jahre gelebt hat.” Der Nachwelt hinterlässt er mehr als 80 Filme.