Republikaner-Vorwahl: “Nicht Trumps Partei”

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Bei der Vorwahl in Iowa stimmen Republikaner über ihren Präsidentschaftskandidaten ab. Zur Wahl stehen Trump – und zwei Konkurrenten. Ein großer Aufwand mit geringen Erfolgschancen für die Herausforderer. Wozu das Ganze?

Es ist die erste Vorwahl des Wahljahres 2020, an diesem Montag in Iowa. Dabei kreuzen die Wähler nicht einfach einen Namen auf einem Stimmzettel an, sie diskutieren über die Vor- und Nachteile der Kandidaten und entscheiden sich dann. Zur Wahl stellt sich, klar, US-Präsident Donald Trump – aber nicht er allein. Auch Bill Weld und Joe Walsh haben ihren Hut in den Ring geworfen.

Noch nie gehört? Das geht vielen so. Auf der Website der republikanischen Partei in Iowa tauchen die Namen der beiden kein einziges Mal auf.

Dabei ist Iowa immerhin einer der Bundesstaaten, in denen die Republikaner ihre Vorwahl (Caucus) überhaupt noch abhalten. In mehreren Bundesstaaten, darunter Arizona, Hawaii und Virginia, haben sie die Veranstaltung gleich ganz abgesagt. Schließlich kandidiert Präsident Trump ja ein zweites Mal. Warum also viel Geld für die Organisation einer Vorwahl ausgeben?  

“Die Republikaner in Kansas hätten im Mai 2020 ihren Caucus gehabt, aber die Organisation und Durchführung hätte rund 250.000 Dollar gekostet”, sagt J. Miles Coleman vom politischen Newsletter “Sabato’s Crystal Ball” der Virginia University. “Da haben sie sich gedacht, ‘Das Geld können wir auch anders ausgeben.'”


  • Iowa State Fair – der politische Jahrmarkt

    Ein Selfie mit der Butterkuh

    Sie ist die Attraktion der “State Fair” in der Stadt Des Moines, Iowa: Eine geschnitzte Kuh aus Butter. Lebensgroß, gute 1,50 Meter hoch. Seit über 100 Jahren gibt es diese Tradition auf einem der größten Volksfeste der USA. 2018 besuchten über 1,3 Millionen Menschen das Fest. “State Fairs” haben in den USA Tradition. Fast jeder US-Bundesstaat hält die jährlichen Veranstaltungen ab.


  • Iowa State Fair – der politische Jahrmarkt

    Rummel mit Geschichte

    Ursprünglich waren “State Fairs” reine Landwirtschaftsschauen, entwickelten sich aber immer mehr zu Volksfesten und Jahrmärkten. Die “State Fair” in Iowa ist eines der größten und ältesten Volksfeste der USA. Zum ersten Mal fand das Fest 1854 statt. 10 Tage dauert das Spektakel. Es gibt Fressbuden, Schönheits- und Essenswettbewerbe. Und jede Menge Politik.


  • Iowa State Fair – der politische Jahrmarkt

    Nah dran am Volk

    Denn wer etwa auf sich hält und in der Politik hoch hinaus will, tritt hier auf: Auf der sogenannten “Political Soapbox” Bühne, bereitgestellt von der Tageszeitung “Des Moines Register”. Der Präsidentschaftskandidat der Demokraten und Gouverneur Montanas, Steve Bullock, war schon da. Er sprach vor allem über seine Pläne zur Gesundheitspolitik.


  • Iowa State Fair – der politische Jahrmarkt

    Polit-Prominenz in der Provinz

    Und auch Joe Biden, einer der bekanntesten demokratischen Gegenspieler von Donald Trump, war in diesem Jahr schon zu Besuch auf der “State Fair”. In den nächsten Tagen werden auch die Demokratinnen Elizabeth Warren und Kamala Harris erwartet. Die kleine Bühne wird “Soapbox” genannt, weil sich früher die Präsidentschaftsbewerber auf Seifenkisten stellten, um sich dem Volk zu präsentieren.


  • Iowa State Fair – der politische Jahrmarkt

    Entscheidender Swing-State

    Es ist kein Zufall, dass alles was Rang und Namen hat und politisch ganz nach oben will, zuerst den Weg nach Iowa antritt. Der Bundesstaat gilt als “Swing-State”. Mal siegen hier bei Präsidentschaftswahlen die Demokraten, mal die Republikaner. Kein Kandidat kann sich erlauben, die “State Fair” zu verpassen – und damit Tausende potentielle Wähler zu verprellen.


  • Iowa State Fair – der politische Jahrmarkt

    Hoher Besuch aus Washington

    Sieben US-Präsidenten waren schon vor oder während ihrer Amtszeit zu Gast auf der “State Fair” in Iowa. Das hat sich auch Donald Trump 2015 nicht nehmen lassen. Seine Gegenkandidatin Hillary Clinton tat es ihm gleich. Beide allerdings vermieden es, auf der “Soapbox”-Bühne eine Rede zu halten. Das Publikum gilt als schwer zu berechnen und zu kontrollieren.


  • Iowa State Fair – der politische Jahrmarkt

    Heikler Bühnenauftritt

    Das wurde dem republikanischen Präsidentschaftsbewerber Mitt Romney 2011 zum Verhängnis. Bei seiner Rede auf der “Soapbox”-Bühne unterbrach ihn ein Zuschauer, der höhere Steuern für große Unternehmen forderte. Romney erwiderte: “Auch Unternehmer sind Menschen”. Eine Aussage, die ihn nicht mehr losließ. Die Demokraten hatten danach leichtes Spiel, Romney als abgehobenen Geschäftsmann darzustellen.


  • Iowa State Fair – der politische Jahrmarkt

    Essen oder Politik

    Wenn die Besucher der “State Fair” in Iowa nicht der Polit-Prominenz zuhören, können sie an einem der über 30 Essenswettbewerbe teilnehmen – oder sich etwa in der Darbietung frischen Gemüses messen. Noch bis zum 18. August lockt die “State Fair” mit kuriosen Veranstaltungen wie diesen. Oder auch eventuell mit der Möglichkeit, die Person auf der Bühne zu sehen, die Donald Trump stürzen könnte.

    Autorin/Autor: Lisa Hänel, Florian Görner (Bildredaktion)


Verantwortung als erster Vorwahlstaat

In Iowa kam eine Absage nicht in Frage. “Wir sind die ersten im Land, die [in den Vorwahlen] abstimmen. Wir nehmen diese Aufgabe sehr ernst und sind stolz darauf”, sagte Aaron Britt, Sprecher der republikanischen Partei in Iowa, der DW. “Die Durchführung des Caucus ist ein Argument dafür, dass Iowa auch weiterhin ‘first in the nation’ bleiben sollte.”

Das sehen schließlich nicht alle so. Iowa sei zu weiß, zu wenig repräsentativ für die Bevölkerung im Rest des Landes, um den Sonderstatus als erster Vorwahl-Staat zu rechtfertigen, sagen Kritiker seit Jahren. Um solchen Neinsagern die Stirn zu bieten, halten beide Parteien, also auch die Demokraten, in Iowa eisern ihren Caucus ab. Immer.

Die Kandidaten, die das dieses Mal bei den Republikanern möglich machen, sind der ehemalige Gouverneur von Massachusetts Bill Weld und Joe Walsh, der von 2013 bis 2019 eine konservative Radiosendung moderierte und zwei Jahre lang Abgeordneter im US-Repräsentantenhaus war. Beide haben ihre Geschichte mit Trump.

Walsh: Angriff von rechts

Walsh gibt im Endspurt nochmal alles. Auf seiner Website ist eine Liste mit Wahlkampf-Veranstaltungen in Iowas Hauptstadt Des Moines zu finden. Potenzielle Wähler können ihn morgens um acht Uhr zum Kaffee treffen, mittags mit ihm für Klimaschutz demonstrieren oder abends mit ihm ein Eishockey-Spiel der Iowa Wild verfolgen – “gratis Sitzplätze neben Joe nur so lange der Vorrat reicht!”

Walsh hat in Iowa studiert

Der Konservative verbreitete in seiner Radiosendung die Theorie, Obama sei in Wirklichkeit Muslim. 2010 gewann er die Wahl um einen Sitz im US-Repräsentantenhaus unter anderem mit der Aussage, dass er strikt gegen Abtreibung sei – ohne jegliche Ausnahmen. Zu einer Wiederwahl 2012 reichte es allerdings nicht.

Ursprünglich war Walsh ein Trump-Unterstützer, aber seine Begeisterung schlug ins Gegenteil um. “In Mr. Trump sehe ich die schlimmste und hässlichste Art der Argumente, die ich fast ein Jahrzehnt lang selbst verbreitet habe”, schrieb Walsh in einem Kommentar in der New York Times im August 2019, wenige Tage bevor er seine Kandidatur verkündete. “Von Zeit zu Zeit habe ich Hass gegen meine politischen Gegner geäußert. Wir sehen jetzt, wohin das führen kann. In unserer Politik ist kein Platz für solche persönlichen Angriffe und ich bedauere, dass ich sie je durchgeführt habe.”

Weld: Erfahrener Moderater

Bill Weld hat in seiner Zeit als Gouverneur von Massachusetts 21 Mal Steuern gesenkt, wie es in einem Wahlkampfvideo auf seiner Website heißt. Eine getragene Stimme verkündet: “Heute brauchen wir Bill Weld mehr denn je. Weil Amerika etwas Besseres verdient hat.”

Weld kandidierte 2016 als Vizepräsident für die Libertären

Der ehemalige Gouverneur betont vor allem seine Erfahrung. Unter Präsident Ronald Reagan war er in den 1980ern einer der Stellvertreter des Justizministers. 1974 war er als Mitglied im Justizausschusses des Repräsentantenhauses am Impeachment-Verfahren gegen Richard Nixon beteiligt.

In einem Interview mit der politischen Washingtoner Zeitung und Nachrichtenwebsite The Hill sagte Weld, er würde auch Wahlkampfwerbung für den Demokraten Joe Biden machen, sollte er selbst nicht völlig unerwartet die republikanische Kandidatur gewinnen. “Ich könnte nützlich für sie sein, wenn sie Stimmen [moderater Republikaner] gewinnen wollen”, so Weld. Weder er noch Walsh reagierten auf Interviewanfragen der DW.

“Nicht Trumps Partei”

Sowohl Walsh als auch Weld haben nur mikroskopische Chancen, überhaupt einen Achtungserfolg zu erzielen. Warum also das Ganze? Ein Präsidentschaftswahlkampf kostet schließlich viel Zeit und Geld. “Für Walsh ist es ein Weg, noch irgendwie relevant zu bleiben”, sagte Coleman der DW. “Und Weld ist schon relativ alt [74, die Red.]. Für ihn ist das eine Art Abschiedsvorstellung.”

Eine Stimme für einen der zwei wäre eine “Protest-Wahl”, so Coleman. “Die beiden wollen mit ihrer Kandidatur zeigen, dass die Republikaner nicht Trumps Partei sind. Aber ich beschäftige mich wirklich viel mit Politik und ich sehe nicht, dass sie allzu weit kommen werden.”