Wer ist Marie Yovanovitch?

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Marie Yovanovitch hat in der Impeachment-Ermittlung im Repräsentantenhaus gegen Donald Trump ausgesagt. Die ehemalige US-Botschafterin in Kiew war im Mai entlassen worden.

In dem mittlerweile berüchtigten Telefonat zwischen Donald Trump und seinem neu gewählten ukrainischen Amtskollegen Wolodymyr Selenskyj am 25. Juli beschränkte der US-Präsident sein Urteil über Marie Yovanovitch – oder, wie er sie nannte, “die Frau” – auf zwei Worte: “Bad News”. Dann fügte er ominös hinzu: “Nun, sie wird ein paar Dinge durchmachen.”

Der Anruf geschah zwei Monate nachdem Yovanovitch, die 2016 von Präsident Barack Obama als Botschafterin für die Ukraine ernannt wurde, von Trump zurückgerufen wurde. Der Grund waren offenbar Beschwerden von Trumps persönlichem Anwalt Rudy Giuliani und seinem Sohn Donald Trump Jr. Demnach habe sie Versuche, gegen den Sohn seines politischen Konkurrenten Joe Biden zu ermitteln, blockiert. 

Yovanovitch hat in der zweiten öffentlichen Impeachment-Anhörung vor dem Kongress ausgesagt. Im Oktober war sie bereits als Zeugin hinter verschlossenen Türen aufgetreten. Am Mittwoch wurden der Diplomat George Kent und Yovanovitchs Nachfolger Bill Kent befragt.

Ein Blick auf Yovanovitchs Karriere zeigt, dass Trump hier nicht irgendwen kritisiert, sondern eine Diplomatin, die über Jahrzehnte hinweg das Vertrauen verschiedener Präsidenten hatte.Als eine der versiertesten Diplomaten des Außenministeriums vertrat sie die USA als Botschafterin in zwei weiteren ehemaligen Sowjetländern unter dem republikanischen Präsidenten George W. Bush – Kirgisistan von 2005 bis 2008 und Armenien von 2008 bis 2011.

Ihre Entlassung löste bei Fachleuten des US-Außenministeriums Bestürzung aus. Verschiedene US-Medien haben von mehreren Karrierediplomaten berichtet, die ihre Empörung über Yovanovitchs Entlassung zum Ausdruck brachten.

Bei der ersten öffentlichen Anhörung am Mittwoch sagten die Diplomaten George Kent und Bill Taylor auch, dass Yovanovitch ungerecht behandelt wurde

Bedachte und sorgfältige Botschafterin

Yovanovitch wurde in Kanada als Tochter sowjetischer Auswanderer geboren, die erst aus der ehemaligen Sowjetunion und dann aus Nazi-Deutschland flohen. Sie wuchs mit Russisch als Muttersprache auf und wird von ihren Freunden immer noch Masha genannt. Mit 18 Jahren wurde sie amerikanische Staatsbürgerin.

Nick Connolly, Leiter des DW-Studios in Kiew, beschreibt Yovanovitch als eine zurückhaltende Person, die bei ihren öffentlichen Auftritten stets ein makellos professionelles Verhalten an den Tag legte. Auch einer ihrer Vorgänger, John Herbst, bezeichnete sie gegenüber dem britischen “Guardian” als bedacht und sorgfältig und als “jemanden mit großer Integrität”.

Es gibt Hinweise darauf, dass sie vielleicht nicht die beste Freundin von Selenskyj war, als dieser Präsidentschaftskandidat war: Letzterer wurde in dem berühmten Telefonat mit Trump zitiert: “Es war großartig, dass Sie der Erste waren, der mir sagte, dass sie eine schlechte Botschafterin sei, denn ich stimme Ihnen zu 100 Prozent zu. Ihre Einstellung zu mir war bei weitem nicht die beste, da sie den früheren Präsidenten [Petro Poroshenko] bewunderte und auf seiner Seite war. Sie würde mich nicht genug als neuen Präsidenten akzeptieren.”

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Ermittlungen gegen Trump

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Anhörung im Verfahren gegen Trump

Yovanovitchs Kampf gegen Korruption

Während ihrer Amtszeit dürfte Yovanovitch auch die Feindseligkeit des ukrainischen Generalstaatsanwalts Juri Luzenko auf sich gezogen haben, indem sie weiter Druck auf die Regierung ausübte, damit diese ihre Anti-Korruptionskampagne fortsetzte.

In einer Rede im März 2019 warf sie der Poroschenko-Regierung vor, nicht genug gegen Korruption zu tun, und blockierte eine US-Zahlung an Luzenkos Büro, weil er keine Reformen zur Korruptionsbekämpfung durchgeführt hatte. Luzenko behauptete zunächst, dass Yovanovitch eine Liste mit Personen erstellt habe, gegen die nicht ermittelt werden dürfte und diese in der Ukraine verbreitet habe. Die US-Diplomatin hat diese Anschuldigung energisch zurückgewiesen und mittlerweile hat Luzenko sie zurückgezogen.

Luzenko selbst ist tief in den Skandal um die Ukraine verwickelt und wurde beschuldigt, mit Trumps Anwalt Rudy Giuliani zusammengearbeitet zu haben, um in der Ukraine Ermittlungen gegen Trumps politische Feinde, insbesondere Joe Bidens Sohn Hunter, einzuleiten.

Yovanovitch ihrerseits hat vehement jede Andeutung geleugnet, dass sie gegen Trump voreingenommen sei. Sie hat aber ihre “tiefe Enttäuschung und Bestürzung” über den Verlauf der Ereignisse zum Ausdruck gebracht. Sie fügte hinzu, dass ihre Entlassung ihren Glauben an das “Grundverständnis” erschüttert habe, dass “unsere Regierung uns den Rücken stärken und uns schützen wird, wenn wir von ausländischen Interessen angegriffen werden”.