Hamburg Cruise Days: Muss das sein?

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Hamburg feiert die Kreuzfahrt – und wird Hunderttausenden Besuchern ein wahres Spektakel bescheren. Umweltverbände kritisieren die Hamburg Cruise Days als falsches Signal in der Klimadebatte.

Bereits Tage vor dem Riesenspektakel erleuchtet die Hamburger Hafencity in einem magisch anmutenden Dunkelblau. Der Lichtkünstler Michael Batz inszeniert die Gebäude und Brücken der Elbmetropole schon seit Jahren. Sein Projekt “Blue Port Hamburg” soll Einwohner und Touristen gleichermaßen auf das eines der größten Events vorbereiten, die Hamburg zu bieten hat: Die Hamburg Cruise Days.

An diesem Wochenende (13.-15. September) findet die großangelegte Party der Kreuzfahrtindustrie zum siebten Mal statt. Und wie die Branche selbst, wächst auch die Veranstaltung. Gleich zwölf Schiffe sind es an diesem Wochenende – das ist neuer Rekord. Höhepunkt der Cruise Days ist die große Parade am Samstagabend, bei der fünf Kreuzfahrtschiffe hintereinander, zusammen mit zahlreichen Begleitschiffen unter einem pompösem Feuerwerk, an der Hafenkante vorbeifahren werden. Mit dabei: Rund eine halbe Million Besucher. Wer nicht in Hamburg dabei sein kann, kann das Schaulaufen Ozeanriesen live im Fernsehen verfolgen.

Die Cruise Days sind ein visuelles Spektakel – Umweltverbände kritisieren das Schaulaufen der klimaschädlichen Ozeanriesen

Kritik von Umweltverbänden reißt nicht ab

Doch nicht alle freuen sich auf der Kreuzfahrt-Party. Umweltverbände kritisieren die Cruise Days seit Jahren. Malte Siegert, Leiter des Ressorts Natur- und Umweltpolitik beim NABU Hamburg, hält sie für eine “Spaßveranstaltung, die Hamburgs Luft unnötig belastet.” Im Gespräch mit der DW kritisiert er, dass die Veranstalter die Menschen nicht über die gesundheitlichen Risiken der Veranstaltung aufklären würden – obwohl sie sich derer bewusst seien. “Das ist ein Totalversagen von Politik und Verwaltung”, findet Siegert.

Die Veranstalter halten dagegen: “Wir können die Gäste gar nicht warnen, weil wir nicht wissen, ob es diese erhöhte Schadstoffbelastung überhaupt geben wird”, sagt Katja Derow, Leiterin der PR-Agentur “redroses communications”, die die Cruise Days gemeinsam mit der “Bergmann-Gruppe” im Auftrag der Stadt Hamburg organisiert. Beim Hafengeburtstag im Mai seien die Grenzwerte nicht überschritten worden, obwohl dies eine weitaus größere Veranstaltung gewesen sei als die Cruise Days, erklärt Derow gegenüber der DW. Außerdem liefen die Schiffe Hamburg an diesem Wochenende sowieso an, erklärt die Veranstalterin: “Der Unterschied ist nur, dass wir ein Event daraus machen.”

Kreuzfahrten sind für Hafenstädte lukrativ – aber der Widerstand wächst

Doch warum braucht es solch eine Veranstaltung überhaupt? Der Ursprung der Cruise Days gehe auf die Begeisterung der Hamburger für Kreuzfahrtschiffe zurück, auf ihre Reiselust, ihr Fernweh, erklärt Derow. Dabei scheint ein anderer Grund viel wichtiger: Für die Stadt sind die Kreuzfahrtschiffe ein gutes Geschäft. Hamburg will sich auf dem hart umkämpften Markt als international angesagte Kreuzfahrtdestination etablieren.

Vielen Städten wird es zuviel: Nach andauernden Protesten will Venedig den Anleger für Kreuzfahrtschiffe aus der Stadt verbannen

Der NABU kritisiert, dass der Branche in Hamburg “der rote Teppich ausgerollt” würde und fordert, die Reedereien sollten einen erheblich größeren Anteil ihrer üppigen Gewinne in die Klimaverträglichkeit ihrer Schiffe stecken. Obwohl besonders die deutschen Reedereien bereits erste Schritte in diese Richtung unternommen haben, fällt die Bilanz des aktuellen NABU-Kreuzfahrtrankings düster aus. Der Großteil der weltweit knapp 400 Kreuzfahrtschiffe fährt immer noch mit hochgiftigem Schweröl. Und auch der Marinediesel, auf den die Schiffe im Hafen wechseln, enthält 100 Mal mehr Schwefel als PKW-Diesel. Zudem belasten die Stippvisiten der Kreuzfahrttouristen einige Städte so sehr, dass sich lokaler Widerstand regt und die Städte die Zahl der Riesenkreuzer in ihren Häfen zunehmend reduzieren.

Cruise Days wollen mit gutem Beispiel vorangehen

Das Thema Nachhaltigkeit ist eine zentrale Herausforderung für die Kreuzfahrt, dessen sei sich die Branche sehr wohl bewusst, sagt Cruise-Days-Veranstalterin Katja Derow. Deshalb soll der Event in diesem Jahr nicht nur Werbung für Hamburg als Kreuzfahrtziel sein, sondern auch die Auswirkungen des Kreuzfahrttourismus auf Umwelt, Klima und Destinationen in den Blick nehmen. Die Veranstalter bieten dafür ein Forum, in dem sich Tourismusexperten, Vertreter überlaufener Städte und Vordenker sauberer Antriebstechnologien austauschen können.

Schmutziges Geschäft: Der Großteil der Kreuzfahrtschiffe fährt immer noch mit Schweröl

Umweltaktivisten wie Malte Siegert vom Hamburger NABU reicht das nicht. Er fordert: “Das Mindestmaß bei so einer Veranstaltung müsste sein, nur Schiffe einzuladen, die deutlich mehr machen als gesetzlich vorgeschrieben ist, das Event also zu einem Schaufenster für bessere, sauberere Technologie zu machen.”

Veranstalterin Katja Derow gefällt die Idee und gibt sich optimistisch: “Ich hoffe und glaube tatsächlich, dass diese Themen auf den Hamburg Cruise Days in zehn Jahren kein Thema mehr sein werden.” Die Branche sei enorm innovativ und setze ihre Neuerungen effektiv um.

Die Debatte um die negativen Auswirkungen des Kreuzfahrttourismus wird wohl weitergehen – zumindest bis zu den Hamburg Cruise Days 2029.