Felix Jaehn: DJ-Erfolgsexport aus Deutschland

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Mit 19 wurde er zum Star. Fünf Jahre später gehört er zu den Top-DJs der Welt. Felix Jaehns neue Single und sein Coming-out als Bisexueller erzählen die Geschichte eines jungen Mannes auf dem Weg zu sich selbst.

Man könnte ihn als die Stimme einer neuen Generation bezeichnen – wenn er denn singen würde. Aber Felix Jaehns Talent liegt woanders: Er mixt die Zutaten guter Popmusik so zurecht, dass dabei immer ein Hit entsteht. Der 24-jährige DJ aus Mecklenburg reist mit seinem Turntable rund um die Welt, spielt in den angesagtesten Clubs und bei Musikfestivals und schafft es mit seinen Songs und Remixes immer wieder in die Charts. Und wirkt dabei so, als würde er das alles ganz locker mit links schaffen.

Mit dem Remix des Songs “Cheerleader” vom Jamaikaner Omi hat er 2015 den großen Durchbruch. Da ist er gerade mal 19 Jahre alt. Der erste Plattenvertrag bei Universal Music folgt prompt. 2018 bringt Felix Jaehn dann sein erstes Album auf den Markt. Der Rest, wie es so schön heißt, ist Geschichte – und zwar Musikgeschichte: Die Songs von Jaehn haben schon über eine Milliarde Klicks auf YouTube und Spotify. Damit mischt er bei den digitalen Weltrekorden der Musik und Popkultur ganz oben mit.

Während andere DJs sich kreative Künstlernamen überlegen, bliebt Felix immer Felix

Doch trotz des Riesenerfolgs gerät er immer wieder in den Fokus der Medien, die über seine Person spekulieren: sei es wegen seines jugendlichen Alters – viele hatten ihn anfangs als “Eintagsfliege mit einem Hit” belächelt, sei es wegen seines Coming Outs 2018, als er sich zur Bisexualität bekannte: Jaehn liefert immerzu Gesprächsstoff. An so viel Aufmerksamkeit musste er sich erst mal gewöhnen und lernen, gelassen damit umzugehen. Diesen Lernprozess hat er jetzt auch in seinem neuesten Track thematisiert: “Love on Myself”.

Mut zur Selbstliebe

Der Song, auf dem die sanfte Stimme des britischen Sängers Calum Scott zu hören ist, erobert derzeit die Tanzflächen weltweit. Dabei ist ist er eigentlich fast schon melancholisch angehaucht. Es geht um das Konzept der Selbstliebe, ein Thema, das Jaehn sehr am Herzen liegt. Denn es ist gar nicht so einfach, rund um die Welt zu reisen und in ausverkauften Hallen aufzutreten und sich gleichzeitig trotzdem Zeit für Dinge zu nehmen, die einem persönlich wichtig sind. “Ich muss mir selbst Liebe schenken, bevor ich sie an jemand anderen weitergebe”, lautet der Refrain und spiegelt das wider, was den Publikumsliebling Jaehn in den letzten Jahren beschäftigt – ebenso wie Sänger Callum Scott selbst, der auf Twitter schreibt: “Cool, mit einem anderen Künstler zusammenzuarbeiten und eine Botschaft über positive Grundeinstellungen zu verbreiten, die Felix und mich sehr beschäftigt haben – und mit Sicherheit auch viele von euch.” 

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“Es ist ganz wichtig für mich zu verstehen: Wer bin ich? Was ist mein authentisches, unverstelltes Ich? Was sind meine essenziellen Charaktereigenschaften?”, sagt Jaehn bei einer Talk Show im Juli im Gespräch mit Moderator Markus Lanz im ZDF (Zweiten Deutschen Fernsehen) und kommt dabei mit der Ernsthaftigkeit eines Mannes rüber, der fast doppelt so alt sein könnte. Das DJ-Dasein ist schließlich ein hartes Geschäft.

Felix Jaehn sucht aktiv die Balance in seinem Leben, er treibt viel Sport, lebt gesund und meditiert täglich. Seiner Rolle sei er sich extrem bewusst, erklärte er im Gespräch mit Lanz: “Ich bin oft in einer sehr privilegierten, aber auch isolierten Rolle als Star im Endeffekt. Wenn man da oben steht und 30.000 Menschen jubeln, dann ist das natürlich eine gewaltige Energie. Es ist dann aber auch eine sehr abstrakte Masse. Man sieht keine Augen. Und da ist man auch sehr einsam.”

Coming-out

Mit dieser Einsamkeit umzugehen und sie auch souverän nach außen zu tragen, war für Felix Jaehn ein Prozess, der zum Teil immer noch andauert. Er will sich nicht festlegen, weder in der Musik noch im Privatleben. Nur eins ist klar: Er will bodenständig bleiben, auch in der Liebe. Das ist ihm jetzt wichtiger denn je.

Im Wachsfigurenkabinett von Madame Tussaud in Berlin steht er auch schon

Denn 2018 kam das große Coming-out: “Irgendwann habe ich dann gesagt, (ich bin) bisexuell, weil ich immer noch keine klare Tendenz habe. Ich weiß nicht, ob die je kommt. Das schwankt. Mal ist es so, mal so”, erklärt Jaehn in Lanz’ Talkshow. Obwohl Bisexualität in Deutschland akzeptiert werde, sei es für ihn als Jugendlicher ein Problem gewesen. “Ich musste einen Kampf mit mir selbst ausfechten und meinen Frieden finden und es auch meiner Familie sagen.”

Auch als Künstler habe er sich eingeschränkt gefühlt, weil das Publikum nichts davon wusste und er doch immer im Fokus der Medien stand. Felix Jaehn fürchtete, dass man ihn outen würde, doch nachdem er sich auch in der Öffentlichkeit zu seiner sexuellen Orientierung bekennt, ist ihm klar: “Die Ängste, die ich früher hatte, waren total irrational. Ich fühle mich seitdem viel freier, viel glücklicher, viel entspannter.”

Auftritt beim CSD

Dieses Jahr legte Felix Jaehn zum ersten Mal als sich öffentlich zur Bisexuelität bekennender DJ beim CSD (Christopher Street Day) in Berlin auf, wo rund eine Million LGBTIs zwischen dem Brandenburger Tor und der Siegessäule feierten. Das diesjährige Motto des Großevents “Jeder Aufstand beginnt mit deiner Stimme”, der an die Stonewall Proteste in New York vor 50 Jahren erinnern soll, passte auch zu Jaehns aktueller Situation.

Denn auf seine Art ist auch er aufständisch, schwimmt gegen den Strom und lässt sich nicht sagen, wie er zu leben hat. Dem war schließlich nicht immer so. Er gesteht in Interviews offen ein, dass es für ihn nicht immer leicht war und dass er in seiner Jugend und auch noch als Erwachsener viel über die eigene Sexualität “grübeln” musste.

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Popxport Spezial: Felix Jaehn

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Popxport Spezial: Felix Jaehn

Bei all dem ist der 24-Jährige bescheiden geblieben. Starallüren sind ihm fremd, stattdessen erzählt er offenherzig, dass er wegen Stimmlippenknötchen nicht selbst singen könne. Und dass er nur einmal vor einem Auftritt zu viel getrunken habe, dass das aber nie wieder vorkommen werde. Felix Jaehn klingt wie der nette Junge von nebenan, und auch dafür lieben ihn die Fans 

Ostsee-Idyll

Aufgewachsen ist er an der Ostsee, wo er noch heute seinen Hauptwohnsitz hat – wenn er nicht gerade in Las Vegas, Ibiza oder Südafrika als DJ auflegt. Für einen jungen Menschen, der nicht konform sein kann oder will, war das sicher kein leichtes Pflaster. Viele Dinge aus seiner Kindheit habe er lange Zeit noch mit sich mitgeschleppt, so Jaehn.

Das hört sich fast schon nach Trauma an, erst recht bei einem Künstler, dessen Begabung gerade darin liegt, die Menschen auf den Tanzflächen glücklich zu machen. Dennoch bleibt Felix Jaehn auch heute noch der Heimat an der Ostsee treu. Die Metropolen der Welt bereist er nur, um dort zu arbeiten. Aber zum Meditieren und Entspannen kehrt er immer wieder nach Hause zurück. 

Seine Familie und Freunde wohnen immer noch in demselben Dorf in Mecklenburg, wo er seine Kindheit und Jugend verbrachte. Und dort will er eines Tages sesshaft werden und als “Hausmann mit vielen Kindern” irgendwo auf dem Land ganz idyllisch leben. So stellt Jaehn sich auf kurz oder lang sein Glück zumindest vor. Und ob dieses Glück mit einem Mann oder mit einer Frau an seiner Seite erfüllt wird, sollte im Jahr 2019 auch an der Ostsee egal sein. Für Felix Jaehn ist es das ohnehin schon.


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    “Ich bin bekannt geworden durch Remixe. Da nimmt man einen bestehenden Song und erfindet ihn sozusagen neu. Man zieht also der Komposition ein neues Kleid an. Man packt einen neuen Beat drunter, neue Instrumente, macht quasi ein neues Lied mit demselben Lied.”


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    “Elektronische Musik bringt einfach Leute von völlig unterschiedlichem kulturellem Hintergrund zusammen. Es ist egal, an welchen Gott du glaubst und welche Religion du verfolgst oder welchen Pass du in der Hand hast. Es geht einfach darum, dass die Leute zusammenfinden und diese Musik zelebrieren.”


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    “Was ich für den Erfolg opfere? Viel Privatleben, muss ich sagen. Mittlerweile bin ich so weit, dass ich sage, mein Leben findet on Tour statt. Früher war ich so: Okay, mein Leben ist außerhalb der Tour und die Tour ist arbeiten. Da war es aber noch nicht so, dass ich 5-6 Tage die Woche unterwegs war. Jetzt sind das Leben und die Arbeit viel mehr eine Sache.”


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    “Ich glaube, einer der Gründe, warum ich noch da bin, ist, dass ich doch ziemlich authentisch genau das umsetze, was ich musikalisch vertreten kann. Und eben nicht zum Spielball irgendwelcher Trends werde und mich eben auch nicht verbiege.”


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    Felix Jaehn als Marke

    “Ich finde es wichtig, dass man den Fans, die einem hinterherreisen, die sich so viel Mühe geben, dass man denen auch ein bisschen Zeit und Liebe zurückgibt.” Felix Jaehn hat verstanden, wie man sich als Marke im digitalisierten Musikgeschäft aufbaut und positionieren muss, um langfristig den maximalen Erfolg herauszuholen.