Komplexe Interaktion: Das Bauhaus und die Sowjetunion

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Schon vor dem Jubiläumsjahr 2019 setzt sich die weltweite Ausstellungsreihe “bauhaus imaginista” mit der Wirkung der einflussreichen deutschen Kunstschule auseinander. An diesem Mittwoch eröffnet die Schau in Moskau.

Bauhaus-Ausstellung in Moskau 1931

Die Moskauer “bauhaus imaginista”-Ausstellung im Garage Museum of Contemporary Art geht am Beispiel von Leben und Werk ehemaliger Bauhaus-Lehrerinnen und Lehrer sowie Studierenden in Moskau den komplexen Zusammenhängen zwischen dem Bauhaus und der Sowjetunion nach.

Sie widmet sich insbesondere einer Reihe von Graduierten und Studierenden, die 1930 dem zweiten Direktor des Bauhauses, dem Architekten Hannes Meyer, in die Sowjetunion folgten: dem Architekten Philipp Tolziner, der schließlich sein ganzes Leben in Moskau verbringen sollte, dem Architekten und Stadtplaner Konrad Püschel, und der Architektin Lotte Stam-Beese, die erste Frau, die in der Bauabteilung des Dessauer Bauhauses studierte. 

Nach Umsetzung ihrer Ideen in der westrussischen Stadt Orsk ging Lotte Stam-Beese 1935 aus der Sowjetunion in die Niederlande, wo sie wegen ihrer Pläne zum Wiederaufbau Rotterdams nach dem Zweiten Weltkrieg berühmt wurde.

Kommunistische Ideen und sozialistische Ideale

Über Fotografien, Briefe, Collagen, Seiten aus Sammelbüchern, Diagramme, Manifeste, Architekturzeichnungen und Stadtpläne erforscht die Ausstellung das Verhältnis, das die Architektinnen und Architekten zum Bauhaus Dessau, zur Sowjetunion und zu kommunistischen und sozialistischen Idealen hatten.

Die Moskauer Ausstellung folgt im Kapitel “bauhaus imaginista: Moving Away” der Ausstellung in Hangzhou in China. Beide Ausstellungen haben untersucht, wie universale Gestaltungsprinzipien des Bauhauses in unterschiedlichen kulturellen und politischen Kontexten entwickelt, angepasst, erweitert oder erneuert wurden.

Bauhaus-Klassiker: Das Rundhaus-Modell von Carl Fieger und das Baukastensystem von Walter Gropius

Bauhaus: die Welt neu erfinden

Das Bauhaus wollte das Verhältnis von Bildung, Kunst und Gesellschaft neu bestimmen. Diesen Ansatz, der sich in Walter Gropius’ Manifest von 1919 wiederfindet, teilte das Bauhaus mit anderen Bewegungen im 20. Jahrhundert, etwa in Japan und Russland.

Diese internationalen Zusammenhänge stehen im Fokus des Ausstellungs- und Veranstaltungsprogramms “bauhaus imaginista”, das anlässlich des 100. Gründungsjubiläums des Bauhauses von der Bauhaus Kooperation Berlin Dessau Weimar, dem Goethe-Institut und dem Haus der Kulturen der Welt in Berlin (HKW) mit Partnern in acht Ländern
realisiert wird. Kuratoren sind Marion von Osten und Grant Watson. 

Dabei werden 2018 vier unabhängig voneinander entwickelte Ausstellungen in China, Japan, Russland und Brasilien gezeigt, die durch diskursorientierte Veranstaltungen in Marokko, den USA, Nigeria und Indien ergänzt werden. Von März bis Juni 2019  wird eine große  Abschlussausstellung von “bauhaus imaginista” im Haus der Kulturen der Welt gezeigt. Die Moskauer Schau läuft bis 30. November 2018.

jhi/bb (www.bauhaus-imaginista.org)


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    Autorin/Autor: Elizabeth Grenier (pr)