Atmar: Bundeswehreinsatz als “wirksames Instrument”

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Im Schatten des blutigen Anschlags in Kabul will der Bundestag der Verlängerung der Bundeswehreinsätze in Afghanistan zustimmen. Im DW-Interview lobt Hanif Atmar, Ex-Innenminister Afghanistans, die Rolle der Bundeswehr.

Deutsche Welle: Während des afghanischen Neujahrsfestes wurde am Mittwoch ein blutiger Anschlag in der Hauptstadt Kabul verübt. Mit solchen Anschlägen wird schon seit Jahren immer wieder gerechnet. Warum ist die Regierung nicht in der Lage, solche Bluttaten zu verhindern?

Hanif Atmar: Zuerst einmal verurteile ich diesen Anschlag aufs Schärfste. Es ist der denkbar abscheulichste Terrorakt gegen Zivilisten, die das Neujahr feiern. Es war das Grausamste, was Menschen zum Jahresbeginn passieren kann. Es hat schon viele solcher Angriffspläne gegen unser Volk gegeben. Die meisten von ihnen konnten verhindert werden,  dieser Selbstmordanschlag leider nicht.

Ex-Innenminiser Hanif Atmar

Die Terrormiliz “Islamischer Staat” reklamierte die Tat für sich. Die Regierung von Afghanistan will aber mit extremistischen Organisationen wie den Taliban Frieden schließen. Welche konkreten Maßnahmen will die Regierung einleiten, damit der Extremismus effektiver bekämpft wird?

Wir haben eine zweigleisige Strategie begonnen. Die Friedens- und Versöhnungsstrategie gilt den Taliban…

…welche das Angebot abgelehnt haben…

Noch nicht endgültig. Offiziell haben die Taliban noch keine Position bezogen. Wir hoffen, dass ihre Anführer nach rationalen Überlegungen eine Entscheidung zugunsten unseres Landes treffen. Aber gleichzeitig haben wir auch eine neue Phase des Anti-Terror-Kampfs eingeleitet, der die Friedensoffensive stärkt. Das Ziel einer solchen Kombination ist, diejenigen, die unserem Volk Schaden zufügen wollen, zu stoppen und sie zu besiegen.

Deutschland will nun den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan verlängern und das Kontingent der in Afghanistan stationierten Soldaten erhöhen. Wie wird die Sicherheitslage im Lande durch die Präsenz ausländischer Truppen verändert?

(Archiv) Bundeswehrsoldaten in Afghanistan

Wir sehen uns mit einer gemeinsamen Bedrohung konfrontiert, die nicht nur gegen uns Afghanen gerichtet ist. Bedroht werden Afghanistan, die Region, Deutschland, Europa, die Vereinigten Staaten und damit letzten Endes die gesamte Weltgemeinschaft.

Diese gemeinsame Bedrohung zu bekämpfen, erfordert eine gemeinsame Strategie und eine gemeinsame Mission, der die NATO, die Vereinigten Staaten und Afghanistan gemeinsam angehören sollten. In diesem Rahmen hat Afghanistan die kompletten Kampfeinsätze übernommen. Deutschland, die NATO und die übrigen Partner spielen eine unterstützende Rolle, afghanische Streitkräfte auszubilden und zu beraten.

So gesehen ist das Engagement Deutschlands mit seinem Bundeswehreinsatz eines der wirksamsten Instrumente. Es trägt zur Stärkung der afghanischen Streitkräfte im Kampf gegen den Terror bei, nicht nur zum Schutz Afghanistans, sondern auch zum Schutz der Region und damit der Weltgemeinschaft.

Mohammad Hanif Atmar, Jahrgang 1968, war von 2008 bis 2010 Innenminister von Afghanistan unter Präsident Hamid Karsai. Nun arbeitet er als Sicherheitsberater für Präsident Ashraf Ghani.

Das Interview führte Waslat Hasrat-Nazimi.