Riesen-Airbus A380 vor dem Aus?

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Der Flugzeugbauer Airbus feiert einen neuen Auslieferungsrekord und ärgert damit seinen US-Rivalen Boeing. Allerdings will kaum noch einer den A380 kaufen. Alles hängt an einer einzigen Airline.

Dem Riesen-Airbus A380 droht das Aus: Wenn es weiter keine neuen Bestellungen gebe, werde das frühere Prestigeprojekt eingestellt, kündigte Airbus-Verkaufsdirektor John Leahy am Montag bei der Bilanz-Pressekonferenz in Paris an. Der A380 ist seit gut zehn Jahren auf dem Markt. Leahy sagte, derzeit verhandele Airbus noch mit der Fluggesellschaft Emirates über Neubestellungen. Wenn die Gespräche erfolglos verliefen, gebe es aber “keine andere Möglichkeit, als das Programm einzustellen”, betonte er.

Seit Januar 2016 bleiben Bestellungen für den A380 aus. Den ersten kommerziellen Flug absolvierte der Riesenflieger am 25. Oktober 2007 für Singapur Airlines nach Sydney. Danach bestellten Fluggesellschaften mehr als 300 Maschinen. Auf der Luftfahrtmesse in Dubai war im November eigentlich ein neuer Großauftrag für A380-Jets durch die Fluggesellschaft Emirates erwartet worden, diesen hatte die Airline aber dann platzen lassen.

Anders als der A380 verkauft sich der Mittelsteckenflieger A320 neo bestens.

Alles andere läuft bestens

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Ermittlungen wegen Untreue oder Korruption: In der Affäre um mögliche schwarze Kassen und Bestechung bei Airbus stehen hochrangige Bundesbeamte offenbar nicht im Visier deutscher Ermittler. (10.10.2017)

Das größte Passagierflugzeug der Welt musste den Flug in die USA abbrechen. Der Grund: ein schwerer Triebwerkschaden an der Air-France-Maschine. (01.10.2017)

Dabei befindet sich Airbus insgesamt eigentlich im Aufwind. 2017 verbuchte der Hersteller Aufträge über 1109 Verkehrsflugzeuge und damit 197 mehr als sein US-Konkurrent Boeing. Zwar blieben die Amerikaner mit 763 Auslieferungen auch 2017 der weltgrößte Flugzeugbauer. Airbus gelang mit einer Steigerung von 688 auf 718 ausgelieferte Maschinen dennoch ein eigener Produktionsrekord. Im laufenden Jahr könnten es dann an die 800 Flugzeuge werden, sagte der scheidende Chef der Verkehrsflugzeug-Sparte, Fabrice Brégier. Damit würde Airbus endgültig an Boeings Thron rütteln.

Noch im Herbst hatte die Airbus-Führung bezweifelt, die angepeilte Marke von gut 700 ausgelieferten Jets 2017 zu schaffen. Grund waren vor allem technische Probleme beim Triebwerksbauer Pratt & Whitney, der Antriebe für den modernisierten Mittelstreckenjet A320neo beisteuert. Der zu United Technologies gehörende Hersteller musste technische Probleme an seinen neuen Hightech-Antrieben lösen. Die Triebwerke sind maßgeblich für den geringeren Treibstoffverbrauch der A320neo verantwortlich, der das Flugzeug für Fluggesellschaften attraktiv macht.

Schäden wie hier am Triebwerk einer A380 von Qantas sorgten für schlechte Nachrichten

Wechsel beim Personal

Beim weltgrößten Passagierjet A380 setzte sich die Flaute fort. 2017 lieferte Airbus 15 Maschinen des Typs aus, verbuchte aber keine einzige Bestellung und kassierte obendrein zwei Stornierungen. Airbus will die Produktion in laufenden Jahr auf 12 Maschinen und im nächsten Jahr auf nur noch acht A380 herunterfahren. Der Konzern könne auf bis zu sechs Flieger pro Jahr heruntergehen, sagte Brégier. Ohne eine neue Bestellung der Golf-Airline Emirates steht die A380 nach Aussage von Verkaufschef Leahy jedoch über kurz oder lang vor dem Aus.

Boeings Konkurrenzmodell, der Jumbo-Jet 747-8, hat aber ähnliche Absatzprobleme. Er verkauft sich fast nur noch in der Frachtversion. Im Passagiergeschäft setzen Airlines inzwischen vor allem auf mittelgroße Langstreckenjets wie die Boeing 787 “Dreamliner” und den Airbus A350, die sich auch auf weniger stark gefragten Strecken rentabel einsetzen lassen. So sieht sich Airbus auf Kurs, von seinem jüngsten Spross A350 von Ende 2018 an monatlich zehn Exemplare auszuliefern. Im abgelaufenen Jahr waren es insgesamt 78 Maschinen.

Brégier und Leahy werden dann nicht mehr an Bord sein. So gibt der 67-jährige Leahy seinen Posten als Verkaufschef Ende Januar nach rund 24 Jahren an den bisherigen Rolls-Royce-Manager Eric Schulz ab. Brégier verlässt den Konzern im ersten Schritt eines Management-Umbaus im Februar. Sein Nachfolger an der Spitze des Verkehrsflugzeug-Geschäfts wird Guillaume Faury, bisher Chef der Hubschrauber-Sparte.


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    Der Riese

    Die A380 sieht schon imposant aus und stellt fast jeden Konkurrenten auf dem Flugfeld in den Schatten. Bei einer Länge von 72,7 Metern hat die Maschine eine Spannweite von 79,8 m, ihre Höhe beträgt 24,1 m. Auf ihren beiden Decks befördet beispielsweise die Airline Emirates in der “Drei-Klassen-Version ‘Extra-weiträumig'” 489 und in der “Zwei-Klassen-Version ‘weiträumig'” bis zu 615 Passagiere.


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    Das erste Exemplar

    Singapore Airlines war die erste Fluggesellschaft, die eine A380 in Dienst stellte. Hier sind die stolzen Besitzer auf dem Flugfeld in Toulouse versammelt, um den großen Tag dokumentieren zu lassen. Am 15. Oktober 2007 galt noch: Die Zukunft der Passagierfliegerei liegt in der Masse. Je mehr Fluggäste auf einmal transportiert werden, desto höher der Gewinn der Airline.


  • A380: Geburtstagskind mit Sorgenfalten

    Am Anfang einer Ära?

    Auch bei den Passagieren kam der Riesenflieger gut an. Die nahmen gern in Kauf, dass das Boarding so vieler Fluggäste manchmal eben etwas länger dauert. Die Infrastruktur der meisten Flughäfen ist mit der A380 allerdings überfordert. Daher fliegt die Maschine am häufigsten zwischen den großen Airports: London, Frankfurt, New York, Singapur.


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    Die erste Landung

    Landung nach 3:54 Stunden Flugzeit: Am 27. April 2005 fand der erste offizielle Flug des Giganten statt. Das Konzept mit vier Triebwerken schien damals alternativlos. Inzwischen ist klar: Auch mit nur zwei Turbinen unter den Flügeln kann man solche Riesen sicher fliegen – und es ist deutlich billiger. Wollte Airbus das noch umsetzen, dürfte allein die Entwicklung Milliarden verschlingen.


  • A380: Geburtstagskind mit Sorgenfalten

    Explosion von Turbine Nummer Vier

    Am 30.September dieses Jahres kam es über Grönland zu einem ebenso schockierenden wie auch spektakulären Zwischenfall bei einer A380 der Air France: Auf dem Flug nach Los Angeles explodierte die äußere Steuerbord-Turbine, die Piloten konnten die Maschine aber sicher notlanden. Insgesamt hat die A380 aber einen guten Ruf – sie gilt als sicheres Flugzeug.


  • A380: Geburtstagskind mit Sorgenfalten

    Von der kleinen Schwester abgehängt

    Das Hauptargument, mit dem Airbus sein Flaggschiff bewirbt, die große Passagier-Kapazität nämlich, zieht scheinbar nicht mehr. Im Gegenteil: Der Kurzstreckenflieger A320 ist der wirkliche Verkaufsschlager des pan-europäischen Flugzeugbauers. Von dem Typ, dessen zweite Auflage “A320neo” aktuell gebaut wird, fliegen bereits 4257 Maschinen, außerdem liegen noch 3618 Bestellungen vor.


  • A380: Geburtstagskind mit Sorgenfalten

    Ein besorgniserregender Trend

    Natürlich verkaufen sich kleinere Maschinen wegen der größeren Nachfrage besser als Großraumflieger wie die A380 – hier der Rohbau des ersten Exemplars. Trotzdem geben die sinkenden Absatzzahlen Grund zur Besorgnis: Im vergangenen Jahr wurden 28 Maschinen ausgeliefert, in diesem Jahr werden es gerade mal 15 sein, im nächsten Jahr noch 12. Für 2019 rechnet Airbus mit nur noch acht Auslieferungen.


  • A380: Geburtstagskind mit Sorgenfalten

    Das Ende einer Ära

    Wie auch immer die Zukunft der A380 aussieht, fest steht, dass Airbus gerade eine erfolgreiche Ära beendet. Zum Ende des Jahres geht der Verkaufschef des Konzerns, John Leahy, in den Ruhestand. Innerhalb von 23 Jahren hatte er 15.500 Flugzeuge für 1,7 Billionen Dollar verkauft. Sein Nachfolger wird daran gemessen werden – hilfreich wäre auf jeden Fall, wenn er wieder mehr A380 verkaufen würde.


  • A380: Geburtstagskind mit Sorgenfalten

    Eine Herkules-Aufgabe

    Nicht nur der Wettbewerb mit dem anderen großen Flugzeugbauer unserer Tage, dem US-Unternehmen Boeing, fordert Airbus. Auch die eigene Konzernstruktur stellt jeden Tag hohe Anforderungen. So werden die Einzelteile der Flugzeuge in Frankreich, Deutschland, Spanien, Großbritannien, China und den USA montiert. Deshalb ist auch ein Fluggigant wie die A380 schon mal auf einer Landstraße unterwegs.


  • A380: Geburtstagskind mit Sorgenfalten

    Die Hoffnung liegt im Osten

    Auf einen Turn-Around bei den Verkaufszahlen hofft Airbus wegen des Wachstums in China. Der China-Chef des Flugzeugbauers, Eric Chen, rechnete im September 2017 vor, dass chinesische Airlines in den nächsten zwanzig Jahren mehr als 1,1 Billionen Dollar für neue Flugzeuge ausgeben würden. Er erwarte daher in den nächsten fünf einen Bedarf von 60 bis 100 Maschinen der Größe einer A380.


  • A380: Geburtstagskind mit Sorgenfalten

    Eine ungewisse Zukunft

    Nicht nur Airbus machen die großen Maschinen Sorgen: Boeing etwa baut jährlich noch sechs Exemplare seines Jumbo-Jets – als Frachtmaschinen. Der scheidende Airbus-Verkaufschef John Leahy aber ist sicher: “Der Passagierverkehr”, sagte er im Juli, “wird sich verdoppeln.” Das Problem sah er eher am Boden: “Wir können nicht so viele Flughäfen bauen!” Vielleicht hat die A380 ja doch noch eine Zukunft.

    Autorin/Autor: Dirk Kaufmann


hb/iw (dpa,afp,rtr)