Ayatollah Shahroudi flieht aus Hannover

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Ayatollah Shahroudi hatte im Iran hunderte Todesurteile, auch gegen Jugendliche, verhängt. Menschenrechtler, Kurden und der Grünen-Politiker Beck waren über seinen Aufenthalt in Deutschland entsetzt und zeigten ihn an.

Ayatollah Mahmud Hashemi Shahroudi (r.) in der Privatklinik in Hannover

Wie die Polizei in Hannover der Zeitung “Neue Presse” bestätigte, hat Ayatollah Mahmud Haschemi Shahroudi die Stadt verlassen. Dort hatte sich der ehemalige iranische Richter in einer Privatklinik behandeln lassen. 

Bundesanwaltschaft prüft Ermittlungsverfahren 

Die Bundesanwaltschaft prüft, ob sie gegen Irans früheren Justizchef wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu ermitteln hat. In mehreren Strafanzeigen wird ihm nach Angaben der Behörde vorgeworfen, unter anderem Todesurteile gegen Kinder bestätigt zu haben. Die derzeit vorliegenden Erkenntnisse reichten aber nicht für die Beantragung eines Haftbefehls aus, hieß es in Karlsruhe.

Nach Angaben der iranischen Oppositionsbewegung Nationaler Widerstandsrat Iran (NWRI) in Berlin wollte Shahroudi mit seiner sechsköpfigen Entourage noch am Donnerstag von Hamburg aus in die iranische Hauptstadt Teheran fliegen.

Top-Standort für Behandlungen

Deutschland gilt weltweit als Top-Standort für medizinische Behandlungen. Dass sich hochrangige Politiker anderer Staaten hier behandeln lasen, ist keine Seltenheit. Es gibt bereits Kliniken, die sich auf ein internationales Publikum spezialisiert haben.

Generell müssen alle Personen aus dem Iran, die nach Deutschland einreisen wollen, ein Visum beantragen, damit alle offiziellen Stellen über den Aufenthalt informiert sind.

Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes hatte am Montag vor der Hauptstadtpresse bestätigt, dass sich Ayatollah Shahroudi seit mehreren Wochen in Hannover aufhalte: “Aufgrund einer schweren Erkrankung hatte Herr Shahroudi um die Möglichkeit einer Weiterbehandlung in Deutschland gebeten”, hieß es. “Diesem Wunsch wurde nachgekommen, nachdem gesundheitliche Gründe glaubhaft gemacht worden sind.”

Auf DW-Anfrage präzisierte das Auswärtige Amt die Angaben. Demnach befindet sich Shahroudi seit dem 21. Dezember in Deutschland. Er sei mit einem von der deutschen Botschaft in Teheran ausgestellten Visum eingereist.

Nach Informationen der Farsi-Redaktion der Deutschen Welle hatte sich Shahroudi zuvor zur medizinischen Behandlung in London aufgehalten. Offenkundig wollte er sich danach in die Obhut deutscher Ärzte begeben. 

Ruf eines “Todesrichters”

Shahroudi war im vergangenen August zum neuen Vorsitzenden des einflussreichen Schlichtungsrats ernannt worden. Der frühere Chef der Justiz folgte auf den moderaten Politiker Akbar Haschemi Rafsandschani, der im Januar verstorben war. Die Ernennung des 68-jährigen Klerikers Shahroudi wurde als Festigung der Kontrolle der Konservativen gewertet.

Der 44-köpfige Schlichtungsrat gilt als Vermittler bei Konflikten zwischen der Regierung und dem Wächterrat. Hierhin werden oft Politiker am Ende ihrer Karriere gesendet. Der aus dem Irak stammende Shahroudi gilt darüber hinaus als ein enger Vertrauter von Irans geistlichem Oberhaupt, Ayatollah Ali Chamenei.

Shahroudi war von 1999 bis 2009 Oberster Richter des Iran. In dieser Zeit wurden rund 2000 Verurteilte hingerichtet, darunter auch Minderjährige.

“Kein Sanatorium für Verbrecher”

In Deutschland hat der Fall einige Kritik laut werden lassen. Irans Führung, tadelte die “Bild”-Zeitung, verhafte gerade Hunderte Demonstranten – “doch bei uns werden die Betonbärte hofiert”.

Wir sind “kein Sanatorium für Verbrecher”, sagte der Grünen-Politiker und ehemalige Bundestagsabgeordnete Volker Beck im DW-Interview. Deshalb habe er die Staatsanwaltschaft mit einer Anzeige zur Tätigkeit gezwungen. Immerhin sei inzwischen ein Prüfauftrag auf den Weg gebracht, wie Beck auf Twitter mitteilte.

Der Linken-Politiker und Bundestagsabgeordnete Niema Movassat forderte auf Twitter daraufhin den Generalbundesanwalt auf, den Fall zu übernehmen.

Inwieweit hätte Shahroudi in Deutschland überhaupt strafrechtlich verfolgt werden können? Aus dem Auswärtigen Amt hieß es dazu: “Die Frage, ob Herr Sharoudi Immunität genießt, ist von den gegebenenfalls zuständigen Justizbehörden in eigener Zuständigkeit zu prüfen.”

Schnelle Ausreise?

Der Iran gilt derzeit in Berlin als ein vielversprechender Partner. Das unter der Präsidentschaft von Barack Obama ausgehandelte Atomabkommen gilt als ein Hoffungsschimmer, auch wenn sich der jetzige US-Präsident von dem “Deal” distanziert hat.