Kuratorin von Osten: “Bauhaus ist kein Originalprodukt aus Deutschland”

0
330

Das 100-jährige Bauhaus-Jubiläum im Jahre 2019 wirft seine Schatten voraus. Das Großprojekt “Bauhaus Imaginista” startet bereits jetzt und wagt einen neuen Blick auf das Bauhaus, so Kuratorin Marion von Osten.

  • Design aus Deutschland: 10 Fakten zum Bauhaus, die Sie wissen sollten

    Das Bauhaus startete als Kunstschule

    Walter Gropius wurde 1919 Direktor des neugegründeten Staatlichen Bauhauses, das aus einer Fusion der Großherzoglich-Sächsischen Hochschule für Bildende Kunst und der Kunstgewerbeschule Weimar entstand. Zwar kam Gropius als Architekt an die Kunst- und Designschule, trotzdem entstand dort erst 1927 eine eigene Architekturabteilung.

  • Design aus Deutschland: 10 Fakten zum Bauhaus, die Sie wissen sollten

    Es wollte Handwerker und Künstler einen

    Im Bauhaus-Manifest von 1919 schrieb Gropius: “Bilden wir also eine neue Zunft der Handwerker ohne die klassentrennende Anmaßung, die eine hochmütige Mauer zwischen Handwerkern und Künstlern errichten wollte!” Beeinflusst vom Modernismus, der britischen Arts-and-Crafts-Bewegung und dem Konstruktivismus, warb er für die Idee, dass Design der Gemeinschaft dienen solle.

  • Design aus Deutschland: 10 Fakten zum Bauhaus, die Sie wissen sollten

    Es legte größten Wert auf Funktionalität

    Das fundamentale Prinzip der Bauhaus-Bewegung war: “Die Form folgt der Funktion”. Gebäude oder Objekte sollten entsprechend ihrer Funktion mittels einfacher, aber eleganter geometrischer Formen gestaltet werden. Beispielhaft für dieses Konzept ist das von Josef Hartwig designete Schachspiel, dessen stilisierte Figuren die möglichen Schachzüge und die Rangordnung erkennen lassen sollen.

  • Design aus Deutschland: 10 Fakten zum Bauhaus, die Sie wissen sollten

    Es wollte ein “Gesamtkunstwerk” schaffen

    Durch den interdisziplinären Ansatz der Kunstschule debattierten Professoren und Studierende der bildenden Künste, des Grafikdesigns, der Architektur sowie des Produkt- und Möbeldesigns gemeinsam darüber, wie Menschen in einer modernen Welt leben. Damit entwickelten sie das romantische Konzept des “Gesamtkunstwerks” weiter.

  • Design aus Deutschland: 10 Fakten zum Bauhaus, die Sie wissen sollten

    Es beschäftigte berühmte Professoren

    An der Bauhaus-Schule unterrichteten einige bedeutende Künstler. Dieses Foto von 1926 zeigt von links nach rechts Josef Albers, Hinnerk Scheper, Georg Muche, Laszlo Moholy-Nagy, Herbert Bayer, Joost Schmidt, Walter Gropius, Marcel Breuer, Wassily Kandinsky, Paul Klee, Lyonel Feininger, Gunta Stölzl und Oskar Schlemmer.

  • Design aus Deutschland: 10 Fakten zum Bauhaus, die Sie wissen sollten

    Bauhaus-Künstler schmissen legendäre Partys

    Obwohl das Bauhaus für seinen minimalistischen Stil bekannt ist, investierten Studierende und Professoren überraschend viel Zeit in den Entwurf von surrealen Party-Kostümen, wie Farkas Molnar in seinem Essay “Life at the Bauhaus” (1925) beschrieb. Aus den improvisierten Feiern entwickelten sich später Großproduktionen, wie das “Triadische Ballett” von Oscar Schlemmer.

  • Design aus Deutschland: 10 Fakten zum Bauhaus, die Sie wissen sollten

    Nazis erzwangen die Schließung der Schule

    Politische Spannungen führten mehrmals zur Schließung der Kunstschule. 1925 zog sie von Weimar nach Dessau. Als die Nazis in der Stadt die Kontrolle übernahmen, musste die Schule 1932 abermals schließen. Die Wiedereröffnung in Berlin war von kurzer Dauer. Das Nazi-Regime beschuldigte die Institution, “entartete Kunst” zu schaffen. Im April 1933 wurde der Schulbetrieb endgültig eingestellt.

  • Design aus Deutschland: 10 Fakten zum Bauhaus, die Sie wissen sollten

    Das Bauhaus lebte im Ausland fort

    Die ehemaligen Mitarbeiter der Kunstschule ließen sich nicht davon abhalten, die idealistischen Konzepte des Bauhauses aus dem Exil heraus weiter zu verbreiten. Jüdische Architekten waren beispielsweise an der Gestaltung der Weißen Stadt in Tel Aviv beteiligt, die aus rund 4000 Gebäuden im Bauhaus-Stil besteht und seit 2003 zum Weltkulturerbe gehört.

  • Design aus Deutschland: 10 Fakten zum Bauhaus, die Sie wissen sollten

    Das Bauhaus beeinflusst Designer bis heute

    Moderne, erschwingliche, modulare Möbel – die meisten denken da heute sicherlich an Ikea. Doch das Konzept wurde nicht in Schweden geboren, sondern ist von den klassischen Arbeiten der Bauhaus-Designer inspiriert. Das Bild zeigt den legendären “Freischwinger” und weitere Möbel, die Marcel Breuer und Ludwig Mies van der Rohe gestaltet haben.

  • Design aus Deutschland: 10 Fakten zum Bauhaus, die Sie wissen sollten

    Das Bauhaus wird bald 100

    Das Bauhaus feiert 2019 seinen 100. Geburtstag mit zahlreichen Sonderausstellungen und drei neuen Museen in den Städten, in denen die Kunstschule einst ihren Standort hatte: in Weimar, Dessau und Berlin. Jubiläumsausstellungen werden Designklassiker präsentieren sowie bisher nie gezeigte Schätze, die am Bauhaus entstanden sind.

    Autorin/Autor: Elizabeth Grenier (pr)


  • Design aus Deutschland: 10 Fakten zum Bauhaus, die Sie wissen sollten

    Das Bauhaus startete als Kunstschule

    Walter Gropius wurde 1919 Direktor des neugegründeten Staatlichen Bauhauses, das aus einer Fusion der Großherzoglich-Sächsischen Hochschule für Bildende Kunst und der Kunstgewerbeschule Weimar entstand. Zwar kam Gropius als Architekt an die Kunst- und Designschule, trotzdem entstand dort erst 1927 eine eigene Architekturabteilung.

  • Design aus Deutschland: 10 Fakten zum Bauhaus, die Sie wissen sollten

    Es wollte Handwerker und Künstler einen

    Im Bauhaus-Manifest von 1919 schrieb Gropius: “Bilden wir also eine neue Zunft der Handwerker ohne die klassentrennende Anmaßung, die eine hochmütige Mauer zwischen Handwerkern und Künstlern errichten wollte!” Beeinflusst vom Modernismus, der britischen Arts-and-Crafts-Bewegung und dem Konstruktivismus, warb er für die Idee, dass Design der Gemeinschaft dienen solle.

  • Design aus Deutschland: 10 Fakten zum Bauhaus, die Sie wissen sollten

    Es legte größten Wert auf Funktionalität

    Das fundamentale Prinzip der Bauhaus-Bewegung war: “Die Form folgt der Funktion”. Gebäude oder Objekte sollten entsprechend ihrer Funktion mittels einfacher, aber eleganter geometrischer Formen gestaltet werden. Beispielhaft für dieses Konzept ist das von Josef Hartwig designete Schachspiel, dessen stilisierte Figuren die möglichen Schachzüge und die Rangordnung erkennen lassen sollen.

  • Design aus Deutschland: 10 Fakten zum Bauhaus, die Sie wissen sollten

    Es wollte ein “Gesamtkunstwerk” schaffen

    Durch den interdisziplinären Ansatz der Kunstschule debattierten Professoren und Studierende der bildenden Künste, des Grafikdesigns, der Architektur sowie des Produkt- und Möbeldesigns gemeinsam darüber, wie Menschen in einer modernen Welt leben. Damit entwickelten sie das romantische Konzept des “Gesamtkunstwerks” weiter.

  • Design aus Deutschland: 10 Fakten zum Bauhaus, die Sie wissen sollten

    Es beschäftigte berühmte Professoren

    An der Bauhaus-Schule unterrichteten einige bedeutende Künstler. Dieses Foto von 1926 zeigt von links nach rechts Josef Albers, Hinnerk Scheper, Georg Muche, Laszlo Moholy-Nagy, Herbert Bayer, Joost Schmidt, Walter Gropius, Marcel Breuer, Wassily Kandinsky, Paul Klee, Lyonel Feininger, Gunta Stölzl und Oskar Schlemmer.

  • Design aus Deutschland: 10 Fakten zum Bauhaus, die Sie wissen sollten

    Bauhaus-Künstler schmissen legendäre Partys

    Obwohl das Bauhaus für seinen minimalistischen Stil bekannt ist, investierten Studierende und Professoren überraschend viel Zeit in den Entwurf von surrealen Party-Kostümen, wie Farkas Molnar in seinem Essay “Life at the Bauhaus” (1925) beschrieb. Aus den improvisierten Feiern entwickelten sich später Großproduktionen, wie das “Triadische Ballett” von Oscar Schlemmer.

  • Design aus Deutschland: 10 Fakten zum Bauhaus, die Sie wissen sollten

    Nazis erzwangen die Schließung der Schule

    Politische Spannungen führten mehrmals zur Schließung der Kunstschule. 1925 zog sie von Weimar nach Dessau. Als die Nazis in der Stadt die Kontrolle übernahmen, musste die Schule 1932 abermals schließen. Die Wiedereröffnung in Berlin war von kurzer Dauer. Das Nazi-Regime beschuldigte die Institution, “entartete Kunst” zu schaffen. Im April 1933 wurde der Schulbetrieb endgültig eingestellt.

  • Design aus Deutschland: 10 Fakten zum Bauhaus, die Sie wissen sollten

    Das Bauhaus lebte im Ausland fort

    Die ehemaligen Mitarbeiter der Kunstschule ließen sich nicht davon abhalten, die idealistischen Konzepte des Bauhauses aus dem Exil heraus weiter zu verbreiten. Jüdische Architekten waren beispielsweise an der Gestaltung der Weißen Stadt in Tel Aviv beteiligt, die aus rund 4000 Gebäuden im Bauhaus-Stil besteht und seit 2003 zum Weltkulturerbe gehört.

  • Design aus Deutschland: 10 Fakten zum Bauhaus, die Sie wissen sollten

    Das Bauhaus beeinflusst Designer bis heute

    Moderne, erschwingliche, modulare Möbel – die meisten denken da heute sicherlich an Ikea. Doch das Konzept wurde nicht in Schweden geboren, sondern ist von den klassischen Arbeiten der Bauhaus-Designer inspiriert. Das Bild zeigt den legendären “Freischwinger” und weitere Möbel, die Marcel Breuer und Ludwig Mies van der Rohe gestaltet haben.

  • Design aus Deutschland: 10 Fakten zum Bauhaus, die Sie wissen sollten

    Das Bauhaus wird bald 100

    Das Bauhaus feiert 2019 seinen 100. Geburtstag mit zahlreichen Sonderausstellungen und drei neuen Museen in den Städten, in denen die Kunstschule einst ihren Standort hatte: in Weimar, Dessau und Berlin. Jubiläumsausstellungen werden Designklassiker präsentieren sowie bisher nie gezeigte Schätze, die am Bauhaus entstanden sind.

    Autorin/Autor: Elizabeth Grenier (pr)


Bis heute finden das Bauhaus, seine Ideenwelt und seine baulichen Manifestationen weltweit große Beachtung. Als Walter Gropius das Staatliche Bauhaus 1919 als Kunstschule in Weimar gründete, verfolge er einen für damalige Zeiten völlig neuen Ansatz. Ihm ging es um die Versöhnung von Kunst und Handwerk. Mit einem neuen Design wollte man sich auf den industriellen Produktionsprozess einstellen. Das historische Bauhaus gilt als eine der einflussreichsten Architekturstätten der Welt.

Das Ausstellungs- und Forschungsprojekt “Bauhaus Imaginista” nähert sich dem Phänomen sozusagen von “außen”. In vier dezentralen Ausstellungen in China, Japan, Russland und Brasilien richtet es, in Kooperation mit lokalen Partnern, den Blick auf die internationale Vernetzung des Bauhaus’ und den Austausch von Ideen. Im Gespräch mit der DW erläutert die Kuratorin Marion von Osten die Einzelheiten.

DW: “Bauhaus Imaginista” haben Sie das internationale Ausstellungsprojekt genannt, das anlässlich des Jubiläums “100 Jahre Bauhaus” in vielen Ländern der Welt und in Deutschland ausgerichtet wird. Was bedeutet “Imaginista” in diesem Zusammenhang?

von Osten: “Bauhaus Imaginista” ist eine Worterfindung. Das ist nicht das imaginäre Bauhaus, wie man im Deutschen sagen würde. “Imaginista” verweist darauf, dass es eine internationale Rezeption des Bauhaus’ und seiner Ideen gibt. Es wurde aufgenommen, es wurde kommuniziert. Es gab in anderen Kulturen oder politischen Kontexten Begegnungen mit “Bauhäuslern”. Aber auch die Beziehung, die das Bauhaus zu anderen Kulturen gesucht hat, ist das Thema.

Das Bauhaus in Dessau wurde 1926 eröffnet

Als das Bauhaus 1919 mit dem Manifest von Martin Gropius gegründet wurde, war es getragen von der Vorstellungskraft – und das heißt ja auch Imagination – , sich eine neue Gesellschaft zu denken, die neue Formen des Lebens und der Bewohnung benötigt. Und daraus hat man ein Curriculum entwickelt, dass es so noch nicht gegeben hat.

Das Bauhaus wird landläufig mit Martin Gropius, Mies van der Rohe, Paul Klee und anderen großen Namen in Verbindung gebracht. Und mit der Idee, Kunst und Handwerk nicht als Gegensätze zu sehen. Wie greifen Sie das in Ihrem Ausstellungsprojekt auf?

Anfangs wurde es dank der amerikanischen Leseweise sehr stark als Stil- und Architekturprojekt gesehen. Mies van der Rohe und Gropius haben diese Ideologie mitgetragen. Dabei ging es ihnen um die Synthese von Handwerkskunst und industrialisierter Form. Interessant ist aber, dass es in der Bauhaus-Bibliothek wenig Theoriebücher gab, dafür aber viele Bücher, in der Weltkultur abgebildet war. Das waren die Referenzen des noch jungen Bauhaus’. Diese indigenen Formen von Handwerk, Kultur und Praxis werden in einer transkulturellen Übersetzung im Bauhaus aufgegriffen. Das nennen wir transkulturelle Moderne. Hier genau wollen wir in unserem Projekt stärker hinschauen. Auf die Quellen und die Beziehungen außerhalb des Bauhaus’. Uns interessiert weniger, was das Bauhaus in Deutschland war, nämlich ein originäres Zwischenkriegsprodukt der Weimarer Republik. Sondern vielmehr zu schauen, in welchen Netzen es entstanden ist, wie es seine Netze weiter ausspannte und auf andere Kulturen schaute, beispielsweise auf den indischen Pädagogen Tagore, der sehr bewundert wurde.

Das Bauhaus hat sich nicht nur sehr für die Kulturen der Welt interessiert. Es war ja selbst sehr international, im Lehrkörper und bei den Studenten. Wie machen Sie den internationalen Aspekt in Ihrem Ausstellungsprojekt erlebbar?

Wichtig ist mir: Unser Ausstellungsprojekt ist kein historiographisches Projekt. Es ist eher eine Ansammlung von sehr unterschiedlichen geographischen Kontexten, in denen aber immer wieder Lehrer und Studenten des Bauhaus’ vorkommen. Da ist beispielsweise der japanische Maler Takehito Mizutani, der erste japanische Student des Bauhaus’. Er hat in Japan 1931 eine Bauhaus-Ausstellung in der Tokioter Akademie eröffnet, die ein totaler Hybrid ist. Denn es ist keine Bauhaus-Ausstellung in traditionellen Sinne, sondern eine Interpretation des Bauhauses, die mit japanischen Modernismen gefüllt wird. Da geht es zum Beispiel um die Origami-Tradition. Die kommt, wie das Bauhaus auch, vom Beginn des 20. Jahrhunderts. Das ist keine alte Handwerkskunst, sondern ein moderner Umgang mit Papier und Papiergestaltung. Die Ausstellung von damals wird 2018 wieder zu sehen sein.

Ein Thema ist bei Ihnen auch die Dekolonisierung von Kultur. Was meinen Sie damit?

Es ist wichtig, immer andere Stimmen zu hören; Stimmen, die nicht den europäischen Blick vervielfältigen. Es gab in den Unabhängigkeitsbewegungen im nördlichen und westlichen Afrika künstlerische Strömungen, die sich wie das Bauhaus mit populären Künsten beschäftigten. Also mit Handwerkspraktiken, die den Alltag der Menschen bestimmt haben, etwa ihre Einrichtung. Dabei haben sich die Künstler vom vorherrschenden kolonialen Stil abgewandt. Warum das Bauhaus der Dekolonisierungsbewegung als positive Alternative diente, das erforschen wir gerade noch. Das hat definitiv mit der Vertreibung des Bauhauses zu tun und auch mit der nationalsozialistischen Verfolgung. Ich glaube, im Moment der Dekolonisierung wurde das Bauhaus auf eine andere Art gelesen, durchaus auch als politisches Projekt.

Bauhaus weltweit wenig populär

Schulterschluss von Kunst und Handwerk – das war eine Utopie des Bauhaus

Sie wollen das Bauhaus ja nicht in der Form eine Wanderausstellung durch die Welt schicken, sondern sich an verschiedenen Orten mit Bauhaus-Themen einklinken. Ist das Bauhaus weltweit eigentlich immer noch so populär?

Tatsächlich glaube ich, dass es eigentlich gar nicht mehr eine so große Rolle spielt. Als Brand schon, etwa für die Weiße Stadt in Tel Aviv. Als ein Assoziationslabel, mit dem man sich verkaufen kann und UNESCO-Welterbe wird, funktioniert es weiterhin gut. Aber Tatsache ist, dass die Ideen des Bauhaus’ auch ihre Beschränkungen hatten. Diese Vorstellung, dass wir die Objektwelt verändern müssen, damit sich unsere Welt verändert, hat ihre Grenzen. Wir sehen, dass die Welt sich ganz anders verändern muss, nämlich in ihren sozialen und politischen Verhältnissen.

Das war damals also zu kurz gedacht…..

Richtig, und das ist an anderen Orten, etwa in Brasilien, thematisiert worden. Die berühmte brasilianische Architektin Lina Bo Bardi hat ein Gegenprojekt entwickelt, in dem sie die Top-Down Industrialisierung des Westens infrage stellt und schaut, wie die lokale Bevölkerung von “unten” her Innovationen schafft. Beispielsweise eine kleine Glühbirne, die nicht funktioniert, weil es keinen Strom gab. Aber sie wurde dann zur Petroleumlampe umgewandelt. Statt Moderne zu implementieren, wollte sie zeigen, wie Menschen mit Moderne umgehen. Auch die Ablehnung der Bauhaus-Ideen interessiert uns natürlich in unserem Projekt.

Sie planen Ausstellungen und Konferenzen weltweit. São Paulo haben Sie gerade genannt. Daneben Kyoto, Lagos, Moskau, Neu Delhi und andere Orte. Und natürlich Berlin. Welche Impulse versprechen Sie sich davon?

Wir sollten sehen: Das Bauhaus war kein Originalprodukt aus Deutschland. Es war immer ein kosmopolitisch vernetztes Projekt, das ganz unterschiedliche Beziehungen aufgenommen hat. Das heißt, wir müssen beginnen, transnational zu denken. Übrigens auch in unserer Diskussion über Migration.

Sehen Sie weitere mögliche Impulse?

Die weltgrößte Ansammlung von Gebäuden im Bauhaus-Stil: Die “Weiße Stadt” in Tel Aviv

Selbst wenn das Bauhaus an seine Grenzen stieß: Wenn man sich nach dem Zweiten Weltkrieg anschaut, wie die deutschen Kunsthochschulen immer noch Kunst und Design unterscheiden, dann ist das nicht im Sinne der Bauhaus-Idee. Das Zusammenwirken der verschiedenen Künste, das machen heute die Praktiker. Aber ausgebildet dazu werden sie nicht. Wir brauchen Ausbildungsgänge, die nicht disziplinär getrennt sind, die nicht zwischen Kunst und Populärem unterscheiden. Auch das sind Fragen, die man heute anhand des Bauhauses diskutieren kann.

Susanne von Osten kuratiert gemeinsam mit Grant Watson das Internationale Ausstellungsprojekt “Bauhaus Imaginista”. Unterstützt werden sie von einem Team aus internationalen Forschern und Künstlern. Neben der Bauhaus-Kooperation ist das Goethe-Institut und das Haus der Kulturen der Welt beteiligt. Gefördert wird das Projekt von Monika Grütters, der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, dem Auswärtigen Amt und der Kulturstiftung des Bundes. 

 

Das Gespräch führte Gero Schließ.