Thomas Reiter: Die ESA wird einen Beitrag zur neuen Raumstation leisten

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Die Ankündigung Russlands und der USA, eine Raumstation in Mondnähe aufzubauen, hat die Europäische Weltraumagentur nicht überrascht, sagt der ESA Koordinator für internationale Agenturen und Astronaut Thomas Reiter.

DW: Die USA und Russland möchten eine dauerhafte Mond-Orbiter-Station aufbauen, ähnlich wie die Internationale Raumstation (ISS), aber etwas kleiner und eine die um den Mond kreist. Welche Rolle spielt Europa dabei?

Thomas Reiter: Dieser Schritt ist für uns keine Überraschung. Alle Agenturen, die an dem ISS-Programm beteiligt sind, arbeiten bereits seit vielen Jahren an diesem Konzept – und natürlich auch die Europäische Raumfahrtagentur ESA.

Wir sind bereits heute in dieses Programm involviert, denn in Europa – genauer in Bremen – wird das Servicemodul für die amerikanische Orion-Kapsel gebaut. Das wäre das Transportmittel mit dem Astronauten von der Erde zu diesem Deep Space Gateway fliegen würden.

Darüber hinaus haben wir in den vergangenen Jahren andere Optionen betrachtet, mit denen sich Europa an dieser Station beteiligen könnte. Wir haben eine sehr genaue Vorstellung davon, müssen aber noch mit unseren 22 Mitgliedsländern diskutieren wo hier die Interessen der wissenschaftlichen Gemeinde und der Industrie liegen.

Könnte denn auch ein europäisches Modul, Teil einer solchen Raumstation werden?

Thomas Reiter war als Astronaut auf den Raumstationen MIR und ISS

Absolut. Mit dem Columbus Modul, das seit 2008 als Teil der ISS seinen Dienst versieht, funktioniert das hervorragend. Damit haben wir eine gehörige Erfahrung gesammelt und auch die Achtung unserer internationalen Partner erlangt. Ein solches “Habitation Module” ist genau einer der möglichen europäischen Beiträge.

 

Wir könnten uns auch vorstellen ein solches Modul gemeinsam mit Japan zu bauen. Das ist eins der Elemente, die wir mit den Mitgliedsländern diskutieren müssen – ob das auch wirklich gewünscht ist. 

Die Festlegung der Amerikaner und Russen auf einen Mond-Orbiter ist wegweisend. Was bedeutet das für die Zukunft der ISS?

Die Weiternutzung der ISS für ein weites Spektrum verschiedener Themen in Grundlagenforschung und angewandter Forschung […] wurde ja bis 2024 verlängert. Rein technisch kann die Station mindestens bis zum Jahr 2028 weiterbetrieben werden.

Von Seiten der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in Europa besteht dafür auch ein großer Bedarf. Insofern sind wir sehr froh, dass wir unsere Forschungsprogramme bis zu diesem Horizont ausdehnen können.

Also wird die ISS nicht ersetzt und kommt auf den Schrott?

Das Deep Space Gateway würde die ISS nicht ersetzen. Die Forschung im erdnahen Weltraum ist für die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler enorm wichtig und bedeutungsvoll. Wir werden auch nach einer ISS nach Wegen suchen, in Erdnähe solche Forschung weiter zu betreiben. Das Deep Space Gateway ist als Ergänzung zu verstehen.

Wofür bräuchten wir die ISS noch, wenn die neue Raumstation im All ist?

[…] Es ist ein “Sprungbrett” im Sinne einer Testplattform für bestimmte Technologien, wie zum Beispiel Lebenserhaltungssysteme oder leichtere und bessere Materialen für den Strahlungsschutz.

Auf der ISS sind wir durch das Erdmagnetfeld noch sehr gut vor kosmischer Strahlung geschützt. In der Nähe des Mondes ist das nicht mehr der Fall. Wir können also auf der ISS Technologien zur Reife entwickeln, die wir dann in einer Entfernung von 300.000 Kilometern von der Erde einsetzen.

Geht es dann auch wieder zurück auf den Mond?

Es ist natürlich immer eine politische Entscheidung, aber ich erwarte die Rückkehr von Menschen auf den Mond etwa in der zweiten Hälfte des nächsten Jahrzehnts. Und da wäre es natürlich unser Wunsch, dass eine europäische Astronautin oder ein europäischer Astronaut dabei sein wird.

So könnte das Monddorf nach einem Entwurf der ESA einmal aussehen.

Und würde das dann eher eine einzelne Mondlandung sein, oder kommt dann auch die permanente Mondstation?

Wir betrachten heute Szenarien, in denen wir nicht nur eine Stippvisite machen, sondern wo wir tatsächlich eine permanente Station aufbauen, wo Menschen über längere Zeiträume dort oben arbeiten können – ähnlich wie auf der ISS.

Auch unser Generaldirektor Jan Wörner hat den Aufbau eines Monddorfes in internationaler Zusammenarbeit ins Gespräch gebracht. Das ist auf großes Interesse gestoßen. 

Wird das dann auf der uns zugewandten Seite des Mondes sein, oder auf der anderen?

Es sind natürlich Orte sehr interessant, die in den Polarregionen des Mondes liegen, weil man dort größere Wasservorkommen vermutet. Das wäre natürlich günstig für die Versorgung einer solchen permanenten Station. Die erdabgewandte Seite hat eine enorm große Bedeutung, weil [sie] für den Schutz unserer Erde einen wichtigen Beitrag leisten [kann].

Immer wieder fliegen Meteoriten Richtung Erde. Objekte, wie der Meteorit, der Anfang 2013 bei Tscheljabinsk eingeschlagen ist, ließen sich von [dieser Seite] leichter erkennen. 

Der Mond könnte sich auch als Plattform eignen um [mit Raketen bzw. Raumschiffen] mögliche größere Objekte von der Erde abzulenken. Es gibt also eine Vielzahl von Gründen, warum der Mond nach wie vor von großem Interesse ist. 

Thomas Reiter ist bei der Europäischen Weltraumagentur ESA als Koordinator für Internationale Agenturen für die Beziehungen zu anderen Partnern zuständig. Zuvor war er Direktor für Bemannte Raumfahrt. Als Astronaut hat er 350 Tage auf den Raumstationen MIR und der Internationalen Raumstation ISS verbracht.

Das Interview führte Fabian Schmidt 


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    Autorin/Autor: Fabian Schmidt