Brexit: Weniger Briten an der Algarve

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Portugals wichtigste Tourismusregion, die Südküste, ist alarmiert: Bei den bislang treuesten und wichtigsten Gästen, den Briten, sank im Juli erstmals seit langer Zeit die Zahl der Hotel-Übernachtungen.

Kurze Wachstumsdelle oder Vorbote einer längeren Abschwungphase? Portugals Tourismusexperten schauen besorgt auf die im Juli überraschend gesunkene Zahl von Übernachtungen britischer Gäste in Hotels der Algarve. Das Minus von fast 13 Prozent gegenüber dem Juni 2016 rechnet der regionale Hotelierverband AHETA bereits den Folgen des Brexit zu. Und fürchtet, dass sich die negative Tendenz in der näheren Zukunft noch verstärken könnte.

Verbandspräsident Elidérico Viegas findet, der Nachfragerückgang unter Touristen aus Großbritannien sei absehbar gewesen. Schließlich habe der Kurs des britischen Pfunds gegenüber dem Euro seit dem Beschluss zum EU-Austritt um rund 15 Prozent nachgegeben. Dies habe Urlaube von Engländern in einem beliebten Euro-Land wie Portugal entsprechend verteuert. Viegas verweist auf offizielle Angaben aus dem Vereinigten Königreich, wonach bereits im Mai fast fünf Prozent weniger Briten auf Auslandsreisen gegangen seien.

Algarve bei anderen Nationalitäten immer beliebter

Die Alarmglocken läuten bei einigen Touristikern an der Südküste Portugals besonders laut, weil Großbritannien seit Jahrzehnten zu den wichtigsten Herkunftsländern von Algarve-Touristen gehört. Die Briten sorgten bislang für fast die Hälfte der Übernachtungen in den Hotels der Südküste. In einem Interview kurz vor Bekanntwerden der Juli-Zahlen war Desidério Silva, Präsident des Tourismusverbands der Algarve, noch davon ausgegangen, dass selbst ein voranschreitender Brexit daran nicht sehr viel ändern werde: “Die Algarve wird von den Briten geliebt und ist eine sehr starke Marke – sowohl bei den Urlaubern als auch den beruflich hier Tätigen.”

Die Hotels an der Algarve registrieren erste Einbrüche bei Gästen aus dem Vereinigten Königreich.

Selbst wenn weniger Briten kämen, würden mehr Touristen aus anderen Ländern an die Algarve reisen, hatte Silva beruhigt. Das ist tatsächlich der Fall, vor allem bei Franzosen und Deutschen. Laut Hoteliervereinigung AHETA stieg im Juli die Zahl der Hotel-Übernachtungen von deutschen Algarve-Urlaubern um fast zwölf Prozent.

Mehr Übernachtungen im ersten Halbjahr

In der amtlichen Tourismus-Statistik für Januar bis Juni 2017 ist noch ein Plus von 5,8 Prozent bei den Übernachtungen britischer Urlauber registriert – nicht bloß an der Algarve, sondern in ganz Portugal. Deutsche Touristen sorgten sogar für einen Zuwachs von neun Prozent. Bei Spaniern und Franzosen gab es knapp fünf Prozent mehr Übernachtungen in Portugal. Besonders hoch waren die Zuwachsraten in den ersten sechs Monaten dieses Jahres bei den Übernachtungen von Reisenden aus Brasilien (plus 55 Prozent), Polen (plus 36 Prozent) und USA (plus 31 Prozent).

Insgesamt setzte sich im ersten Halbjahr 2017 der Tourismus-Boom in Portugal fort. Laut Statistikamt INE gab es fast zwölf Prozent mehr Übernachtungen von Ausländern. Die Einnahmen stiegen sogar um knapp 19 Prozent, was auf erhöhte Preise hinweist. Die Algarve registrierte bei den Übernachtungen von Ausländern eine Zunahme um gut neun Prozent.

Andere Nationalitäten glichen das Briten-Minus an der Algarve aus. Eine neue Direktverbindung Peking-Lissabon bringt auch immer mehr Chinesen nach Portugal.

Kürzlich hatte Portugals Statistikbehörde INE ihre offizielle Auswertung für das gesamte Tourismusjahr 2016 vorgelegt. Danach blieb die Algarve mit knapp einem Drittel aller Übernachtungen unangefochtener Spitzenreiter. Auf Platz zwei rangiert die Hauptstadtregion Lissabon mit 24,9 Prozent.

Rückblick auf 2016

Insgesamt wurden im ganzen Land 21,3 Millionen Gäste und 59,4 Millionen Übernachtungen registriert – ein Plus von jeweils gut elf Prozent. Die Einnahmen erhöhten sich im vergangenen Jahr auf 3,1 Milliarden Euro. Das waren plus 18,1 Prozent gegenüber 2015.

Unter den in Portugal übernachtenden ausländischen Urlaubern waren 2016 am stärksten die Briten (22,9 Prozent), die Deutschen (13,9 Prozent), die Franzosen (10,6 Prozent) und die Spanier (10,3 Prozent) vertreten. Besonders die Touristen aus Frankreich beeindruckten in Portugal: Deren Übernachtungen nahmen 2016 um ein Fünftel zu. Die deutschen Gäste steigerten die Zahl ihrer Übernachtungen in Portugal um 11,6 Prozent. Geringere Zuwächse gab es im vergangenen Jahr noch bei den Briten und bei den Spaniern.