Welt-AIDS-Konferenz 2017: Wie kommt der Kampf gegen HIV voran?

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Ab Sonntag treffen sich Experten aus der ganzen Welt in Paris zur 9. internationalen AIDS-Tagung. Der Fokus im Kampf gegen das Virus richtet sich in diesem Jahr auf eine neue Gefahr: Resistenzen gegen AIDS Medikamente.

Der Kampf der Forscher gegen das HI-Virus, dass die Immunschwächekrankheit AIDS auslöst, scheint nur sehr schleppend voranzukommen. Zwar gibt es  immer wieder neue Entdeckungen und Infizierte können mit antiretroviralen Medikamenten mittlerweile auch durchaus ein hohes Lebensalter erreichen, aber eine drastische Verringerung der Neuinfektionen ist nach wie vor nicht in Sicht. 

35 Jahre nachdem Francoise Barré-Sinoussi und Luc Montaigner das Virus erstmals nachgewiesen haben, steht die Forschung, immer noch im Wettlauf mit dem Virus. 

Wenn ab Sonntag Virologen, Mediziner und Gesundheitspolitiker in Paris für drei Tage zur Welt-AIDS-Konferenz IAS2017 zusammen kommen, wird ein neues Thema die Tagesordnung bestimmen: Wachsende Resistenzen gegen HIV-unterdrückende Medikamente.
Der jährliche Bericht der Weltgesundheitsorganisation WHO, der am Donnerstag vorgestellt wurde, betont, dass in sechs von elf Ländern, die in Afrika, Asien und Lateinamerika untersucht wurden, Resistenzen in einem signifikanten Maße auftreten. In diesen Ländern haben demnach “mehr als zehn Prozent der Menschen, die antiretrovirale Therapien beginnen, eine Form des HI-Virus, das resistent gegen einige der üblichsten HIV Medikamente ist.”

Man kann nur spekulieren, was das für das 90-90-90-Ziel von von UNAIDS bedeutet. Die Fachorganisation der Vereinten Nationen will erreichen, dass 90 Prozent der weltweit mit HIV infizierten Menschen richtig diagnostiziert sind und dass davon 90 Prozent regelmäßig antiretrovirale Medikamente erhalten. Außerdem möchte sie bei 90 Prozent dieser Patienten den Ausbruch von AIDS komplett verhindern.

Was, wenn die Medikamente versagen?

“Wenn die Resistenz in einigen Ländern zehn Prozent [oder mehr] erreicht, finde ich das sehr besorgniserregend. Es bedeutet, dass das resistente Virus bereits häufig übertragen wurde” sagt Professor Hendrik Streeck, der das erste deutsche Labor in Essen leitet, welches sich ausschließlich der Erforschung des HI-Virus widmet. 

Es gibt fünf verschiedene Wirkstoffklassen, mit denen sich ein AIDS-Ausbruch bei Trägern des Virus unterdrücken lässt. Eine globale Bedrohung sind die Resistenzen also noch nicht. Trotzdem rechnet die WHOmit 135.000 zusätzlichen Todesfällen und 105.000 Neuinfektionen im Laufe der kommenden fünf Jahre, sollte man die Resistenzen nicht in den Griff bekommen.

“Es hängt davon ab, wie oft ein Virus weitergegeben wird. Falls ein Patient antiretrovirale Medikamente falschen einnimmt und dadurch das Virus eine Resistenz entwickeln kann, und wenn dann der Patient eine anderen Person ansteckt, kann diese Person nicht mehr mit dem gleichen Medikament behandelt werden,” sagt Streeck. “Üblicherweise ist es dann die ganze Wirkstoffklasse [die nicht mehr funktioniert]. Reden wir also von einer Rate von zehn Prozent, dann droht uns eine ganze Wirkstoffklasse verloren zu gehen.“

Unterdrückung ist nur eine vorübergehende Lösung

Als antiretrovirale Medikamente auf den Markt kamen, haben sie viel verändert und auch viele Menschenleben gerettet. Aber diese Medikamente vernichten das Virus nicht. Sie sorgen nur dafür, dass es in den Zellen versteckt bleibt – oft so weit, dass es nicht mehr messbar ist. Dann bricht auch die tödliche Immunschwächekrankheit AIDS nicht aus. Aber das Virus ist immer noch da.

Um das Virus zu unterdrücken muss man die Medikamente lebenslang einnehmen. Unterbricht man die Behandlung, bricht das Virus mit großer Wahrscheinlichkeit wieder aus. Deshalb stellen diese Medikamente auch keine Heilung dar. “HIV ist sehr geschickt: Es kann sich im Körper verstecken. Wir Ärzte nennen das Latenz,” sagt Dr. Wenhui Hu. Er lehrt an der Katz School of Medicine/Temple University. “Wir arbeiten daran, auch das latente HIV zu entfernen. Dann wäre es eine permanente Heilung.”

Noch immer keine HIV-Heilung? Wenhui Hu und sein Team arbeiten an einer Genschere, die latente HI-Viren abtöten soll.

In einigen Fällen kann das Virus sich sogar in das Erbgut des Patienten einbauen. Die DNA des Virus, auch als provirale HIV DNA bezeichnet, kann dann zur eigenen DNA werden, sagt Hu. 

Sein Team forscht an zwei möglichen Wegen, die latenten Zellen los zu werden. Einer davon nutzt die Genschere CRISPR/Cas9. Der andere ist bekannt unter dem Titel “shock and kill” (“Aufschreckenund töten”). Dabei geht es darum, die latenten Zellen zunächst zu reaktivieren, also aus dem Versteck zu locken, um sie dann zu töten – entweder durch das eigene Immunsystem, oder durch Medikamente.

Dabei kann es allerdings zu Nebenwirkungen kommen. Die Genschere ist möglicherweise ein präziserer Ansatz. “Wir nutzen Gene-Editing um spezifische, latente Zellen ins Visier zu nehmen. Mit CRISPR/Cas9 gelingt es uns, nur HIV positive Zellen auszuwählen. Unsere ‘dCas9’ Methode [eine bestimmte Form der Genschere] setzt mehr Kraft frei, um das latente Virus zu reaktivieren und es in einen direkten Selbstmord zu treiben,” erklärt Hu, seine Methode. “Dann muss man sich nicht so sehr auf das eigene Immunsystem verlassen.”

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Bis 2020 soll Deutschland AIDS-frei sein

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Bis 2020 soll Deutschland AIDS-frei sein

Heilung oder Impfung?

Eine Heilung für HIV – das klingt fast so gut wie eine Heilung für Krebs. Leider gibt es weder das eine, noch das andere. AIDS Aktivisten, wie Mitchell Warren von der AIDS Lobbygruppe AVAC betonen deshalb, dass Prävention an erster Stelle stehen muss.

“Um Erfolg zu haben – auch mit dem 90-90-90 Modell, ist es nötig Prävention stärker zu bewerben: Die Verwendungvon Kondomen, [ergänzend dazu männliche] Beschneidung [die das Infektionsrisiko etwas abschwächt, aber alleine keinen Schutz bietet] und präventive PrEP-Medikamente [sogenannte ‘pre-exposure’ Prophylaxe],” sagt Mitchell. “Und wir müssen sicherstellen, dass es simultan weiterhin Investitionen in Innovation und neue Technologien gibt, wie Gene-Editing, Impfungen und Forschung an anderen Heilungsmethoden. Jetzt in Paris wird es eine komplexe Aufgabe, da die richtige Balance zu finden.”

Warren meint damit, dass die 90-90-90 Strategie alleine nicht ausreichen wird, um die Epidemie zu bezwingen. Es sei gleichzeitig nötig, die Neuinfektionen zu stoppen. Der Medizin gelinge es bisher nicht, die Infektion zu bezwingen, noch immer laufe sie der Realität hinterher.

“Wir sehen Fortschritte, was die Zahlen 90-90-90 betrifft. Immer mehr Menschen werden behandelt, aber die Wirkung im allgemeinen wird nicht sichtbar: Die Zahl der Neuinfektionen geht nicht stark genug zurück,” sagt Warren.

Um das zu erreichen ist eine Impfung nötig, meint er. “Die Behandlung hilft den infizierten Patienten, aber es wird die Epidemie nicht beenden,” sagt Streeck. “Besonders bei den sexuell übertragenen Krankheiten werden die Menschen nicht gut genug beobachtet. Sie werden stigmatisiert und schämen sich darüber zu sprechen. Eine Behandlung kann also die Epidemie verlangsamen oder abschwächen, aber nicht stoppen.” 


  • Achtung, ansteckend!

    Schön, aber gefährlich

    Vor allem für kleine Kinder und ältere Menschen sind Grippeviren gefährlich. Mit bloßem Auge sieht man sie nicht. Aber man merkt schnell, wenn sie da sind: an Fieber, Schüttelfrost, Gliederschmerzen, Kopfschmerzen und Husten. Dabei bestehen die Viren aus nicht viel mehr als einer Eiweißhülle und einem kleinen Erbgutstrang.


  • Achtung, ansteckend!

    Keine Banalität

    Eine mögliche Grippe-Pandemie macht den Menschen Angst. Denn sie kann gefährlich werden. Bei der Spanischen Grippe (1918-1920) starben über 25 Millionen Menschen. Darunter waren viele 20- bis 40-Jährige. Viele starben an den Folgen einer Lungenentzündung. Auch hier war der Grippevirus H1N1 schuld.


  • Achtung, ansteckend!

    Was hilft?

    Bei einer Virusgrippe wird der Arzt meist nur die Symptome bekämpfen: Hustensaft und Schmerzmittel verschreiben, fiebersenkende Mittel geben oder dafür sorgen, dass der Patient schlafen kann. Für schwere Fälle hingegen gibt es antivirale Medikamente: Sie hemmen die Vermehrung des Virus im Körper.


  • Achtung, ansteckend!

    Knifflige Impfstoffherstellung

    Gegen Grippe kann man sich impfen lassen. Allerdings verändert sich das Grippevirus durch Mutation sehr schnell. Jedes Jahr wird daher ein neuer Impfstoff entwickelt – unter streng sterilen Bedingungen. Er besteht aus inaktivierten Viruspartikeln der drei Virusstämme, die in dem Jahr besonders häufig sind.


  • Achtung, ansteckend!

    Grippeviren aus Hühnerembryos

    Einige Impfstoffhersteller vermehren die Grippeviren in befruchteten Hühnereiern. Denn Grippeviren befallen auch Vögel – das bebrütete Hühnerei dient als primitiver Vogelersatz. Man gewinnt die Viren für den Impfstoff dann aus dem sich entwickelnden Hühnerembryo. Ein Hühnerei reicht in etwa für eine Impfdosis.


  • Achtung, ansteckend!

    Schweinegrippe

    Influenzaviren befallen auch Schweine und lösen bei ihnen Atemwegserkrankungen aus. Dazu gehört auch der Virus-Subtyp H1N1. Er befällt viele Säugetierarten, auch den Menschen. 2009 kam es zu einer Pandemie mit einem Schweinegrippevirus.


  • Achtung, ansteckend!

    Panik – nicht nur in Hongkong

    Die Schweinegrippe breitete sich 2009 von Mexiko und den USA auf über 200 Länder aus. Vor allem in Südasien, Ostafrika und Südamerika erkrankten viele Menschen. Laut Weltgesundheitsorganisation starben weltweit mehr als 18.000 Menschen an den Folgen der Schweinegrippe.


  • Achtung, ansteckend!

    Bedrohung Vogelgrippe

    Grippeviren können auch Vögel befallen. Tiermediziner sprechen dann von Geflügelpest, das ist aber nur ein anderes Wort für Vogelgrippe. Im Grunde genommen kann jeder Influenza-A-Virus-Stamm Vogelgrippe auslösen, er muss sich lediglich auf Vögel als Wirt anpassen. Am bekanntesten sind die Typen H5N1, H7N9 und H5N8. Die Typen H5N1 und H7N9 können unter Umständen auf den Menschen übertragen werden.


  • Achtung, ansteckend!

    Und zu guter Letzt

    Händewaschen ist die beste Vorbeugung gegen Grippeviren. Vor allem sollte man sich nicht mit ungewaschenen Fingern an Augen und Nase fassen – so steckt man sich nämlich leicht mit Erregern an.

    Autorin/Autor: Brigitte Osterath