Kommentar: Selbst verschuldet

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Einen Tag nach der demütigenden Niederlage in Frankfurt trennen sich Bayern München und Trainer Niko Kovac. Hauptverantwortlich für das derzeitige Chaos ist Präsident Uli Hoeneß, meint DW-Redakteurin Sarah Wiertz.

“Die Langeweile kommt noch früh genug” hatte Uli Hoeneß am Mittwoch am Rande des Basketballspiels des FC Bayern gegen Real Madrid gesagt. Bezog sich seine Antwort tatsächlich auf die Frage nach dem spannenden Kampf um die Tabellenspitze? Oder vielleicht doch eher auf die Frage nach dem Verbleib des Cheftrainers der Fußball-Abteilung? Oder spielte er womöglich auf sein künftiges Rentnerleben nach dem baldigen Ausscheiden aus dem Präsidentenamt an?

Zwölf Tage bevor Uli Hoeneß bei der Mitgliederversammlung des FC Bayern aus seinem Amt als Präsident scheiden und seinen Vorsitz des Aufsichtsrates abgeben wird, ist noch mal richtig was los an der Säbener Straße: Der Verein und Trainer Niko Kovac trennen sich – einvernehmlich, wie es in der Pressemitteilung heißt. Eigentlich sollte Kovac wohl noch die Mannschaft bei den wichtigen zwei Spielen in der Champions League Spiel  gegen Olympiakos Piräus am Mittwoch und beim Bundesliga-Topspiel gegen Borussia Dortmund am Samstag betreuen, aber Kovac selbst hat seinen Rücktritt angeboten. 

Hoeneß als Kovac-Befürworter

Ein weiterer Rückschlag für Hoeneß, der tags zuvor mit versteinerte Miene auf der Tribüne der Frankfurter Arena saß und mit ansehen musste, wie seine Mannschaft von den Gastgebern regelrecht vorgeführt wurde – es war die höchste Bundesliga-Niederlage seit zehn Jahren. So kurz vor seinem Ausscheiden aus den wichtigen Ämtern beim FC Bayern München, dem Verein, den er als sein Lebenswerk betrachtet, muss Uli Hoeneß diese 1:5-Niederlage als persönliche Demütigung empfunden haben. War er es doch, der Niko Kovac nach München geholt hat, entgegen den Argumenten von Karl-Heinz Rummenigge, der unter anderem Thomas Tuchel verpflichten wollte. Auch war es Hoeneß, der Kovac im vergangenen Herbst vor der vorzeitigen Trainerentlassung bewahrt hatte, als beim FC Bayern – ähnlich wie jetzt ein Jahr später – der Erfolg ausblieb.

DW-Redakteurin Sarah Wiertz

Kovac hat als Trainer Fehler gemacht, auf und neben dem Platz: Seine defensive Taktik war von Anfang von Vereinsfunktionären, von Fans, von Spielern, kritisch beäugt worden. Mit seiner Ehrlichkeit, die er, wie er des Öfteren betone, nicht opfern wolle, hat er sich selbst ins Abseits gespielt. Öffentlich Publikumsliebling und Identifikationsfigur Thomas Müller als Notnagel abzustempeln, der Mannschaft vor laufender Kamera die Qualität abzusprechen, gegnerische Fans auf der Pressekonferenz als die besten der Welt zu bezeichnen, ist einfach nicht schlau. Besonders, wenn die Ergebnisse nicht stimmen.

Eine Vision, aber keine Strategie

Besonders schlau waren jedoch auch die Vereinsverantwortlichen in den letzten Jahren nicht. Es gibt zwar die Vision, dass der FC Bayern München bald wieder die Champions League gewinnen soll, allein die Strategie fehlt. Es gibt weder eine Spielphilosophie, für die der FCB stehen soll, noch eine harmonische Kaderzusammenstellung, für die seit zwei Jahren Sportdirektor Hasan Salihamidzic verantwortlich ist. Auch das war ein Problem für Niko Kovac.

Hoeneß hat, wie er zu Recht immer wieder betont, den FC Bayern München geprägt – in seiner kurzen Zeit als Spieler als auch in seiner langen Ära als Manger, Präsident und Vorstandsvorsitzender. In den vergangenen Jahren hat er dem Verein aber mehr geschadet als weiterentwickelt. Mit seinen unqualifizierten, emotionalen Äußerungen, seinen eigenwilligen Entscheidungen und weil er nicht bereit war, die Macht abzugeben. In nicht mal zwei Wochen wird er öffentlich bei der Mitgliederversammlung verabschiedet – und steht derzeit als Tabellenvierter ohne Trainer da. Er hat es selbst so gewollt. Die Langweile kommt ja noch früh genug.