Nach RBGs Tod: Bekommt Trump noch einen Supreme Court Richter?

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Ruth Bader Ginsburg ist tot. Für US-Präsident Donald Trump ist das die Chance, einen konservativen Richter als ihren Nachfolger für den Supreme Court zu nominieren. Aber reicht die Zeit dafür vor der Wahl noch aus?

Trauernde auf dem Treppen des Supreme Court: Am Freitag starb US-Richterin Ruth Bader Ginsberg

Bevor sie am Freitag mit 87 Jahren verstarb, äußerte Supreme Court Richterin Ruth Bader Ginsburg noch ein klares Anliegen. “Mein innigster Wunsch ist es, dass meine Position nicht neu besetzt wird, bis ein neuer Präsident im Amt ist”, diktierte die als RBG bekannte Richterin wenige Tage vor ihrem Tod ihrer Enkelin Clara Spera. Aber ob der erfüllt wird?

Die Präsidentschaftswahl in den USA findet am 3. November statt, die Amtseinführung des 46. US-Präsidenten ist am 20. Januar 2021. Sollte Donald Trump nicht wiedergewählt werden und Joe Biden im Januar das Weiße Haus beziehen, hätte Trump immer noch bis zum 19. Januar Zeit, um Bader Ginsburgs Platz auf der Richterbank des Supreme Courts neu zu besetzen.

Nach dem Tod von Ruth Bader Ginsburg könnten sich die Machtverhältnisse am Supreme Court verschieben

Vor dem Tod der liberalen Frauenrechtlerin entschieden am Obersten Gerichtshof der USA fünf konservative und vier liberale Richter über die Geschicke des Landes. Der Vorsitzende Richter John Roberts wurde zwar von George W. Bush ernannt und zählt zum konservativen Block am Supreme Court, stimmte aber zuletzt mehrfach so wie seine liberalen Kollegen.

Sollte Trump einen seiner Wunschkandidaten am Supreme Court platzieren, gäbe es auf der Richterbank aber eine eindeutige 6-zu-3-Mehrheit für die Konservativen. Diese könnte dann in Fällen, die sich mit Themen wie Abtreibung, LGBTQ-Rechten und Einwanderung beschäftigen, in ihrem Sinne entscheiden – und so das juristische Fundament der USA ideologisch nach rechts verschieben.

Wie geht es jetzt weiter?

Trump hat seine Liste mit 20 Wunschkandidaten für die Richterbank am Supreme Court bereits Anfang September vorgestellt. Darauf stehen beispielsweise Noel Francisco, der die Trump-Regierung 17 Mal als Anwalt vor dem Supreme Court vertrat und Gregory Katsas, der Trump unter anderem bei der Einführung des hoch umstrittenen Einreiseverbots für Menschen aus mehrheitlich muslimischen Ländern juristisch beriet.

Danach gefragt, ob er eine potenzielle freie Stelle am Obersten Gerichtshof noch nach besetzen würde, obwohl eine Wahl so kurz bevor steht, hatte Trump im August “Absolut, das würde ich tun”, geantwortet. “Ich würde da schnell vorgehen. Warum nicht? Das würden die Demokraten auch, wenn sie in dieser Position wären.”

Eine Pro-Choice-Demo vor dem Supreme Court: Themen wie Abtreibung wären von einer Machtverschiebung betroffen

Republikaner Mitch McConnell, der Mehrheitsführer im Senat, bestätigte am Freitagabend nach dem Bekanntwerden von Bader Ginsburgs Tod, dass der Prozess, einen neuen Richter oder eine neue Richterin an den Obersten Gerichtshof zu bringen, schnell voranschreiten werde. “Der US-Senat wird über den Kandidaten, den Präsident Trump nominiert, abstimmen”, sagte McConnell.

2016 hatte McConnell noch anders gehandelt. Damals hatte er einem von Präsident Barack Obama nominierten Kandidaten fast ein Jahr lang die nötige Abstimmung im Senat verweigert, mit der Begründung, die Wähler sollten mit ihrer Stimme in der Präsidentschaftswahl darüber entscheiden, was für eine Art Supreme Court Richter sie haben wollten.

Wer muss der Nominierung zustimmen?

Der US-Senat muss der Nominierung zustimmen. Deswegen hat McConnell auch so viel Macht, wenn es um die Besetzung des Obersten Gerichtshofs geht. Der US-Präsident nominiert zwar seinen Favoriten oder seine Favoritin, kann diese Person aber nicht aus alleiniger Kraft auf den Richterposten befördern.

Zunächst hält der Justizausschuss des Senats eine Anhörung ab. Dabei befragen die elf republikanischen und neun demokratischen Senatoren (die Zahlen basieren auf den aktuellen Mehrheitsverhältnissen im Senat) die vom Präsidenten nominierte Person, sowie Unterstützer und Gegner. Danach sprechen sie dem gesamten Senat entweder eine Empfehlung oder eine Warnung aus oder geben gar keine Bewertung ab.

Spricht von einem “schnellen Prozess”: Republikaner und Mehrheitsführer im Senat, Mitch McConell

Als nächstes muss der Mehrheitsführer im Senat einen Termin für Debatte und Abstimmung aller Senatoren über den Kandidaten oder die Kandidatin ansetzen. Bei dieser finalen Abstimmung reicht eine einfache Mehrheit – mindestens 51 der 100 Senatoren müssen für die nominierte Person stimmen. Sollte das der Fall sein, kann der Wunschkandidat oder die Wunschkandidatin des Präsidenten dann auf der Richterbank des Supreme Courts Platz nehmen.

Aktuell sitzen im US-Senat 53 Republikaner, 45 Demokraten und zwei Senatoren, die keiner der beiden Parteien angehören. Bei einem “Unentschieden” von 50 zu 50 gibt der US-Vizepräsident, aktuell Mike Pence, als Senatspräsident die entscheidende Stimme ab.

Wie lange dauert das?

Die Anhörung im Justizausschuss des Senats dauert üblicherweise mehrere Tage. Dafür, wann der Mehrheitsführer nach dem Ende dieser Anhörung die Debatte im gesamten Senat ansetzt, ist kein Zeitrahmen vorgegeben. Deswegen konnte McConnell die Abstimmung von Obamas Kandidaten so lange hinauszögern, bis Trump Präsident wurde und einen neuen Kandidaten benannte. Aber dieses Mal wird es wohl kaum so lange dauern.

US-Präsident Donald Trump nominierte im Juli 2018 Brett M. Kavanaugh – der Senat ließ sich danach Zeit

Sobald McConnell die Abstimmung im Senat eröffnet, können die Senatoren so lange über die Nominierung diskutieren, wie sie möchten. Zwischen der Nominierung des Präsidenten und der endgültigen Bestätigung durch den Senat können einige Tage liegen, wie beim Vorsitzenden Richter Roberts (19 Tage).

Es kann aber auch erheblich länger dauern, wie bei Brett Kavanaugh, dem letzten Richter, den Trump für den Supreme Court nominierte. Zwischen seiner Ernennung und seiner Bestätigung durch den Senat vergingen 89 Tage, während derer unter anderem Anschuldigungen sexueller Belästigung gegen Kavanaugh ans Licht kamen. Am bisher längsten warten musste 1916 Louis Brandeis, der erste Jude, der jemals Richter am Obersten Gerichtshof wurde. Zwischen seiner Nominierung durch Präsident Woodrow Wilson und seiner Bestätigung im Senat vergingen 125 Tage.

Zwischen dem Todestag von Ruth Bader Ginsburg am Freitag und der Amtseinführung des nächsten Präsidenten am 20. Januar 2021 liegen 124 Tagen.