Chloroquin hilft nicht gegen SARS-CoV-2

0
197

Eine neue Studie zeigt eindeutig: Das Malaria-Mittel ist zur Behandlung einer Infektion mit SARS-CoV-2 völlig ungeeignet, sagen die federführenden Autoren. Die Debatte um Chloroquin könne getrost beendet werden.

Ja, nein, vielleicht – um das Malaria-Medikament Chloroquin und den engen Verwandten Hydroxychloroquin als mögliche Mittel gegen das neuartige Coronavirus wurde in den letzten Monaten hitzig diskutiert. 

Ja, Chloroquin könnte gegen SARS-CoV-2 wirken. Nein, Chloroquin könnte sogar gefährlich sein. Vielleicht wirkt das Mittel, vielleicht aber auch nicht. Die Studienlage war vor allem eines: unübersichtlich und vorläufig.

Die im Fachmagazin “Nature” publizierten Forschungsergebnisse von Wissenschaftlern des Deutschen Primatenzentrums (DPZ) in Göttingen, der Berliner Charité und des Universitätsklinikums in Bonn sprechen nun allerdings eine ganz deutliche Sprache: Chloroquin ist kein geeignetes Medikament zur Behandlung einer Infektion mit SARS-CoV-2. Es wirkt schlicht nicht. 

Kann die Akte “Chloroquin gegen SARS-CoV-2” nun endgültig geschlossen werden?

Stefan Pöhlmann, Leiter der Infektionsbiologie des DPZ und einer der Studienautoren, ist angesichts seiner Forschungsergebnisse überzeugt, “dass klinische Studien nicht mehr gerechtfertigt sind.” Weil die verwirrende Debatte um Chloroquin durch die Arbeit der Göttinger Wissenschaftler ein jähes Ende finden könnte, lohnt sich ein genauerer Blick: Was haben Pöhlmann und seine Kollegen anders gemacht?

Versuche an menschlichen Zellen

In den vergangenen Monaten wurden immer wieder Studien veröffentlicht, die darauf hoffen ließen, dass Chloroquin ein wirksames Medikament gegen SARS-CoV-2 sein könnte. Diese Versuche hatten allerdings einen Haken: Sie wurden nicht an menschlichen Zellen durchgeführt.

“Die antivirale Aktivität von Chloroquin und Hydroxychloroquin wurde zunächst mit der Affenzelllinie ‘Vero’ gezeigt”, erklärt Pöhlmann. Es handelt sich dabei um eine Zelllinie, die aus Nierenzellen der Grünen Meerkatze gewonnen wurde. “Diese Zellen werden sehr häufig von Virologen für Versuche eingesetzt,” sagt er. 

Video ansehen 02:08 Teilen

Hoffnung auf deutsche Biotechs

Versenden Facebook Twitter google+ Tumblr VZ Xing Newsvine Digg

Permalink https://p.dw.com/p/3eUhz

Hoffnung auf Biotech aus Deutschland

Obwohl die Vero-Zellen sich für viele Zellkultur-Experimente anbieten, sind sie für in vitro-Versuche mit dem neuen Coronavirus ungeeignet, sagt Markus Hoffmann, der ebenfalls an der Studie beteiligt war. Der Infektionsbiologe erforscht, auf welchen unterschiedlichen Wegen neue Viren in Zellen eindringen. “Die Vero-Zellen können den entscheidenden Eintrittsweg nicht abbilden, den SARS-CoV-2 für die Infektion von Lungenzellen des Menschen nutzt”, sagt er. 

Der Weg über TMPRSS2

Den Affenzellen fehlt ein bestimmtes Enzym namens TMPRSS2, das das Virus für den Eintritt in die Lungenzellen aktiviert. Stattdessen produzieren sie das Virus-aktivierende Enzym Cathepsin L. Chloroquin wirkt hemmend auf dieses Enzym und kann so die Infektion der Vero-Zellen durch das Coronavirus verhindern. 

Die Forscher entschieden sich dafür, ihre Experimente an einer menschlichen Lungenzelllinie namens Calu-3 vorzunehmen, um herauszufinden, ob Chloroquin hier denselben hemmenden Effekt hat. Schließlich findet das neuartige Coronavirus vor allem über die Lunge seinen Weg in den menschlichen Körper. 

Video ansehen 00:23

Trump: “Viele gute Geschichten über Hydroxychloroquin”

“Das Virus dockt in der Lunge an die Zelle an, wird dann von dem Enzym TMPRSS2 aktiviert und kann so in die Zelle eindringen”, erklärt Hoffmann. Während Chloroquin das Enzym in den Affenzellen hemmt, hat es auf TMPRSS2 der menschlichen Lungenzellen keinen Effekt. “Chloroquin kann den Eintritt des Virus in die Lungenzellen nicht verhindern”, sagt Pöhlmann.

Keine Basis mehr für klinische Studien 

Die beiden Wissenschaftler plädieren deshalb für den Stopp aller klinischen Studien, die das Malaria-Mittel direkt an COVID-19-Patienten erproben. “Die Rechtfertigung für diese klinischen Studien waren letztendlich die Daten aus den Vero-Zellkultur-Experimenten. Diese Daten sind hinfällig”, sagt Pöhlmann. 

Noch laufen allerdings klinische Untersuchungen zu Chloroquin und SARS-CoV-2. Problematisch ist laut Pöhlmann und Hoffmann allerdings ebenfalls, dass Ärzte weltweit das Malaria-Mittel auch außerhalb von klinischen Studien verschreiben. Besonders gefährlich ist das für Patienten, die unter Herzproblemen leiden. 

“Es könnte sein, dass Chloroquin immer noch von Ärzten in der Hoffnung verschrieben wird, dass es doch gegen SARS-CoV-2 helfen könnte. Im besten Fall hat es keine Wirkung”, sagt Hoffmann. Im schlimmsten Fall verschlechtere es den Zustand eines Patienten. 


  • Vitamin C: Fürs Immunsystem und gegen Infekte

    Iss mich!

    Die meisten Säugetiere können Vitamin C synthetisieren, also selbst herstellen. Menschen nicht. Wir müssen diesen wasserlöslichen Mikronährstoff mit der Nahrung zu uns nehmen. Vitamin C ist in Kiwis, Orangen und Grapefruits, aber auch in Gemüse wie Rosenkohl, Brokkoli und Paprika enthalten. Leider ist es etwas hitzeempfindlich – deshalb Vorsicht beim Kochen!


  • Vitamin C: Fürs Immunsystem und gegen Infekte

    Weniger Mysterium, mehr Biochemie

    Vitamin C ist nicht nur ein “nice to have”, wichtig für Alte, Kranke und Veganer. Vielmehr sind seine biochemischen Funktionen in jedem Körper gleich und auch gleich wichtig. Vitamin C gehört zu den Mikronährstoffen, die dem Organismus zwar keine Energie liefern, dafür aber für dessen Grundfunktionen essentiell sind. Dazu gehören der Zellstoffwechsel und unser Abwehrsystem.


  • Vitamin C: Fürs Immunsystem und gegen Infekte

    Radikaler Radikalfänger

    Als Antioxidans reduziert Vitamin C Schäden, die freie Sauerstoffradikale an für den Körper unentbehrlichen Molekülen anrichten. Diese Radikale entstehen bei normalen Stoffwechselprozessen. Allerdings führen Schadstoffe, wie beispielsweise Tabak, schnell zu oxidativen Stress und einer vermehrten Bildung freier Radikale. Damit steigt auch der Bedarf an Vitamin C.


  • Vitamin C: Fürs Immunsystem und gegen Infekte

    Erdbeeren für die Enzymaktivität

    Das Vitamin C dieser Erdbeeren nutzt der menschliche Körper nicht nur zum Schutz vor Sauerstoffradikalen. Es ist außerdem ein wichtiger sogenannter Kofaktor bei einer Vielzahl enzymatischer Aktivitäten, wie beispielsweise der Synthese des Proteins Kollagen. Es ist Teil von Sehnen, Knochen, Knorpeln und der Haut. Eine schlechte Wundheilung kann daher auf einen Vitamin C-Mangel hinweisen.


  • Vitamin C: Fürs Immunsystem und gegen Infekte

    Gegenangriff mit Hilfe von Grapefruits

    Der Körper braucht Vitamin C, um sich gegen Infektionen zur Wehr zu setzen. Vitamin C ist als Antioxidans nicht nur für den Zellschutz zuständig, sondern geht im Falle einer Infektion auch zum Angriff über. Es stimuliert die Migration von Immunzellen, sogenannten Neutrophilen, an den Ort der Infektion, fördert die Phagozytose – die zelluläre Müllabfuhr – und die Abtötung von Krankheitserregern.


  • Vitamin C: Fürs Immunsystem und gegen Infekte

    Gut versorgt ist gut vorgesorgt

    Schwerer Vitamin C-Mangel kann zu Skorbut führen. Schlechte Wundheilung, Blutergüsse, Haar- und Zahnverlust, sowie Gelenkschmerzen sind Symptome dieser potentiell tödlichen Krankheit. Zum Schutz sind bereits zehn Milligramm Vitamin C täglich ausreichend. Genügend Vitamin C wird zudem mit einem geringeren Risiko für Bluthochdruck, koronare Herzkrankheiten und Schlaganfälle in Verbindung gebracht.


  • Vitamin C: Fürs Immunsystem und gegen Infekte

    Wie viel ist genug?

    Laut Verbraucherzentrale liegt die empfohlene tägliche Vitamin C-Zufuhr für Männer bei 110 mg, für Frauen bei 95 mg. Forscher der Oregon State University dagegen empfehlen allen Erwachsenen 400 mg Vitamin C am Tag. Es ist harmlos und wird, wenn überdosiert, über den Urin ausgeschieden. Ob als Nahrungsergänzungsmittel oder in Form von Rosenkohl: Das Vitamin C sei dasselbe, sagen die Forscher.

    Autorin/Autor: Julia Vergin