Corona heizt griechischen Immobilienmarkt an

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Griechenland ist bislang relativ glimpflich durch die Corona-Krise gekommen. Nun hofft man, dass die Touristen zurückkommen. Gleichzeitig suchen immer mehr Ausländer billige Immobilien unter griechischer Sonne.

Die Corona-Pandemie mag der griechischen Tourismusbranche einen sehr schweren Schlag versetzt haben, für den Immobilienmarkt kann man das dagegen nicht sagen: Potentielle Käufer auf der Suche nach einem Häuschen im sonnenverwöhnten Land mit seinen vielen Inseln sorgen gerade für die größte Nachfrage seit mehr als einem Jahrzehnt.

Allein die Nachfrage aus Großbritannien ist in den vergangenen Wochen um mehre als 200 Prozent gestiegen. Ausgelöst wurde diese Flut vor einigen Wochen durch die Ankündigung der Regierung ihrer Majestät, es gebe Pläne, die Reisebeschränkungen aufzuheben – so jedenfalls die Erklärung lokal wie international tätiger Immobilienmakler.

Daten zufolge, die Rightmove, Britanniens größter Immobilienmarktplatz, kürzlich veröffentlicht hat, rangiert Griechenland als begehrtestes europäisches Ziel neben Spanien, Frankreich, Portugal und Italien. Das Interesse war so groß, dass an dem Tag als Ende Juni die Regierung neue Reisebestimmungen ankündigte, mehr als eine Million Online-Nachfragen gezählt wurden.

Zum Träumen schön – und käuflich zu erwerben noch dazu

Lage, Lage, Lage

Die fünf beliebtesten Ziele – Griechenland, Spanien, Frankreich, Portugal und Italien – berichten von einem Anstieg der Anfragen in Höhe von 340 Prozent, basierend auf den Angaben von Immobilienmaklern. Griechenland aber, so  Piers Williams von Chestertons Ionian, einem Immobilienmakler auf der Insel Korfu, erlebe gerade einen echten Höhenflug: “Es ist mehr als zehn Jahre her, dass wir einen solchen Andrang hatten.”

Ob diese Flut von Anfragen zu Geschäftsabschlüssen führen, muss abgewartet werden. Ungeachtet der Reiseerleichterungen seien Briten bei Reisen ins Ausland eher sehr vorsichtig und misstrauisch, wenn es darum geht, in Griechenland Immobiliengeschäfte abzuschließen, räumen Makler ein. Deutsche aber, hat die DW erfahren, seien bereits auf der Suche nach guten Deals in Griechenland unterwegs. Ebenso wie Interessenten aus Österreich, der Schweiz und Frankreich.

“Das Telefon hört gar nicht mehr zu klingeln auf”, sagt  Hillary Dawson von Crete Homes, einem Maklerbüro auf der größten griechischen Insel Kreta und fügt hinzu: “Ich bin für den ganzen Sommer mit Besichtigungsterminen ausgebucht.” Sie ist gerade von einem Termin zurück, bei dem sie einem französischen Paar ein Anwesen mit Meeresblick gezeigt hat. Die beiden hatten keine Zeit verloren, um über diese Immobilie im malerischen Agios Nikolaos zu verhandeln.

Kaufkräftige Deutsche

Offizielle Zahlen gibt es noch nicht, doch Branchenvertreter schätzen, dass deutsche Immobilieninvestitionen allein in den vergangenen Monaten um mehr als 50 Prozent zugenommen haben. Die Deutschen interessierten sich für weite Strecken trockenen Landes auf dem Peleponnes und auf Millionenvillen auf Inseln wie Amorgos, Kreta, Karpathos und Korfu. Diese Angebote sind meistens auf dem Markt, weil es mit der griechischen Wirtschaft immer noch bergab geht.

Weil das Land stark vom Tourismus abhängt und die Wirtschaft noch unter den Einschränkungen der Corona-Pandemie leidet, hat die EU bereits gewarnt, dass die griechische Wirtschaft in diesem Jahr um 9,7 Prozent schrumpfen werde – das wäre sogar ein Prozentpunkt mehr als 2011, dem schlimmsten Jahr der Rezessionsdekade, in der das Land jahrelang am Rande des Bankrotts entlang schrammte.

Corona und Brexit – ein seltsames Paar

Darin liegt eine gewisse Ironie: Griechenland war beim Umgang mit der Pandemie sehr erfolgreich. Dass das Land bei einer Infektionsrate von knapp 4000 Kranken und 200 offiziell registrierten Todesfällen relativ COVID-19-frei ist, motiviert offenbar viele Fremde, Eigentum in Griechenland zu erwerben und so den Boom anzufachen. “Die Leute fühlen sich hier einfach sicher”, sagt Willams von Chestertons. “Dieses Gefühl möchten sie unter unserer Sonne genießen.”

Maklerin Dawson von Crete Homes verweist für die Interessenten aus dem Vereinigten Königreich noch auf einen anderen Faktor, den Brexit: “COVID-19 mag ihre Pläne ins Ausland zu ziehen mächtig durcheinander gebracht haben. Aber nun ist das Rennen eröffnet und vielen läuft die Zeit davon. Sie wollen unbedingt in diesem Jahr einen Vertrag unterschreiben, um so noch den Status als EU-Resident zu erlangen.”

Über einen Mangel an Platz wird sich der künftige Besitzer dieser Immobilie sicher nicht beschweren

Für jeden Geldbeutel etwas

Seit dem 15. Juli ist der griechische Bann für Urlauber aus dem Vereinigten Königreich aufgehoben, sie können Griechenland wieder frei bereisen. Die Briten sind nach den Deutschen, von denen jährlich etwa vier Millionen kommen und rund 2,5 Millionen Euro im Land lassen, die größte Gruppe ausländischer Besucher.

Von den rund 5750 Anwesen, die allein bei Rightmove inseriert sind, liegen 1754 auf Kreta und sind meistens private Anwesen – die Preise liegen zwischen 10.000 und zehn Millionen Euro. Darunter sind ganze Feriensiedlungen, kommerzielle Immobilien oder Baugrundstücke am Strand.

Warten auf die Pleitewelle

Die Liste soll noch wachsen, mit noch mehr kommerziellen Objekten und Investment-Angeboten. Trotz der in den kommenden Monaten wahrscheinlich rasant steigenden Buchungszahlen stehen rund 65 Prozent der griechischen Hotels am Rande des Bankrotts – viele von ihnen von ihnen auf Kreta, Rhodos und Korfu.

“Wir haben an dieser Front noch keine Bewegung registriert”, gesteht Piers Williams. Doch wenn sich der Sommer dem Ende zuneigen und die Verluste zusammengezählt werden, würden viele kleinere Unternehmen keine Wahl mehr haben als aufzugeben und zu verkaufen, ist sich Williams sicher.

Das griechische Außenministerium hat bereits gewarnt: Die Weltwirtschaft stehe vor einer tiefen globalen Rezession. Und die werde schlimmer als jene, die von der Finanzkrise 2008 verursacht worden war.