Kommentar: FC Bayern meisterlich

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Mit dem Sieg in Dortmund ist den Bayern die Vorentscheidung im Titelrennen gelungen, glaubt Stefan Nestler. Die Münchener werden im Bundesliga-Schlussspurt nicht mehr stolpern, schon gar nicht vor leeren Rängen.

Ein Effekt von Geisterspielen – das ist schon jetzt am dritten Spieltag nach der Corona-Pause offensichtlich – ist der, dass der Heimvorteil dahin ist. Überproportional oft setzt sich bislang das Gästeteam durch, wenn der Heimmannschaft der “zwölfte Mann” fehlt, das Publikum. Ohne die Anfeuerung von den Tribünen ist Fußball eben der nackte Qualitätsvergleich zweier Teams. Und den hat im Spitzenspiel der Bundesliga der FC Bayern für sich entschieden. Der Tabellenführer aus München gewann 1:0 (1:0) und war auch wirklich dieses eine Tor besser als der Verfolger Borussia Dortmund.

1:0 in Sachen individuelle Klasse

Beide Mannschaften spielten auf hohem technischem Niveau, aber die Münchener einen Tick genauer. Bei den Dortmundern kamen viele der Pässe ins Sturmzentrum nicht an, sodass sich Supertalent Erling Haaland im Strafraum gegen Bayerns Abwehrroutinier Jerome Boateng aufrieb. Der einzige Treffer des Abends resultierte aus einem Geniestreich. Nationalspieler Joshua Kimmich nutzte mit einem gefühlvollen Lupfer gnadenlos aus, dass BVB-Torwart Roman Bürki etwas zu weit vor seinem Kasten stand. Klasse gemacht. Und diese individuelle Klasse machte den Unterschied.

1:0 auch im Taktikduell

Stefan Nestler, DW Sport

Münchens Trainer Hansi Flick gewann auch das Taktikduell gegen BVB-Coach Lucien Favre. Flick setzte seine Defensive auf den zuletzt überragend aufspielenden Dortmunder Offensivspieler Julian Brandt an. Der sah sich häufig nicht nur einem, sondern zwei Gegenspielern gegenüber und konnte dadurch nicht wie sonst die Strippen in der BVB-Offensive ziehen. Favre agierte nicht, sondern reagierte nur. In der zweiten Hälfte nahm er Brandt aus dem Spiel und brachte für ihn den hochtalentierten, aber wohl noch leicht angeschlagenen Jadon Sancho. Warum stellte er den Engländer nicht an die Seite des deutschen Nationalspielers? Gemeinsam wären Sancho und Brandt vielleicht in der Lage gewesen, den Bayern-Riegel zu knacken. Doch zu dieser Risikovariante fehlte Favre der Mut. Erst in den letzten Minuten setzte er alles auf eine Karte – zu spät.

Wer soll dem FCB noch gefährlich werden?

Dieses 1:0 war zwar keine Demütigung für den BVB, wie es sie in den letzten beiden Bundesliga-Duellen in München, die mit 5:0 und 4:0 für die Bayern endeten, gegeben hatte. Und doch dürfte dieser knappe Erfolg der Bayern die Vorentscheidung im Titelrennen sein. Sieben Punkte vor dem Zweitplatzierten bei sechs noch ausstehenden Spielen – noch nie hat ein Tabellenführer in der Bundesliga-Geschichte in dieser Situation einen so großen Vorsprung verspielt. Und wer sollte die Bayern auf ihrem Weg zum achten Titel in Serie stoppen? Der BVB hat seine letzte realistische Chance verspielt. Die Münchener können sich eigentlich nur noch selbst schlagen. Doch nach dem meisterlichen Auftritt in Dortmund glaubt daran wohl niemand mehr. Denn im Spiel elf gegen elf ohne Publikum zeigt sich noch deutlicher, dass die Bayern mal wieder einfach die Besten sind.


  • Legendäre Duelle zwischen Bayern München und Borussia Dortmund

    Sieg auf “roter Erde”

    Eines der ersten Duelle der beiden Widersacher in der Bundesliga endete mit einem klaren Erfolg für den BVB: Schwarz-Gelb gewann 1967 im Stadion Rote Erde mit 4:0 – der Untergrund auch damals übrigens schon entgegen des Stadion-Namens: grüner Rasen.


  • Legendäre Duelle zwischen Bayern München und Borussia Dortmund

    Demontage durch den “Bomber”

    Der “Bomber der Nation”, Gerd Müller (2.v.l.), war mit vier Toren hauptverantwortlich für eine der bittersten Pleiten der BVB-Vereinsgeschichte: 11:1 siegte der FC Bayern München an jenem denkwürdigen 27. November 1971. Für Bayern München war es der höchste Sieg in der Bundesliga-Historie.


  • Legendäre Duelle zwischen Bayern München und Borussia Dortmund

    Wie konnte er den nicht machen?

    Diese Frage stellten sich damals alle Fans, sowohl die des BVB als auch jene des FCB: Dortmunds Angreifer Frank Mill (l.) hatte Bayern Keeper Jean-Marie Pfaff (r.) an jenem 9. August 1986 bereits ausgespielt, doch dann traf er mutterseelenallein vor dem Tor nur den Pfosten. Ein Kunstschuss im negativen Sinn.


  • Legendäre Duelle zwischen Bayern München und Borussia Dortmund

    Heul doch!

    Dortmunds Andreas Möller (r.) war eine schillernde Figur auf dem Platz: manchmal genial am Ball, manchmal mit grotesken Schwalben. Bayerns Lothar Matthäus legte 1997 im Duell der Mittelfeld-Regisseure den Finger in diese Wunde und nannte Möller wild gestikulierend eine “Heulsuse”. Freunde wurden die beiden Nationalmannschaftskollegen nie.


  • Legendäre Duelle zwischen Bayern München und Borussia Dortmund

    Kung-Fu-Kahn

    Freunde machte sich auch Oliver Kahn eher selten in Dortmund: Der “Torwart-Titan” (r.) schien an jenem Apriltag 1999 zu 100 Prozent aus Adrenalin zu bestehen. In Kung-Fu-Manier sprang er Richtung BVB-Angreifer Stéphane Chapuisat. Der konnte gerade noch flüchten. Im gleichen Spiel knabberte Kahn noch am Hals von Chapuisats Sturmkollege Heiko Herrlich.


  • Legendäre Duelle zwischen Bayern München und Borussia Dortmund

    Schlacht der Hitzköpfe

    Ein Spiel, das niemanden kalt ließ: Im April 2001 kämpften beide Teams mit einer bis dahin in diesem Duell noch nie da gewesenen Härte gegeneinander: Drei Platzverweise und 13 Gelbe Karten waren die Bilanz dieses “Foul-Spiels”, das eigentlich permanent vom Schiedsrichter unterbrochen werden musste.


  • Legendäre Duelle zwischen Bayern München und Borussia Dortmund

    Tête-à-tête der Emotionen

    Die hitzige Rivalität zwischen beiden Teams setzte sich um die Jahrtausendwende fort. Eigentlich galt Münchens brasilianischer Stürmer Giovane Elber (l.) als Frohnatur. BVB-Torwart Jens Lehmann (r.), bekannt als Agent Provocateur, gelang es jedoch im Februar 2002, eine andere Seite in Elber hervorzukitzeln. Lehmann hatte Elber vor dem Tête-à-tête rüde umgestoßen.


  • Legendäre Duelle zwischen Bayern München und Borussia Dortmund

    Sein Kasten blieb sauber

    Jan Koller war eigentlich Stürmer. Doch im November 2002 schulte er kurzerhand auf Torhüter um – gezwungenermaßen. Nachdem Jens Lehmann vom Platz flog und der BVB nicht mehr wechseln durfte, ging Koller ins Tor. Er hielt seinen Kasten sauber und parierte sogar einen Gewaltschuss von Michael Ballack. Dennoch gewann der FCB am Ende mit 2:1.


  • Legendäre Duelle zwischen Bayern München und Borussia Dortmund

    Wachablösung auf Zeit

    Das DFB-Pokalfinale 2012 gewann der BVB – und wie! Die Dortmunder fertigten die Bayern in Berlin mit 5:2 ab und feierten wie im Rausch das Double. Viele sprachen damals von einer Demütigung der Bayern und einer Wachablösung im deutschen Fußball – nur eine Momentaufnahme, wie sich später herausstellen sollte.


  • Legendäre Duelle zwischen Bayern München und Borussia Dortmund

    Arjen Robben und sein Golden Goal

    Den “Biggest Point” holten die Bayern: Das Spiel der Spiele entschieden die Münchener für sich. Im Champions-League-Finale 2013 in London feierten am Ende die Roten. Allen voran Siegtorschütze Arjen Robben, der das 2:1 im Wembley-Stadion schoss und seinen Verein mit der Vollendung des Triples aus Meisterschaft, Pokal und Königsklasse an die Spitze des europäischen Fußballs katapultierte.


  • Legendäre Duelle zwischen Bayern München und Borussia Dortmund

    Es geht immer ums Prestige

    Man kann den deutschen Supercup mit Fug und Recht als “Titelchen” bezeichnen. Weder für die Bayern noch für die Borussia hat das Duell zwischen Meister und Pokalsieger große Bedeutung. Das Spiel gilt mehr als Test. Und doch ging es im Supercup 2016 hoch her: hitzige Rudelbildung nach einem Zweikampf. Der BVB siegte mit 2:0.


  • Legendäre Duelle zwischen Bayern München und Borussia Dortmund

    Kein Duell auf Augenhöhe

    Das halbe Dutzend war am Ende voll: Die Münchener fegten den BVB im März 2018 förmlich aus dem Stadion. 6:0 – eine Demonstration damals klar verteilter Kräfteverhältnisse im deutschen Fußball und – nach dem 11:1 in 1971 – mit Abstand das deutlichste Ergebnis.


  • Legendäre Duelle zwischen Bayern München und Borussia Dortmund

    Klatsche für BVB im Jubiläumsspiel

    Das auch international viel beachtete 100. Duell beider Klubs endete in einem BVB-Debakel: 0:5 hieß es im April 2019 in München. Dabei war Dortmund als Tabellenführer angereist. Zum Saisonende holten sich die Bayern erneut den Titel. Auch in der laufenden Spielzeit gewann der FCB das Heimspiel gegen den BVB deutlich: 4:0.


  • Legendäre Duelle zwischen Bayern München und Borussia Dortmund

    Topduell vor leeren Rängen

    Das 102. Duell beider Vereine wird ebenfalls in Erinnerung bleiben: Wegen der Corona-Pandemie waren keine Fans im Dortmunder Stadion erlaubt. Durch einen Geniestreich von Joshua Kimmich zum 1:0 (Bild) gelang den Bayern möglicherweise eine Vorentscheidung im Titelrennen. In der “Klassiker”-Bilanz führen die Münchner jetzt mit 47 Siegen. Der BVB gewann 25-mal, 29 Duelle endeten unentschieden.

    Autorin/Autor: Joscha Weber