Coronavirus bremst Sportler aus

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Internationale Sportwettbewerbe in China? Im Moment lieber nicht! Zum Schutz von Sportlern und Zuschauern werden Turniere verlegt. Die Leichtathletik-Hallen-WM wackelt ebenso wie ein Olympiatest der Ski-Asse.

Absage befürchtet: Wohl kein Olympia-Test in Yanquin/China für Deutschlands Top-Speed-Fahrer Thomas Dreeßen

Boxer, Basketballerinnen, Leichtathleten – und demnächst sind wohl auch die alpinen Skirennläufer betroffen. Sie alle müssen umplanen, weil der Ausbruch des Coronavirus in China ihren Wettkampfkalender durcheinanderwirbelt. “Das größte Risiko auf dem Weg zu den Olympischen Spielen in Tokio”, sieht Alfons Hörmann, der Chef des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), in dem neuartigen Virus. “Das ist ein ernst zu nehmendes Problem, weil es keinen anderen Bereich im Leben gibt, der mehr vom internationalen Austausch lebt als der Sport.” Aus diesem Grund steht auch hinter der Leichtathletik-Hallen-WM ein großes Fragezeichen. Die Wettkämpfe sollen vom 13. bis 15. März in Nanjing stattfinden.

Fest steht: Hinter den Kulissen glühen die Drähte. In zwei Wochen sollen die besten Skirennläufer der Welt erstmals in Yanqing gastieren – ein Test-Event für die Olympischen Winterspiele 2022 in Peking. Doch nach Abstimmung mit den Veranstaltern in China und dem Internationalen Olympischen Komitee (IOC) steht das Event für den Weltskiverband FIS auf der Kippe. Den deutschen Fahrern wie Thomas Dreßen steht es ohnehin frei, selbst über die Teilnahme zu entscheiden, betont Stefan Schwarzbach vom deutschen Skiverband (DSV) gegenüber der DW: “So haben wir es in vergleichbaren Fällen gehandhabt. Wir stimmen uns üblicherweise mit der medizinischen Kommission des DOSB ab, die uns und den Sportlern solchen Situationen eine Einschätzung gibt.”

Wie aus Mannschaftskreisen verlautete, ist deren Rat, nicht nach China zu reisen. Bei einer möglichen Entscheidung der FIS gegen Yangquin wäre das Infektionsrisiko aber wohl gar nicht die größte Sorge. Verband, Teams und beteiligte Ski-Firmen fürchten, dass während der Wettkämpfe eine Situation eintreten könnte, in der die Teams nicht mehr aus dem Land reisen dürften. 

Experte: Strikte Regelungen zur Bekämpfung des Virus sinnvoll

Ein Szenario, das nicht von der Hand zu weisen ist, weil die chinesische Regierung, anders als 2002 beim Ausbruch von SARS, mit demonstrativer Entschlossenheit den Ausbruch der Lungenkrankheit bekämpft und unter anderem strikte Reisebeschränkungen verhängt hat. Sportveranstaltungen wie die für Februar geplanten asiatischen Hallenmeisterschaften in der Leichtathletik in Hangzhou wurden abgesagt, einige weitere in andere Länder verlegt. Ein richtiger Schritt aus Sicht von Professor Martin Exner. “Die chinesischen Behörden haben sich zu sehr weitgehenden Maßnahmen entschlossen, weil davon auszugehen ist, dass wir noch nicht viel über Quelle und Übertragung der Krankheit wissen”, erklärt der Direktor des Instituts für Hygiene und Öffentliche Gesundheit der Uniklinik in Bonn, “Menschenansammlungen, wie zum Beispiel in einem Stadion, sind erst einmal zu vermeiden. Das sind bewährte Maßnahmen.”

Professor Martin Exner: “Die Maßnahmen in China sind strikt aber angemessen”

Zum jetzigen Zeitpunkt sei das Risiko einer Ausbreitung groß, so Exner, und solange kein Impfstoff oder eine wirksame Therapie gefunden sei, gelte es mit den klassischen Maßnahmen der Hygiene die Krankheit einzudämmen. “Dabei ist die Weltgesundheitsorganisation WHO eine ganz entscheidende Institution”, unterstreicht der Experte. Auf Basis deren Risikoeinschätzung treffen auch die Sportverbände ihre Entscheidungen. Entwarnung könne es erst geben, wenn die Zahl der Infektionen stagniere oder sinke, “aber dieser Punkt ist derzeit nicht abzusehen.”   

Das Virus und der Traum von Olympia

Dass Behörden und WHO-Experten aufmerksam sind, um die Krankheit in Schach zu halten, hält Sportmediziner Dr. Michael Fritz für wichtig, sieht aber für große Virusangst keinen Anlass. “Was wir bis jetzt über die Krankheit wissen, lässt den Schluss zu, dass sie nicht schwerwiegender verläuft oder tödlicher ist als die normale Grippe”, erklärt Fritz. Während der letzten schweren Grippewelle im Winter 2017/18 waren allein in Deutschland rund 25.000 Menschen gestorben. “Trotzdem wurde kein einziger Bundesliga-Spieltag abgesagt, obwohl da auch jeweils zehntausende Fans im Stadion sind”, gibt Fritz zu bedenken.

Zunächst keine Großveranstaltungen: Auch das Neujahrsfest in Peking wurden wegen des Virus abgesagt

Warum dagegen Athletinnen und Athleten einen Infekt mit dem Coronavirus fürchten, ist klar. Die Teilnahme an den Olympischen Spielen, für die meisten ein absolutes Karrierehighlight, wäre in Gefahr. Ein Infekt würde die Vorbereitung komplett aus der Bahn werfen, oder könnte sogar langfristige Folgen haben. “Solche schwerwiegenden Viruserkrankungen können eine Herzmuskelentzündung auslösen”, erklärt Sportmediziner Fritz. Es dauere mitunter lange, um danach wieder die volle Leistungsfähigkeit zu erreichen.

Die Sportler dürften deshalb begrüßen, dass die sonst so kommerzgetriebenen Sportverbände in diesem Fall sehr sensibel zu sein scheinen. Mit Blick auf die Leichtathletik-Hallen-WM teilt der Leichtathletik-Weltverband IAAF mit, er verfolge die Situation aufmerksam und stehe in engem Kontakt mit der Weltgesundheitsorganisation. Sollte sich einer der Ratschläge der WHO auf Pläne für Nanjing auswirken, würden alle Mitgliedsverbände umgehend informiert. Gleiches gilt für den alpinen Skirenn-Zirkus, der quasi stündlich auf neue Informationen wartet. Die Drähte werden auch weiterhin glühen.