Medien: Ex-UEFA-Chef Michel Platini in Polizeigewahrsam

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Laut französischen Medienberichten ist der frühere UEFA-Präsident Michel Platini festgenommen worden. Er werde verhört, heißt es. Es gehe um den Verdacht der Korruption bei der Vergabe der WM 2022.

Der ehemalige Präsident der Europäischen Fußball-Union, Michel Platini, ist nach übereinstimmenden Medienberichten aus Frankreich festgenommen worden. Der 63-Jährige werde im Pariser Vorort Nanterre von der Anti-Korruptions-Abteiligung der Kriminalpolizei verhört, heißt es. Es bestehe der Verdacht der “aktiven und passiven Korruption” im Zuge der umstrittenen Vergabe der Weltmeisterschaft 2022 an Katar. Laut einem Justizbeamten, der anonym bleiben wollte, wurde auch Sophie Dion, eine frühere Beraterin des französischen Ex-Präsidenten Nicolas Sarkozy für den Bereich des Sports, in Polizeigewahrsam genommen.

Der derzeit für alle Fußballaktivitäten gesperrte Platini soll sich nach Medieninformationen wegen eines geheimen Treffens mit Präsident Sarkozy, Tamim Bin Hamad Al Thani, dem Emir von Katar, sowie Hamad Ben Jassem, damaliger Premierminister Katars, verantworten. Bei einem Mittagessen im November 2010 im Elysee-Palast in Paris sollen die Beteiligten Absprachen über die WM-Vergabe nach Katar getroffen haben. Angeblich sollte Katar den französischen Klub Paris St. Germain kaufen, im Gegenzug würde Platini seine Kontakte spielen lassen und für Stimmen bei der WM-Vergabe werben. 

Die WM wurde ein paar Wochen später dann tatsächlich an Katar vergeben, gleichzeitig wurde Russland als WM-Gastgeber 2018 auserkoren. 2011 kaufte sich Katar bei PSG ein. Im Zusammenhang mit den WM-Vergaben wurden immer wieder Korruptionsvorwürfe laut. 

Von der FIFA gesperrt

Damals ziemlich beste Freunde: Platini und Blatter (r.)

Platini war Ende 2015 im Zuge der FIFA-Korruptionsaffäre gemeinsam mit FIFA-Präsident Joseph Blatter von der Ethikkommission des Fußball-Weltverbands für acht Jahre gesperrt worden. Dabei ging es um eine ominöse Zahlung Blatters an Platini in Höhe von 1,8 Millionen Euro aus dem Jahr 2011 – angeblich für Beraterdienste. Der Verdacht bestand, dass Blatter sich Platinis Unterstützung bei der Wiederwahl zum FIFA-Boss im selben Jahr erkauft habe. 

Das FIFA-Berufungsgericht bestätigte im Februar 2016 das Urteil gegen die beiden Spitzenfunktionäre, reduzierte die Sperre jedoch auf sechs Jahre. Platini zog vor den Internationalen Sportgerichtshof CAS, der im Mai 2016 die Strafe des Franzosen auf vier Jahre herunterstufte. Platini sprach von einer “Ungerechtigkeit” und trat vom Posten des UEFA-Präsidenten zurück, den er neun Jahre lang innehatte. Bis zu seiner Sperre hatte Platini als Topfavorit auf die Nachfolge Blatters an der Spitze des Weltverbands FIFA gegolten.

In seiner Fußballerkarriere hatte Platini als Kapitän die französische Nationalmannschaft 1984 zum Europameister-Titel im eigenen Land geführt. Dreimal in Folge war er Europas “Fußballer des Jahres” und ist bis heute mit neun Treffern EM-Rekordtorschütze – neben dem Portugiesen Cristiano Ronaldo. 

sn/jst (afp, rtr, sid, dpa)


  • Die bisherigen UEFA-Präsidenten

    Strippen gezogen

    Seit September 2016 führt der bis dahin noch weitgehend unbekannte Aleksander Ceferin die mächtige UEFA. Innerhalb weniger Monaten gelingt es dem Anwalt aus Slowenien, die Mehrzahl der Mitgliedsverbände – darunter auch den DFB – auf seine Seite zu ziehen. Er ist der siebte Präsident in der 65-jährigen Geschichte der Europäischen Fußball-Union.


  • Die bisherigen UEFA-Präsidenten

    Der Diplomat

    Ebbe Schwartz ist der erste Präsident der UEFA. Von 1954 an leitet der Däne, der den Ruf eines ausgezeichneten Diplomaten genießt, acht Jahre lang die Geschicke des europäischen Fußballs. 1964, zwei Jahre nach seiner Ablösung, stirbt Schwarz auf der Heimreise von den Olympischen Spielen in Tokio im Alter von 63 Jahren an den Folgen eines Herzinfarkts.


  • Die bisherigen UEFA-Präsidenten

    Tod im Büro

    Zehn Jahre lang, von 1962 bis 1972, steht der Schweizer Gustav Wiederkehr an der Spitze der UEFA. Unter dem Teppich-Unternehmer wird 1971 der UEFA-Pokal ins Leben gerufen. Wiederkehr stirbt im Alter von 66 Jahren an seinem Arbeitsplatz bei der UEFA in Zürich nach einem Herzinfarkt. Für ein halbes Jahr führt der Ungar Sandor Barcs als Interimschef die Geschäfte.


  • Die bisherigen UEFA-Präsidenten

    Mann mit Stallgeruch

    Die Wahl 1973 entscheidet Artemio Franchi für sich. Der Italiener hat Fußball-Stallgeruch: Nach seiner Spielerkarriere wird er Schiedsrichter, später Präsident des AC Florenz. Unter Franchi stockt die UEFA die Zahl der Teilnehmer an EM-Endrunden auf acht auf. Der Funktionär kommt 1983 im Alter von 61 Jahren bei einem Verkehrsunfall ums Leben. Wieder steht die UEFA plötzlich ohne Präsidenten da.


  • Die bisherigen UEFA-Präsidenten

    Vom Interimspräsident zum richtigen Chef

    Der bisherige Vize Jacques Georges (2.v.r.) übernimmt die Geschäfte als Interimspräsident. 1984 wird der Franzose dann offiziell in das Amt des UEFA-Chefs gewählt. In seine Amtszeit fällt die stark zunehmende Kommerzialisierung des europäischen Fußballs durch das immer größer werdende Interesse der Fernsehanstalten. 1990 tritt Georges zurück.


  • Die bisherigen UEFA-Präsidenten

    Der Rekordhalter

    1990 übernimmt Lennart Johansson den Chefposten der UEFA und behält ihn 17 Jahre – so lange, wie kein anderer Präsident bisher. Unter dem Schweden wird die Champions League eingeführt. 1998 unterliegt Johansson bei der Wahl des FIFA-Präsidenten dem Schweizer Joseph Blatter, 2007 dann auch bei der UEFA gegen Michel Platini. Als Trost gibt es den Titel des UEFA-Ehrenpräsidenten.


  • Die bisherigen UEFA-Präsidenten

    Tief gefallen

    Die Funktionärskarriere des französischen Ex-Fußballstars Michel Platini ist eng mit dem Namen Blatter verbunden. Platini gilt als Zögling des Schweizer FIFA-Chefs. 2015 wird ihm die enge Verbindung zum Verhängnis. Wegen einer zweifelhaften Millionenzahlung an Platini aus seiner Zeit als Berater Blatters werden beide gesperrt und dürfen vorerst keine Ämter mehr im offiziellen Fußball übernehmen.

    Autorin/Autor: Stefan Nestler