Umstrittene Nahostkonferenz in Warschau

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Die USA suchen Verbündete in Osteuropa und haben mit Polen zu einer Nahostkonferenz nach Warschau eingeladen. Im Vorfeld demonstrierten Exil-Iraner gegen das Regime in Teheran. Aus Warschau Monika Sieradzka.

US-Außenminister Mike Pompeo sprach den Polen aus der Seele, als er sagte, dass sich die US-Amerikaner zu lange von der Region ferngehalten hätten und dass die Russen das dadurch entstandene “Vakuum” gefüllt hätten.

Am Dienstag und Mittwoch hat Pompeo vor der Presse und vor den in Polen stationierenden US-amerikanischen Soldaten das Land einen der größten Verbündeten der USA in Europa genannt, von einer wachsenden Gefahr seitens Russlands gesprochen und die verstärkte Zusammenarbeit mit Polen versprochen. Das trifft perfekt die politische Stimmungslage in Polen. Seit einigen Jahren bemüht sich Warschau um eine Verstärkung der US-amerikanischen Militärpräsenz auf der Ostflanke und strebt eine engere politische Zusammenarbeit mit den USA an.

Nahost – ohne Iran

Das ist auch der Grund, warum Polen jetzt die Nahostkonferenz organisiert, die von den USA angeregt wurde. Zum “Ministertreffen zur Förderung einer Zukunft in Frieden und Sicherheit im Nahen und Mittleren Osten” sind 70 Staaten eingeladen. Es entsenden vor allem osteuropäische Länder ihre Außenminister. Deutschland wird durch den Staatsminister im Auswärtigen Amt Niels Annen vertreten. Israels Premierminister Benjamin Netanjahu kommt, Russland nimmt nicht teil und der Iran wurde gar nicht eingeladen.

Händeschütteln für die Presse I: Omans Außenminister Jussuf bin Alawi und Israels Premier Benjamin Netanjahu (r)

Laut Polens Außenminister Jacek Czaputowicz geht es bei der Konferenz nicht um den Iran. Auf der offiziellen Agenda stehen Fragen wie Eindämmung der Raketenrüstung, die Cybersicherheit und der Kampf gegen den Terrorismus. Doch Irans Botschafter in Warschau sagte, dass Polen “Konsequenzen tragen” werde, falls die Konferenzteilnehmer versuchen sollten, auf Iran “Druck auszuüben”.

Demonstrationen gegen die Konferenz

Dass man über ein Land nicht “über seinen Kopf hinweg” diskutieren soll, sind sich in Polen sowohl linke als auch rechtsnationalistische Gruppierungen einig. Robert Winnicki, Abgeordneter der Partei Nationalbewegung, wurde im Vorfeld der Warschauer Konferenz durch den iranischen Botschafter in Warschau empfangen und kritisiert, die polnische Regierung organisiere eine “von Amerika aufgezwungene Konferenz”.

Die linke Bewegung “Stoppt den Krieg” demonstrierte vor dem Warschauer Schloss, als sich die internationalen Gäste am Mittwoch zum Abendessen versammelten. “Wir sind gegen die Unterwerfung, die Polen gegenüber den USA zeigt. Früher hatten wir sowjetische Raketen auf unserem Territorium, warum müssen wir jetzt US-amerikanische Raketen erdulden? Wir wollen nicht, dass Polen ständig ein Frontstaat wird”, riefen die Demonstranten.

Demonstrationen gegen Teheran

Vor dem Nationalstadion in Warschau, wo die Konferenz am Donnerstag beginnt, versammelten sich Hunderte Exil-Iraner, um gegen die Regierung in Teheran zu protestieren. Die Transparente richteten sich gegen “iranische Eingriffe in der Region”. Die Organisatoren des National Council of Resistance of Iran (NCRI) mit Hauptsitz in Paris haben für die Präsenz von Exil-Iranern aus verschiedenen europäischen Ländern gesorgt. Die Organisation sieht sich als die eigentliche Vertretung des iranischen Volkes und fordert einen Machtwechsel in Teheran.

Schah Reza Pahlevi führte den Iran mit eiserner Hand und dem Segen der USA – sein Sohn ist das Idol dieser Demonstranten

“Die internationale Gemeinschaft soll ein Verständnis dafür haben, dass wir gegen das Regime im Iran sind und eine demokratische Regierung mit Respekt für Menschenrechte haben wollen”, sagte Shahin Gobadi, Chef des Internationalen Ausschusses des NCRI, der DW. Die iranische Opposition befürworte einen Ausstieg des Iran aus dem Atomprogramm. Dass der Iran zur Konferenz nicht eingeladen wurde, sieht Shahin Gobadi nicht als problematisch. “Der Iran ist ja die Quelle aller Probleme in der Region. Teheran muss es endlich begreifen.”

Trumps Anwalt in Warschau

Als herausgehobener Gast ist bei der Demo Rudi Giuliani aufgetreten. “Es gibt keinen besseren Ort, um über die Freiheit zu sprechen als Warschau”, sagte der Ex-Bürgermeister von New York, der seit einiger Zeit auch Anwalt des US-Präsidenten Donald Trump ist. Er spielte damit auf die langjährige “Unterdrückung” Polens durch Russland an.

Für ihn sei es klar, warum der Iran nach Warschau nicht eingeladen wurde. “Er würde hier ein großes Spektakel der Lügen machen. Seit 39 Jahren lügen sie nur. Sie lügen über US-Amerikaner, die sie getötet haben, über die Finanzierung des Terrorismus, über die Anreicherung des Urans”, sagte Giuliani der DW. Von der Bundesregierung, die in Warschau vertreten sein wird, erwarte er “eine Unterstützung eines freien und demokratischen Iran”. Jedes Land, inklusive Deutschland, sei sich heute im Klaren, dass der Iran die Nummer Eins der Terrorfinanzierung sei und dass man mit einem solchen Land “keine Geschäfte” machen solle. Giuliani betonte, dass er keine politische Funktion habe und sich als Privatperson äußere.

Militärische Stärkung der Ostflanke

Auch wenn viele hochrangige europäische Politiker, darunter die EU-Vertreterin für Außen- und Sicherheitspolitik Federica Mogherini, der Einladung nach Warschau nicht gefolgt sind, hat die polnische Regierung die Konferenz schon im Vorfeld als Erfolg verbucht, weil sie damit die transatlantischen Bande gestärkt sieht.

Händeschütteln für die Presse II: US-Vizepräsident Mike Pence und Polens Präsident Andrzej Duda (r)

Warschau sieht Washington als Garant der Sicherheit in der Region an. Polens Regierung ist stolz auf den direkt vor der Konferenz unterzeichneten Kaufvertrag für die Lieferung von 20 US-Raketenwerfern des Typs HIMARS. Sie werden laut Warschauer Verteidigungsministerium samt Munition bis 2023 sukzessive nach Polen geliefert. US-Vizepräsident Mike Pence versicherte beim Vertragsabschluss in Warschau in Anwesenheit polnischer und US-amerikanischer Soldaten, die USA würden “an Polens Seite stehen”.

Laut Polens Verteidigungsminister Mariusz Blaszczak sei der Waffendeal im Wert von 414 Millionen US-Dollar ein wichtiger Schritt zur Modernisierung der polnischen Armee, was das Land auch sicherer mache. Seit der Ukrainekrise sorgt sich Polen um seine Sicherheit. Zur Abschreckung Russlands verlegen die USA seit 2014 Einheiten im Rotationsverfahren dorthin. Auch die NATO hat durch die Entsendung von Truppen in die vier Länder ihre Präsenz an der Ostflanke des Militärbündnisses verstärkt.