OECD: Integration von Migranten schreitet voran

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Mehr Migranten in Jobs, bessere Leistungen in der Schule: Die OECD verzeichnet Fortschritte bei der Integration von Ausländern in Deutschland. Herausforderungen bleiben besonders für gering Qualifizierte bestehen.

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) sieht “beachtliche Fortschritte” bei der Integration von Migranten in Deutschland. In Berlin hat die OECD eine Studie vorgestellt, nach der sich insbesondere die schulischen Leistungen von Migranten sowie ihre Integration in den Arbeitsmarkt verbessert haben.

“Der Grundbefund für Deutschland ist ein sehr positiver”, sagt Thomas Liebig, OECD-Experte für Migration und Integration, im Gespräch mit der DW. “Es gibt erhebliche Fortschritte, sowohl was die Neuzuwanderer als auch was die zweite Generation anbelangt. Da sehen wir eine Menge positiver Tendenzen.”

Die Lücke schließt sich

So ist laut OECD der Anteil von Migranten, die einen Job haben, in den vergangenen zehn Jahren in Deutschland um knapp acht Prozent gestiegen, auf jetzt 67,3 Prozent. Ein doppelt so starker Anstieg wie bei Nicht-Migranten. Die Lücke zwischen Deutschen und Migranten am Arbeitsmarkt schließt sich also. Das ist nicht in allen Industrieländern der Fall.

In Frankreich etwa, wie Deutschland ein Zielland von Migration mit lange ansässigen und eher geringqualifizierten Zuwanderern, gehen die Jobchancen von Zugewanderten und Nicht-Migranten weiter auseinander. “Global gesehen stehen Länder wie Kanada besonders gut da”, sagt Liebig, “weil sie zusätzlich zu den Zuwanderern, die Deutschland aufgenommen hat, darunter viele Flüchtlinge in jüngster Zeit, hochqualifizierte Arbeitsmigranten aufgenommen haben.”

Lesekompetenz im PISA-Test steigt

Bei den schulischen Leistungen schließen Kinder von Migranten ebenfalls auf. In PISA-Tests zur Lesekompetenz konnten sie sich zwischen 2006 und 2015 – also noch vor der Einwanderung von mehr als einer Million Flüchtlingen – um etwa 50 Punkte verbessern auf jetzt 441 Punkte. Ein deutlich stärkerer Anstieg als bei ihren Mitschülern ohne Migrationshintergrund, die sich um 17 Punkte verbesserten.

“Bei den Abschlüssen allerdings schließt sich die Lücke nur bei den höher Qualifizierten”, schränkt Liebig ein. “Bei den niedrig Qualifizierten haben wir in Deutschland nach wie vor einen sehr großen Anteil von Nachkommen von Zuwanderern, die maximal einen Realschul-Abschluss haben. Da hat sich auch in den letzten zehn Jahren leider nicht viel getan.”

Widmann-Mauz: Mehr Migranten in den öffentlichen Dienst

Die besseren Leistungen von Zuwanderern und ihren Nachkommen beim PISA-Test haben sich also noch nicht in besseren Abschlüssen niedergeschlagen. Rund ein Viertel der Kinder von Migranten in Deutschland hat weder Abitur noch eine abgeschlossene Berufsausbildung. Damit steht Deutschland schlechter da als die OECD- und EU-Länder insgesamt.

Die für Integration zuständige Staatsministerin Annette Widmann-Mauz will das ändern: “Wir müssen bei der Anerkennung von Berufsabschlüssen besser werden und Frauen stärken, ihre Rechte besser wahrzunehmen”, sagt sie. “Wichtig ist Sprachförderung von Anfang an in Kitas und Schulen, damit alle Kinder faire Chancen haben. Und auch die interkulturelle Öffnung des öffentlichen Dienstes muss entschieden vorangetrieben werden.”

Thomas Liebig, OECD-Experte für Migration und Integration

Aktuell sind rund 8,5 Prozent der in Deutschland geborenen Migrantenkinder im öffentlichen Dienst. Bei der Vergleichsgruppe der 15- bis 34-Jährigen ohne Migrationshintergrund sind es mehr als 17 Prozent.

Als vorbildlich sieht Liebig hier Länder wie Schweden. “Bei der zweiten Generation fahren Länder, die seit vielen Jahren eine sehr intensive und aktive Integrationspolitik betreiben, relativ gut.” So sei auch die Beschäftigungsquote von Frauen mit Migrationshintergrund in Schweden besonders hoch.

Migranten erleben weniger Diskriminierung

Zudem berichten nur noch knapp elf Prozent der Migranten in Deutschland von Diskriminierung aufgrund ihrer Herkunft, Hautfarbe oder Religion. Vor zehn Jahren waren es noch mehr als 15 Prozent. “Das ist für manche vielleicht überraschend”, sagt Liebig. “Da liegt Deutschland mittlerweile im Mittelfeld und schon lange nicht mehr in der Spitzengruppe, also den Ländern mit besonders viel wahrgenommener Diskriminierung.”

Zudem würde Migration in Deutschland positiver wahrgenommen als noch vor zehn Jahren, so Liebig. Dabei gehe es jedoch um Migration im Allgemeinen und nicht um Asylsuchende. Knapp 13 Millionen Menschen, die 2017 in Deutschland lebten, wurden laut Studie im Ausland geboren. Das sind etwa 16 Prozent der Gesamtbevölkerung. Damit liegt Deutschland im oberen Mittelfeld der Industrieländer.