Fiche S: Die Sicherheitsdatenbank Frankreichs

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Der mutmaßliche Attentäter von Straßburg ist 29 Jahre alt und der Justiz wegen Raub- und Gewaltdelikten bekannt. Er war aber auch auf dem Radar der Geheimdienste mit einem Eintrag in der Fiche-S-Datei.

Chérif C. war den lokalen Sicherheitsbehörden bekannt – allerdings nicht wegen Terrorismusverdachts, sondern wegen schweren Raubes und Gewaltdelikten. Gleichwohl war der mutmaßliche Attentäter in einer besonderen Datenbank verzeichnet: der Akte S .

Was ist die “Akte S” (Fiche S)?

Die Akte S (Fiche S) soll die Behörden alarmieren und das Sammeln von Informationen über Verdächtige erleichtern. Die Abkürzung “S” steht für “Sicherheit des Staates”. Polizisten oder Grenzbeamte müssen nach einem Akte-S-Alarm bei Überprüfungen genauer hinschauen. Bei einer regulären Straßenkontrolle könnte zum Beispiel die Folge sein, dass der Polizist auch genaue Informationen über die Beifahrer einholt und den Inlandsgeheimdienst alarmiert.

In der Sicherheitsdatenbank stehen sowohl verurteilte Straftäter als auch Menschen, die noch nie in Berührung mit der Justiz gekommen sind. Personen mit Akte-S-Eintrag dürfen sich im Land frei bewegen. Ein Eintrag hat auch nicht zwangsläufig eine ständige Überwachung zur Folge – auch weil dem Land dazu Personal und Mittel fehlen. Aus der Opposition gibt es Forderungen, Akte-S-Personen vorsorglich in Haft zu nehmen. Bislang gibt es dafür allerdings keine Rechtsgrundlage.

Die Informationen über die Gefährder-Einträge werden auch ins Schengen-Informationssystem (SIS) übermittelt, damit die europäischen Partner darauf zugreifen können.

Welche Personen bekommen einen Akte-S-Eintrag?

Die Akte S ist keine Terrorliste, sondern enthält die Namen von Personen, die eine potenzielle Bedrohung für die öffentliche Sicherheit oder die Sicherheit Frankreichs darstellen können. Die Schwelle für einen Eintrag ist deutlich niedriger als für die Aufnahme in die Gefährder-Liste in Deutschland. 

Den Umfang der Datenbank hat der frühere Premierminister Manuel Valls im November 2015 mit 20.000 Einträgen angegeben. Medien spekulieren sogar über aktuell 26.000 Namen. Neben Hooligans und radikalen Globalisierungskritikern haben auch viele Islamisten einen Akte S-Eintrag – von mehr als 10.000 Dschihadisten ist die Rede.

Akte S: Ein wichtiges Hilfsmittel für die Sicherheitskräfte

Die Zahl der Einträge hat in den vergangenen Jahren stark zugenommen. Noch 2010 sollen lediglich 5000 Personen vermerkt gewesen worden sein. Die Einträge werden in regelmäßigen Abständen überprüft und gegebenenfalls wieder gelöscht.

Der Akte S-Eintrag von Chérif C. hängt laut französischem Innenministerium mit einer religiösen Radikalisierung während  eines Gefängnisaufenthalts zusammen. Der 29-Jährige wird der Straßburger Islamistenszene zugerechnet. Auf dem Radar des Geheimdienstes war er Ministeriumsinformationen zufolge seit einer Haftentlassung Ende 2015 – und er wurde zuletzt aktiv überwacht. 

Wie bekommt man einen Akte-S-Eintrag?

In den meisten Fällen veranlasst der Inlandsgeheimdienst DGSI (Direction générale de la sécurité intérieure) die Aufnahme in die Datei. Das kann nach einem Hinweis aus der Öffentlichkeit oder von staatlichen Stellen geschehen, aber auch nach Geheimdienstinformationen aus dem Ausland. Ob die Person die französische Staatsbürgerschaft besitzt und sich gerade in Frankreich befindet oder nicht, ist unerheblich für die Aufnahme in die Liste.

Die Person selbst wird nicht darüber informiert, dass sie ins Visier der Sicherheitsbehörden geraten ist.

Welche Daten werden gespeichert?

In der Akte sind Angaben über die Person, ein Foto, der Grund für den Eintrag und Hinweise zum Verhalten bei Kontrollen gespeichert.

Es gibt insgesamt 16 Unterkategorien von S1 bis S16. Diese Unterteilung lässt allerdings keine direkten Schlüsse über die Gefährlichkeit der Person zu, sondern dient Polizisten als Hintergrundinformation für Kontrollen. Unter die Kategorie S14 zum Beispiel fallen nach Frankreich zurückgekehrte Dschihadisten aus Kriegsgebieten.