Hongkonger Aktivisten suchen neue Wege

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Die Angeklagten im Prozess gegen Anführer der Hongkonger Occupy-Bewegung wollen Stärke demonstrieren und so ihre Anhänger mobilisieren. Aber in deren Reihen herrscht Frust, wie sie selber zugeben.

Die damaligen Protagonisten der Hongkonger “Occupy”-Bewegung, die 2014 mit monatelangen Demonstrationen und Sit-ins die von Peking gelenkte Führung der Sonderverwaltungsregion herausgefordert hatten, fordern von ihren Anhängern Geduld und Ausdauer. Das jetzt gegen sie eröffnete Gerichtsverfahren sehen sie als politisch motiviert und weiteren Versuch, die Demokratiebewegung zu entmutigen.

Einer der Angeklagten, der frühere Jura-Professor Benny Tai (Artikelbild 2.v.r.), sagte der DW: “Möglicherweise haben wir bei der Vorbereitung der Proteste gewisse Anmeldeverfahren verletzt, aber die Anklage wegen Störung der öffentlichen Ordnung bedeutet im Endeffekt, dass unser Recht auf Versammlungsfreiheit in Frage gestellt wird. Damit wird auch die politische Motivation des Verfahrens deutlich.” Auch der Angeklagte Chan Kin-man (Artikelbild 1. v.r.), ehemals Soziologiedozent an der Chinese University of Hong Kong (CUHK), sieht in dem Verfahren den Versuch der Regierung von Hongkong, die dortige Demokratiebewegung auszutrocknen.

“Junge Generation braucht Geduld”

Die Staatsanwaltschaft habe ihm mitgeteilt, sagte Chan der Deutschen Welle, dass jetzt gegen alle Unterstützer und Freiwilligen der Demokratiebewegung ermittelt werde und dass diese Personen mit ähnlichen Anklagen rechnen müssten. “Sobald der Prozess gegen uns einmal richtig in Gang gekommen ist, kann daraus eine schwerwiegende Beeinträchtigung der Freiheit und Rechtsstaatlichkeit in Hongkong erwachsen”, so Chan Kin-man.

Dennoch glaubt er, dass die jüngere Generation in Hongkong der Demokratiebewegung treu bleiben wird, auch wenn der Druck aus Peking diese Menschen zunehmend frustriert: “Die jungen Leute sind frustriert, weil sie keine wirksamen Mittel finden, um ihre Ziele und Träume zu verwirklichen. Ich denke, sie müssen einfach Geduld haben. Ich hoffe, sie können ihre Kräfte sammeln und nachhaltigere Wege finden, um für ihre Ziele zu kämpfen.”

Protestkundgebung vor dem Prozessauftakt in Hongkong

Viele Beobachter und Beteiligte sehen in dem Prozess gegen Tai und Chan sowie andere Angeklagte einen Test der Autonomie und Freiheit Hongkongs. Die beiden sehen ihren Prozess aber auch als etwas anderes: “Ich kann denjenigen, die früher die Bewegung unterstützt haben, zeigen, dass es immer noch Leute wie uns gibt, die bereit sind, zu kämpfen”, sagt Benny Tai. “Ich hoffe, dass ich sie damit ermutigen kann, weiterzumachen. Kann auch sein, dass wir niemanden inspirieren, aber zumindest müssen wir zeigen, dass wir noch Widerstandskraft haben.”

“Wir dürfen uns von dem Prozess nicht unterkriegen lassen”

Tai hat einen konkreten Vorschlag für die verbliebenen Demokratieaktivisten: Sie sollten die Wahlen in der Sonderverwaltungsregion für ihre Ziele nutzen. Wenn auch Sitzgewinne für die Pro-Demokratie-Kräfte im Legislativrat und in den Distrikträten keine Umwälzung des politischen Systems in Hongkong bewirken werden, würde es für die chinesische Regierung schwieriger werden, sich in Hongkongs Angelegenheiten einzumischen.

Wahlkampf in Hongkong (2016): Auch jetzt wollen Aktivisten verstärkt auf Wählermobilisierung setzen

Auch Chan Kin-man plädiert für ein defensives Vorgehen der Demokratie-Aktivisten, sie sollten sich auf die Stärkung der existierenden Freiheiten und Rechte Hongkongs konzentrieren. Er sieht den Prozess als Bestandteil im kollektiven Kampf der Pro-Demokratie-Community. “Solange wir uns von dem Prozess nicht unterkriegen lassen, glaube ich, dass wir stärker werden und dass die Bewegung zu neuem Leben erwacht. Wir werden stark bleiben, um die Menschen zu ermutigen, weiterzumachen.”