Hippie-Ikone Joni Mitchell wird 75

0
375

Mit ihren lyrischen Songs schuf sie in den 1970er Jahren den Soundtrack für romantische Mädchen. Joni Mitchell ist mehr als ein Gitarre spielendes Folk-Vögelchen. Längst ist ihre Stimme um zwei Oktaven tiefer geworden.

  • Singer-Songwriterinnen, die man nicht vergisst

    Joni Mitchell

    Vom Folk zum Jazz zum Pop – und das mit einer anfangs vier Oktaven umfassenden Singstimme. Joni Mitchells Musikkarriere ist so vielseitig wie kaum eine andere. Und niemand spielt so Gitarre wie sie: Nach einer Kinderlähmung konnte sie ihre linke Hand nicht mehr vollständig bewegen. Damit sie die Akkorde besser greifen konnte, stimmte sie ihre Gitarre einfach um.

  • Singer-Songwriterinnen, die man nicht vergisst

    Joan Baez

    Die Mutter aller Singer-Songwriterinnen ist seit fast 60 Jahren auf der Bühne. Sie ist eine der Ikonen der US-amerikanischen Anti-Kriegs- und Bürgerrechtsbewegung. Niemand konnte mit so einer schönen und klaren Stimme Protestsongs singen. “We Shall Overcome” ist ihr bekanntestes Lied. Funfact: Sie nahm erst 1991 Gesangsunterricht!

  • Singer-Songwriterinnen, die man nicht vergisst

    Shawn Colvin

    “Sunny came home”: Eine Hausfrau und Mutter kommt nach Hause, hat eine Riesenliste abzuarbeiten, verspürt im Innern nur eine endlose Leere und will weg. Der Song brachte Shawn 1998 zwei Grammys. Sie war Ende der 80er Backgroundsängerin von Suzanne Vega, nebenbei tourte sie schon mit eigenem Programm. Kritiker verehrten sie, die breite Masse konnte sie bis zu ihrem Erfolgssong nicht erreichen.

  • Singer-Songwriterinnen, die man nicht vergisst

    k.d. lang

    “Constant Craving”: Ein Popsong über das Tapfersein selbst in der dunkelsten Stunde. Das ist 1992 ihr einziger Hit in Deutschland, aber in den USA und in ihrer Heimat Kanada sind ihre Platten preisgekrönt. Ihre Kompositionen klingen zwar gefällig, bergen aber stets harmonische Überraschungen. Dazu hat sie eine weiche Altstimme. Sie lebt offen lesbisch.

  • Singer-Songwriterinnen, die man nicht vergisst

    Melissa Etheridge

    “Like the Way I do”: Liebt sie dich genau so wie ich es tue? Kann sie dich genau so fesseln, berühren und reizen? Melissa beschreibt deutlich, dass lesbische Liebe nicht anders läuft als eine heterosexuelle Beziehung, auch wenn sie zerbricht. Melissa Etheridge nimmt kein Blatt vor den Mund und ist auch Galionsfigur der Homosexuellen-Bewegung. Ihre Offenheit kommt selbst im prüden Amerika gut an.

  • Singer-Songwriterinnen, die man nicht vergisst

    Tracy Chapman

    “Don’t you know – they’re talkin’ about a revolution” – Merkst du es nicht? Sie reden über Revolution! Tracy Chapman verzaubert die Popwelt 1988 mit ihrem Debütalbum und Songs, die das allgegenwärtige Unrecht zwischen Arm und Reich leise in die Welt hinausschreien. Zusammen mit Tanita Tikaram und Suzanne Vega bereitete sie den Boden für die Singer-Songwriterinnen der 90er.

  • Singer-Songwriterinnen, die man nicht vergisst

    Alanis Morissette

    “Ironic”: Wenn du 10.000 Löffel findest, aber unbedingt ein Messer brauchst… Der Song über Dinge, die nerven und grundsätzlich schiefgehen, erschien 1995 auf dem Erfolgsalbum “Jagged little Pill”. Auf der selben Platte: “You Oughta Know”. Eine verlassene Frau, eifersüchtig, wütend, verletzt, weggeworfen. Ihre ganze Verzweiflung packt Alanis in diesen Song. Intensiver geht’s kaum.

  • Singer-Songwriterinnen, die man nicht vergisst

    Kate Bush

    Pink-Floyd-Gitarrist Dave Gilmour erkannte ihr Talent, als sie noch ein Teenie war. Er verschaffte ihr den ersten Plattendeal und griff ihr bei den Aufnahmen zu ihrem Debütalbum unter die Arme. Und dann ging alles fast von selbst: Ihre erste selbstgeschriebene Single “Wuthering Heights” (1978) war sofort ein Hit. Sowas hatte vor ihr noch keine britische Künstlerin geschafft. Trotz Piepsstimme.

  • Singer-Songwriterinnen, die man nicht vergisst

    Tori Amos

    “Me And A Gun”: Es waren ich, eine Pistole und ein Mann hinter mir. Ich sang “holy, holy” als er seine Hose aufknöpfte. In diesem Lied versucht Tori, mit ihrer Vergewaltigung fertig zu werden. Die tanzende Elfe am Klavier erregt mit ihrem Debüt “Little Earthquakes” 1992 großes Aufsehen. Den bekanntesten Song aber lieferte sie später mit “Cornflake Girl”. Thema: Genitalverstümmelung bei Mädchen.

  • Singer-Songwriterinnen, die man nicht vergisst

    Lianne la Havas

    Oft steht sie einfach nur alleine mit ihrer E-Gitarre da. Die jamaikanisch-griechisch-britische Sängerin hat eine weiche, leicht heisere Stimme und schreibt federleichte Soul-Popsongs. Ihr Debüt “Is Your Love Big Enough” war 2013 das Album des Jahres auf iTunes. Fans fragen sich, warum sie nicht berühmter ist. Eine Antwort auf YouTube: weil sie nicht ihren Körper zeigt und echtes Talent hat.

  • Singer-Songwriterinnen, die man nicht vergisst

    Regina Spektor

    “Ich treffe manche Entscheidungen bewusst, weil ich kein Pop-Star sein will, sondern mich als arbeitende Singer-Songwriterin sehe, die ihre Möglichkeiten ausloten und musikalisch wachsen will.” Regina steht für “Anti-Folk” und stellt gängige Song-Strukturen gerne mal auf den Kopf. Bekannt von ihr ist “You’ve Got Time”, der Grammy-nominierte Titelsong zur TV-Serie “Orange Is The New Black”.

    Autorin/Autor: Silke Wünsch


  • Singer-Songwriterinnen, die man nicht vergisst

    Joni Mitchell

    Vom Folk zum Jazz zum Pop – und das mit einer anfangs vier Oktaven umfassenden Singstimme. Joni Mitchells Musikkarriere ist so vielseitig wie kaum eine andere. Und niemand spielt so Gitarre wie sie: Nach einer Kinderlähmung konnte sie ihre linke Hand nicht mehr vollständig bewegen. Damit sie die Akkorde besser greifen konnte, stimmte sie ihre Gitarre einfach um.

  • Singer-Songwriterinnen, die man nicht vergisst

    Joan Baez

    Die Mutter aller Singer-Songwriterinnen ist seit fast 60 Jahren auf der Bühne. Sie ist eine der Ikonen der US-amerikanischen Anti-Kriegs- und Bürgerrechtsbewegung. Niemand konnte mit so einer schönen und klaren Stimme Protestsongs singen. “We Shall Overcome” ist ihr bekanntestes Lied. Funfact: Sie nahm erst 1991 Gesangsunterricht!

  • Singer-Songwriterinnen, die man nicht vergisst

    Shawn Colvin

    “Sunny came home”: Eine Hausfrau und Mutter kommt nach Hause, hat eine Riesenliste abzuarbeiten, verspürt im Innern nur eine endlose Leere und will weg. Der Song brachte Shawn 1998 zwei Grammys. Sie war Ende der 80er Backgroundsängerin von Suzanne Vega, nebenbei tourte sie schon mit eigenem Programm. Kritiker verehrten sie, die breite Masse konnte sie bis zu ihrem Erfolgssong nicht erreichen.

  • Singer-Songwriterinnen, die man nicht vergisst

    k.d. lang

    “Constant Craving”: Ein Popsong über das Tapfersein selbst in der dunkelsten Stunde. Das ist 1992 ihr einziger Hit in Deutschland, aber in den USA und in ihrer Heimat Kanada sind ihre Platten preisgekrönt. Ihre Kompositionen klingen zwar gefällig, bergen aber stets harmonische Überraschungen. Dazu hat sie eine weiche Altstimme. Sie lebt offen lesbisch.

  • Singer-Songwriterinnen, die man nicht vergisst

    Melissa Etheridge

    “Like the Way I do”: Liebt sie dich genau so wie ich es tue? Kann sie dich genau so fesseln, berühren und reizen? Melissa beschreibt deutlich, dass lesbische Liebe nicht anders läuft als eine heterosexuelle Beziehung, auch wenn sie zerbricht. Melissa Etheridge nimmt kein Blatt vor den Mund und ist auch Galionsfigur der Homosexuellen-Bewegung. Ihre Offenheit kommt selbst im prüden Amerika gut an.

  • Singer-Songwriterinnen, die man nicht vergisst

    Tracy Chapman

    “Don’t you know – they’re talkin’ about a revolution” – Merkst du es nicht? Sie reden über Revolution! Tracy Chapman verzaubert die Popwelt 1988 mit ihrem Debütalbum und Songs, die das allgegenwärtige Unrecht zwischen Arm und Reich leise in die Welt hinausschreien. Zusammen mit Tanita Tikaram und Suzanne Vega bereitete sie den Boden für die Singer-Songwriterinnen der 90er.

  • Singer-Songwriterinnen, die man nicht vergisst

    Alanis Morissette

    “Ironic”: Wenn du 10.000 Löffel findest, aber unbedingt ein Messer brauchst… Der Song über Dinge, die nerven und grundsätzlich schiefgehen, erschien 1995 auf dem Erfolgsalbum “Jagged little Pill”. Auf der selben Platte: “You Oughta Know”. Eine verlassene Frau, eifersüchtig, wütend, verletzt, weggeworfen. Ihre ganze Verzweiflung packt Alanis in diesen Song. Intensiver geht’s kaum.

  • Singer-Songwriterinnen, die man nicht vergisst

    Kate Bush

    Pink-Floyd-Gitarrist Dave Gilmour erkannte ihr Talent, als sie noch ein Teenie war. Er verschaffte ihr den ersten Plattendeal und griff ihr bei den Aufnahmen zu ihrem Debütalbum unter die Arme. Und dann ging alles fast von selbst: Ihre erste selbstgeschriebene Single “Wuthering Heights” (1978) war sofort ein Hit. Sowas hatte vor ihr noch keine britische Künstlerin geschafft. Trotz Piepsstimme.

  • Singer-Songwriterinnen, die man nicht vergisst

    Tori Amos

    “Me And A Gun”: Es waren ich, eine Pistole und ein Mann hinter mir. Ich sang “holy, holy” als er seine Hose aufknöpfte. In diesem Lied versucht Tori, mit ihrer Vergewaltigung fertig zu werden. Die tanzende Elfe am Klavier erregt mit ihrem Debüt “Little Earthquakes” 1992 großes Aufsehen. Den bekanntesten Song aber lieferte sie später mit “Cornflake Girl”. Thema: Genitalverstümmelung bei Mädchen.

  • Singer-Songwriterinnen, die man nicht vergisst

    Lianne la Havas

    Oft steht sie einfach nur alleine mit ihrer E-Gitarre da. Die jamaikanisch-griechisch-britische Sängerin hat eine weiche, leicht heisere Stimme und schreibt federleichte Soul-Popsongs. Ihr Debüt “Is Your Love Big Enough” war 2013 das Album des Jahres auf iTunes. Fans fragen sich, warum sie nicht berühmter ist. Eine Antwort auf YouTube: weil sie nicht ihren Körper zeigt und echtes Talent hat.

  • Singer-Songwriterinnen, die man nicht vergisst

    Regina Spektor

    “Ich treffe manche Entscheidungen bewusst, weil ich kein Pop-Star sein will, sondern mich als arbeitende Singer-Songwriterin sehe, die ihre Möglichkeiten ausloten und musikalisch wachsen will.” Regina steht für “Anti-Folk” und stellt gängige Song-Strukturen gerne mal auf den Kopf. Bekannt von ihr ist “You’ve Got Time”, der Grammy-nominierte Titelsong zur TV-Serie “Orange Is The New Black”.

    Autorin/Autor: Silke Wünsch


Im Lautsprecher rumpelt “This Flight Tonight”, gespielt von einer Rockgruppe namens Nazareth. Wer das Original kennt, ein zauberhaftes Lied von Kanadas Folk-Ikone Joni Mitchell, wird den dahingeschrammelten Rocksong schnell ausmachen, sich das Mitchell-Album “Blue” schnappen und der hellen zuckersüßen Stimme mit den geheimnisvollen Liedern lauschen, die Augen verschließen und in der Zauberwelt versinken. In der ganz eigenen Welt einer Sängerin, die nicht nur eine besondere Art hatte, Songs zu schreiben, sondern auch Gitarre zu spielen.

Selfmade-Künstlerin                                                                     

Ihre Gitarre stimmte sie anders, damit ihr die Griffe leichter fielen

Joni Mitchell ist in der Tat eine eigenwillige Persönlichkeit. In ihrem Leben probiert sie vieles aus, Musikstile, Männer, Lebensgewohnheiten; sie lässt sich treiben und verarbeitet ihre Erlebnisse in Songs und Bildern.

Am 7. November 1943 als ungeliebte Tochter einer Lehrerin und eines Luftwaffenoffiziers in Kanada geboren, muss Roberta Joan Anderson – so ihr richtiger Name – in ihrer Kindheit viele Ortswechsel durchleben, zieht sich als kleines Mädchen in ihre eigene Welt zurück, malt, liest und erfindet Geschichten. Mit neun Jahren erkrankt sie an Kinderlähmung. Im Krankenhaus tröstet sie sich und andere Kinder mit ihrem Gesang. Sie nimmt kurz Klavierunterricht, hat aber mehr Spaß am Gitarrespielen und bringt sich das Instrument selber bei. Sie entwickelt dabei ihren eigenen Stil, weil sie aufgrund der Kinderlähmung ihre linke Hand nicht mehr richtig bewegen kann.

Später studiert Mitchell an einem Kunst-College, zeichnet, schreibt Texte und musiziert. Während des Studiums wird sie schwanger. Völlig verarmt gibt sie ihr Kind zur Adoption frei. Erst viele Jahre später werden sich Mutter und Tochter wiedersehen.

Die Karriere beginnt

Und dann wird sie von dem damals schon berühmten David Crosby entdeckt. Der produziert Mitchells Debütalbum “Song To A Seagull”: Eine Reise in eine lyrische, verträumte Welt voller Bilder, Geschichten und Erinnerungen. Wenige Monate später das zweite Album “Clouds” mit ihrem ersten Hit “Both Sides Now”, der später mehr als 50 Mal gecovert werden wird. Mit der LP kommt sie in die Top 40 der US-Charts, bekommt zum ersten Mal Gold für 500.000 verkaufte Exemplare und gewinnt ihren ersten Grammy. Den größten Teil des Albums hat sie selbst produziert, auch das Artwork des Covers stammt von ihr: ein Selbstporträt. Die Gestaltung ihrer Plattencover lässt sie sich auch später nicht mehr aus der Hand nehmen.

Mitchell bezeichnet sich als “Malerin, die auch Musik macht”

Woodstock auf dem Sofa

Wie alle großen Stars jeder Zeit soll auch sie 1969 beim legendären Woodstock-Festival auf der Bühne stehen. Das klappt nicht, weil Joni das Festivalgelände nicht erreicht. Dafür schreibt sie eine Hymne auf das Festival, die auf ihrem dritten Album “Ladies of the Canyon” erscheint. “Woodstock” wird ein Hit – aber nicht für sie, sondern für ihren Mentor David Crosby, der ihn mit seiner Band “Crosby, Stills, Nash & Young” vergoldet.

Mit ihrer vierten Platte “Court And Spark” und einer ausverkauften US-Tour wird sie ein Superstar, die “First Lady of Folk” – mit Allüren und haufenweise Männergeschichten. Leonard Cohen, Jackson Browne, James Taylor sind nur einige der illustren Namen auf der Liste von Joni Mitchells abgelegten Lovern. Ganz die Diva, spricht sie nicht mit “Normalsterblichen” – die könnten ja ihre Aura verletzen – hat Sonderwünsche und lässt, wo es geht, die Zicke raushängen.

Mitchell (2.v.l.) mit Roger McGuinn, Richie Havens, Joan Baez und Bob Dylan 1975

Vom Folk zum Jazz zum Rock zum Pop

Sie arbeitet wie ein Tier, singt, schreibt, tourt und bringt eine Platte nach der anderen heraus. Auf “Blue” (1971) sind die persönlichsten Songs von ihr zu hören: Da ist sie ganz und gar nicht Zicke, sondern eine verletzliche Frau, die ihr Kind weggegeben hat, deren Beziehungen zerbrechen, die träumt, trauert, aber auch in sich hinein lächelt. Es ist das letzte Album, auf dem sie pure Folksongs singt. Mit den nächsten Platten ändert sich die Musik. Sie wird bandlastiger, durcharrangierter, ihre Stimme wird von Platte zu Platte tiefer. Kein Wunder: Joni Mitchell raucht seit ihrem neunten Lebensjahr. Das 1976er Album “Hejira” produziert sie zusammen mit dem damaligen Bass-Gott Jaco Pastorius. Der Sound seines “Fretless Bass” (E-Bass ohne Bünde) prägt das Album, mit dem Mitchell nun endgültig die Folk-Ecke verlassen hat.

Mitchell bei einem Konzert in den 80ern

Sie bewegt sich weiter Richtung Jazz, legt 1979 mit “Mingus” einen weiteren Meilenstein vor. Hier hat sie die Musik des Jazzkomponisten Charles Mingus vertont. Ihren Status als Musik-Ikone nimmt sie mit in die 80er. Einer der angesagtesten Produzenten, Thomas Dolby, nimmt mit ihr 1985 “Dog Eat Dog” auf, eine Platte, die nicht viel Erfolg hat – nur bei den eingefleischten Fans.

Die Joni Mitchell von früher ist nun endgültig verschwunden: Ihre früher vier Oktaven umfassende Stimme ist tief und rau geworden, die Musik eiskalt produziert – typisch für die 80er. Sie fühlt sich auch gar nicht richtig wohl mit diesem Sound, wie sie damals dem Rolling Stone im Interview sagt: “Er (Dolby) mag in der Lage sein, es besser zu machen, aber Tatsache ist, dass es dann nicht wirklich meine Musik ist.” Diese “Selbstenteignung” setzt sich fort: Auf der nächsten LP “Chalkmark in a Rainstorm” überlässt sie ihren berühmten Gastmusikern fast komplett das Feld: Peter Gabriel, Don Henley, Wendy & Lisa, Billy Idol.

Eine merkwürdige Krankheit

Gleich zwei Grammys gab es 1995 für “Turbulent Indigo”

Sie hört auf, jedes Jahr eine Platte zu veröffentlichen und zieht sich in die Malerei zurück. 2000 nimmt sie ihren Song “Both Sides Now” noch einmal auf. Aus dem einstigen Folksong ist eine rauchige Jazzballade geworden, Mitchell bekommt für das gleichnamige Album ihren mittlerweile fünften Grammy. Insgesamt gewinnt sie acht Grammys, darunter einen Ehren-Grammy für ihr Lebenswerk. Sie wird in die “Rock’n’Roll Hall of Fame” aufgenommen. 2007 veröffentlicht sie ihr bisher letztes Album “Shine”.

Seit einigen Jahren leidet sie an einer seltenen Hautkrankheit: “Morgellons”, von Wissenschaftlern als Dermatozoenwahn bezeichnet. Bei dieser Krankheit haben Betroffene das Gefühl, ihnen würden bunte Fasern aus der Haut wachsen. “Wie Pilze nach einem Regenguss”, sagt Joni Mitchell der New York Times in einem Interview. Anfang April 2015 wird sie bewusstlos in ihrer Wohnung gefunden. Nach ein paar Tagen auf der Intensivstation kommt sie wieder nach Hause.

Bei ihrer Geburtstagsfeier wird Joni Mitchell ihren jüngeren Kollegen zuhören

Als sie im April 2017 zur Feier von Elton Johns 70. Geburtstag erscheint, läuft die Boulevardpresse heiß. Mitchell hat extrem zugenommen und sitzt im Rollstuhl. Vorangegangen war ein schweres Hirnaneurysma, das Mitchel dazu gezwungen hat, das Sprechen und das Laufen neu zu erlernen.

Jetzt wird die Folk-Ikone 75 Jahre alt. Zu ihren Ehren wird es in Los Angeles ein zweitägiges Konzert geben: Am 6. und 7. November treten beim Konzert “Joni 75: A Birthday Celebration Live” Stars wie Rufus Wainwright, Chaka Khan, Norah Jones, Emilou Harris, Seal und Kris Kristofferson auf. Natürlich singen sie Mitchell-Songs. Und Joni selber sitzt im Publikum.