Wie russisch sind die russischen Exportschlager?

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Jede Nation kämpft mit dem Problem, auf Klischees reduziert zu werden. Das geht auch dem WM-Gastgeberland nicht anders, sagt Anastassia Boutsko. Die Bildergalerie klärt auf, was wirklich russisch ist und was nicht.

  • Russische Exportschlager – echt russisch?

    Russischer Wodka

    Das russische “Wässerchen” ist weltweit ein Verkaufsschlager. Die verbreitete Meinung, die Russen würden ihren Wodka auch besonders gern selbst bechern, stimmt nicht: Fast die Hälfte der Russen konsumiert gar keinen Alkohol. Laut WHO schaffte es Russland 2016 lediglich auf Platz 16 der Weltrangliste im Alkoholkonsum (11,7 Liter pro Kopf), Deutschland hingegen auf Platz 5.

  • Russische Exportschlager – echt russisch?

    Russische Matrjoschka

    Das beliebte Mitbringsel aus Russland, eine gedrechselte Holzpuppe, in deren Innerem sich die kleineren “Schwestern” verstecken, ist eine Erfindung des Malers Sergej Maljutin. Dabei ließ er sich im Jahre 1896, als er die erste Matrjoschka entwarf, von dem japanischen Spielzeug Daruma inspirieren: Sein Mäzen Sawwa Mamontow und dessen Frau hatten es ihm von einer Japan-Reise mitgebracht.

  • Russische Exportschlager – echt russisch?

    Russische Küche

    Im Gegensatz zu Frankreich oder Italien besitzt Russland keine ausgeprägte nationale Küche. In den Dörfern gab es Bauernessen, in den Adelshäusern wurde europäisch gespeist. Was heute als “russische Küche” gilt, hat sich in den letzten 100 Jahren als Sammelsurium unterschiedlicher Einflüsse entwickelt. So ist der berühmte “Hering im Pelzmantel” eigentlich beim norwegischen “Sildesalat” abgeguckt.

  • Russische Exportschlager – echt russisch?

    Russisches Ballett

    Die Visitenkarte der russischen Kultur kam in Gestalt gehobener höfischer Unterhaltung im späten 18. Jahrhundert aus Frankreich an den Petersburger Hof. Französische Choreografen wie Charles Didelot und später Marius Petipa verhalfen der erhabenen Tanzkunst zur Blüte und gründeten renommierte Schulen. Ganz so russisch ist das russische Ballett also nicht …

  • Russische Exportschlager – echt russisch?

    Russische Kunst

    Für russische realistische Kunst stehen Namen wie Ilja Repin, Iwan Kramskoi
    oder Iwan Schischkin. Ihre Ausbildung an den führenden russischen Kunstakademien sah allerdings auch dauerhafte Aufenthalte in Westeuropa vor. So studierte Iwan Schischkin, dessen “Morgen im Kieferwald” als eines der Symbole russischer Kunst gilt, in München, Genf und Düsseldorf.

  • Russische Exportschlager – echt russisch?

    Russische Avantgarde

    Eine Quintessenz des Russischen: Kurz vor den großen Katastrophen des 20. Jahrhunderts proklamierte die russische Avantgarde (Bild: “Kopf eines Modernen Mädchens” von Kasimir Malewitsch) den Aufbruch in die Zukunft – Hand in Hand mit ihren europäischen Gleichgesinnten. Allerdings schienen nur in Russland ihre Visionen von einer neuen Welt kurz nach der Oktoberrevolution wahr zu werden.

  • Russische Exportschlager – echt russisch?

    Russischer Film

    Sergej Eisenstein (Foto) oder Andrei Tarkowski gelten als radikale Erneuerer der Filmkunst. Ihr Leben und Schaffen ist aber unzertrennlich mit dem internationalen Kino verbunden: Eisenstein, der mit seinem Revolutionsfilm “Panzerkreuzer Potemkin” weltbekannt wurde, entging nur knapp einer Vereinnahmung durch Hollywood.

  • Russische Exportschlager – echt russisch?

    Russische Musik

    Mittlerweile gehören “Boris Godunow” von Mussorgski oder “Pique Dame” von Tschaikowski zu den beliebtesten Stücken der Weltopernbühne, und ohne Schostakowitsch oder Prokofjew ist die Sinfonik des 20. Jahrhunderts undenkbar. Ihren besonderen nationalen Charakter gewann die russische Musik mit der Gründung der Komponistenvereinigung “mächtiges Häuflein” ab Mitte des 19. Jahrhunderts.

  • Russische Exportschlager – echt russisch?

    Russische Literatur

    Es gibt wohl nichts Russischeres als russische Literatur: Puschkin und Gogol, Dostojewski und Tolstoi, Pasternak und Bulgakov sind Autoren von Weltrang. Ob aber ein Hollywood-Schiwago oder eine “Anna Karenina”-Verfilmung viel mit dem ursprünglichen literarischen Material zu tun haben, ist zu bezweifeln.

    Autorin/Autor: Anastassia Boutsko


  • Russische Exportschlager – echt russisch?

    Russischer Wodka

    Das russische “Wässerchen” ist weltweit ein Verkaufsschlager. Die verbreitete Meinung, die Russen würden ihren Wodka auch besonders gern selbst bechern, stimmt nicht: Fast die Hälfte der Russen konsumiert gar keinen Alkohol. Laut WHO schaffte es Russland 2016 lediglich auf Platz 16 der Weltrangliste im Alkoholkonsum (11,7 Liter pro Kopf), Deutschland hingegen auf Platz 5.

  • Russische Exportschlager – echt russisch?

    Russische Matrjoschka

    Das beliebte Mitbringsel aus Russland, eine gedrechselte Holzpuppe, in deren Innerem sich die kleineren “Schwestern” verstecken, ist eine Erfindung des Malers Sergej Maljutin. Dabei ließ er sich im Jahre 1896, als er die erste Matrjoschka entwarf, von dem japanischen Spielzeug Daruma inspirieren: Sein Mäzen Sawwa Mamontow und dessen Frau hatten es ihm von einer Japan-Reise mitgebracht.

  • Russische Exportschlager – echt russisch?

    Russische Küche

    Im Gegensatz zu Frankreich oder Italien besitzt Russland keine ausgeprägte nationale Küche. In den Dörfern gab es Bauernessen, in den Adelshäusern wurde europäisch gespeist. Was heute als “russische Küche” gilt, hat sich in den letzten 100 Jahren als Sammelsurium unterschiedlicher Einflüsse entwickelt. So ist der berühmte “Hering im Pelzmantel” eigentlich beim norwegischen “Sildesalat” abgeguckt.

  • Russische Exportschlager – echt russisch?

    Russisches Ballett

    Die Visitenkarte der russischen Kultur kam in Gestalt gehobener höfischer Unterhaltung im späten 18. Jahrhundert aus Frankreich an den Petersburger Hof. Französische Choreografen wie Charles Didelot und später Marius Petipa verhalfen der erhabenen Tanzkunst zur Blüte und gründeten renommierte Schulen. Ganz so russisch ist das russische Ballett also nicht …

  • Russische Exportschlager – echt russisch?

    Russische Kunst

    Für russische realistische Kunst stehen Namen wie Ilja Repin, Iwan Kramskoi
    oder Iwan Schischkin. Ihre Ausbildung an den führenden russischen Kunstakademien sah allerdings auch dauerhafte Aufenthalte in Westeuropa vor. So studierte Iwan Schischkin, dessen “Morgen im Kieferwald” als eines der Symbole russischer Kunst gilt, in München, Genf und Düsseldorf.

  • Russische Exportschlager – echt russisch?

    Russische Avantgarde

    Eine Quintessenz des Russischen: Kurz vor den großen Katastrophen des 20. Jahrhunderts proklamierte die russische Avantgarde (Bild: “Kopf eines Modernen Mädchens” von Kasimir Malewitsch) den Aufbruch in die Zukunft – Hand in Hand mit ihren europäischen Gleichgesinnten. Allerdings schienen nur in Russland ihre Visionen von einer neuen Welt kurz nach der Oktoberrevolution wahr zu werden.

  • Russische Exportschlager – echt russisch?

    Russischer Film

    Sergej Eisenstein (Foto) oder Andrei Tarkowski gelten als radikale Erneuerer der Filmkunst. Ihr Leben und Schaffen ist aber unzertrennlich mit dem internationalen Kino verbunden: Eisenstein, der mit seinem Revolutionsfilm “Panzerkreuzer Potemkin” weltbekannt wurde, entging nur knapp einer Vereinnahmung durch Hollywood.

  • Russische Exportschlager – echt russisch?

    Russische Musik

    Mittlerweile gehören “Boris Godunow” von Mussorgski oder “Pique Dame” von Tschaikowski zu den beliebtesten Stücken der Weltopernbühne, und ohne Schostakowitsch oder Prokofjew ist die Sinfonik des 20. Jahrhunderts undenkbar. Ihren besonderen nationalen Charakter gewann die russische Musik mit der Gründung der Komponistenvereinigung “mächtiges Häuflein” ab Mitte des 19. Jahrhunderts.

  • Russische Exportschlager – echt russisch?

    Russische Literatur

    Es gibt wohl nichts Russischeres als russische Literatur: Puschkin und Gogol, Dostojewski und Tolstoi, Pasternak und Bulgakov sind Autoren von Weltrang. Ob aber ein Hollywood-Schiwago oder eine “Anna Karenina”-Verfilmung viel mit dem ursprünglichen literarischen Material zu tun haben, ist zu bezweifeln.

    Autorin/Autor: Anastassia Boutsko


Wie man es auch dreht und wendet: Als Russin hört man von anderen recht oft, man käme wohl aus dem Land der Bären, Wälder und Säufer. Fliegt man über Weihnachten nach Russland, warnen alle vor übermäßigem Wodka-Konsum. Erzählt mein Sohn in seiner Klasse von einem Ansturm wilder Bären auf unsere Datscha bei Moskau, zweifelt kein Viertklässler seiner Schule daran, dass dieser Bericht der Wahrheit entspricht.

Am Roten Platz stehen italienische Bauten
 
Haben Sie schon mal  in der Kategorie “Bild” nach Russland gegoogelt? Ja, einfach “Russland” eingeben. Als Erstes kommt – neben der Karte des riesigen Landes – die Mariä-Schutz-und-Fürbitte-Kathedrale am Graben, besser bekannt als Basilius-Kathedrale am Roten Platz. Sie ist in der allgemeinen Wahrnehmung die russische Kirche schlechthin.

Die Moskauer Basilius Kathedrale ist ein Touristenmagnet

Jüngsten Forschungen zufolge wurde das imposante Sakralgebäude im 16.Jahrhundert aber von italienischen Architekten erbaut, die übrigens auch den Moskauer Kreml samt seiner Kathedralen errichteten. Man vermutet, dass die Erbauer der Kirche, deren Grundstein anlässlich des Siegs über die Tartaren gelegt wurde, sich von der italienischen Renaissance, aber auch von der orientalischen Architektur inspirieren ließen.

Die zehn Kuppeln stehen für die zehn Heiligen, deren Feste während der Belagerung von Kasan durch Iwan den Schrecklichen gefeiert wurden, einer davon ist der Heilige Basilius. Für die russische klassische Kirchenarchitektur ist die Kathedrale jedenfalls absolut untypisch.

Auch bei weiteren Russlandklischees lohnt sich ein zweiter Blick, wie unsere Bildergalerie beweist.