Washington: Hirshhorn Museum zeigt Baselitz-Retrospektive

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Mit “Six Decades” eröffnet die erste große Baselitz-Retrospektive seit mehr als 20 Jahren in den USA. Zu sehen gibt es mehr als 100 Gemälde und Skulpturen, darunter Meisterwerke, die dort noch nie zu sehen waren.

  • Georg Baselitz: Agitator von Weltruhm

    Alles steht Kopf

    Georg Baselitz steht anno 2010 in der Galerie Neue Meister im Dresdner Albertinum vor zweien seiner Werke. Die sind mitnichten falsch herum aufgehängt, sondern genau so vom Künstler inszeniert: Seine Bilder “auf dem Kopf” machten ihn in den 1970er Jahren weltberühmt.

  • Georg Baselitz: Agitator von Weltruhm

    Provokante Anfänge

    Seine Karriere begann Baselitz in den 1960er Jahren mit provokanten Gemälden, die Kunsthochschule Berlin-Weißensee hatte ihn da bereits wegen Unreife geschasst. 1962/63 entstand das Bild “Die große Nacht im Eimer”, das einen Jungen beim Masturbieren zeigt und als bekanntester Baselitz aus dieser Zeit gilt.

  • Georg Baselitz: Agitator von Weltruhm

    Die Heimat im Namen

    Zur Welt kam er als Hans-Georg Kern im sächsischen Deutschbaselitz, das ihm später als Vorlage seines Künstlernamens diente. Mitte der 1950er Jahre studierte er Malerei, erst an der Hochschule für bildende Künste in Ost-, später an der Hochschule der bildenden Künste in West-Berlin, wohin er 1958 zog. 1961 nahm er seinen Künstlernamen an. Hier zu sehen ist “Offenes Tor”, eines seiner Spätwerke.

  • Georg Baselitz: Agitator von Weltruhm

    Nicht ideologisch

    Baselitz wehrte sich gegen die Kunstdogmen, denen er in Ost und West begegnet war: Im Osten diente die Malerei damals der formalen Abbildung, während im Westen die Abstraktion als höchstes Gut gelehrt wurde. In keiner der beiden künstlerischen Ideologien fühlte sich der junge Maler heimisch. Schließlich nutzte er die Motivumkehr, hier in “Nachtessen in Dresden”, um sich auszudrücken.

  • Georg Baselitz: Agitator von Weltruhm

    Russischer Zyklus

    Zwischen 1998 und 2005 erstellte Baselitz mehr als 60 “Russenbilder”, in denen er Motive verfremdete, die er aus seiner Jugend in der DDR kannte – ein spätes Aufbegehren gegen das Dogma des sozialistischen Realismus, den eine starke Wirklichkeitsnähe prägte. Den Begründer der Sowjetunion stellte er in “Lenin on the Tribune” ebenfalls auf den Kopf.

  • Georg Baselitz: Agitator von Weltruhm

    Unvorteilhafte Selbstporträts

    Im Arsenal stellte Baselitz auf der Biennale 2015 acht unbenannte Selbstporträts aus: Er malte sie nach Vorlage eines Fotos, das für ihn aufgrund seines Alters “nicht sehr erfreulich” gewesen sei. Bereits 1980 hatte Baselitz in Venedig im deutschen Pavillon eine Holzskulptur ausgestellt, für die er aufgrund ihrer Ähnlichkeit zu Adolf Hitler heftige Kritik von Feuilleton wie Publikum erntete.

  • Georg Baselitz: Agitator von Weltruhm

    Holz, dem keine Wahl bleibt

    Die Biennale war auch Anlass für Baselitz, sich der Bildhauerei zu widmen. “Es wird schon irgendwie entstehen, wenn du dich vollständig in diese Arbeit vertiefst”, dachte er und wählte Holz als Material: “Dem Holz bleibt gar nichts weiter übrig, wenn ich lange genug darauf herumhacke.” Seine “Dresdner Frauen” (oben) zeigten die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden zum 20. Jahrestag des Mauerfalls.

  • Georg Baselitz: Agitator von Weltruhm

    Gebrochene Helden

    Im Juli 2015 kündigte Baselitz aus Protest gegen die geplante Verschärfung des deutschen Kulturgutschutzgesetzes an, seine Leihgaben aus deutschen Museen zurückzuziehen. Die Novellierung sah zu diesem Zeitpunkt vor, Museumssammlungen in ihrer Gesamtheit unter einen Ausfuhrschutz zu stellen. Die Schau “Gebrochene Helden” umfasst Radierungen und Holz- und Linolschnitte, hier aus dem Zyklus “CDF”.

  • Georg Baselitz: Agitator von Weltruhm

    Bekanntheit hat ihren Preis

    Georg Baselitz zählt noch immer zu den weltweit bedeutendsten zeitgenössischen Künstlern, der aktuelle Kunstkompass listet ihn auf Platz vier. Das schlägt sich in den Preisen für seine Werke nieder: Für die Bronzeskulptur “Zero Dome” wurde 2017 950.000 Euro verlangt. Ob sie richtig herum oder auf dem Kopf steht? Darüber darf spekuliert werden.

    Autorin/Autor: Torsten Landsberg


  • Georg Baselitz: Agitator von Weltruhm

    Alles steht Kopf

    Georg Baselitz steht anno 2010 in der Galerie Neue Meister im Dresdner Albertinum vor zweien seiner Werke. Die sind mitnichten falsch herum aufgehängt, sondern genau so vom Künstler inszeniert: Seine Bilder “auf dem Kopf” machten ihn in den 1970er Jahren weltberühmt.

  • Georg Baselitz: Agitator von Weltruhm

    Provokante Anfänge

    Seine Karriere begann Baselitz in den 1960er Jahren mit provokanten Gemälden, die Kunsthochschule Berlin-Weißensee hatte ihn da bereits wegen Unreife geschasst. 1962/63 entstand das Bild “Die große Nacht im Eimer”, das einen Jungen beim Masturbieren zeigt und als bekanntester Baselitz aus dieser Zeit gilt.

  • Georg Baselitz: Agitator von Weltruhm

    Die Heimat im Namen

    Zur Welt kam er als Hans-Georg Kern im sächsischen Deutschbaselitz, das ihm später als Vorlage seines Künstlernamens diente. Mitte der 1950er Jahre studierte er Malerei, erst an der Hochschule für bildende Künste in Ost-, später an der Hochschule der bildenden Künste in West-Berlin, wohin er 1958 zog. 1961 nahm er seinen Künstlernamen an. Hier zu sehen ist “Offenes Tor”, eines seiner Spätwerke.

  • Georg Baselitz: Agitator von Weltruhm

    Nicht ideologisch

    Baselitz wehrte sich gegen die Kunstdogmen, denen er in Ost und West begegnet war: Im Osten diente die Malerei damals der formalen Abbildung, während im Westen die Abstraktion als höchstes Gut gelehrt wurde. In keiner der beiden künstlerischen Ideologien fühlte sich der junge Maler heimisch. Schließlich nutzte er die Motivumkehr, hier in “Nachtessen in Dresden”, um sich auszudrücken.

  • Georg Baselitz: Agitator von Weltruhm

    Russischer Zyklus

    Zwischen 1998 und 2005 erstellte Baselitz mehr als 60 “Russenbilder”, in denen er Motive verfremdete, die er aus seiner Jugend in der DDR kannte – ein spätes Aufbegehren gegen das Dogma des sozialistischen Realismus, den eine starke Wirklichkeitsnähe prägte. Den Begründer der Sowjetunion stellte er in “Lenin on the Tribune” ebenfalls auf den Kopf.

  • Georg Baselitz: Agitator von Weltruhm

    Unvorteilhafte Selbstporträts

    Im Arsenal stellte Baselitz auf der Biennale 2015 acht unbenannte Selbstporträts aus: Er malte sie nach Vorlage eines Fotos, das für ihn aufgrund seines Alters “nicht sehr erfreulich” gewesen sei. Bereits 1980 hatte Baselitz in Venedig im deutschen Pavillon eine Holzskulptur ausgestellt, für die er aufgrund ihrer Ähnlichkeit zu Adolf Hitler heftige Kritik von Feuilleton wie Publikum erntete.

  • Georg Baselitz: Agitator von Weltruhm

    Holz, dem keine Wahl bleibt

    Die Biennale war auch Anlass für Baselitz, sich der Bildhauerei zu widmen. “Es wird schon irgendwie entstehen, wenn du dich vollständig in diese Arbeit vertiefst”, dachte er und wählte Holz als Material: “Dem Holz bleibt gar nichts weiter übrig, wenn ich lange genug darauf herumhacke.” Seine “Dresdner Frauen” (oben) zeigten die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden zum 20. Jahrestag des Mauerfalls.

  • Georg Baselitz: Agitator von Weltruhm

    Gebrochene Helden

    Im Juli 2015 kündigte Baselitz aus Protest gegen die geplante Verschärfung des deutschen Kulturgutschutzgesetzes an, seine Leihgaben aus deutschen Museen zurückzuziehen. Die Novellierung sah zu diesem Zeitpunkt vor, Museumssammlungen in ihrer Gesamtheit unter einen Ausfuhrschutz zu stellen. Die Schau “Gebrochene Helden” umfasst Radierungen und Holz- und Linolschnitte, hier aus dem Zyklus “CDF”.

  • Georg Baselitz: Agitator von Weltruhm

    Bekanntheit hat ihren Preis

    Georg Baselitz zählt noch immer zu den weltweit bedeutendsten zeitgenössischen Künstlern, der aktuelle Kunstkompass listet ihn auf Platz vier. Das schlägt sich in den Preisen für seine Werke nieder: Für die Bronzeskulptur “Zero Dome” wurde 2017 950.000 Euro verlangt. Ob sie richtig herum oder auf dem Kopf steht? Darüber darf spekuliert werden.

    Autorin/Autor: Torsten Landsberg


Nachdem die Schau bis Ende April in der Baseler Fondation Beyeler anlässlich des 80. Geburtstags von Georg Baselitz (23. Januar 2018) zu sehen war, ist sie nun in veränderter Form in Washington DC. eröffnet.

Bis zum 16. September zeigt das Hirshhorn Museum 100 Werke des deutschen Malers, Grafikers und Bildhauers und beleuchtet sämtliche Schaffensphasen von Baselitz’ sechs Jahrzehnte andauernder Karriere. Damit hat das US-amerikanische Publikum erstmals die Möglichkeit, die gesamte Bandbreite seiner Arbeit zu erleben. Unter anderem zeigt die Retrospektive Baselitz’ 1962 veröffentlichtes Skandalwerk “Nackter Mann”. Das Bild hatte in den 1960er Jahren wegen seiner Phallus-Abbildung Aufsehen erregt. Baselitz und zwei Berliner Galeristen mussten sich wegen der Zurschaustellung von Pornografie verantworten, erst vor dem Landgericht Berlin und dann vor dem Bundesgerichtshof. Das Verfahren wurde schließlich eingestellt.

“Ich würde mir das gar nicht mehr zutrauen”

Auch Baselitz’ auf den Kopf gestellte Bilder, mit denen er internationalen Ruhm erlangte, sind Teil der Ausstellung. “Ich finde die Idee großartig und würde mir das gar nicht mehr zutrauen, dass diese Idee von mir kommt”, sagte der Künstler im DW-Interview anlässlich seines 80. Geburtstags im Januar zu seinen Über-Kopf-Werken. Die Idee sei ihm in einer Zeit gekommen, in der er völlig unbemerkt gewesen sei. “Ich wurde ja gar nicht registriert. Ich wurde gar nicht wahrgenommen. Meine Kollegen, mit denen ich in Konkurrenz stand, haben gesagt: Das ist ein Trick, ein Gag. Das war es sicher auch, aber es ist darüber hinaus doch sehr viel mehr.”

In Washington gibt es außerdem Baselitz’ Papier- und Holzarbeiten sowie einige Bronzeskulpturen des Künstlers zu bestaunen. Die Werke sind Leihgaben aus bedeutenden privaten und öffentlichen Sammlungen in Europa und Nordamerika. Mit der Schau “Six Decades” in Washington wird Baselitz’ Reputation als einer der originellsten und innovativsten Künstler seiner Generation gefestigt.

Die Ausstellung wurde zunächst vom 21. Januar an in der Stiftung Beyeler in Basel gezeigt. Im Juni wechselte sie nach Washington und ist dort bis zum 16. September zu sehen.

bb/pr/ka (dpa, www.hirshhorn.si.edu)