Ergreifendes Alterswerk – Georg Baselitz zieht malerisch Bilanz

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Lange galt er als Berserker unter den Künstlern. Seine Werke erzielen Höchstpreise. Doch nun schlägt Georg Baselitz neue Töne an: Das Museum Unterlinden in Colmar zeigt das Alterswerk des 80-Jährigen: “Corpus Baselitz”.

  • Erst laut, jetzt leise: Baselitz’ Spätwerk in Colmar

    Kein Alterswerk

    Von “Alterswerk” will Georg Baselitz nichts wissen. Er kenne nur gescheiterte Alterswerke berühmter Kollegen. In seinen jüngsten Arbeiten, sagt der Künstler, habe er deshalb versucht, “die Fehler der anderen zu vermeiden”. Mit seinen Bildern, die jetzt in Colmar zu sehen sind, will der 80-Jährige “beweisen, dass ich noch besser bin als alle anderen!”

  • Erst laut, jetzt leise: Baselitz’ Spätwerk in Colmar

    Kopfüber? Baselitz kann auch anders

    Baselitz’ Markenzeichen ist die Kopfüber-Malerei: Seit Ende der 1970er Jahre malt er seine Motive auf dem Kopf. Das machte den aus dem sächsischen Deutschbaselitz stammenden Künstler auf einen Schlag weltberühmt. Die Schau im Musée Unterlinden überrascht deshalb auch mit diesem Werk – ein liegender Körper. Und “richtig” herum!

  • Erst laut, jetzt leise: Baselitz’ Spätwerk in Colmar

    Der alternde Köper

    In seinen Selbstporträts richtet Baselitz den Blick auf seinen alternden Körper. “Dabei gibt man geradezu eine Obzönität in der Realität wieder”, sagt der 80-Jährige. Nicht weit von seinen Bildern im Colmarer Museum steht der für seine Darstellung des leidenden Christus berühmte Isenheimer Altar von Matthias Grünewald.

  • Erst laut, jetzt leise: Baselitz’ Spätwerk in Colmar

    Abgang mit Marcel

    Nur schemenhaft lässt Baselitz den unteren Teil seines Körpers erkennen, der aus dem Dunkel aufscheint: In diesem Gemälde schreitet die Figur eine Treppe herab. Das Motiv haben Maler des 20. Jahrhunderts häufiger aufgegriffen. Baselitz erweist ihnen hier seine Referenz und markiert zugleich seinen Platz in der Kunstgeschichte.

  • Erst laut, jetzt leise: Baselitz’ Spätwerk in Colmar

    Ideale Kulisse

    Für “Corpus Baselitz” ist das Musée Unterlinden die ideale Kulisse. Nicht nur, weil das Haus in Colmar mit dem weltberühmten Isenheimer Altar ein Highlight sakraler Kunst beherbergt, sondern weil Baselitz sich in der Tradition der Altarmalerei Matthias Grünewalds sieht. Und es gibt sichtbare Bezüge. Und das von dem Architektenteam Herzog & de Meuron neugestaltete Museum ist ein Hingucker.

  • Erst laut, jetzt leise: Baselitz’ Spätwerk in Colmar

    Stolz auf Baselitz

    Sie hat allen Grund zum Stolz: Mit “Corpus Baselitz” ist Museumskuratorin Frédérique Goerig-Hergott eine bildstarke Ergänzung zum weltweiten Ausstellungsreigen rund um den 80. Geburtstag von Georg Baselitz gelungen. Sein sensibles Spätwerk war vorher nirgends zu sehen und wirkt doch wie die Lebensbilanz des deutschen Künstlers. Die Schau im Musée Unterlinden läuft noch bis 29. Oktober 2018.

    Autorin/Autor: Stefan Dege


  • Erst laut, jetzt leise: Baselitz’ Spätwerk in Colmar

    Kein Alterswerk

    Von “Alterswerk” will Georg Baselitz nichts wissen. Er kenne nur gescheiterte Alterswerke berühmter Kollegen. In seinen jüngsten Arbeiten, sagt der Künstler, habe er deshalb versucht, “die Fehler der anderen zu vermeiden”. Mit seinen Bildern, die jetzt in Colmar zu sehen sind, will der 80-Jährige “beweisen, dass ich noch besser bin als alle anderen!”

  • Erst laut, jetzt leise: Baselitz’ Spätwerk in Colmar

    Kopfüber? Baselitz kann auch anders

    Baselitz’ Markenzeichen ist die Kopfüber-Malerei: Seit Ende der 1970er Jahre malt er seine Motive auf dem Kopf. Das machte den aus dem sächsischen Deutschbaselitz stammenden Künstler auf einen Schlag weltberühmt. Die Schau im Musée Unterlinden überrascht deshalb auch mit diesem Werk – ein liegender Körper. Und “richtig” herum!

  • Erst laut, jetzt leise: Baselitz’ Spätwerk in Colmar

    Der alternde Köper

    In seinen Selbstporträts richtet Baselitz den Blick auf seinen alternden Körper. “Dabei gibt man geradezu eine Obzönität in der Realität wieder”, sagt der 80-Jährige. Nicht weit von seinen Bildern im Colmarer Museum steht der für seine Darstellung des leidenden Christus berühmte Isenheimer Altar von Matthias Grünewald.

  • Erst laut, jetzt leise: Baselitz’ Spätwerk in Colmar

    Abgang mit Marcel

    Nur schemenhaft lässt Baselitz den unteren Teil seines Körpers erkennen, der aus dem Dunkel aufscheint: In diesem Gemälde schreitet die Figur eine Treppe herab. Das Motiv haben Maler des 20. Jahrhunderts häufiger aufgegriffen. Baselitz erweist ihnen hier seine Referenz und markiert zugleich seinen Platz in der Kunstgeschichte.

  • Erst laut, jetzt leise: Baselitz’ Spätwerk in Colmar

    Ideale Kulisse

    Für “Corpus Baselitz” ist das Musée Unterlinden die ideale Kulisse. Nicht nur, weil das Haus in Colmar mit dem weltberühmten Isenheimer Altar ein Highlight sakraler Kunst beherbergt, sondern weil Baselitz sich in der Tradition der Altarmalerei Matthias Grünewalds sieht. Und es gibt sichtbare Bezüge. Und das von dem Architektenteam Herzog & de Meuron neugestaltete Museum ist ein Hingucker.

  • Erst laut, jetzt leise: Baselitz’ Spätwerk in Colmar

    Stolz auf Baselitz

    Sie hat allen Grund zum Stolz: Mit “Corpus Baselitz” ist Museumskuratorin Frédérique Goerig-Hergott eine bildstarke Ergänzung zum weltweiten Ausstellungsreigen rund um den 80. Geburtstag von Georg Baselitz gelungen. Sein sensibles Spätwerk war vorher nirgends zu sehen und wirkt doch wie die Lebensbilanz des deutschen Künstlers. Die Schau im Musée Unterlinden läuft noch bis 29. Oktober 2018.

    Autorin/Autor: Stefan Dege


Es ist eine sensationelle Schau, die immer wieder staunen lässt: über den malerischen Fokus, den der Künstler auf das eigene Altern richtet. Über die vielen Anspielungen auf Werke und Motive anderer Künstler. Über die Bezüge Baselitz’ zur barocken Kunst, die das Museum Unterlindenbeherbergt. Und überhaupt, weil Baselitz, Jahrgang 1938, hier eine überraschende Bilanz seines Künstlerlebens zieht.

Dystopisches Paar – ein Alterswerk von Georg Baselitz

Ausgestellt werden die Arbeiten, die alle in den letzten drei Jahren entstanden, noch bis zum 29. Oktober: riesige wandfüllende Gemälde ebenso wie Zeichnungen und Aquarelle hinter Glas, assistiert von grobbehauenen, baumdicken Holzskulpturen. Die meisten Werke sind Selbstporträts, zeigen den alternden Körper des Künstlers oder den seiner Frau Elke. “Ich mache eigentlich nichts anderes mehr als diese zwei zu malen”, sagt Baselitz. “Das ist eine ziemlich abgeschlossene Welt. Das finde ich gut.”

Viele Bilder sind Ölzeichnungen, die ihr Motiv oft nur konturen- oder zeichenhaft zeigen: nackte Gliedmaßen, welke, von Narben und Blessuren übersäte Haut, schlaffe Muskulatur, verdickte Gelenke. Schonungslos ist Baselitz’ Blick auf die eigene Gebrechlichkeit, bestürzend seine Ehrlichkeit.

Parallen zur Altarmalerei 

Matthias Grünewalds Isenheimer Altar von 1516 von steht auch im Museum Unterlinden in Colmar

Kuratorin Frédérique Goerig-Hergott sieht denn auch Parallelen zur Altarmalerei Matthias Grünewalds, dessen Isenheimer Altar von 1516 zur Sammlung des Musée Unterlinden gehört. Berühmt ist Grünewald für die zu seiner Zeit drastische und detailreiche Darstellung des geschundenen Körpers von Jesus am Kreuz. Doch von religiösen Anwandlungen will Baselitz nichts wissen: Auch wenn er in der Tradition der Altarmalerei stehe, sagt er, seien seine Bilder “weder religiös noch verwiesen sie auf das Jenseits”.

Neue Ausdrucksformen 

Immer wieder hat Baselitz, zu dessen rundem Geburtstag derzeit viele Ausstellungen in München, Dresden, New York und in der Schweiz laufen, neue Ausdrucksformen für Körper gefunden. Mal in der Tradition der Aktmalerei, mal als Selbstporträt, mal als Skulptur. In Colmar belegt das etwa “Abgang mit Marcel”: ein Gemälde, in dem der untere Teil seines Körpers, in eine schwarze Fläche geritzt, eine Treppe herabsteigt. In “Schnell die zehnte Nacht abwärts” lässt Baselitz seine Umrisse horizontal aus dem düsteren Bild schreiten.

Und auch das gibt es auch in der Colmarer Ausstellung: Der “Kopf-über-Maler” Baselitz bricht mit seiner Marotte, die ihn 1969 weltberühmt machte, etwa im Bild “Ohne Titel” von 2016, das eine liegende Gestalt zeigt.

Diese Arbeit von Georg Baselitz zeigt eine herabschreitende Figur zeigt

Nicht nur Grünewalds Figuren erweist Baselitz seine künstlerische Referenz: Er zitiert etwa auch ein Paar-Motiv von Otto Dix, indem er sich und Elke auf einem Sofa sitzend malt. Er stellt den eine Treppe herabsteigenden Akt dar – ein Motiv, das auch viele Künstler des 20. Jahrhundert durchspielten, von Marcel Duchamps bis Gerhard Richter. Und Baselitz verteidigt – volltönend und augenzwinkernd – seinen Platz in der Kunstgeschichte: “Ich zeige hier nicht mein Alterswerk”, lässt er wissen”, ich will beweisen, dass ich noch besser bin als alle anderen!”