Leipziger Buchmesse: Diskussion um rechte Verlage und die Meinungsfreiheit

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Die Leipziger Buchmesse hat ihre Tore geöffnet. Der Andrang ist groß, die Themen sind vielfältig. Heiß diskutiert im Vorfeld: die Präsenz rechter Verlage auf der Messe. Kein neues Thema, aber nach wie vor ein brisantes.

Knapp ein halbes Jahr ist es her. Im Herbst 2017, im Vorfeld der Frankfurter Buchmesse, stellte sich genau die gleiche Frage wie jetzt in Leipzig: Sollte die Messeleitung den Auftritt rechter Verlage zulassen? Die Buchmessen verstehen sich von jeher als Ort des Austausches und der Meinungsfreiheit. Doch wo genau liegt die Grenze zwischen Meinungsfreiheit und Hetze?

Juergen Boos, Direktor der Frankfurter Buchmesse, stellte damals klar: Es gebe keine rechtliche Handhabe, rechte Verlage auszuschließen. Aber noch mehr wolle man das auch nicht. “Eine Idee verschwindet nicht, indem man sie verbietet.” Genauso sieht es der Chef des Börsenvereins Heinrich Riethmüller. “Wenn wir Meinungsfreiheit ernst nehmen, müssen wir sie auch jenen zugestehen, deren Wertvorstellungen und Meinungen wir nicht teilen, ja deren Ansichten wir sogar für gefährlich halten”, so Riethmüller bei der offiziellen Eröffnungsfeier am Mittwochabend in Leipzig. 

In Frankfurt kam es gegen Ende der Messe zu Tumulten am Stand eines rechtsgerichteten Verlags, die Polizei musste eingreifen. Die Leipziger Messe überarbeitete daraufhin ihr Sicherheitskonzept. Was also wird die Besucher in Leipzig nun erwarten?

Plädoyer für mehr Diskussionen und Debatten

Zunächst einmal wird es wohl eine ganz normale Messe werden, mit Lesungen, Preisverleihungen und Podiumsdiskussionen. Buchmesse-Direktor Oliver Zille betonte bei der Eröffnung der Messe am Mittwoch die Vielfalt der Themen und dass er sich wünsche, “dass nicht nur einzelne besonders laute Teilnehmer die Messe dominieren”. Ein Wunsch, der bei Rednern wie dem Autor Akif Pirinçci, der wegen Volksverhetzung verurteilt wurde, und Jürgen Elsässer, dem umstrittenen Publizisten und Chefredakteur des Compact-Magazins, möglicherweise nicht in Erfüllung gehen wird.

Das Logo der Leipziger Buchmesse

Alexander Skipis, Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, ergriff die Gelegenheit für ein Plädoyer für eine neue Debattenkultur in Deutschland, “weil in der Vergangenheit zu viele Themen weggeschwiegen und tabuisiert worden sind und man sich nicht aufrichtig auseinandergesetzt hat”. Für einen Meinungsbildungsprozess müssten auch Verlage mit randständigen Positionen zugelassen werden – solange sie nicht gegen das Gesetz verstoßen.

Dem stimmt auch Martin Buhl-Wagner, Geschäftsführer der Leipziger Messe, zu: “Wir haben eine ganz klare rote Linie und stellen uns klar gegen Rassismus und Hetze.” Die Grenze bilde das Grundgesetz, strafrechtlich relevante Äußerungen auf der Buchmesse würden die Veranstalter zur Anzeige bringen. “Und ganz klar kann man dafür auch Hausverbote erteilen.”

Initiativen gegen Rechts

Parallel zur Eröffnungsfeier protestierten am Mittwochabend rund 400 Menschen gegen die Präsenz rechter Verlage auf der Buchmesse. “Wir werden nicht hinnehmen, dass rechte Ideologien auf der Buchmesse verbreitet werden”, sagte René Arnsburg, Mitinitiator von #verlagegegenrechts. Es gehe nicht um ein Verbot, sondern um Widerstand.

Hinter der Initiative stehen mehr als 70 Verlage sowie rund 200 Einzelpersonen, die einen Aufruf gegen rechte Stimmungsmache auf der Buchmesse unterzeichnet haben. Auch auf der Leipziger Messe selbst hat die Initiative Aktionen geplant. “Wir wollen aber keine Tumulte. Die helfen nur den rechten Verlagen, weil sie dann in der Opferrolle sind. Wir wollen eine politische Diskussion und mit den Messebesuchern ins Gespräch kommen”, so Arnsburg.

Diskussionen gab es auch schon vor der Messe. In der vergangenen Woche sorgte der Schriftsteller Uwe Tellkamp für Aufregung. Bei einer Podiumsdiskussion in Dresden provozierte er mit negativen Äußerungen über Flüchtlinge und kritisierte, dass man dafür in Deutschland gleich in die rechte Ecke gestellt werde. Der Suhrkamp-Verlag distanzierte sich daraufhin von Tellkamp – was wiederum für eine Kontroverse sorgte. Tellkamp hat deshalb mittlerweile seine im März geplante Lesereise durch Norddeutschland abgesagt.

Preis der Leipziger Buchmesse: die Nominierungen 2018

Leipzig liest – auf 550 Bühnen

Die Diskussion um die rechten Verlage ist allerdings nicht das einzige Thema in Leipzig. Mit mehr als 3600 Veranstaltungen locken die Buchmesse und das dazugehörige Lesefest “Leipzig liest” Besucher und Autoren aus aller Welt an. Anders als in Frankfurt ist die Leipziger Messe als Publikumsmesse konzipiert. Vier Tage lang wird gelesen, was das Zeug hält – an Orten in der ganzen Stadt. Gastland ist in diesem Jahr Rumänien, jungen Autoren sollen den Besuchern ein Tor zur rumänischen Kultur öffnen. Rund 40 Werke wurden extra hierfür ins Deutsche übersetzt. 

Insgesamt werden rund 300.000 Besucher erwartet. Bleibt es zu hoffen, dass viel diskutiert und debattiert wird, und dass es – anders als in Frankfurt – auch bei den brisanten Themen nicht zu Handgreiflichkeiten kommt.