Lettlands Zentralbankchef wegen Korruptionsverdachts festgenommen

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Zuerst war die Wohnung von Ilmars Rimsevics durchsucht worden, nun wurde der Zentralbankchef, der auch EZB-Ratsmitglied ist, in Gewahrsam genommen. Die Regierung betont, das Finanzsystem Lettlands sei nicht gefährdet.

Lettlands Anti-Korruptionsbehörde KNAB hat den Zentralbankchef des baltischen Euro-Landes, Ilmars Rimsevics (Artikelbild), vorübergehend festgenommen. Dies teilte das Büro von Regierungschef Maris Kucinskis in Riga mit. Ermittler hatten Medienberichten zufolge zuvor die Privatwohnung und das Büro von Rimsevics durchsucht. Der 52-Jährige sei zudem mehr als sieben Stunden lang von der KNAB befragt worden. Grund dafür seien Korruptionsvorwürfe gegen Rimsevics, berichtete das staatliche Fernsehen.

“Die Behörde arbeitet professionell und genau”, teilt Kucinskis mit. “Die Regierung vertraut voll und ganz der Behörde und ist bereit, jede erforderliche Unterstützung zur Verfügung zu stellen.” Es gebe “keine Anzeichen für eine Gefahr für das lettische Finanzsystem”, betonte der Regierungschef. Für Montag berief Kucinskis eine Sondersitzung der Regierung in Riga ein. Auch die KNAB kündigte eine Pressekonferenz an. Zur Situation im lettischen Bankensektor wird zudem der Nationale Sicherheitsrat zusammentreffen, wie die lettische Präsidialkanzlei mitteilte. 

Lettlands Premierminister Maris Kucinskis

Erste Rücktrittsforderungen an Rimsevics

Ein Sprecher der Zentralbank sagte dem lettischen Rundfunk, das oberste Finanzinstitut des Baltenstaats arbeite wie gewohnt. Einzelheiten zu den Ermittlungen gegen Rimsevics und dessen Verbleib seien der Bank nicht bekannt. Rimsevics steht seit 2001 an der Spitze der Zentralbank. Seit dem Euro-Beitritt Lettlands 2014 gehört er auch dem Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) an. Die EZB lehnte eine Stellungnahme zu dem Vorfall ab.

Obwohl sich weder die Regierung noch die Antikorruptionsbehörde zu den Vorwürfen gegen Rimsevics äußerten, wurden erste Rücktrittsforderungen laut. Der lettische Wirtschaftsminister Arvils Aseradens legte dem Zentralbankchef den Rücktritt nahe. Die Logik gebiete es, dass der Gouverneur der Zentralbank, einer der ranghöchsten Vertreter des Landes, ernsthaft über die Aufgabe seines Amtes nachdenken müsse, sagte Aseradens dem Sender Radio Lettland.

Vorwürfe auch gegen lettische ABLV Bank

Die Festnahme des Chefs der unabhängigen Zentralbank ist ein weiterer Rückschlag für das lettische Bankensystem. So wirft die US-Behörde FinCEN, eine für die Ermittlung von Finanzkriminalität zuständige Abteilung des US-Finanzministeriums, dem drittgrößten lettischen Geldhaus ABLV Bank systematische Geldwäsche vor.

Die FinCEN hatte vergangene Woche erklärt, sie prüfe Sanktionen gegen die ABLV. Die Bank ermögliche es zudem ihren Kunden, die Sanktionen zu unterlaufen, die die Vereinten Nationen gegen Nordkorea wegen des Atomwaffenprogrammes verhängt haben. Die ABLV erklärte dagegen, die US-Behörde berufe sich auf unbewiesene und irreführende Informationen.

cw/haz (dpa, rtr)