Mike Pence vor schwierigem Israel-Besuch

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Der US-Vizepräsident besucht am Montag Israel. Die Palästinenser haben ein Treffen mit Pence abgesagt – aus Protest gegen die Nahost-Politik der Regierung von Donald Trump. Aus Jerusalem berichtet Tania Krämer.

Palästinensisches Anti-Trump-Graffiti: Vor dem Israel-Besuch von Mike Pence schlagen die Wellen des Protestes gegen die USA hoch

Im Ostjerusalemer Viertel Silwan, gleich außerhalb der Altstadtmauern, macht sich Jawad Siyam Gedanken zum Besuch des amerikanischen Vizepräsidenten. Die Entscheidung Donald Trumps, Jerusalem als Hauptstadt Israels anzuerkennen, hat die Emotionen aufgewühlt. “Die USA haben jegliche Hoffnung der Palästinenser zerstört”, sagt der Aktivist Siyam. Für ihn hat der Besuch das “Potential, neue Spannungen hervorzurufen”. Aber die Menschen warteten erst einmal ab, was Pence zu sagen habe. Das besetzte Westjordanland wird der US-Vize jedenfalls nicht besuchen.

Zweimal bereits war das Datum der Pence-Reise verschoben worden. Nun kommt der Vizepräsident zu einem Zeitpunkt, zu dem sich die diplomatischen Beziehungen zwischen den USA und Palästinensern auf absolutem Tiefstand befinden und erneut über den Zeitpunkt der umstrittenen Verlegung der US-Botschaft nach Jerusalem diskutiert wird. Aus Protest über diese Entscheidung hatte der palästinensische Präsident Mahmud Abbas bereits im Dezember ein geplantes Treffen mit Pence in Bethlehem abgesagt.

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Angespannte amerikanisch-palästinensische Beziehungen

Und auch ein Treffen mit Pence in Bethlehem haben die Palästinenser abgesagt. Die jüngste Entscheidung der US-Regierung, bereits zugesagte Hilfsgelder für das UN-Flüchtlingshilfswerk für Palästina (UNRWA) einzufrieren, hat die Beziehungen erneut auf die Probe gestellt. In einer Rede letzte Woche hat Präsident Abbas nochmals deutlich gemacht, dass die USA von den Palästinensern nicht mehr als Vermittler einer Friedensinitiative akzeptiert werden.

In Israel wird Pence vor der Knesset sprechen, was dort als wichtige Geste gesehen wird. George W. Bush war 20008 der letzte US-Präsident, der vor dem israelischen Parlament eine Rede hielt. “Zuvor hat Bill Clinton vor der Knesset gesprochen, Bush war dort bei den Feierlichkeiten zu 60 Jahren Israel. Eine Rede vor der Knesset ist eine besondere Sache”, sagt Eytan Gilboa, israelischer Experte für israelisch-amerikanische Beziehungen an der Bar-Ilan-Universität.

Evangelikale Sichtweise auf Nahost

Pence, der oft als frommer evangelikaler Christ beschrieben wird, dürfte auch seine eigene Unterstützungsbasis in den USA vor Augen haben. “Die Evangelikalen sind einer der größten Unterstützer Israels, vielleicht mehr als die jüdische Gemeinschaft in diesem Moment. Sie stellen die Kernbasis der Trump-Regierung”, so Gilboa.

Für die Palästinenser ist die Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt Israels ein Affront

Ursprünglich sollte Pence’ Besuch auch eine Unterstützung für die christlichen Minderheiten in der Region sein. Im Heiligen Land wird er aber wahrscheinlich keine Christen treffen. Denn auch die Kirchen hatten die Jerusalem-Entscheidung des US-Präsidenten scharf kritisiert und eine Beibehaltung des Status Quo der Stadt angemahnt. Ein offenbar geplanter Besuch in der Geburtskirche, einer der heiligsten Stätten des Christentums, die sich im besetzten Westjordanland befindet, steht nicht mehr auf dem Programm.

Bischof Munib Younan, der frühere Vorsitzende der evangelisch-lutherischen Gemeinde in Jerusalem, sagt: “Viele Leute hier denken, dass der Druck der evangelikalen Gruppen in den USA, zu denen auch Pence gehört oder zu denen man ihm Nähe nachsagt, eine Rolle bei der Jerusalem-Entscheidung gespielt hat. Deren apokalyptischen Visionen und Verständnis von Jerusalem fügen dem Frieden und der Gerechtigkeit in Jerusalem Schaden zu.”

US-Präsident Trump “privat” an der Klagemauer – kommt Pence nun offiziell als Vizepräsident?

Umstrittener Besuch der Klagemauer

Evangelikale Christen sind Teil des christlich-zionistischen Lagers, das den Staat Israel unterstützt. Einige von ihnen glauben an ein Endzeit-Szenario, das schließlich in Jerusalem eintreten wird. “Sie sind ein wichtiger Wählerblock und ein innenpolitischer Faktor”, sagt der amerikanische Bischof Oscar Cantú, der vor kurzem Jerusalem anlässlich einer Reise katholischer Bischöfe besucht hat. Auch er sieht die Hauptstadt-Entscheidung kritisch. “Die Vereinigten Staaten sind seit vielen Jahren ein wichtiger Gesprächspartner, um die beiden Parteien zum Dialog zusammenzubringen. Jetzt sind die Palästinenser misstrauisch und haben das Gefühl, dass wir einseitig Partei ergriffen haben.”

Neue Spannungen könnte Pence erwarteter Besuch an der Klagemauer, dem heiligsten Ort des Judentums, erzeugen. Auch US-Präsident Trump hatte den heiligen Ort während seiner Reise im Mai besucht, aber sein Besuch wurde damals als “privat” deklariert, um jegliche Kontroversen über den delikaten Status Quo zu vermeiden. Aber nach seiner Entscheidung, Jerusalem als Hauptstadt Israels anzuerkennen, steht der geplante Klagemauer-Besuch von US-Vize Pence für die Palästinenser in einem anderen Licht.