Der Skandal um Kobe Steel

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Im Skandal um Kobe aus Japan lässt der Druck auf den Stahl-Konzern nur wenig nach. Drei japanische Autobauer beteuerten, Kobe-Stahl sei sicher. Europas Flugaufsicht aber warnt vor dem Stahl aus Japan.

Erklärung der japanischen Autobauer hilft Kobe Steel

Am Donnerstag zählte Kobe Steel mit einem Plus von 6,7 Prozent zu den größten Gewinnern an der Tokioter Börse. Zuvor hatten Toyota, Honda und Mazda dem Stahlhersteller bescheinigt, seine Aluminium-Produkte seien sicher. Material für Motorhauben und andere Außenteile für die Autobauer kommt direkt von Kobe.

Immer noch liegt die Kobe-Aktien allerdings 35 Prozent unter ihrem Stand vom Monatsanfang. Der Titel war durch ein Bekenntnis der Stahlkocher aus der letzten Woche in den Keller getrieben worden. Kobe Steel hatte eingeräumt, seit Jahren die Daten von Aluminium-, Kupfer- und Stahlwaren gefälscht zu haben. Vorstandschef Hiroya Kawasaki sagte am letzten Freitag, mit den Produkten seien rund 500 Firmen beliefert worden.

Warnung der Flugsicherheit

Die beiden größten Flugzeugbauer weltweit, Airbus und Boeing, kündigten an, ihre Zulieferketten zu überprüfen. Am Mittwoch (18.10.2017) hatte ihnen die europäische Flugsicherheitsbehörde EASA geraten, keine Produkte von Kobe mehr einzusetzen. Derzeit seien die Bedenken aber nicht schwerwiegend genug, um eine sogenannte Lufttüchtigkeitsanweisung auszugeben. Sie hätte dann Zwangsmaßnahmen zur Folge.

Der Skandal um die Fälschungen bei Kobe Steel hat sich rasch ausgeweitet. Der Betrug erstrecke sich über einen Zeitraum von mehr als zehn Jahren, sagte Anfang dieser Woche ein Insider der Agentur Reuters. Der Zeitung “Nikkei” zufolge machte Japans drittgrößter Stahlhersteller sogar seit mehreren Jahrzehnten falsche Angaben zu Produkten. Ein Unternehmenssprecher sagte, er könne diesen Bericht nicht bestätigen, da die Untersuchungen noch andauerten.

Fragen aus USA

Unterdessen rief der Skandal auch die US-Behörden auf den Plan: Das Justizministerium in Washington forderte den Konzern auf, Unterlagen zu gefälschten Produktdaten bereitzustellen, die Lieferungen an US-Firmen betreffen, wie Kobe Steel selbst mitteilte.

Viele Skandale bei Unternehmen aus Japan

Das 1905 gegründete Unternehmen gehört zu den wirtschaftlichen Aushängeschildern des Landes. In Japan machten zuletzt eine ganze Reihe von Industrieunternehmen negative Schlagzeilen mit Skandalen. So rief Nissan mehr als 1,2 Millionen Fahrzeuge wegen unzulänglicher Sicherheitsüberprüfungen zurück. Der Autozulieferer Takata musste im Sommer erneut Millionen von Airbags aus dem Verkehr ziehen. Das Konglomerat Toshiba hatte jahrelang seine Gewinne zu hoch ausgewiesen. Nachlässigkeiten lassen sich auch beim Energiekonzern Tepco verfolgen, der als Betreiber des havarierten Akws in Fukushima traurige Berühmtheit erlang.

Während andere asiatischen Länder – darunter auch China – ihre Qualitätsstandards nach und nach verbesserten, jagt in Japan ein Skandal den nächsten. “Der wachsende weltweite Wettbewerb hat japanische Hersteller dazu gezwungen, die Kosten zu senken, um effizienter zu sein. Gleichzeitig müssen sie eine oft schwer zu erreichende Produktionsquote schaffen”, sagt der japanische Anwalt Motokazu Endo.

Wettbewerbsdruck als Problem

Die Folge sei, dass etwa die Autoproduzenten ihre Zulieferer kürzer hielten und auch weniger Zeit in die Überprüfung der angelieferten Produkte investierten, heißt es bei Roland Berger-Berater und Partner Hitoshi Kaise. Der nach den USA und China drittgrößten Volkswirtschaft der Welt setzt außer der Konkurrenz durch asiatische Nachbarn auch die schwächelnde Nachfrage auf dem Heimatmarkt zu. Dieser Druck habe die Wettbewerbsfähigkeit von Japans Firmen wohl immer weiter beschnitten, sagte Hideaki Miyajima, Experte für Unternehmensführung an der Waseda University.

Der Wettbewerb steigt, die Marktmacht japanischer Unternehmen sinkt

Die Regierung versucht seit Jahren, mit strikteren Unternehmensregeln gegenzusteuern. Viele Konzerne halten dessen ungeachtet aber an alten Praktiken fest, sagt Anwalt Nobuo Gohara, der nach einem Bilanzskandal bei Olympus im Jahr 2011 bei einer Unternehmensprüfung mitwirkte. “Viele dieser Probleme schlummern in den Fabrikhallen.” Qualitätsexperte Hiroshi Osada von der Bunkyo University sieht daher vor allem eine Lösung: eine Unternehmenskultur schaffen, in der sich Arbeiter trauen, Bedenken zu äußern und ihrem Chef gegenüber auch mal “Nein!” zu sagen.

ar/bea (rtr, dpa,afp)