Yad Vashem kritisiert Darstellung von Holocaust-Opfern auf Tiktok

Die Gedenkstätte in Israel stört sich daran, dass Nutzer der Video-App – teils entsprechend geschminkt – als KZ-Opfer posieren. Dadurch werde das Beispiellose und Böse des Holocausts verharmlost.

Blick auf die Decke der Halle der Namen von Yad Vashem, in der mehr als vier Millionen Holocaust-Opfer aufgeführt sind

Die Gedenkstätte Yad Vashem hat Darstellungen von Holocaust-Opfern auf der Video-App Tiktok scharf kritisiert. Dies sei ein Beispiel für die Trivialisierung des Holocausts, teilte die Gedenkstätte in Jerusalem mit. Auf der Video-Plattform waren zuletzt mehrere, mit Musik unterlegte Videos veröffentlicht worden, in denen sich Nutzer als Holocaust-Opfer ausgaben. Sie hatten sich dafür unter anderem geschminkt.

“Ich starb durch die Gaskammern in Auschwitz”

“Oh hi, willkommen im Himmel”, hieß es in eingeblendeten Sätzen eines Mädchens in einem der Videos. Auf Fragen, wie es gestorben sei und warum es so aussehe, antwortete das Mädchen: “Ich starb durch die Gaskammern in Auschwitz.”

Der Eingangsbereich und die Baracken-Schornsteine des früheren Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau

Einige Nutzer hätten möglicherweise beabsichtigt, die Aufmerksamkeit für das Leid von Millionen getöteter jüdischer Männer, Frauen und Kinder zu erhöhen, teilte Yad Vashem mit. Doch die Veröffentlichung solcher Videos ohne größeren Kontext sei respektlos gegenüber der Erinnerung an die Opfer und die noch lebenden Zeitzeugen. Sie verharmlose zugleich das Beispiellose und Böse des Holocausts.

Tiktok teilte auf Anfrage mit, Nutzer selbst hätten die Videos wieder gelöscht. Obwohl keiner der Inhalte auf Tiktok mit dem Hashtag #holocaustchallenge in Verbindung gebracht worden sei, sei dieser blockiert worden, um die Verwendung präventiv zu verhindern. Auf Twitter wurde unter diesem Hashtag über die Videos diskutiert. Tiktok betonte: “Wir moderieren alle Inhalte mit der Überschrift Holocaust sehr genau.” Das Unternehmen verfolge bei Antisemitismus und Holocaust-Leugnung eine Null-Toleranz-Politik.

Holocaust und Schoah

Holocaust ist die nahezu weltweit gebräuchliche Bezeichnung für den Völkermord an der jüdischen Bevölkerung Europas durch die Nationalsozialisten. Ihm fielen etwa sechs Millionen Menschen zum Opfer. Der Begriff Holocaust stammt vom griechischen Wort “holokauston” und bedeutet Brandopfer (wörtlich: “ganz verbrannt”). Menschen jüdischen Glaubens verwenden meist das hebräische Wort Schoah – Katastrophe.


  • “Survivors”: Gesichter wie Seelenlandschaften

    Hannah Goslar-Pick, Jg. 1928

    Hannah wurde 1928 in Berlin geboren. Nachdem die Anfeindungen gegen Juden und die öffentlichen Repressalien in Nazi-Deutschland unerträglich wurden, zog ihre Familie in die Niederlande, nach Amsterdam. Aber auch dort konnten sie der Judenverfolgung nicht entkommen. Sie wurde verhaftet und ins Durchgangslager Westerbork abtransportiert. Von dort deportierte sie die SS ins KZ Bergen-Belsen.


  • “Survivors”: Gesichter wie Seelenlandschaften

    Baruch Shu, Jg. 1924

    Baruch Shu stammt aus Vilnius. Vor dem Zweiten Weltkrieg gehörte die Stadt zu Polen, heute ist sie Teil von Litauen. Das Ghetto von Vilna überlebte Shu, weil er in die polnische Untergrundbewegung ging und mit den Partisanen gegen die Nazis kämpfte. Er fühlt sich verpflichtet, der heutigen Generation immer wieder vom Holocaust zu erzählen – damit die Erinnerung für die Zukunft erhalten bleibt.


  • “Survivors”: Gesichter wie Seelenlandschaften

    Lily Gombash, Jg. 1930

    Lily wurde in in Zagreb in Jugoslawien geboren. Heute gehört die Stadt zu Kroatien. Sie hat viel durchgemacht und überlebte als weiblicher KZ-Häftling mit knapper Not die Torturen im Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau. Heute beklagt sie, dass es soviel Hass in der Welt gäbe. Sie wünscht sich und allen Menschen ein Leben in Frieden und Gerechtigkeit.


  • “Survivors”: Gesichter wie Seelenlandschaften

    Ester Hurwitz, Jg. 1919

    Die alte Dame mit den feuerroten Haaren stammt aus Deutschland und lebt heute in Israel – wie alle Holocaust-Überlebenden, die Martin Schoeller für das Projekt “Survivors” fotografiert hat. 1919 wurde sie in Düsseldorf geboren. Später zog die Familie nach Polen. Von dort wurde ihre Mutter zur Zwangsarbeit ins Deutsche Reich verschleppt. Ester wurde von deutschen Christen versteckt.


  • “Survivors”: Gesichter wie Seelenlandschaften

    Batsheva Dagan, Jg. 1925 / Moshe Trossmann, Jg. 1932

    Batsheva (links) wurde in Lodz in Polen geboren. Sie überlebte das Ghetto von Warschau und arbeitete unter falschem Namen bei einer Nazi-Familie in Schweina. Aber sie wurde entdeckt und ins Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau deportiert. Moshe Trossmann wurde ebenfalls in Polen geboren, in Rokitna. Er konnte kurz vor der Liquidierung des Ghettos fliehen und schloss sich einer Partisanengruppe an.


  • “Survivors”: Gesichter wie Seelenlandschaften

    Aus allen Ländern Europas

    Alle Holocaust-Überlebenden, deren großformatige Portraitfotografien zur Zeit in der Ausstellung “Survivors” in der Zeche Zollverein in Essen hängen, leben heute in Israel. Dort fühlen sie sich sicher, haben eine neue Heimat gefunden. Damals kamen sie aus allen Ländern Europas: aus Griechenland, Italien, Jugoslawien und Russland, aus Bulgarien, Rumänien, Polen und auch aus Deutschland.


  • “Survivors”: Gesichter wie Seelenlandschaften

    Martin Schoeller, Jg. 1968 Fotograf mit Tiefgang

    Die intensive Portraitarbeit mit den zum Teil hochbetagten Holocaust-Überlebenden sei für ihn das emotional bewegendste Projekt, das er je fotografiert habe, erzählt Martin Schoeller. Für ihn als Deutschen, der in New York lebt, war sein Besuch in der Holocaust-Gedenkstätte in Jerusalem eine wichtige Einstimmung auf das “Survivors”-Projekt. Das Fotoshooting fand in Yad Vashem statt.

    Autorin/Autor: Heike Mund


sti/uh (dpa, Auschwitz Memorial)


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