Parlamentswahlen auf den Kapverden: Politikwechsel nach 14 Jahren?

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Parlamentswahlen auf den Kapverden: Politikwechsel nach 14 Jahren?

Die Kapverden gelten als demokratisches Musterland Afrikas. Seit der Unabhängigkeit vor 40 Jahren gab es mehrere friedliche Machtwechsel. Nach den Parlamentswahlen an diesem Sonntag könnte es wieder soweit sein.

Jung, weiblich, beliebt: die Kandidatin Janira Hopffer Almada

Jung und weiblich – diese Kombination hat bei Spitzenkandidaten afrikanischer Regierungsparteien wirklich Seltenheitswert. Die 37-jährige Janira Hopffer Almada ist das Gegenprogramm zu den seit Jahrzehnten an der Macht klebenden Staatschefs vieler Länder Afrikas.

Seit Dezember 2014 ist die ehemalige Jugendministerin Vorsitzende der aus der ehemaligen Befreiungsbewegung hervorgegangenen Afrikanischen Partei für die Unabhängigkeit der Kapverden (PAICV). Geht es nach der PAICV, soll Hopffer Almada ihrem Parteikollegen, dem seit 14 Jahren amtierenden Ministerpräsidenten José Maria Neves, nachfolgen.

Sie könnte die erste Ministerpräsidentin des Landes werden. Könnte, denn viele Kapverder machen die PAICV für die schlechte wirtschaftliche Lage verantwortlich. Die Staatsschulden des westafrikanischen Inselstaatshaben sich nach Daten der Weltbank zwischen 2008 und 2013 von 36 auf 81 Prozent mehr als verdoppelt. Die Arbeitslosigkeit beträgt nach dem nationalen Statistikinstitut 16 Prozent; vor allem Jugendliche finden keinen Job.

Janira Hopffer Almada hat daher eine “neue Wirtschaftsagenda” in den Mittelpunkt ihres Wahlkampfes gestellt. Damit möchte sie bis zu 25.000 neue Jobs schaffen. Zum einen setzt sie auf die Entwicklung der drei strategischen Sektoren Tourismus, Landwirtschaft und Fischerei, zum anderen soll vor allem der Privatsektor für mehr Wachstum sorgen. “Dafür wollen wir das Umfeld für Geschäfte verbessern und die Wirtschaft so regulieren, dass mehr Wettbewerb entsteht”, verspricht Hopffer Almada.

Parteien-Zweikampf mit der Opposition

Ihr Rivale, Ulisses Correia da Silva, legt nochmal eine Schippe drauf und verspricht sogar 45.000 neue Arbeitsplätze in den kommenden fünf Jahren. Er ist Vorsitzender der Bewegung für Demokratie (MpD). Seit dem Ende des Einparteien-Regimes auf den westafrikanischen Inseln Anfang der 90er Jahre ist die konservative MpD der Widersacher der sozialdemokratischen PAICV.

Correia da Silva war bis Ende 2015 Bürgermeister der Hauptstadt Praia. Die MpD stellt derzeit außerdem mit Jorge Carlos Fonseca den Staatspräsidenten, dem aber im politischen System des Inselarchipels eher eine repräsentative, überparteiliche Funktion zukommt.

Ulisses Correia da Silva verspricht ein hohes Wirtschaftswachstum

Auch die MpD setzt voll auf Wirtschaft als Wahlkampfthema Nummer Eins. “Unser Ziel ist ein Wachstum von sieben Prozent pro Jahr. So viel muss das Land wachsen, damit nachhaltige ‘Qualitätsjobs’ entstehen, durch die die Armut verringert wird”, sagt Correia da Silva. “Das setzt voraus, dass wir ein gutes Umfeld für Geschäfte haben. Das bedeutet: Steuern senken und die Bürokratie schlanker und weniger wirtschaftsfeindlich machen.”

Außerdem möchte Correia da Silva die Staatschulden und die Auslandverschuldung verringern. Beide seien in den vergangenen Jahren aus dem Ruder gelaufen. Die Finanzlast drohe die Unternehmen des Landes zu ersticken.

Demokratischer Wechsel im Musterland

Im Parlament ist mit der liberalen Union für Unabhängige und Demokratische Kapverden (UCID) nur noch eine weitere Partei vertreten. Diese dritte Kraft des Landes stellt derzeit aber nur zwei der 72 Abgeordneten.

Bisher hat es auf den Kapverden zwei friedliche Machtwechsel zwischen Regierung und Opposition gegeben: Nach den ersten freien Wahlen des Landes im Jahr 1991 gab die bis dahin herrschende PAICV die Macht an die MpD ab. 2001 folgte ein weiterer Wechsel, dann in die andere Richtung.

Die Kapverden liegen 570 km vor der Westküste Afrikas – und haben den Festlandstaaten einiges voraus

“Hier auf den Kapverden gibt es keine Toten aufgrund politischer Auseinandersetzungen. Man kann das überhaupt nicht mit dem vergleichen, was auf dem afrikanischen Festland passiert”, kommentiert der kapverdische Politologe Júlio Lopes die vorbildlichen Verhältnisse. Im innerafrikanischen Vergleich hat es in der Tat Seltenheitswert, dass Wahlergebnisse ohne Diskussion anerkannt und umgesetzt werden.

Dominanz der regierenden Partei

Das politische System der Kapverden bekommt von Júlio Lopes dennoch keine Bestnoten: “Es gibt meiner Meinung nach eine starke Tendenz, dass die politischen Kräfte ihre Macht zu ihren Gunsten ausnutzen. Sie nutzen institutionelle Ressourcen, um ihre Partei oder ihren Kandidaten zu begünstigen”, kritisiert der Politologe. “Wir schneiden da schlechter ab als Europa. Ich würde sagen, dass wir uns in etwa auf einer Höhe mit lateinamerikanischen Ländern befinden.”

Es verspricht eine ruhige Wahl zu werden am 20.März, wenn die 350.000 registrierten Wähler das Parlament neu bestimmen. Unruhen erwartet niemand.

Mitarbeit: Nélio dos Santos (Praia), António Cascais


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