Diskussion um rechte Gewalt in Sachsen geht weiter

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Diskussion um rechte Gewalt in Sachsen geht weiter

Angesichts der Vorfälle in Sachsen verschärft sich die Debatte über Fremdenhass. Die Grünen werfen der Landesregierung vor, rechte Gefahr zu verharmlosen. Innenminister de Maizière nimmt dagegen die Polizei in Schutz.

Das Flüchtlingsheim in Bautzen wurde beim Brandanschlag zerstört

Nach den fremdenfeindlichen Vorfällen in Clausnitz und Bautzen steht Sachsen bundesweit in der Kritik. Insbesondere die Polizei ist betroffen – aber auch Innenminister Markus Ulbig von der CDU. Grünen-Chef Cem Özdemir warnte im ARD-Morgenmagazin davor, die Übergriffe gegen Flüchtlinge in Sachsen zu verharmlosen. Dies sei seit 25 Jahren viel zu oft passiert: “Die ganze Welt weiß es, dass es in Sachsen ein Problem gibt mit Rechtsradikalismus. Das gab es schon zu DDR-Zeiten. Das kann man nachlesen. Und das muss jetzt endlich zur Chefsache gemacht werden.” Der grüne Bundestagsabgeordnete Sven-Christian Kindler sprach in der hannoverschen “Neuen Presse” von “Polizeiversagen” und forderte Ulbigs Rücktritt.

De Maizière nimmt Polizei in Schutz

Auch Innenminister Thomas de Maizière kritisierte die ausländerfeindlichen Vorfälle in Sachsen. Im Bericht aus Berlin nannte er die Vorfälle inakzeptabel, verteidigte aber gleichzeitig das Vorgehen der Polizei in Clausnitz. “Die Polizei hat richtig gehandelt”, sagte der CDU-Politiker. Er könne die Kritik nicht nachvollziehen. “Es war richtig, alle Asylbewerber schnell aus dem Bus zu bringen.”

Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Oliver Malchow, hat das Vorgehen der Polizei im sächsischen Clausnitz verteidigt. “Ich habe keinen Anlass, daran zu zweifeln, dass die Beamten vor Ort verantwortungsvoll gehandelt haben”, sagte Malchow den Dortmunder “Ruhr Nachrichten”. Es habe die Gefahr einer Eskalation bestanden.

Malchow: “Die Beamten haben verantwortungsvoll gehandelt.”

Innenminister Ulbig kündigte an, die Vorgänge zu untersuchen. Dies gilt insbesondere für den Vorfall in Clausnitz, für den die Polizei selbst massiv in der Kritik steht. Hintergrund ist, dass die Polizei eine Blockade der etwa 100 grölenden Menschen nicht unterbunden hatte und stattdessen sich sträubende Flüchtlinge teilweise mit Zwang aus ihrem Bus geholt und in die Unterkunft gebracht hatte. Die Flüchtlinge im Bus hätten Angst gehabt. Die Polizei habe deswegen einschreiten müssen.

Der Chemnitzer Polizeipräsident Uwe Reißmann hatte den Flüchtlingen eine Mitschuld am Vorgehen der Beamten gegeben. Sie hätten provoziert. Reißmann war für diese Äußerung heftig kritisiert worden.

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Verbindungen zur AfD?

Der Landkreis Mittelsachsen kündigte an, die Vorgänge weiter zu prüfen. Thema dürfte dabei auch sein, dass der Heimleiter Mitglied der rechtspopulistischen AfD sein soll. Er sehe bisher keinen Grund am Heimleiter zu zweifeln, sagte Landrat Matthias Damm (CDU) laut einem Bericht der Chemnitzer «Freien Presse». Nach MDR-Recherchen wurden die fremdenfeindlichen Proteste vor der Flüchtlingsunterkunft vom Bruder des Einrichtungsleiters mitorganisiert. In einem auszugsweise vorab gezeigten Interview des Fernsehmagazins “Exakt” drückte der Mann sein Bedauern aus. Dass die Situation eskaliert sei, habe man nicht gewollt – aber nicht verhindern können.

Polizei fahndet nach Brandstiftern

Die sächsische Polizei ist unterdessen bemüht, schnell die Verantwortlichen der Brandstiftung in der geplanten Flüchtlingsunterkunft in Bautzen zu finden. Die Feuerwehr hatte vor Ort Spuren von Brandbeschleunigern entdeckt. Die Ermittler wollen aber auch gegen Gaffer vorgehen, die das Geschehen johlend verfolgt oder die Arbeit der Feuerwehr behindert hatten.

In der Nacht zu Sonntag war das ehemalige Hotel “Husarenhof” in Flammen aufgegangen: Dort sollten ab März bis zu 300 Flüchtlinge Unterkunft finden.

Maas für hartes Durchgreifen der Justiz

Bundesjustizminister Heiko Maas kündigte erneut einen harten Kurs der Justiz an. Der Staat müsse angesichts solcher Straftaten “seine Kräfte bündeln”, sagte der SPD-Politiker dem “Redaktionsnetzwerk Deutschland”. Maas verwies auch auf einen “dramatischen Anstieg” rechtsextremer Straftaten. So habe es 2015 mehr als 1000 Straftaten gegen Unterkünfte von Flüchtlingen und Asylbewerbern gegeben. Bei einem für März einberufenen Treffen der Justizminister von Bund und Ländern solle unter anderem eine bessere Zusammenarbeit der Behörden vorbereitet werden.

as/pab (dpa, afp, kna)


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