Keine deutschen Firmen unter den Top-Hundert

Die Unternehmensberater von EY haben untersucht, welche Konzerne an den Börsen am erfolgreichsten sind. Wenig überraschend: Es sind meist US-Firmen. Erschütternd: Deutsche Firmen finden sich nur unter “ferner liefen”.

Das Apple-Logo vor beleuchteten Hochhäuseren

Unter den 100 wertvollsten Unternehmen der Welt ist kein deutsches mehr. Die Weltbörsen werden Ende des Jahres 2022 mehr denn je von US-Konzernen dominiert, obwohl Technologiefirmen in den vergangenen zwölf Monaten stark an Wert verloren haben, wie aus einer Analyse der Unternehmensberater von EY von Donnerstag hervorgeht.

Elf der zwölf teuersten börsennotierten Unternehmen (Stand: Börsenschluss am 27. Dezember) haben ihren Sitz in den USA, angeführt vom iPhone-Hersteller Apple, der mit einem Marktwert von 2,07 Billionen Dollar als einziger die Zwei-Billionen-Marke überschreitet.

In die Phalanx der Amerikaner kann nur der arabische Ölriese Saudi Aramco auf Platz zwei einbrechen, der mit 1,87 Billionen Dollar für die Renaissance der Öl- und Energiewerte im Schatten des Ukraine-Krieges steht.

US-Tech-Konzerne dominieren die Rangliste der werthaltigsten Unternehmen der Welt

Deutsches Trauerspiel

Das deutsche Aushängeschild SAP ist mit knapp 121 Milliarden Dollar zwar immer noch das wertvollste Unternehmen des Landes, der Softwarekonzern ist in der Rangliste von EY aber auf Platz 106 zurückgefallen. Deutschlands Nummer zwei ist der Münchner Technologiekonzern Siemens, der sich mit 109 Milliarden Dollar und dem 116. Platz zufriedengeben muss. Die Deutsche Telekom erreicht als 130. noch knapp die 100-Milliarden-Dollar-Schwelle.

Sie hat als einzige der elf deutschen Firmen unter den weltweiten Top 300 im laufenden Jahr an Wert zugelegt – um 14 Prozent. Die Porsche AG ist mit einem Marktwert von knapp 92 Milliarden Dollar als 145. der bestplatzierte Neueinsteiger weltweit. Der Sportwagenbauer hat den Mutterkonzern Volkswagen deutlich abgehängt, der seit Ende 2021 rund 44 Prozent seines Börsenwertes verloren hat.

Die deutschen Top-Unternehmen stehen sinnbildlich für den langfristigen Abwärtstrend Europas an den Weltbörsen. Kamen im Jahr 2007 noch 46 der 100 wertvollsten Börsenwerte vom alten Kontinent und allein sieben aus Deutschland, sind 2022 gerade noch 15 aus Europa – und keiner aus Deutschland. Die Zahl der Firmen aus den USA und Kanada in der Rangliste hat sich in der gleichen Zeit auf 62 von 32 fast verdoppelt. Aus der Schweiz kommen mit Nestle (Platz 23, 321 Milliarden Dollar), Roche (Platz 32, 262 Milliarden) und Novartis (Platz 45, 196 Milliarden) immerhin drei der Top 50.

Das dem Börsenwert nach erfolgreichste deutsche Unternehmen, SAP, rangiert gerade mal auf Platz 106

Und die Zukunftsperspektiven?

“Angesichts der nach wie vor erheblichen Bedeutung deutscher Unternehmen für die Weltwirtschaft ist Deutschland an den Weltbörsen klar unterrepräsentiert”, sagt EY-Deutschland-Chef Henrik Ahlers. “Aber an den Börsen zählen nicht die Erfolge der Vergangenheit, sondern Zukunftsperspektiven.” Deren Beweis sei Deutschland bisher schuldig geblieben. “Wir erleben fundamentale Umwälzungen – wobei die Regeln derzeit von amerikanischen und asiatischen IT-Konzernen gemacht werden.” Der Eindruck entstehe, dass Europa nur von der Seitenlinie aus zuschaue. Viele Firmen aus Europa seien in einem tiefgreifenden Umbau, nur wenige junge Unternehmen vom Kontinent schafften es an die Weltspitze.

Auch der zersplitterte Kapitalmarkt in Europa trage zu dem Rückstand an den Börsen bei, sagt der EY-Chef. “Einheitliche Kapitalmarktregeln in Europa wären ein wichtiger Schritt.” Der mit Abstand schwerste Wert im deutschen Leitindex DAX, der Gasekonzern Linde, steht vor dem Rückzug von der

Frankfurter Börse, weil er sich von den dort geltenden Regeln benachteiligt fühlt. In der weltweiten Börsen-Rangliste hat sich das Unternehmen mit offiziellem Firmensitz in Irland mit einem Marktwert von 162 Milliarden Dollar in diesem Jahr auf Platz 59 von 71 verbessert.

Der “Börsenwertloser des Jahres” ist der E-Autobauer Tesla von Twitterboss und Alleskönner Elon Musk

Prominente Börsenverlierer

Der Abschwung an den Börsen ist an den teuersten Unternehmen nicht spurlos vorübergegangen. Die Top 100 verloren zusammen 7,2 Billionen Dollar Börsenwert, das sind 20 Prozent ihrer gesamten Marktkapitalisierung.

Die Aktien von Spitzenreiter Apple und der Nummer drei, Microsoft, büßten jeweils 30 Prozent ein, beim Google-Mutterkonzern Alphabet (Platz vier) lag das Minus bei 41 Prozent, Amazon (Platz fünf) verlor in den vergangenen zwölf Monaten sogar die Hälfte seines Marktwertes.

Der Elektroautobauer Tesla fiel mit einem Kurssturz um zwei Drittel von Platz sechs auf 20, der Facebook-Betreiber Meta von Platz sieben auf 26 zurück.

dk/hb (rtr)


  • Apple ist mehr als zwei Billionen Dollar wert

    Der Corona-Gewinner

    Vor zwei Jahren hat das US-Unternehmen die Billionen-Grenze bei der Marktkapitalisierung durchbrochen. Nun erklimmt Apple den nächsten Gipfel: Das Unternehmen ist an der Börse mehr als zwei Billionen Dollar wert. Die Aktien sind in diesem Jahr durch die Decke gegangen, als die ans Haus gebundenen Kunden neue Geräte kauften, um in der Pandemie mehr und bequemer kommunizieren zu können.


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    Ein Anderer war schneller

    Allerdings ist Apple nicht die erste “Zwei-Billionen-Dollar-Firma” der Welt. Erdöl-Riese Saudi Aramco hat diese vor einigen Jahren noch utopisch anmutende Marke bereits im Dezember 2019 gerissen – am zweiten Tag des freien Handels mit ihren Aktien. Der sinkende Ölpreis hat die Saudis aber mittlerweile ihren Spitzenplatz gekostet. Die wertvollste Firma der Welt kommt jetzt aus den USA.


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    Die Nächsten kommen bald

    Apple wird bald Gesellschaft bekommen, denn die US-amerikanischen Konzerne Microsoft und Amazon profitieren ebenfalls von einer durch COVID-19 angeheizten Nachfrage. Ihre Produkte und Dienstleistungen sind besonders bei jenen begehrt, die von zu Hause arbeiten oder online handeln. Beide Konzerne haben derzeit eine Marktkapitalisierung von jeweils mehr als 1,5 Billionen Dollar.


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    Nachwuchs im Club der Milliardäre

    Apples gegenwärtiger Höhenflug tut auch dem Vorstandsvorsitzenden Tim Cook gut. Laut der Finanznachrichtenagentur Bloomberg ist er jetzt Milliardär. Für ihn wohl auch ein Moment persönlicher Genugtuung: Denn als er 2011 die Führung des Unternehmens übernahm, hatten viele Beobachter seine Fähigkeiten und seine Ausstrahlung für unzureichend gehalten – und ihn offenbar unterschätzt.


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    Der charismatische Steve Jobs (im Bild rechts) und sein Schulfreund Steve Wozniak hatten Apple 1976 gegründet. Erster Firmensitz: Die Garage der Familie Jobs. Als das Unternehmen vier Jahre später Aktien ausgab, war dies der größte Börsengang seit dem Debüt von Ford 1956. Schon Ende 1980 war Apple nach Börsenwert um rund zwei Milliarden Dollar wertvoller als der legendäre Autobauer.


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    Fast abgestürzt

    Apples nächster Entwicklungssprung kam mit den Macintosh, einem Computer mit graphischer Benutzeroberfläche. Doch ein spontaner Erfolg war der “Mac” ganz und gar nicht: Steve Jobs verließ daraufhin 1985 das Unternehmen. Zwölf Jahre später aber war er zurück und rettete die Firma 1997 vor dem Bankrott. Von nun an ging es stetig bergauf – mit iPad, iPod und iPhone.


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    Der iPhone-Effekt

    Das Erfolgsmodell von Apple war – und ist immer noch: das iPhone. Dieses Smartphone war das erste, das eine Musicbox, einen Webbrowser und einen E-Mail-Dienst im selben handlichen Gerät vereinte, mit dem man auch immer noch telefonieren konnte. Diese “iPhone-Revolution” marginalisierte die Konkurrenz von Motorola und Blackberry und bleibt die Basis des angestrebten weiteren Wachstums von Apple.

    Autorin/Autor: Ashutosh Pandey (dk)


 


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