Snapdragon 8 Gen 1: Qualcomm treibt mit ARMv9 die Top-Smartphones 2022 an

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Zum Snapdragon Tech Summit 2021 hat Qualcomm mit dem Snapdragon 8 Gen 1 unter gänzlich neuem Namen die neue Premium-Plattform für Flaggschiff-Smartphones 2022 vorgestellt. Dabei setzt Qualcomm auf die neuen Cortex-Kerne der ARMv9-Architektur, eine schnellere GPU, einen aufgebohrten Bildprozessor und nochmals schnelleres 5G.

Ein Neuanfang unter neuem Namen

Dass neue Snapdragon-Prozessoren künftig ein anderes Namensschema aufweisen werden, hatte Qualcomm bereits im Vorfeld der alljährlichen Hausmesse angekündigt. Künftig rückt die Serie anhand ihrer Nummerierung stärker in den Fokus und eine fortlaufende Unterteilung in Generationen soll verdeutlichen, wie aktuell die jeweilige Plattform ist. Außerdem spielen Farben bei der Identifizierung der Serien eine wichtige Rolle, etwa Gold am Beispiel der Premium-Plattformen, die bislang unter der Bezeichnung „Snapdragon 8xx“ liefen. Statt der dreistelligen Nummerierung heißt das neue Flaggschiff-SoC jetzt Snapdragon 8 Gen 1. Ob das neue Namensschema tatsächlich für mehr Klarheit sorgt, dürfen die Leser gerne im Forum bewerten.

Heute gibt es zunächst eine grobe Übersicht zur Ausstattung des Snapdragon 8 Gen 1, im Laufe des Snapdragon Tech Summit 2021 sind aber auch noch Deep Dives und eine Benchmarking-Session geplant. Außerdem wird es weitere Ankündigungen anderer Sparten von Qualcomm geben, die bislang aber noch mit einer Sperrfrist versehen sind.

Weniger Nummern machen's nicht einfacher

Während augenscheinlich der Name des Prozessors simplifiziert wurde, hat Qualcomm analog dazu auch die Nummerierung der einzelnen Funktionsblöcke wegfallen lassen. Das bedeutet, dass Bereiche wie Kryo (CPU), Adreno (GPU), Spectra (ISP) und Hexagon (DSP) fortan ebenfalls keine Nummerierung mehr aufweisen. Andere (neue) Erkennungsmerkmale gibt es allerdings ebenso wenig, weshalb zumindest für die Fachpresse definitiv wichtige Kennzahlen fehlen.

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Snapdragon 8 Gen 1

Snapdragon 8 Gen 1

Snapdragon 8 Gen 1 Übersicht

Snapdragon 8 Gen 1 Blockdiagramm

ARMv9 zieht mit Cortex-X2, A710 und A510 ein

Am Beispiel der neuen Kryo-CPU erklärte Qualcomm auf Nachfrage, dass mit dem Snapdragon 8 Gen 1 der Wechsel zur ARMv9-Architektur mit neuen Kernen vollzogen wird. Eine Erwähnung wert ist die neue Architektur Qualcomm übrigens mit keinem Wort in der heutigen Ankündigung. Der grundsätzliche Aufbau mit einem Prime-Core, drei Performance-Cores und vier Efficiency-Cores stimmt mit dem Snapdragon 888(+) überein, die drei Cluster sind jetzt aber mit Cortex-X2, Cortex-A710 und Cortex-A510 besetzt. Deren Maximaltakt gibt Qualcomm mit 3,0 GHz an, wobei damit ausschließlich der Prime-Core gemeint ist und bei genauer Betrachtung dem Kleingedruckten zudem „nur“ 2,995 statt der vollen 3,0 GHz zu entnehmen sind. Das ist der gleiche Spitzentakt, den im Sommer der Snapdragon 888 Plus mitbrachte. Auf Nachfrage hieß es, Cortex-A710 und Cortex-A510 laufen neuerdings mit bis zu 2,5 GHz respektive 1,8 GHz.

Neue Fertigung in 4 nm

Für das Performance-Cluster bedeutet dies eine Steigerung um 80 MHz gegenüber dem Snapdragon 888, was Qualcomm allerdings über die neue Fertigung in 4 nm wieder in puncto Effizienz auffangen dürfte. Ob es sich dabei um TSMC N4 oder Samsung 4LPE handelt, bleibt zum aktuellen Zeitpunkt noch offen. Dasselbe gilt für eine konkrete Einstufung der CPU-Leistung, die es mittels Benchmarks noch zu erörtern gilt. Qualcomm gibt für die neue Kryo-CPU eine allgemeine Leistungssteigerung von 20 Prozent (Multi-Core) an, während parallel dazu bis zu 30 Prozent Energie gespart werden könne.

Neue Adreno-GPU ist für Vulkan optimiert

Sogar 30 Prozent mehr Leistung soll die neue Adreno-GPU liefern, womit eine erste Einschätzung der Redaktion praktisch bestätigt wurde. Anhand eines kryptischen Diagramms ohne Beschriftung der Y-Achse hatte Qualcomm zum Investor Day 2021 aufgezeigt, dass man zwar nicht die absolut höchste Leistung mit der nächsten Generation bieten werde, aber eine höhere Performance unter Dauerlast liefern könne. Vergleiche mit Apples GPU aus dem A15 Bionic ließen zunächst auf ein Plus von 25 Prozent schließen, letztlich sind es jetzt sogar 30 Prozent geworden. Apropos 25 Prozent: Diesen Wert gibt Qualcomm für den Zugewinn an Effizienz der GPU an – und das nicht anstelle der Leistungssteigerung, sondern in Einklang damit.

Qualcomm wirbt zudem mit Optimierungen für die Engines von Unity und Unreal sowie die Vulkan-API, sodass in der Spitze eine bis zu 60 Prozent höhere Leistung geliefert werden soll. Nachdem Snapdragon-SoCs zuletzt auch unter OpenGL gut abschnitten, scheint die Entwicklung der GPU jetzt in Richtung Vulkan gelenkt zu werden. Mit von der Partie sind bei der neuen Adreno-Generation auch Volumetric Rendering, um Effekte wie Dunst und Nebel sowie damit interagierendes Licht- und Schattenspiel und ähnliche Effekte zu visualisieren, sowie die Erweiterung um Variable Rate Shading (VRS) Tier 2.

Ein neuer Bildprozessor für 8K HDR

Große Beachtung schenkt Qualcomm dem Spectra-Bildprozessor, dessen Funktionen unter „Snapdragon Sight“ zusammengefasst werden und der über drei 18-Bit-RAW-Pipelines bis zu 3,2 statt 2,7 Gigapixel pro Sekunde und somit 18,5 Prozent mehr Pixel als bislang verarbeiten kann. Im Bereich einzelner Fotoaufnahmen steht das mit weiterhin bis zu 200 Megapixeln erst einmal für keine Veränderung, jedoch sind bei der Auswertung mit „Zero Shutter Lag“ (ZSL), also im Burst-Modus mit 30 FPS, von parallel zwei oder drei Kameras höhere Auflösungen möglich. Sollen drei Sensoren parallel mit ZSL ausgelesen werden, ist das jetzt mit jeweils 36 statt 28 Megapixeln möglich, bei nur zwei Sensoren gibt es die neue Kombination aus 64 und 36 statt 25 Megapixeln, und mit einer Kamera sind 108 statt 84 Megapixel möglich. Mit letzterer Funktion dürfte Qualcomm vor allem dem langjährigen Partner Samsung mit deren 108-Megapixel-Sensor, den aber auch andere OEMs nutzen, gerecht werden.

Für Videoaufnahmen ist 8K samt HDR das große Thema des Snapdragon 8 Gen 1. 8K-Auflösung mit 30 FPS ist nicht gänzlich neu, diese wurde beim Snapdragon 888 aber nur in SDR unterstützt, während HDR auf 4K limitiert war. Wieder mit dabei für Videoaufnahmen sind die HDR-Formate HDR10(+), Dolby Vision und HLG, wenngleich der Support seitens Qualcomm nicht automatisch auch die Integration durch den OEM bedeutet, der das Feature-Set selbst auswählt. 4K bleibt selbstverständlich erhalten und funktioniert in SDR mit bis zu 120 FPS. Für Aufnahmen in Zeitlupe bei reduzierter 720p-Auflösung werden abermals maximal 960 FPS geboten.

Neuer Tripe 18-Bit Spectra ISP (Bild: Qualcomm)

AV1 ist kein Thema für Qualcomm

Die genannten HDR-Standards stehen dementsprechend auch für die Videowiedergabe zur Verfügung, wobei es für Inhalte in bis zu H.265 und VP9 eine Hardware-Beschleunigung gibt. Wer bei Qualcomm für das Encoding/Decoding eine Erweiterung um AV1 erwartet hat, wird abermals enttäuscht, denn der Standard hat es wieder nicht in das SoC geschafft. Die Bildausgabe kann auf Smartphone-Bildschirmen mit wahlweise 4K-Auflösung bei maximal 60 Hz oder QHD+-Auflösung bei bis zu 144 Hz, womit auch Gaming-Smartphones abgedeckt sind. Externe Monitore unterstützt der Snapdragon 8 Gen 1 mit maximal 4K bei 60 Hz sowie Support für HDR10(+).

Snapdragon 8 Gen 1 und Snapdragon 888 im Vergleich

Snapdragon 8 Gen 1
Snapdragon 888 Plus
Snapdragon 888

Fertigung
4 nm
Samsung 5LPE

Core-Design
1 + 3 + 4

CPU
„Kryo CPU“

1 × Cortex-X2 @ 2,995 GHz

3 × Cortex-A710 @ 2,50 GHz

4 × Cortex-A510 @ 1,80 GHz
1 × Kryo 680 Prime
(Cortex-X1) @ 2,995 GHz
1 × 1 MB L2

3 × Kryo 680 Gold
(Cortex-A78) @ 2,40 GHz
3 × 512 KB L2

4 × Kryo 680 Silver
(Cortex-A55) @ 1,80 GHz
4 × 128 KB L2
1 × Kryo 680 Prime
(Cortex-X1) @ 2,84 GHz
1 × 1 MB L2

3 × Kryo 680 Gold
(Cortex-A78) @ 2,40 GHz
3 × 512 KB L2

4 × Kryo 680 Silver
(Cortex-A55) @ 1,80 GHz
4 × 128 KB L2

GPU
„Adreno GPU“

(+ 30 Prozent)
(+ 60 Prozent (Vulkan))
Adreno 660 @ 840 MHz

Speicher
LPDDR5 @ 3.200 MHz
LPDDR5 @ 3.200 MHz
LPDDR4X @ 2.133 MHz

ISP
„Spectra ISP“
Triple 18 Bit ISP

3,2 GP/s
1 × 200 MP Foto
3 × 36 MP @ 30 FPS ZSL
1 × 64 MP/1 × 36 MP @ 30 FPS ZSL
1 × 108 MP @ 30 FPS ZSL

10 Bit HDR/Rec. 2020 Foto + Video
8K HDR Video + 64 MP Foto
4K Video @ 120 FPS
8K HDR Video @ 30 FPS
720p Video @ 960 FPS
HDR10(+), HLG, Dolby Vision
Spectra 580
Triple 14 Bit ISP

2,7 GP/s
1 × 200 MP Foto
3 × 28 MP @ 30 FPS ZSL
1 × 64 MP/1 × 25 MP @ 30 FPS ZSL
1 × 84 MP @ 30 FPS ZSL

10 Bit HDR/Rec. 2020 Foto + Video
4K Video + 64 MP Foto
4K Video @ 120 FPS
8K Video @ 30 FPS
720p Video @ 960 FPS
HDR10(+), HLG, Dolby Vision

KI
7th Gen AI Engine
?? TOPS
(CPU + GPU + Hexagon DSP)
6th Gen AI Engine
32 TOPS
(CPU + GPU + Hexagon 780 DSP)
6th Gen AI Engine
26 TOPS
(CPU + GPU + Hexagon 780 DSP)

Modem
Snapdragon X65
Snapdragon X60

Tensor rückt bei KI in den Fokus

KI geht Qualcomm abermals ohne dedizierte NPU an, sondern verteilt die Aufgaben aus diesem Bereich über die einzelnen Blöcke des Chips, darunter CPU, GPU und DSP, wobei letzterer alias „Hexagon“ durchaus in Richtung einer NPU geht. Das Zusammenspiel aller Komponenten heißt „AI Engine“ und steht beim Snapdragon 8 Gen 1 in der „7th Gen“ zur Verfügung. Im Hexagon sitzt der sogenannte „Fused AI Accelerator“, der Tensor- und Scalar-Beschleuniger sowie Vector Extension bietet. Mit mehr TOPS wird diesmal nicht direkt geworben, aber mit bis zu vierfacher Geschwindigkeit als Ergebnis aus Optimierungen bei Hardware und Software. Ein doppelt so großer dedizierter Speicher für den Fused AI Accelerator und eine Verdoppelung der Leistung des Tensor-Beschleunigers sind diesmal die Aushängeschilder. Erreicht wird dies auch über den Support von gemischter Präzision der Datentypen INT8 und INT16. Tensor-Beschleunigung rückt im mobilen Segment speziell bei Android in den Fokus, nachdem Google mit der mobilen TPU im Tensor-SoC des Pixel 6 (Pro) vorgelegt hat.

7th Gen AI Engine (Bild: Qualcomm)

Snapdragon X65 schafft bis zu 10 Gbit/s über 5G

Den Bereich Konnektivität deckt Qualcomm mit dem Snapdragon X65 ab, das abermals direkt in das SoC integriert alle aktuellen Mobilfunkstandards von 2G bis 5G abdeckt. Das Modem hatte Qualcomm bereits im Februar dieses Jahres einzeln vorgestellt und im Mai um weitere Funktionen ergänzt. Groß beworbenes Merkmal ist das Knacken der 10-Gbit/s-Marke, sofern mmWave- und Sub-6-GHz-Spektrum gebündelt wird. 1.000 MHz Bandbreite verteilt über 8 Frequenzblöcke treffen beim X65 auf bis zu 300 MHz Bandbreite im Sub-6-GHz-Spektrum. Speziell für den chinesischen Markt kam diesen Mai der Support von Carriern mit 200 MHz Bandbreite über mmWave hinzu.

3GPP Release 16 bringt neue Features mit

Höhere Spitzengeschwindigkeiten sind ein Merkmal des Snapdragon X65, das andere ist der erstmalige Support des 3GPP Release 16. Das Konsortium für neue Mobilfunkstandards einigt sich auch innerhalb von Generationen wie 5G regelmäßig auf neue Standards. Mit Release 16 und dem Snapdragon X65 zieht zum Beispiel 5G PowerSave 2.0 über UE-Assisted Information (UAI) ein. „UE“ steht für User Equipment, also das Endgerät des Anwenders. UAI sorgt dafür, dass Smartphone und Basisstation einen effizienten Betrieb untereinander aushandeln. Mit welcher Spannung das Modem arbeitet, wie es um die Temperatur im Smartphone bestellt ist, wie viele Carrier für die aktuelle Anwendung genutzt werden oder welche MIMO-Konfiguration sinnvoll ist, können beide Seiten der Verbindung im gegenseitigen Austausch definieren, um die Effizienz zu steigern und den Energieverbrauch zu reduzieren.

AI-Enhanced Signal Boost (Bild: Qualcomm)

In die Kerbe Effizienz schlägt auch der von Qualcomm entwickelte „AI-Enhanced Signal Boost“, über den erkannt werden soll, wie ein Smartphone umgriffen wird, um daraufhin eine entsprechende Antennenabstimmung vorzunehmen. Das soll für schnellere Übertragungsraten, einen allgemein besseren Empfang und längere Akkulaufzeiten durch eine optimale Auslastung der freien und verdeckten Antennen sorgen. Der „AI-Enhanced Signal Boost“ ist Teil des neuen RF-Front-Ends, das mit dem neuen QET7100 den passenden Envelope-Tracker bietet, der im Sub-6-GHz-Spektrum und bei LTE die Effizienz der Leistungsverstärker verbessern und den Stromverbrauch reduzieren soll. Qualcomm gibt eine 30 Prozent höhere Energieeffizienz gegenüber Lösungen von Konkurrenten an. Über einen Tracker lassen sich mehrere Leistungsverstärker (PA) ansteuern, sodass OEMs eine größere Auswahl bei den PAs haben. Mit dem QPM6679 bietet Qualcomm einen passenden PA an, der keinen externen Diplexer mehr benötigt und 100 MHz Bandbreite beim Tracking unterstützt.

Wi-Fi 6E und aptX Lossless

WLAN bleibt auf dem bisherigen Stand, denn die extern angebundene FastConnect-6900-Plattform mit bis zu 3,6 Gbit/s schnellen Wi-Fi 6E stellt nach wie vor das Maximum des Herstellers dar. Darüber hinaus bietet die neue Snapdragon-Generation wieder Support für Bluetooth 5.2 und den neuen Codec aptX Lossless, für den nach der Ankündigung noch die erste Hardware-Plattform fehlte. OEMs müssen aptX Lossless jedoch explizit lizenzieren. Bei den Satellitennavigationssystemen sind mehrere alte Bekannte wie GPS, GLONASS, BeiDou, Galileo, QZSS und NavIC dabei.

ComputerBase hat Informationen zu diesem Artikel von Qualcomm unter NDA erhalten. Die einzige Vorgabe war der frühestmögliche Veröffentlichungszeitpunkt.