Deutschland hofft auf arabische Touristen

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Jahrelang gehörten arabische Touristen zum Alltag in vielen deutschen Städten. Durch die Corona-Krise bleiben die zahlungskräftigen Gäste aus den Golfstaaten bislang aus. Doch es gibt Hoffnung.

Arabische Touristen lieben Deutschland. Seit Jahren kommen Gäste, vor allem aus den wohlhabenden Golfstaaten, um den unerträglich heißen Sommern in ihrer Heimat zu entfliehen. Und sie sind gern gesehen: denn sie bringen Geld mit – viel Geld. Damit sich die zahlungskräftige Klientel wohlfühlt, haben deutsche Hoteliers keine Kosten und Mühen gescheut: sie stellten arabischsprachiges Personal ein, passten ihre Speisekarten an und erweiterten das Fernsehprogramm um arabische Kanäle. Einige Hotels brachten gar Pfeile in einigen ihrer Zimmer an, die Richtung Mekka zeigen, um ihren Gästen das Gebet zu erleichtern.

Deutsche Hoteliers scheuen keine Kosten und Mühen damit sich arabische Gäste wohlfühlen

Doch aufgrund der Corona-Krise bleiben die Gäste aus der Golfregion momentan aus. Ohne triftigen Grund dürfen sie nicht nach Deutschland einreisen. München trifft das besonders hart. Die bayrische Landeshauptstadt ist das mit Abstand beliebteste Ziel arabischer Touristen. Knapp 530.000 Übernachtungen von Gästen aus den Golfstaaten zählte man hier 2019. Damit rangieren sie im internationalen Vergleich hinter den USA, Großbritannien und Italien. “Für uns spielen sie eine sehr große Rolle”, sagt Robert Leckel, der bei “München Tourismus” unter anderem für den arabischen Raum zuständig ist. “Sie sind als zahlende Gäste ein wichtiger Faktor und mittlerweile auch ein Teil der Münchner Stadtgesellschaft im Sommer”, so Leckel. Umso schmerzhafter sei es, dass sie nun nicht kommen dürften.

Einen Hoffnungsschimmer für die Tourismusbranche gibt es dennoch: In fast allen Golfstaaten gehen die Corona-Infektionen stark zurück. Ende Juli wurden bereits die Vereinigten Arabischen Emirate von der Liste der Risikogebiete gestrichen. Robert Leckel bleibt dennoch verhalten: “Aktuell können wir noch nicht abschätzen, ob das ausreicht, um die arabischen Touristen bald wieder hierher zu holen.” Das Interesse an Deutschland sei jedenfalls ungebrochen, sagt er. Das zeigten Aktivitäten in den sozialen Medien.

Shopping ist die Lieblingsaktivität der arabischen Touristen in Deutschland

Alpen statt Wüste

Die Gäste von der arabischen Halbinsel schätzen an Deutschland vor allem das vergleichsweise milde Klima. Besonders die Alpenregion ist als Kontrastprogramm zu den heimatlichen Wüstenlandschaften beliebt. Hier ist es grün, die zahlreichen Seen bieten Abkühlung und in den Bergen können sie etwas bestaunen, was sie sonst nur aus dem Fernsehen kennen: Schnee. Neben Süddeutschland sind deshalb auch die Schweiz und das Salzburger Land beliebt bei Touristen aus der Golfregion.

Ihre Lieblingsaktivität sei allerdings mit Abstand das Shopping, erklärt Robert Leckel von “München Tourismus”. Auch deshalb gefalle ihnen München so gut. “Hier kann man gut einkaufen, die Innenstadt ist überschaubar, man kann alles bequem zu Fuß erreichen. Das ist sehr wichtig für die arabischen Gäste”, erklärt er.

Alpenregion bietet Kontrastprogramm zu den heimatlichen Wüstenlandschaften

Ein weiterer wichtiger Reisegrund für viele Araber: Deutschland ist sicher. Hier können sich frei bewegen und – ganz wichtig – sich kleiden wie sie wollen: Denn anders als beispielsweise in Frankreich oder den Niederlanden, herrscht hier kein Burka-Verbot.

Weniger arabische Medizintouristen

Der ursprüngliche Grund für eine Reise nach Deutschland war lange Zeit jedoch ein anderer. Die meisten kamen, um sich hier medizinisch behandeln zu lassen. Da die Golfstaaten zwar reich sind, aber ein vergleichsweise schwaches Gesundheitssystem haben, bezuschussten sie großzügig Krankenhausaufenthalte im Ausland.

Für deutsche Kliniken war das ein Geldsegen. Doch in den vergangenen Jahren kamen immer weniger Gäste für eine medizinische Behandlung – auch nach München: “Der Medizintourismus ist immer noch ein wichtiger Reiseanlass für Touristen aus den Golfstaaten. Die Nachfrage ist aber in den vergangenen Jahren zurückgegangen”, sagt Robert Leckel von “München Tourismus”.

Medizintouristen sind ein Geldsegen für deutsche Kliniken

Die weltweite Finanzkrise traf die Golfstaaten hart. Sie kürzten die Zuschüsse für Krankenhausaufenthalte im Ausland und versuchten, selbst ein funktionierendes Gesundheitssystem zu etablieren – allerdings nur mit mäßigem Erfolg. Deshalb kamen immer noch genug Medizintouristen nach Deutschland. Die Corona-Krise könnte das nun allerdings langfristig ändern. Denn wie viele Patienten aus den Golfstaaten kommen, hängt traditionell stark von der politischen und wirtschaftlichen Lage in ihren Heimatländern ab. Und die ist in der Region aktuell katastrophal , vor allem aufgrund des zwischenzeitlichen Zusammenbruchs des Ölpreises.  

DZT: Mittlerer Osten bis 2030 größter Quellmarkt

Das könnte auch die Erwartungen der Deutschen Zentrale für Tourismus (DZT) dämpfen. In ihrer Prognose für 2030 hatte sie den Mittleren Osten noch als am schnellsten wachsenden Quellmarkt eingeschätzt.   

Arabische Touristen gehören lange zum Alltag in vielen deutschen Städten

Das Reiseaufkommen aus der Region nach Deutschland würde sich bis dahin verdreifachen, schätzte die DZT. Das Reiseaufkommen aus der Region nach Deutschland würde sich bis dahin verdreifachen, so die DZT. Aufgrund der gravierenden Auswirkungen der aktuellen Corona-Krise auf die Region wird ein solches Wachstum jedoch kaum zu erreichen sein. “Ob das langfristige Potenzial von 3,6 Millionen Übernachtungen aus der Region realisierbar ist, hängt von der politischen und wirtschaftlichen Entwicklung ab, aber auch davon, wie schnell sich der internationale Tourismus von der Corona-Krise erholt”, erklärt eine DZT-Sprecherin auf Anfrage der DW. Erst 2023 würden die Übernachtungszahlen voraussichtlich wieder den Stand von vor der Corona-Krise erreichen.


  • München royal

    Glockenspiel am Münchner Rathaus

    Erster Anlaufpunkt vieler Touristen ist das Glockenspiel am Marienplatz, das zwei Ereignisse der Münchner Stadtgeschichte zeigt: Unten feiern die Fassmacher mit dem Schäfflertanz das Ende einer Pest-Epidemie. Oben veranstalten die Wittelsbacher ein Ritterturnier zu Ehren der Hochzeit von Wilhelm V. Was zeigt: Münchens Historie ist untrennbar mit dem bayerischen Königshaus verwoben.


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    Münchner Hofbräuhaus

    Es ist eben jener Wilhelm V., der 1589 den Bau einer eigenen Brauerei für seinen Hof anordnet. Denn bis dahin wird Bier kostspielig aus anderen Teilen Deutschlands eingeführt. Bald schenken alle Münchner Wirte das Hofbräubier aus. In das Gasthaus selbst darf die Bevölkerung erst ab 1828, als Ludwig I. das Hofbräuhaus für alle zugänglich macht. Heute ist es das bekannteste Wirtshaus der Welt.


  • München royal

    Frauenkirche

    Den Wittelsbachern verdankt München auch sein Wahrzeichen. Sie errichten im 13. Jahrhundert schon den Vorgängerbau der Frauenkirche, sie geben auch den Auftrag für den spätgotischen Neubau, wie wir ihn heute kennen. 1494 wird die Kirche geweiht. Die charakteristischen Hauben der Zwillingstürme erinnern an die Dachform des Felsendoms in Jerusalem.


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    Kaisergrab in der Frauenkirche

    In der Frauenkirche befindet sich das prunkvolle Scheingrab von Ludwig IV. von Bayern. Der Herzog aus dem Hause Wittelsbach wird 1328 zum deutschen Kaiser gekrönt. Das kleine, provinzielle München ist den neuen repräsentativen Aufgaben einer Kaiserresidenz nicht gewachsen. Der Umbau beginnt.


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    Münchener Residenz

    1385 wird die “Neuveste” errichtet, eine Burg, die in 600 Jahren immer wieder um- und ausgebaut wird, bis eines der prächtigsten und größten Stadtschlösser Deutschlands entstanden ist. Es dient bis 1918, dem Ende der Monarchie in Deutschland, als Wohn- und Regierungssitz der Wittelsbacher. Im Zweiten Weltkrieg wird die Münchener Residenz stark zerstört, der Wiederaufbau beginnt bereits 1945.


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    Schatzkammer in der Münchner Residenz

    Heute bestaunen jährlich eine halbe Million Menschen die Münchener Residenz. Zu den Höhepunkten des Rundgangs gehören die Schatzkammer mit der bayerischen Königskrone von 1806 sowie die Prunksäle der Wittelsbacher, etwa das Antiquarium, die Silberkammern und der Kaisersaal. Zum riesigen Komplex gehören außerdem zehn Innenhöfe und der weitläufige Hofgarten.


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    Denkmal König Ludwig I. von Bayern auf dem Odeonsplatz

    1825 wird Ludwig I. zum König von Bayern gekrönt. Obwohl er ein Land voller Schulden übernimmt, macht er sich sofort an die Modernisierung Münchens. So lässt er die Ludwigstraße anlegen, eine riesige Prachtmeile mit zahlreichen Bauwerken nach italienischem Vorbild, etwa die Universität oder die Hofbibliothek. Die Ludwigstraße ist übrigens auch die erste asphaltierte Straße Münchens.


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    Siegestor auf der Ludwigsstraße

    An dem einen Ende der Ludwigstraße steht das Siegestor. Den 24 Meter hohen Rundbogen samt Quadriga lässt Ludwig I. nach Vorbild des Konstantinbogens in Rom errichten. Am anderen Ende befindet sich – nicht minder prächtig – die Feldherrenhalle. Wie kein anderer Herrscher prägt Ludwig I. das Stadtbild Münchens, viele der heutigen Sehenswürdigkeiten gehen auf ihn zurück.


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    Alte Pinakothek

    Ludwig I. ist ein großer Förderer der Kunst und der Wissenschaften, die er seinem Volk zugänglich machen will. Für die Kunstsammlung der Wittelsbacher lässt er Museumsbauten errichten. Zum Beispiel die alte Pinakothek. Sie zeigt Gemälde vom Mittelalter bis zum 18. Jahrhundert.


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    Schloss Nymphenburg

    In der Sommerresidenz der Wittelsbacher wird 1845 Ludwig II. geboren. Das Geburtszimmer des “Märchenkönigs” gehört zu den Highlights der öffentlich zugänglichen Räume. Im Schloss lebt noch heute der Chef des Hauses Wittelsbach. Platz genug ist: Schloss Nymphenburg zählt zu den größten Schlossanlagen Europas. Mit einer Länge von 632 Metern übertrifft es sogar das Schloss Versailles.


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    Englischer Garten

    Die Wittelsbacher lieben offensichtlich große und weitläufige Planungen. Der Englische Garten in München misst 375 Hektar und ist damit eine der größten Parkanlagen der Welt. 1789 gibt Kurfürst Karl Theodor den Volkspark in Auftrag. Bis heute ist der Englische Garten mit seinen Bächen, Seen, Wiesen und Biergärten einer der liebsten Naherholungsgebiete der Münchner.


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    Theresienwiese

    Die Bavaria steht vor der Ruhmeshalle und blickt auf die Theresienwiese, wo normaler Weise das Oktoberfest stattfindet. In diesem Jahr muss es coronabedingt ausfallen. Benannt ist der Platz nach Therese, der Gattin von Ludwig I.. Anlässlich ihrer Hochzeit findet hier 1810 ein Pferderennen statt, aus dem sich das Oktoberfest, das größte Volksfest der Welt entwickelt. Den Wittelsbachern sei Dank!

    Autorin/Autor: Kerstin Schmidt